IMI: Das Sondervermögen der Bundeswehr – Finanzen – Projekte – Kritik: Ein antimilitaristisches „living document“

Von Martin Kirsch / Jürgen Wagner 

Das Sondervermögen der Bundeswehr fiel nicht vom Himmel – Kontinuitäten lassen sich mindestens ins Jahr 2014 zurückverfolgen, als bei der Münchner Sicherheitskonferenz die Losung ausgegeben wurde, Deutschland müsse mehr militärische Verantwortung übernehmen (siehe IMI-Studie 2015/2). Nahezu parallel dazu startete die Bundeswehr ihre „Agenda Rüstung“, die aus mehreren „Trendwenden“ (Finanzen, Material, Personal…) bestand. Vor allem der Rüstungshaushalt stieg in der Folge deutlich an (von 32,5 Mrd. Euro (2014) auf 50,4 Mrd. Euro (2022)). Schon im Januar 2016 meldete das Verteidigungsministerium außerdem an, bis 2030 einen Bedarf von 130 Mrd. Euro zu haben, die in die Neuanschaffung von Rüstungsgütern gesteckt werden müssten (siehe IMI-Analyse 2016/2).

Im Fähigkeitsprofil 2018 folgte die Zusage, der NATO bis 2027 eine und bis 2031 drei voll ausgestattete („kaltstartfähige“) Divisionen (mit jeweils rund 15-20.000 Soldat*innen) zur Verfügung zu stellen – ein Zeitplan, der 2022 um zwei Jahre nach vorne verlegt wurde (siehe IMI-Analyse 2022/45). Hierfür wird u.a. deutlich mehr Personal benötigt, weshalb die Bundeswehr von aktuell rund 182.000 aus 203.000 Soldat*innen anwachsen soll. Dies wird ohne einen erheblichen Anstieg der Rekrutierungstätigkeit nahezu unmöglich sein (siehe IMI-Analyse 2023/09).

Bereits im Oktober 2021 soll laut Informationen des Spiegel ein sechsseitiges Argumentationspapier aus dem Verteidigungsministerium vorgelegen haben, in dem es konkret um ein „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 102 Mrd. Euro gegangen sein soll. Versuche, an dieses Papier über das Informationsfreiheitsgesetz zu gelangen, wurden im Juni 2022 durch die Einstufung als Verschlusssache abgeschmettert.

„Deutschland wird in Europa bald über die größte konventionelle Armee im Rahmen der Nato verfügen.“ (Olaf Scholz, Mai 2022)

[Vorgeschichte][Zeitenwende-Rede][Gesetzliche Grundlagen][Grundstruktur][Wirtschaftsplan][Finanzen][Sondervermögen & Sozialabbau][Cartoons]

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PROJEKTE LUFT: [Kampfjets] [F-35; ECR Eurofighter; Future Combat Air System]; [Hubschrauber] [Schwerer Transporthubschrauber; Leichter Unterstützungshubschrauber]; [Luftverteidigung] [Arrow 3; Patriot; Nah- und Nächstbereichsschutz]; [Drohnen] [Bewaffnung HERON TP; Eurodrohne]; [Weitere Flugzeuge] [C-130J; Pegasus; P8A-Poseidon]; [Weitere Projekte]

PROJEKTE LAND: [Schwere Kräfte] [Schützenpanzer Puma (Nachrüstung); Schützenpanzer Puma (Beschaffung); Main Ground Combat System]; [Mittlere Kräfte] [Schwerer Waffenträger; Nachfolge Marder]; [Leichte Kräfte] [Überschneefahrzeuge; Nachfolge luftverlegbare Fahrzeuge]; [Weitere Projekte]

PROJEKTE SEE: [Kriegsschiffe] [Fregatte 126; Korvetten Klasse 130]; [U-Boote] [U-Boot Klasse 212]; [Waffensysteme] [Naval Strike Missile Block 1A]; [Weitere Projekte] [Future Naval Strike Missile; U-Boot Flugabwehrflugkörper; Mehrzweckkampfbote; Nachfolge Festrumpfschlauchboot; Unterwasserortung]

PROJEKTE DIGITALISIERUNG: [wird nachgereicht]

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Zeitenwende-Rede

Die sogenannte Zeitenwende wurde durch eine Bundestags-Rede von Kanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 eingeläutet, in der der Begriff interessanterweise überhaupt nicht auftauchte. Die Rede enthielt zwei Kernaussagen: Erstens, dass der Verteidigungshaushalt in Zukunft mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) umfassen werde; und zweitens, dass ein Sondervermögen im Umfang von 100 Mrd. Euro ausgelobt werde. Außerdem kündigte Scholz bereits in dieser Rede die Anschaffung neuer Rüstungsgüter an, darunter bis dahin noch hochumstrittene Projekte wie das Kampfflugzeug F-35 oder die Bewaffnung der Heron-TP-Drohne.

„Wir werden von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“ (Olaf Scholz, 27.2.2022)

„Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen.“ (ebd.)

„Auch die Anschaffung der bewaffneten Heron-Drohne aus Israel treiben wir voran. Für die nukleare Teilhabe werden wir rechtzeitig einen modernen Ersatz für die veralteten Tornado-Jets beschaffen. Der Eurofighter soll zu Electronic Warfare befähigt werden. Das Kampfflugzeug F‑35 kommt als Trägerflugzeug in Betracht.“ (ebd.)

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Gesetzliche Grundlagen

Um nicht mit der sog. Schuldenbremse zu kollidieren, bedurfte es einer Grundgesetzänderung durch eine Ergänzung von Artikel 87a, die am 1. Juli 2022 in Kraft trat. Die Details sind im „Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines ‚Sondervermögens Bundeswehr‘ und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung“ (BwFinSVermG) geregelt, das seit dem 7. Juli 2022 rechtskräftig ist.

„Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 [Schuldenbremse] nicht anzuwenden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ (Artikel 87a(1a))

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Grundstruktur

Das Sondervermögen ist auf die Dauer von maximal fünf Jahren, also höchstens bis 2026 angelegt, um nach NATO-Kriterien (die zusätzliche militärrelevante Kosten erfassen, die nicht im Verteidigungshaushalt verortet sind) Militärausgaben von im Schnitt 2 Prozent des BIP zu erreichen – was bis dahin nicht vertraglich gebunden ist, verfällt.

Das Gesetz trifft keine Aussage zur Höhe der Militärausgaben nach Ende des Sondervermögens – es besteht also für diese Zeit auch keine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels (auch nicht nach den Zusagen des NATO-Gipfels im Juli 2023 s.u.). Projekte mit einem Finanzvolumen über 25 Millionen Euro müssen vom Haushaltsausschuss des Bundestages bewilligt werden. Zur parlamentarischen Kontrolle des Sondervermögens bestimmt der Bundestag mit Mehrheit ein Gremium aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses (erst im dritten Anlauf erhielt die Kandidatin der Linken eine Mehrheit).

