Geplante Änderungen in der Sozialhilfe – neue Knute für Alte und Kranke

Rentnerin 2Es ist allgemein bekannt ist, dass die Bundesregierung im Verborgenen hinter verschlossenen Türen an einer umfassenden Hartz-IV-Reform bastelt. Ziel ist es, das Zweite Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Verwaltung zu „vereinfachen“, was aber eine drastische Verschärfung meint.

Bis jetzt war nicht bekannt, dass auch Kranke, Behinderte und Rentner, die Grundsicherung nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen, mit ähnlichen Maßnahmen überzogen werden sollen.

Wie nach außen gedrungene Dokumente belegen, gibt es bereits einen „Arbeitsentwurf“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) für ein „Gesetz zur Änderung des SGB XII“ der Vorschläge für Änderungen und Erweiterungen zahlreicher Passagen des Gesetzes auflistet. Nicht nur das SGB II soll „rechtsvereinfacht“, genauer genommen in weiten Teilen erheblich verschärft werden, sondern auch das SGB XII.

Bei dem „Arbeitsentwurf“ des Referentenentwurfes zu den geplanten SGB XII – Änderungen handelt sich um ein Papier aus dem BMAS. Es ist also kein fertiger Referentenentwurf.

Das Papier listet Vorschläge für Änderungen und Erweiterungen zahlreicher Passagen des Gesetzes auf wie z.B

  • es soll einige der bei Hartz IV geplanten Neuregelungen, vor allem beim „Verfahrensrecht“, auf „dauerhaft Erwerbsgeminderte“ übertragen werden. Behörden sollen schneller Zahlungen einstellen oder kürzen können und „Vermögen“ und Einkünfte strenger anrechnen.
  • die „Angemessenheit“ für eine Unterkunft soll stärker reglementiert werden.
  • Aufrechnungen werden deutlich verschärft, vorläufige Zahlungen eingestellt, Sonderrechte bei der Aufhebung von Bescheiden eingeräumt.
  • Strafsanktionen bis auf null Unterstützung erwogen.
  • Arbeits- und Ortsanwesenheitspflicht eingeführt.
  • da die Obergrenzen für die Miete die Kommunen bestimmen, liegen sie vielerorts weit unter der Wohngeldtabelle. Ist die Wohnung zu teuer, wird auch den Grundsicherungsbeziehern auferlegt, innerhalb von sechs Monaten umzuziehen.
  • bei den Wohnbedingungen für bedürftige Kranke, Behinderte oder Rentner ist es ähnlich: danach werden ihnen nur noch die „angemessenen“ Kosten erstattet, den Rest müssen sie zuzahlen.
  • wie bei der Hartz-IV-Reform will das Arbeitsministerium die Vorgabe ausbauen, dass jeder Umzug von der Behörde explizit genehmigt werden muss. Die kann dann einen Umzug verweigern, wenn die neue Wohnung teurer als die alte ist oder wenn sie nicht selbst zum Umzug aufgefordert hat. Auf Grundsicherung Angewiesene müssen damit rechnen, in einer zwar billigen, aber mangelhaften Wohnung bleiben zu müssen. Selbst wenn das Amt den Umzug verlangt sollen Mietkautionen oder Genossenschaftsanteile weiterhin nur als Darlehen gegeben werden. Die Betroffenen müssen das dann in Raten abstottern.
  • das BMAS will die Sozialämter berechtigen, schneller Leistungen einzustellen, etwa, wenn der Betroffene innerhalb einer „angemessenen“ Frist verlangte Unterlagen nicht vollständig eingereicht hat.
  • das alles ohne Bescheid. Dazu heißt es in dem vorgeschlagenen Anhang an den Paragraphen 44: „Zur Vermeidung einer rechtswidrigen Leistungsgewährung kann der (…) zuständige Träger die Zahlung (…) ohne Aufhebung des Bewilligungsbescheides ganz oder teilweise vorläufig einstellen, wenn er Kenntnis von leistungserheblichen Tatsachen erhält, die eine künftige Verringerung oder einen Wegfall der bewilligten Leistung nach sich ziehen“.
  • für erwerbsunfähige Menschen soll die „sofortige Vollziehbarkeit“ amtlicher Entscheidungen gelten. Im Klartext: wie bei Hartz IV seit Beginn praktiziert, sollen Widersprüche und Klagen gegen Verwaltungsakte keine aufschiebende Wirkung entfalten. Trotz unsicherer Rechtslage wird also sanktioniert, bis das Gericht entscheidet. Selbst bei Eilanträgen kann dies mehrere Monate dauern.
  • konkretisiert werden soll auch, dass einmalige Einkünfte, wie Guthaben bei Gaslieferanten, im Folgemonat abgezogen werden. Dazu zählen auch „Zuwendungen“, die als Sachleistung – zum Beispiel ein kostenfreies Mittagessen – erbracht werden.
  • bereits jetzt wird bei der Grundsicherung (SGB XII) vorhandenes „Vermögen“ weit strenger angerechnet als bei Hartz IV (SGB II). So muss jemand, der Hartz IV beantragt, nicht komplett alles aufbrauchen, bevor er Hilfe erhält. 150 Euro pro Lebensjahr darf er für die Altersvorsorge angespart haben. Bei einem 45jährigen sind das 6.750 Euro, ein 60jähriger darf 9.000 Euro oder Vermögensgegenstände in diesem Wert behalten. Beantragt jemand Grundsicherung (SGB XII), muss er zuvor jegliche Ansparbeträge über 1.600 Euro für den Lebensunterhalt ausgeben, über 60jährigen werden 2.600 Euro gewährt.
  • auch haben Grundsicherungsbezieher keinen Anspruch auf Freibeträge. Das gilt nicht nur für Rente und Kindergeld, sondern auch für Erwerbseinkommen. Der Grundfreibetrag von 100 Euro bei Erwerbsarbeit, wie bei Hartz IV, gilt hier nicht.
  • die Behörde kann Beziehern der Grundsicherung, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, regelmäßig zur Überprüfung ihrer Arbeitsfähigkeit bei einem amtsärztlichen Dienst verpflichten. Ist diese nach dessen Attest noch teilweise (unter drei Stunden täglich) vorhanden, darf das Amt die Leistungsbezieher unter Androhung von Kürzungen in Maßnahmen oder „zumutbare“ Arbeit zwingen. Im Paragraphen 39 a des SGB XII heißt es dazu: „Lehnen Leistungsberechtigte entgegen ihrer Verpflichtung die Aufnahme einer Tätigkeit (…) ab, vermindert sich die Regelbedarfsstufe um bis zu 25 Prozent“. Bei wiederholten „Vergehen“ können die Sanktionen summiert werden. Das heißt: Auch Behinderte dürfen bis auf null sanktioniert werden, wenn sie nicht spuren. Daran soll auch mit der geplanten Novelle nicht gerüttelt werden.

Wünschenswert wäre, wenn diese geplanten Änderungen umfassend kritisiert werden und versucht wird, das SGB XII – Sonderrechtsprojekt soweit es geht zum Stoppen zu bringen.

Quellen: Harald Thomee

Den Arbeitsentwurf gibt es hier: http://www.harald-thome.de/media/files/SGB-XII–nderungsG—Arbeitsentwurf-15-02-13.pdf