Über die Streiks der Hafenarbeiter, insbesondere den berühmten von 1896 berichtet der Autor ausführlich in seinem Buch „Arbeit und Arbeitskampf im Hafen“. Zuletzt war im Jahre 1978 in den Häfen gestreikt worden. Dann kamen die Warnstreiks im Frühsommer 2022. Eine geballte Streikfront offenbarte sich. Die Hafenarbeiter waren nicht mehr bereit, sich mit „moderaten“ Lohnerhöhungen abspeisen zu lassen. Vor der Gefahr des Drucks von Streiks auch auf andere Wirtschaftsbereiche hatte vor Jahren schon der damalige Präsident des BDA gewarnt. Er warnte vor allem vor der strukturellen Gegenmacht der Containerbrückenfahrer.
Nun gibt der Ukrainekrieg den Hafenunternehmern ein zusätzliches Argument für die Einschränkung des Streikrechts. Die von ihnen mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung angerufenen norddeutschen Arbeitsgerichte waren mit e i n e r Ausnahme nicht bereit, ihnen zu folgen.
Kein Wunder: Einstweilige Verfügungen gegen Streiks sind ganz grundsätzlich rechtlich problematisch: Wird ein Streik abgebrochen, ist er n i c h t „einstweilen“ beendet sondern endgültig und faktisch unwiderruflich. Streiks werden bekanntlich nicht „an- und ausgeschaltet“. Eine „einstweilige Verfügung“ darf dem Antragsteller nicht vollständig zum Erfolg verhelfen ! Tatsächlich hatte auch das Arbeitsgericht Hamburg keine grundsätzlichen Einwände gegen den Hafenarbeiterstreik, aber als einziges Arbeitsgericht zog es eine ganz andere Karte: Der Streikbeschluß der Gewerkschaft sei an bestimmte Formalien gebunden und die hätten nicht vorgelegen.
Auf diese Weise zwang das Gericht die Parteien zum Abschluß eines Vergleiches mit dem auf Arbeitskampfmaßnahmen bis Ende August verzichtet wurde. Obwohl a l l e anderen angerufenen Arbeitsgerichte die Anträge der Arbeitgeber zurückgewiesen hatten, wandte ver.di den Streikverzicht auf alle Häfen an und bewirkte damit eine faktische Schwächung der Gewerkschaft und vor allem eine In-Frage-Stellung des Streikrechts insgesamt.
Zunächst kann schon rein juristisch die vermeintliche Satzungswidrigkeit eines Streikbeschlusses keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit eines Streiks haben. Das eine ist organisationsinternes Recht das andere ist das externe Streikrecht selbst. Ver.di hätte diese Frage ausfechten können und sollen.
J e t z t sehen sich die Hafenarbeiter mit einer langfristigen Aussetzung des Arbeitskampfes konfrontiert und müssen eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zu ihren Lasten hinnehmen, obwohl sie in jeder Hinsicht kampfbereit waren und dies auch in der Öffentlichkeit unterstrichen hatten.
Schon kommt aus dem Bereich der Politik durch den Hamburger Wirtschaftssenator die Forderung nach einer Schlichtung. Mit Schlichtungsmaßnahmen wäre das Streikrecht noch weiter eingeschränkt und die Schärfe dieses Kampfmittels wäre ihm genommen. Die Einmischung der Politik in die Tarif- und Streikautonomie der Gewerkschaften wird in „Kriegszeiten“ zunehmen, wie die Forderung des Kanzlers nach einer „Konzertierten Aktion“ zeigt. Die Zusammenarbeit mit den Unternehmen nach dem Modell des „Burgfriedens“ hat die Interessen der Arbeiter aber bislang noch nie wahren können. Das tut nur das Streikrecht. Aber das Streikrecht wird letztlich nur durch den Streik selbst verteidigt. Ein negatives Urteil kann kein Grund sein faktisch 2 Monate in allen Häfen auf Streiks zu verzichten.
Und vor allem: Was geschieht dann?
Quelle und weitere Infos: www.drgeffken.de Bild: Hafenarbeiterstreik 1896 wikimwdia commons