„Mit Hilfe des Sondervermögens werden im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Basis der aktuellen Regierungsprognose für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien bereitgestellt. […] Das Sondervermögen hat den Zweck […] ab dem Jahr 2022 die Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen, um damit auch den deutschen Beitrag zu den geltenden NATO-Fähigkeitszielen gewährleisten zu können.“ (BwFinSVermG)

„Nach Verausgabung des Sondervermögens werden aus dem Bundeshaushalt weiterhin die finanziellen Mittel bereitgestellt, um das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und den deutschen Beitrag zu den dann jeweils geltenden NATO-Fähigkeitszielen zu gewährleisten.“ (BwFinSVermG)

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Wirtschaftsplan

Zum Sondervermögen gehört ein Wirtschaftsplan, der seit 2023 dem Haushaltsgesetz als Anlage beigefügt ist und sich grob in vier an die Teilstreitkräfte angelehnte „Dimensionen“ aufteilt: Luft, Land, See und Führungsfähigkeit/Digitalisierung. Unter diesen Kategorien werden dann die Einzelprojekte aufgeführt, die aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen – allerdings werden Kosten immer nur für die gesamte Dimension und nicht für die jeweiligen Einzelvorhaben ausgewiesen, wie auch vom Rechnungshof in seinem Bericht vom Oktober 2022 bemängelt wurde. Im ersten Wirtschaftsplan wurden den Dimensionen folgende Beträge zugeordnet: Luft: 40,9 Mrd.; See: 19,3 Mrd.; Land: 16,6 Mrd.; Digitalisierung; 20,7 Mrd. (sowie die Sonderposten Bekleidung und Forschung: zusammen 2,5 Mrd.).

Zunächst wurden im Wirtschaftsplan rund 40 Projekte aufgelistet, insgesamt wollte die Bundeswehr aber über 60 Vorhaben aus dem Sondervermögen finanzieren. Dabei war bereits mit den ersten 40 Projekten der Kostenrahmen deutlich überschritten, da faktisch v.a. aufgrund der Zinszahlungen, die aus dem Sondervermögen bestritten werden müssen, wohl „nur“ 87 Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Auch dies wurde vom Rechnungshof scharf kritisiert und nach vergeblichen Versuchen, weitere Steigerungen des Verteidigungshaushaltes durchzusetzen, musste der Verteilungsplan des Sondervermögens angepasst werden: Die Gelder für die Dimensionen See (8,8 Mrd.) und Luft (33 Mrd.) wurden deutlich gekürzt. Allerdings wurden die meisten Projekte nicht gestrichen, sondern die Finnzierung auf die Zeit nach dem Ende des Sondervermögens verschoben.

Nicht zuletzt aufgrund solcher Manöver wird der Wirtschaftsplan auch als „living document“ bezeichnet, das ständig angepasst wird.

In einem Interview gab die Chefin des Beschaffungsamtes der Bundeswehr, Annette Lehnigk-Emden, an, bis Ende 2023 sollten zwei Drittel des Sondervermögens von 100 Mrd. Euro und im ersten Quartal 2024 das gesamte Sondervermögen vertraglich gebunden sein. Davon waren laut dem aktuellen Bericht über das Rüstungswesen mit Stand 30. April 2023 bereits 32 Mrd. Euro vertraglich unter Dach und Fach.

„Zwar sind die Vorhaben bei den Sammeltiteln im Einzelnen benannt. Jedoch sind diesen Vorhaben die jeweiligen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen mangels Einzelveranschlagung nicht verbindlich zugeordnet. Dies entspricht nicht der gesetzlichen Vorgabe und ist nicht transparent.“ (Rechnungshofbericht, 7.10.2022)

„Das BMVg erklärte beim Großen Berichterstattergespräch zum Einzelplan 14 am 19. September 2022, dass es 60 Vorhaben identifiziert habe, die es aus dem „Sondervermögen Bundeswehr“ finanzieren wolle. Davon seien 40 Vorhaben bereits eingeplant. Es räumte ein, dass schon die Gesamtausgaben aller bislang eingeplanten Vorhaben den Finanzrahmen von 100 Mrd. Euro überschreiten.“ (Rechnungshofbericht, 7.10.2022)

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Finanzen

Im ersten Jahr wurden dem Sondervermögen lediglich 90 Mio. Euro entnommen, 2023 waren es dann bereits 8,4 Mrd. Euro. Da diese Gelder nahezu ausschließlich in Rüstungsinvestitionen fließen, explodiert dieser Posten im BMVg-Haushalt: Er stieg bereits vor der sog. Zeitenwende von 4,782 Mrd. Euro (2018) auf 8,860 Mrd. Euro (2022) deutlich an, nur um dann auf 16,211 Mrd. Euro (2023) noch einmal stark zuzulegen. Im Jahr 2023 beläuft sich der offizielle BMVg-Haushalt auf 50,1 Mrd. Euro, hinzu kommen noch 9,5 Mrd. Euro nach NATO-Kriterien (zu denen u.a. die Kosten für Waffenlieferungen für die Ukraine zählen) sowie 8,4 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen – zusammen also rund 68 Mrd. Euro. Auf Basis der April-Schätzung des IWF wären 2% des BIP 2023 allerdings 81 Mrd. Euro im kommenden Jahr wären es wohl 84 Mrd. Euro.

Laut dem im Juli 2023 präsentierten Regierungsentwurf sollen 2024 erstmal Militärausgaben von 2% des BIP erreicht werden. Der offizielle Verteidigungshaushalt wird laut Regierungsentwurf vom Juli 2023 – anders als nahezu alle anderen Ressorts, bei denen nämlich gekürzt wird – um 1,7 Mrd. Euro auf 51,8 Mrd. Euro ansteigen. Hinzu sollen 2024 noch 19,2 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr kommen. Zusammen mit den mindestens 14,5 Mrd. Euro, die als zusätzliche Ausgaben nach NATO-Kriterien angepeilt werden, dürften damit die 84 Mrd. Euro, die nach Schätzungen des IWF vom April 2023 2% des BIP ausmachen würden, übertroffen werden.

Auf zwei sprachliche Nebelkerzen sollte in diesem Zusammenhang unbedingt noch hingewiesen werden: Der Begriff „Sondervermögen“ führt in die Irre: Es handelt sich um Schulden, die spätestens ab 2031 zurückgezahlt werden müssen. Und auch das 2-Prozent-Ziel verschleiert die Dimensionen, um die es hier geht: Denn 2024 wären 2% des BIP wohl 84 Mrd. Euro, was bei einem geplanten Gesamthaushalt von 445,7 Mrd. Euro knapp 20 Prozent des gesamten Haushaltes ausmacht. Anders ausgedrückt: 2024 werden die Ministerien Bildung (20,3), Gesundheit (16,8), Entwicklung (11,5), Klima (10,9), Wohnen (6,9), Auswärtiges (6,1) und Umwelt (2,4) zusammen immer noch rund 10 Mrd. Euro weniger als die Bundeswehr erhalten!

„Die Bundeswehr leistet einen essenziellen Beitrag zu den Fähigkeiten von EU und NATO. Sie muss so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgaben jeder Zeit vollumfänglich erfüllen kann. Mit dem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro stellen wir die Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe und zur weiteren Modernisierung unserer Streitkräfte bereit. […] Wir übernehmen mehr Verantwortung für die Durchsetzung unserer gemeinsamen Interessen im Sinne einer wertebasierten Friedensordnung. Dies beinhaltet Führung auf Augenhöhe auch in militärischen Fragen. Mit der Erreichung der 2 Prozent des BIP [für das Militärbudget], mit dem gemeinsamen Aufbau wirkungsvoller Fähigkeiten machen wir deutlich, dass sich unsere Bündnispartner auf Deutschland verlassen können.“ (Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch, SPD-Grundsatzpapier, 19.1.2023)

„Würden die Ausgaben die Zielmarke von zwei Prozent des BIP erreichen, stiege der Anteil des EP 14 auf über 20 Prozent des Gesamthaushalts (graue Linie) – ein Wert, der während des Kalten Krieges üblich war.“ (DGAP Policy Brief, Juni 2023)

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Showdown 2027: Sondervermögen & Sozialabbau

Laut dem Gesetz zum Sondervermögen müssen die Gelder spätestens zum 31. Dezember 2026 verplant sein. Im Jahr 2027 werden sich 2% des BIP laut IWF-Schätzungen auf 95 Mrd. Euro belaufen. Die von Finanzminister Christian Lindner vorgelegte Finanzplanung bis 2027 sieht für 2027 aber „lediglich“ 51,9 Mrd. Euro vor (2025 und 2026: 52 Mrd. Euro). Dennoch stimmte die Bundesregierung beim NATO-Gipfel in Vilnius im Juli 2023 der Abschlusserklärung zu, die zwar keine rechtlich, aber sehr wohl eine politisch bindende Verpflichtung enthält, künftig ein Ausgabenziel von mindestens 2% des BIP einzuhalten. Auch der Bundeswehr-Tagung im November 2023 bekannte sich Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal ausdrücklich zum 2%-Ausgabenziel.

Selbst wenn Ausgaben nach NATO-Kriterien hinzugerechnet werden, ergibt sich gegenüber der bisherigen Finanzplanung also eine „2%-Lücke“ von 30 bis 35 Mrd. Euro. Will die Bundesregierung nach dem Ende des Sondervermögens im darauf folgenden Jahr dennoch das 2%-Ziel erreichen, müsste dies unter Einhaltung der sog. Schuldenbremse auf Kosten massiver Einschnitte in nahezu allen anderen Ressorts erfolgen.

„Wir verpflichten uns dazu, jährlich mindestens 2 Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben [um] die neuen NATO-Verteidigungspläne und das Streitkräftemodell mit Ressourcen auszustatten.“ (Abschlusserklärung, NATO-Gipfel in Vilnius, Juli 2023)

„Wir werden dauerhaft diese zwei Prozent gewährleisten, die ganzen 20er-Jahre über, die 30er-Jahre. Diese Zusage gilt.“ (Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswehrtagung, 10.11.2023)

„Ab 2027 ist die Finanzierung zur Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels aber noch ungeklärt. Wenn das Sondervermögen bis dahin aufgebraucht ist und der Verteidigungshaushalt nicht erhöht wird, entsteht eine Lücke von rund 35 Milliarden Euro. […] Ohne diese Verstetigung [des Sondervermögens] kann sich auch die  Bundeswehr nicht auf zukünftige Anforderungen einstellen. […] Spätestens 2026 muss zur Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels ein um gut 60 Prozent vergrößertes reguläres Verteidigungsbudget zur Verfügung gestellt werden.“ (Institut der deutschen Wirtschaft, Policy Paper, 15.8.2022)

„30 Milliarden Euro mehr bräuchte es derzeit im Verteidigungshaushalt, damit dieser eigenständig das Zwei-Prozent-Ziel erfüllt. Der einzige Posten im Bundeshaushalt, der die Masse dieses zusätzlichen Bedarfes decken könnte, ist der des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Debatte wird sich also um die Streichung von Sozial-Ausgaben für Militär und Rüstung drehen. […] Der entscheidende Punkt und die damit verbundene Debatte wird allerdings erreicht werden, wenn das Sondervermögen verausgabt ist und man im Bundeshaushalt Prioritäten setzten muss. Voraussichtlich wird dieser Zeitpunkt auch mit der kommenden Bundestagswahl zusammenfallen. Rüstung oder Soziales. Dann wird sich zeigen, wie nachhaltig die viel zitierte Zeitenwende ist.“ (Henkel; Olaf: Die neue Nationale Sicherheitsstrategie – Vorbote einer harten Debatte, Europäischen Sicherheit & Technik, 4.7.2023)

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PROJEKTE LUFT 

Mit einem Finanzumfang von 33,4 Mrd. Euro sind die Rüstungsprojekte der Dimension Luft der größte Posten innerhalb des Sondervermögens. Neben einem Projekt für die Marine (Seefernaufklärer, siehe unten) werden unter dieser Überschrift sämtliche Rüstungsprojekte der Luftwaffe zusammengefasst. Darunter befinden sich neben neuen Kampfjets, Hubschraubern, Drohnen und weiteren Militärflugzeugen auch drei Großprojekte für den massiven Aufbau der bodengebundenen Luftverteidigung sowie weitere kleinere Posten. Auch nach der Kürzung des Gesamtumfangs von den ursprünglich geplanten rund 40 Mrd. Euro umfassen die Rüstungsprojekte der Dimension Luft mit jetzt gut 33 Mrd. Euro noch rund 40 Prozent der Rüstungsausgaben des Sondervermögens (rund 87 Mrd. Euro für Rüstungsgüter und der Rest für Zinszahlungen / siehe oben).

KAMPFJETS

Im Zuge der aktuellen Aufrüstungsbestrebungen wird die gesamte Kampfjetflotte der Bundeswehr umgebaut. Im Zentrum steht hier die Ablösung der veralteten Kampfjets des Typ Tornado. Neben der Umrüstung von bestehenden Eurofightern für die Funktion der elektronischen Kampfführung ist auch die Anschaffung von neuen F-35 Kampfjets aus den USA für die nukleare Teilhabe geplant. Zudem sollen die aktuellen Entwicklungsschritte des Luftkampfsystems der Zukunft (FCAS) aus dem Sondervermögen finanziert werden. All diese Entwicklungen der Kampfjetflotte der Luftwaffe zielen auf Einsätze in Kriegsszenarien mit militärisch ebenbürtigen Gegnern (v.a. Russland und China) ab. Mit Gesamtkosten von deutlich über 10 Mrd. Euro ist die Anschaffung, Fähigkeitserweiterung und Entwicklung von Kampfjets der Bundeswehr der größte Posten innerhalb der Dimension Luft.

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Projektname: Nachfolge TORNADO, Anteil Beschaffung F-35 inkl. Bewaffnung
Kosten: 10 Mrd. Euro (9,45 Mrd. Euro Beschaffung und 0,55 Mrd. Euro Infrastruktur (Bundeshaushalt 2023))
Produkt: Multifunktionskampfjet F-35 A Lightning II
Hersteller: Lockheed Martin (USA); Rumpfmittelteil von Rheinmetall (Deutschland)
Anzahl: 35
Status: Mittelfreigabe und Vertragsabschluss am 14. Dezember 2022 (BMVg) / Auslieferung ab 2028 geplant

Beschreibung: Das Kampfflugzeug des Typs F-35 aus US-Produktion ist ein Jet der neusten fünften Generation. Ausgestattet mit Tarnkappenfähigkeiten kann er neben der Bekämpfung von feindlichen Flugzeugen auch als sogenannter Jagdbomber eingesetzt werden. Weil die aktuell von der Bundeswehr als Jagdbomber eingesetzten Jets des Typs Tornado bis 2030 ihr Lebensdauerende erreichen werden, sucht das Verteidigungsministerium bereits seit Jahren nach Ersatz (siehe IMI-Analyse 2022/08). Zum Vertragsabschluss im Dezember 2022 hieß es dazu aus der dortigen Presseabteilung: „Die F-35A soll bei der Luftwaffe die bisher dem Jagdbomber Tornado zugewiesene Rolle der nuklearen Teilhabe bis zu dessen Außerdienststellung bruchfrei übernehmen. Zudem soll sie als Jagdbomber gegnerische Ziele am Boden bekämpfen und der eigenen Truppe Luftnahunterstützung leisten.“ (BMVg)

Hinter dem Begriff der Nuklearen Teilhabe verbirgt sich ein Abkommen der USA mit Deutschland und weiteren NATO-Staaten, in dem geregelt ist, dass deutsche Pilot*innen mit deutschen Jets im Kriegsfall US-Atombomben über feindlichen Zielen abwerfen. Die mit dem absehbaren Ende des Tornado verknüpfte Debatte um eine Beendigung der nuklearen Teilhabe durch Deutschland, die zwischenzeitig auch in der SPD geführt wurde, nahm mit dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung (Seite 118) allerdings ein jähes Ende. So heißt es dort: „Wir werden zu Beginn der 20. Legislaturperiode ein Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado beschaffen. Den Beschaffungs- und Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe Deutschlands werden wir sachlich und gewissenhaft begleiten.“

Die kontroverse Vorentscheidung der CDU-Verteidigungsministern Kramp-Karrenbauer für das ältere US-Modell F-18 als atomwaffenfähigen Nachfolger des Tornado stellte Bundeskanzler Scholz dann in seiner Zeitenwende-Rede mit folgenden Worten in Frage: „Für die nukleare Teilhabe werden wir rechtzeitig einen modernen Ersatz für die veralteten Tornado-Jets beschaffen. […] Das Kampfflugzeug F 35 kommt als Trägerflugzeug in Betracht.“ Die endgültige Entscheidung für die F-35 verkündeten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz dann am 14. März 2022 in Berlin. (BMVg)

Um die ersten Kampfjets des Typ F-35 nach aktuellen Planungen 2028 in Deutschland zu stationieren, muss allerdings erst die nötige Infrastruktur geschaffen werden. So fallen neben den Beschaffungskosten von gut neun Mrd. Euro für 35 F-35 Jets, deren Ersatzteile, Ausbildungseinrichtungen und Bewaffnung weitere Kosten für Umbaumaßnahmen an. So muss die Infrastruktur des Luftwaffenstützpunkts in Büchel in der Eifel, wo auch die besagten US-Atombomben stationiert sind, erst für die Stationierung der F-35 vorbereitet werden. Ob die nötigen Baumaßnahmen bis zur geplanten Stationierung ab 2028 abgeschlossen sein werden und die Kosten dafür nicht noch deutlich weiter steigen werden, steht noch in den Sternen.

Die im Sondervermögen eingestellten Kosten von insgesamt 10 Milliarden Euro decken allerdings bei weitem nicht die realen Kosten ab. So handelt es sich bei den von der Bundesregierung bestellten Modell F-35 A II in der Version Block 4 faktisch um ein Vorserienmodell, das noch diverse Mängel und technische Probleme aufweist. Eine eigens von Greenpeace Deutschland erstellte Studie zur Beschaffung des F-35 listet Mängel an den Triebwerken, den Simulatoren und weiteren sicherheitskritischen Bauteilen und Softwarepaketen des Flugzeugs auf. Studien aus Kanada und der Schweiz rechnen für die gesamte Lebensdauer der von ihnen bestellten F-35 mit Kosten, die den Einkaufspreis um das bis zu Fünffache übersteigen könnten. (Telepolis) Damit ist die Anschaffung der F-35 nicht nur eine finanz- und klimapolitische Fehlentscheidung, sondern auch eine katastrophale Absage an alle Bestrebungen nach tatsächlicher nuklearer Abrüstung.

Ein Profiteur der deutschen Bestellung von F-35 Kampfjets steht allerdings bereits jetzt fest. Am 2. August 2023 feierte Rheinmetall mit einem symbolischen Spatenstich den Baubeginn einer neuen Fabrik für Rumpfmittelteile des US-Kampfjets im nordrhein-westfälischen Weeze. Diese Kooperation mit dem US-Rüstungsriesen Lockheed Martin beschert Rheinmetall nicht nur Anteile an der Produktion sämtlicher für europäische Kunden bestellten F-35 Jets. Einige Kommentatoren sprechen bereits davon, dass dem Düsseldorfer Rüstungskonzern damit nicht nur ein weiterer Schritt auf den US-Rüstungsmarkt, sondern sogar ein Aufstieg in die Liga der globalen Rüstungskonzerne gelungen sei.

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Projektname: Entwicklung und Kauf ECR Eurofighter
Kosten: ca. 3 Mrd. Euro (grobe Schätzung)
Produkt: Elektronisches Kampfsystem Arexis (Einrüstung in Eurofighter)
Hersteller: Saab (Schweden) und Helsing (Deutschland)
Anzahl: 15
Status: Vorentscheidung durch BMVg / Mittelfreigabe durch Bundestag und Vertragsabschluss sollen noch 2023 über die Bühne gehen

Beschreibung: Kampfflugzeuge mit Systemen zur Elektronischen Aufklärung und Kampfführung werden maßgeblich gegen gegnerische Flugabwehrsysteme eingesetzt – eine Fähigkeit, die in rein defensiven Szenarien kaum zum Tragen kommt. So waren die zum elektronischen Kampf befähigten ECR Tornado der Bundeswehr ein relevanter Teil des deutschen Beitrags zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999, indem sie mit dem Ausschalten der dortigen Flugabwehr den Weg für die massiven Bombardements durch weitere NATO-Kampfjets bereiteten. Bis 2030 werden besagte Tornado der Bundeswehr allerdings aufgrund von Altersschwäche außer Dienst gestellt. Um die Offensivfähigkeit von Kampfjets mit elektronischen Kampfsystemen nicht zu verlieren, die nur in wenigen NATO-Staaten vorhanden ist, sucht die Bundeswehr bereits seit Jahren nach Lösungen, ihre Kampfjets des Typs Eurofighter mit entsprechenden Fähigkeiten auszustatten. Weil die elektronischen Kampfsysteme allerdings auch die Systeme des Trägerflugzeugs stören können, ist diese Aufgabe alles andere als banal. Daher machte sich Airbus in Kooperation mit dem deutschen Militärsensorikhersteller Hensoldt als heimische Player bereits 2019 auf den Weg, eine entsprechende Lösung für die Eurofighter der Bundeswehr zu entwickeln.

Die im Juni 2023 von Saab veröffentlichte Vorentscheidung der Beschaffungsbehörde der Bundeswehr für ein schwedisches System kam damit einem industriepolitischen Paukenschlag gleich. So sollen die Gelder aus dem Sondervermögen ausgegeben werden, um 15 Eurofighter der Bundeswehr mit dem System Arexis auszustatten, das vom schwedischen Rüstungskonzern Saab in Kooperation mit dem deutschen Militär-KI Start-Up Helsing entwickelt und bereits in den schwedischen Kampfjet Gripen integriert wurde. Hier wird die vom neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius und seinem neuen Generalinspekteur Carsten Breuer ausgegebene Parole, derzufolge in etwa „Geschwindigkeit vor Perfektion und nationalen Entwicklungslösungen“ komme, das erste Mal in seiner vollen Dimension sichtbar (siehe zur „Pistorius-Doktrin“ IMI-Analyse 2023/47). Militär nahe Medien sprechen allerdings davon, dass wohl nicht „nur“ 15, sondern 30 Kampfjets zur elektronischen Kampfführung von der Luftwaffe benötigt würden. Diese weiteren Flugzeuge könnten dann mit dem neuen System von Airbus und Hensoldt bestückt werden. Hier bleibt die Tür für Airbus und Hensoldt, von denen eine deutsche Beteiligung zum FCAS Programm (siehe unten) mit Komponenten zur elektronischen Kampfführung erwartet wird, also einen Spalt breit offen.

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Projektname: Future Combar Air System (FCAS)
Kosten: 0,478 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023) / kleiner Anteil der Gesamtkosten von rund 100 Mrd. Euro bis 2040
Produkt: Studien zur Entwicklung eines Luftkampfsystems der Zukunft
Hersteller: Airbus (DE), Dassault (FR) und Indra Sistemas (ES) sowie diverse weitere
Anzahl: (Entwicklungsphase)
Status: Noch in der politischen Verhandlung zwischen Deutschland, Frankreich und Spanien, bevor weitere Schritte erfolgen können.

Beschreibung: Keine Neuheit ist das Deutsch-Französisch-Spanische Entwicklungsprogramm für ein Luftkampfsystem der Zukunft. Bereits seit 2014 wird neben der Entwicklung eines Kampfflugzeugs der sechsten Generation (Next Generation Fighter) auch die Vernetzung (Combat Cloud) mit ganzen Schwärmen von Drohnen (Remote Carrier) mit Aufklärungs- und Kampffunktionen, die von dem Kampfflugzeug aus als Schwarm gesteuert werden sollen, angestrebt (siehe ausführlich zum FCAS IMI-Studie 2021/04). Nach langjährigen Verhandlungen wurde am 30. August 2021 ein Vertrag über eine erste Entwicklungsphase von 2021 bis 2027 zwischen den drei beteiligten Regierungen unterzeichnet. Finanzmittel, die bereits in den regulären Verteidigungshaushalt eingestellt waren, wurden kurzerhand ins Sondervermögen verschoben.

Während Airbus die industrieseitige Vertretung von Deutschland übernimmt, sind Dassault für Frankreich und Indra für Spanien ebenfalls in führenden Positionen in das Megaprojekt eingebunden. Nicht nur wegen der deutschen Entscheidung, den US-Jet F-35 zu ordern, was in Paris auf wenig Gegenliebe stieß, stockt das Projekt allerdings. Beeindruckend kritische Töne sind auch im 15. Rüstungsbericht des BMVg von April 2022 zu lesen. Dort heißt es: „Die Unstimmigkeiten zwischen den Industrien – hier insbesondere zwischen Dassault Aviation und Airbus – führen zu einer Verzögerung […]. Sollte auch weiterhin keine Einigung gefunden werden, die die Interessen aller drei Nationen nach einer Beteiligung auf Augenhöhe erfüllt, ist die Fortsetzung der Kooperation zu hinterfragen.” Während die geplante Fertigstellung von FCAS bis ins Jahr 2040 über 100 Mrd. Euro verschlingen würde, ist allein für die Entwicklungsphase von 2021 bis 2027 ein deutscher Finanzbedarf von 4,468 Mrd. Euro vorgesehen.

Aktuelle Medienberichte heizen die Spekulationen an, dass Deutschland sogar aus dem Großprojekt FCAS mit einer enormen Bedeutung für die deutsch-französischen Beziehungen aussteigen könnte, um sich dem britisch-japanisch-italienischen Tempest-Programm zur Entwicklung eines Kampfflugzeuges der sechsten Generation anzuschließen. Auch wenn es sich dabei bisher nur um Spekulationen handelt und die Verträge für die FCAS-Entwicklungsphase 1B im März 2023 unterschrieben wurden, lässt sich feststellen, dass die Fortführung des Riesenprojekts unter den bisherigen Rahmenbedingungen alles andere als gesichert ist.

Unabhängig davon, für welche Lösung sich die Bundesregierung in Zukunft auch entscheiden wird, steht bereits jetzt fest, dass es sich bei der Entwicklung eines mit Drohnen vernetzten Kampfjets der neusten Generation mit deutscher Beteiligung um eine finanz-, klima- und friedenspolitische Fehlentscheidung enormen Ausmaßes handeln wird.

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HUBSCHRAUBER

Innerhalb der Dimension Luft ist die Anschaffung von über 100 neuen Hubschraubern für die Bundeswehr geplant. Konkret handelt es sich dabei um den Schweren Transporthubschauber (STH) und den Leichter Unterstützungshubschrauber (LUH) und damit um den jeweils größten und kleinsten Hubschrauber der Flotte. Mit Kosten zwischen acht und zehn Mrd. Euro werden auch hier enorme Summen investiert.

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Projektname: Beschaffung Schwerer Transporthubschrauber (STH)
Kosten: ~7 Mrd. Euro (BMVg)
Produkt: Schwerer Transporthubschrauber CH-47F „Chinook“ SR Block II
Hersteller: Boeing (USA) als Hauptauftragnehmer; dazu ein deutsches Industrieteam mit Aero-Building, Airbus, CAE, ESG, Honeywell Deutschland, Lufthansa Technik und Rolls Royce Deutschland
Anzahl: 60 Hubschrauber
Status: Mittelfreigabe des Bundestages im Juli 2023 / die Auslieferung ist zwischen 2028 und 2033 geplant.

Beschreibung: Um leichte Infanteriekräfte sowie Nachschub in das und über das Gefechtsfeld zu bewegen, setzen Armeen seit den 1950er Jahren nicht nur in Auslandseinsätzen auf große Hubschrauber. Das aktuelle Modell der Bundeswehr, CH-53G, kommt allerdings nach knapp 50 Jahren an sein Nutzungsdauerende. Daher wurde bereits seit längerem nach einem Nachfolgemodell gesucht. Zwischenzeitig standen die CH-47F Chinook von Boeing und die CH-53K von Sikorsky zur Auswahl. Beide US-Modelle sind deutlich größer als die bisher von der Bundeswehr genutzte CH-53G, die u.a. in Afghanistan und Mali im Einsatz war. Sie können also noch mehr Soldat*innen und Material in Kampfgebiete transportieren und sollen so, gemeinsam mit Transportflugzeugen, die Mobilität der künftigen Leichten Kräfte des Heeres (siehe Dimension Land) und der Spezialkräfte der Bundeswehr sichern.

Seit einer Entscheidung des Verteidigungsministeriums vom 2. Juni 2022 steht fest, dass die Bundeswehr 60 Schwere Transporthubschrauber des Typs Boeing CH-47F Chinook erhalten soll. Diese sollen mit einer Option zur Luftbetankung ausgestattet werden, die die weltweite Verlegung sicherstellen soll, weil die Riesenhubschrauber in kein europäisches Transportflugzeug passen.

Als Argument für die Entscheidung zum Kauf der CH-47F wird ins Feld geführt, dass diverse Verbündete, darunter die USA und Großbritannien sowie die Niederlande, mit denen die Bundeswehr eng kooperiert, Hubschrauber der CH-47-Familie nutzen und daher die Zusammenarbeit erleichtert werden würde. Hinzu kommt, dass das Konkurrenzmodell von Sikorsky sich noch in der Entwicklung befindet und durch höhere Stückkosten wohl nur 40 Hubschrauber in das Budget der Bundeswehr gepasst hätten.

Warum sich das Verteidigungsministerium allerdings dafür entschied nur ein sogenanntes Foreign Military Sales Verfahren mit der US-Regierung zu starten und damit jeglichen Preisdruck vom Hersteller Boeing zu nehmen, bleibt ein Geheimnis. Die Kostensteigerung von den geplanten 6 Mrd. Euro auf jetzt fast 7 Mrd. Euro in Folge allerdings nicht.

Hinzu kommen weitere Risiken durch die Details der Bestellung. So soll die Bundeswehr nicht das von der US-Army zertifizierte Modell CH-47 Block I, sondern die bisher nicht zertifizierte Version Block II samt ebenfalls bisher nicht zertifizierter Option zur Luftbetankung bekommen, worin weitere unkalkulierbare Risiken für Kostensteigerungen lauern.

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Projektname: Leichter Unterstützungshubschrauber (LUH)
Preis: bisher nicht bekannt
Produkt: Hubschrauber H145M
Hersteller: Airbus Helicopters (Deutschland)
Anzahl: 40-60
Status: bisher ist keine offizielle Entscheidung zu diesem Projekt getroffen

Beschreibung: Für den Transport von Spezialkräften und die Suche und Rettung von Vermissten (Search and Rescue/ SAR) setzt die Bundeswehr bereits seit Jahren auf zwei Versionen des militarisierten Verkaufsschlagers H145 von Airbus Helicopters. Mit dem Ziel, die Hubschrauberflotte der Bundeswehr zu vereinheitlichen, besteht bereits seit 2018 die Planung, weitere Modelle des H145M für Trainingszwecke, Aufklärungs- und Verbindungsflüge von Heer, Luftwaffe und Marine anzuschaffen. (ESUT) Diese sollen nach aktuellen Planungen aus dem Sondervermögen bezahlt werden. Aktuell kursieren allerdings auch Meldungen, dass die Bundeswehr einen Ersatz der bisherigen Kampfhubschrauber Tiger auf Basis des H145M plant. Die sich dann anbietende Sammelbestellung gestaltet sich allerdings kompliziert, weil es massive Kritik an den Plänen gibt, einen schweren Kampfhubschrauber durch ein dann deutlich leichteres Modell zu ersetzen. (ESUT) Vermutlich ist aufgrund diese komplizierten Gemengelage bisher keine Entscheidung zum Projekt Leichter Unterstützungshubschrauber (LUH) gefallen.

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BODENGEBUNDENE LUFTVERTEIDIGUNG 

Neben der Digitalisierung v.a. der Landstreitkräfte ist die Bodengebundene Luftverteidigung der Rüstungsbereich, in dem die Bundeswehr im Rahmen der aktuellen Aufrüstungsbestrebungen einen deutlichen Technologiesprung machen wird. So sollen Systeme eingeführt werden, die die Bundeswehr in den letzten Jahren nicht mehr bzw. mit Blick auf das Raketenabwehrsystem Arrow 3 noch nie besessen hat. Deutschland erhält damit grundlegend neue militärische Fähigkeiten für Gefechte mit militärisch ebenbürtigen Gegnern in einem großen konventionellen Krieg.

Alle folgenden Waffensysteme sind Teil der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative (ESSI). Seit dem Beitritt von Österreich und der Schweiz im Juni 2023 sind insgesamt 19 europäische Staaten aus EU und/oder NATO beteiligt. Neben der Vernetzung und übergreifenden Planung der Luftverteidigung in Europa ist ein Ziel der ESSI, die ausgewählten Waffensysteme mit mehreren Staaten gemeinsam zu beschaffen und damit die Bestellmengen zu erhöhen. Neben einem ankurbeln der Industrieproduktion wird damit auch das Ziel verfolgt, durch günstigere Verhandlungsbedingungen mit der Industrie die Stückpreise senken zu können.

Neben Frankreich und Italien setzt auch Polen allerdings auf eigene Entwicklungen von Flugabwehrsystemen, die im ESSI-Rahmen nicht bedacht wurden. Alle drei großen europäischen Bündnispartner beteiligen sich im Streit mit der Bundesregierung daher nicht an ESSI.

Projektname: Arrow 3
Kosten: knapp 4 Mrd. Euro (BMVg)
Produkt: Raketenabwehrsystem Arrow 3
Hersteller: Israeli Aerospace Industries/IAI (Israel) mit Boeing Defence (USA)
Anzahl: 3 Systeme
Status: Nach Verhandlungen mit Israel und der Genehmigung durch die USA am 27. Augst 2023 (FAZ) gab der Bundestag am 19. Oktober 2023 die Gelder für den Kauf frei (BMVg)/ der endgültige Vertragsabschluss ist bis Ende 2023 geplant/ ein erstes System soll bis Ende 2025 in Deutschland einsatzbereit gemacht werden.

Beschreibung: Das Raketenabwehrsystem Arrow 3 wurde zwischen 2008 und 2017 in einer Kooperation von Israel und den USA entwickelt. Seine Aufgabe ist das Abfangen ballistischer Mittel- und Langstreckenraketen. Arrow 3 ist das erste System weltweit, das Interkontinentalraketen auf ihrer Flugbahn bereits außerhalb der Erdatmosphäre – in weit über 100 Kilometern Höhe – abfangen kann. Nach Israel, das Arrow 3 für die Abwehr iranischer Raketen bereithält, ist Deutschland der zweite Käufer dieses Systems. Damit ist die Bundeswehr die erste europäische NATO-Armee, die ein solches System beschafft. Die Bundeswehr will sich damit in die Lage versetzen, Mittel- und Langstreckenraketen aus Russland abwehren zu können. Bis Ende 2025 ist die Stationierung des ersten Systems in Deutschland auf dem Fliegerhorst Holzdorf auf der brandenburgisch-sachsen-anhaltinischen Grenze, zwischen Berlin und Leipzig, geplant. (BMVg) Die weiteren zwei Systeme sollen bis 2030 in Nord- und Süddeutschland stationiert werden.

Mit einer maximalen Reichweite von 2.400 Kilometern könnten die Abfangraketen damit weite Teile des europäischen Luftraums von Skandinavien bis ins Mittelmeer und vom Islands bis Kazan, rund siebenhundert Kilometer östlich von Moskau, erreichen.

Während im politischen Berlin vom Schließen einer „Bedrohungslücke“ (ZDF) und einem Zugewinn an Sicherheit durch Arrow 3 geredet wird, ist die Liste der Kritiker*innen lang. Innerhalb der deutschen Debatte sind Stimmen zu hören, die den Kauf von Arrow 3 kritisieren, weil ein solches Raketenabwehrsystem nicht Teil der NATO-Planziele ist, die sich auch die Bundesregierung zum Maßstab ihrer Rüstungsplanung gemacht hat. Zudem tauchen Fragen über technische und politische Komplikationen bei der von Deutschland geplanten Integration von Arrow 3 in das Luftverteidigungssystem der NATO auf. Über den bereits jetzt verzeichnete Kostensprung von über 25 Prozent zwischen dem Bundeshaushalt 2023 (3 Mrd. Euro) und der Mittelfreigabe des Bundestages (fast 4 Mrd. Euro) hinaus ist künftig für die geplante NATO-Integration mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen.

Aus Paris kommt weitere Kritik grundsätzlicher Art. So bezeichnete Frankreichs Präsident Emanuel Macron den Kauf von Waffensystemen aus nicht europäischer Produktion mit Blick auf die deutschen Führungsambitionen in der europäischen Luftverteidigung als „Fehler“. (Handelsblatt) Auf dieser Grundlage nimmt Frankreich nicht an der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative (ESSI) teil, in deren Rahmen das israelisch-amerikanische System Arrow 3 beschafft wird, während ein französisch-italienisches Systeme (SAMP/T) in der darunter liegenden Abfangschicht außen vor bleibt. Darüber hinaus sind Stimmen aus Paris zu vernehmen, die befürchten, dass der Kauf von Arrow 3 in Moskau als Misstrauen Deutschlands in den Nuklearschutzschirm der NATO verstanden werden könnte. (SWP)

Aufgrund der Fähigkeiten von Arrow 3 sind Befürchtungen aus Moskau, die Stationierung in Europa könnte neben dem bereits zwischen 2016 und 2022 in Rumänien und Polen installierten US-System Aegis Ashore die russische Zweitschlagfähigkeit schwächen und damit das sogenannte nukleare Gleichgewicht auf dem Kontinent verschieben, nicht völlig von der Hand zu weisen. Dieses Gleichgewicht des Schreckens geht davon aus, dass kein Staat einen Angriff mit Atomwaffen wagt, weil ein solcher Angriff (Erstschlag) einen sofortigen Gegenangriff (Zweitschlag) und damit die gegenseitige Vernichtung bedeuten würde. Ist eine Seite allerdings in der Lage eine relevante Anzahl von Atomraketen abzufangen, bevor sie ihr Ziel erreichen, beginnt in der perfiden Logik der Militärs ein Rechenspiel, ob die eigene Abschreckungsfähigkeit noch gesichert ist. Während Arrow 3 im politischen Berlin als Zugewinn an Sicherheit verkauft wird, ist das System tatsächlich in der Lage, Teil einer nuklearen Aufrüstungsspirale in Europa zu werden.

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Projektname: PATRIOT Fähigkeitserhalt [Modernisierung]
Kosten: 1,2 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023)
Produkt: diverse Updates (Hardware, Software, Radar, Funk, …)
Hersteller: Raytheon (USA) in Kooperation mit MBDA Deutschland
Anzahl: 12 Systeme (bei Nachbeschaffung des an die Ukraine abgegebenen Systems)
Status: Anteile des Projekts laufen bereits/ weitere Schritte noch offen.

Beschreibung: Das Luftverteidigungssystem MIM-104 Patriot wird von der Bundeswehr bereits seit 1989 eingesetzt. Mit in der Zwischenzeit neu eingeführten Raketen kann das System gegen feindliche Flugzeuge, Hubschrauber und große Drohnen, aber auch gegen Marschflugkörper und ballistische Raketen eingesetzt werden. Seit Jahren existieren Pläne, die Patriot-Systeme der Bundeswehr zu modernisieren, um sie im aktuellen Schritt (2. Modernisierungsphase) für den Betrieb über das Jahr 2030 hinaus anzupassen. In Folge ist sogar eine weitere Modernisierung für den Betrieb bis 2048 (3. Modernisierungsphase) geplant.

Im Zuge der aktuellen Modernisierung ist laut 17. Rüstungsbericht des BMVg von April 2023 der Umbau bzw. Austausch diverser Baugruppen des Gesamtsystems vorgesehen. Darunter fallen der Austausch der Gefechtsstandkabinen, der Fahrzeuge und der Stromversorgungsanlagen des Waffensystems. Zudem werden das Kommunikationssystems samt Funkgeräten sowie Baugruppen der Radargeräte und die Startgeräteelektronik modernisiert. Die Finanzierung dieser Vorhaben wurde ab 2022 aus dem regulären Verteidigungshaushalt in das neu aufgesetzte Sondervermögen der Bundeswehr übernommen.

Während MBDA Deutschland im Februar 2023 mitteilte, dass die Tests an einem deutschen Patriot System mit ersten modernisierten Fähigkeiten abgeschlossen wurden (ESUT), genehmigte der Bundestag am 19. Oktober 2023 die Beschaffung von neuen verschlüsselten Funkgeräten und Richtfunkanlagen für das Patriot System.

Über die Modernisierung des Systems hinaus soll zudem die erste Produktionsstätte für die Abfangraketen des Patriot-Systems außerhalb der USA in Deutschland entstehen. Dafür soll das Gemeinschaftsunternehmen COMLOG, bestehend aus MBDA Deutschland und Raytheon, am Standort im fränkischen Schrobenhausen neben der Wartung der Raketen künftig auch die Herstellung übernehmen. Damit würde Deutschland seine Führungsrolle unter den europäischen Patriot Nutzerstaaten im Rahmen der European Sky Shield Initiative (ESI) weiter ausbauen.

Heftige Kritik an diesem deutschen Vorgehen kommt aus Frankreich und Italien, die das von ihnen in Europa produzierte Flugabwehrsystem SAMP/T gerne anstelle des US-Systems Patriot sehen würden. Da SAMP/T im Rahmen der ESSI aber bisher nicht berücksichtigt wurde, beteiligen sich Frankreich und Italien aus Protest nicht an der von Deutschland angeschobenen Kooperation (siehe auch Arrow 3).

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Projektname: Nah- und Nächstbereichsschutz (Nnbs) – Teilprojekt IRIS-T SLM
Kosten: 950 Mio. Euro (BMVg)
Produkt: Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM
Hersteller: ARGE NNbS: Diehl-Defence (Hauptauftragnehmer/ Raketen und Abschusssysteme), Hensoldt (Radar) und Rheinmetall (Trägerfahrzeuge) / hinzu kommen beim IRIS-T SLM noch Airbus (Führungssystem), Rhode & Schwarz (Kommunikationssysteme) – alle Deutschland
Anzahl: 6 IRIS-T SLM bereits bestellt (bis zu 8 weitere Systeme geplant)
Status: Mittelfreigabe und Vertrag für 6 Systeme IRIS-T SLM im Juni 2023/ die Auslieferung soll bereits 2024 beginnen

Beschreibung: Das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM für die mittlere Abfangschicht kann sowohl gegen Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen als auch gegen Marschflugkörper und einige ballistische Raketen eingesetzt werden. Im Jahr 2018 wurde das vom deutschen Raketenbauer Diehl auf Basis der Luft-Luft-Rakete IRIS-T entwickelte System erstmals an Ägypten verkauft. Im Juni 2022 entschied die Bundesregierung IRIS-T SLM auch in die Ukraine zu liefern. Dafür wurden sogar für Ägypten bestimmte Systeme in die Ukraine umgeleitet. In der Ukraine gilt das Flugabwehrsystem mit über 100 bestätigten Abschüssen als voller Erfolg.

Am 14. Juni 2023 gab der Bundestag 950 Millionen Euro für den Kauf von sechs Systemen IRIS-T SLM für die Bundeswehr frei. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Sofortbeschaffung, um das System IRIS-T SLM so schnell wie möglich in die Truppe einzuführen und die Produktionskapazitäten bereits jetzt hochzufahren.

Später sollen die jetzt bestellten sechs Systeme IRIS-T SLM in das noch in der Entwicklung befindliche Gesamtsystem zum Nah- und Nächstbereichsschutz (Nnbs) der Bundeswehr integriert werden. Ziel ist es künftig bis zu 14 Gesamtsysteme Nnbs für die Bundeswehr zu beschaffen – je eins für die 8 Brigaden und 3 Divisionen der Landstreitkräfte, sowie eines auf Korpsebene und zwei Systeme für Flugplätze in Einsatzgebieten. Neben dem auf schweren LKW montierten Flugabwehrraketensystem IRIS-T SLM besteht Nnbs auch aus den für kürzere Reichweiten vorgesehenen Flugabwehrraketen IRIS-T SLS, ebenfalls von Diehl sowie dem Flugabwehrkanonensystem Skyranger 30 von Rheinmetall sowie einer umfassenden Vernetzungs- und Kommunikationsinfrastruktur. Die beiden kleineren Systeme sollen auf Radpanzern Boxer montiert werden, um so in der Lage zu sein, den Truppen der Landstreitkräfte bis unmittelbar an die Front zu folgen. Vermutlich werden Teile dieser zwei weiteren Systeme aus den verbleibenden gut 300 Millionen Euro aus dem Titel „Bodengebundene Luftverteidigung NNbS TP1“ des Sondervermögens (Bundeshaushalt 2023) finanziert.

Bereits vor der Einführung von IRIS-T SLM in die Bundeswehr ab 2024 wurde Anfang September 2023 eine Trainingseinrichtung der Luftwaffe für das Waffensystem in Todendorf im Süden von Schleswig-Holstein offiziell eröffnet. Auf die aktuelle Ausbildung von Bedienerteams aus der Ukraine sollen dann im kommenden Jahr auch Soldat*innen der Bundeswehr folgen. Für die Eröffnungszeremonie waren auch Luftwaffenchefs aus 19 europäischen Staaten angereist, die sich allesamt an der von Deutschland geführten European Sky Shield Initiative (ESSI) beteiligen. Neben der Bundeswehr soll das System IRIS-T SLM als Teil von ESSI auch in weiteren europäischen Staaten eingeführt werden. Erste Verträge wurden bereits mit Estland und Lettland unterzeichnet. Zudem wurden Planungen aus Slowenien und Österreich öffentlich, ebenfalls IRIS-T SLM einzuführen. Bundesregierung und deutsche Rüstungskonzerne setzen darauf, dass weitere Käufer folgen. Die Bundeswehr plant damit alle europäischen Bedienungsteams für das IRIS-T SLM in ihrem neuen Trainingszentrum auszubilden. Neben einer Vereinheitlichung der Flugabwehrsysteme und der Ausbildung wird in Todendorf damit auch ein konkreter Teil der von Deutschland beanspruchten militärischen Führungsrolle in Europa materialisiert.

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(BEWAFFNETE) DROHNEN

Die langjährig umkämpfte Frage, ob die Bundeswehr überhaupt bewaffnete Drohen besitzen solle, wurde mit der Verabschiedung des Sondervermögens endgültig beantwortet. So befinden sich unter den Rüstungsprojekten in der Dimension Luft die explizite Bewaffnung der bereits vorhandenen Drohnen des Typ Heron TP, sowie die Entwicklung einer „bewaffnungsfähigen“ und damit wohl künftig auch bewaffneten Eurodrohne.

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Projektname: Bewaffnung HERON TP
Kosten: 0,15 Mrd. Euro (BMVg)
Produkt: Präzisionsraketen (genauer Typ unter Geheimhaltung)
Hersteller: Israeli Aerospace Industries/IAI (Israel)
Anzahl: 140 (ESUT)
Status: Mittelfreigabe durch den Bundestag und Vertrag im April 2022

Beschreibung: Bereits im April 2022, noch bevor das Sondervermögen das Parlament passiert hatte, wurde im Bundestag die politische Freigabe zum Kauf von Präzisionsraketen für die Heron TP Drohnen der Bundeswehr gegeben. Die bisher angeblich rein zur Aufklärung beschafften Drohnen werden damit bewaffnet. Auch wenn die Kosten von 0,15 Mrd. Euro für 140 Präzisionsraketen im Vergleich zu vielen Projekten aus dem Sondervermögen relativ gering sind, ist die Tragweite der Beschaffung umso größer. Lange wurden politische Debatten geführt, ob die Bundeswehr überhaupt bewaffnete Drohnen besitzen solle. Zwischenzeitig gab es von der Friedensbewegung bis in die SPD starke Stimmen, die sich deutlich dagegen aussprachen. Nach einer Kampagne der Bundeswehr und des CDU geführten Verteidigungsministeriums knickten diese Gegner*innen der Drohnenbewaffnung in der SPD allerdings in den Verhandlungen zur Ampel ein. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Bewaffnete Drohnen können zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz beitragen. Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen. Bei ihrem Einsatz gelten die Regeln des Völkerrechtes. Extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab.“ Der wenig versteckte Hinweis auf die Schrecken der US-Drohnenkriegsführung der letzten rund 15 Jahre bildet damit in den Augen der Ampel nur die Kulisse für die verlogene Behauptung, dass die Bundeswehr Killerdrohnen nur höchst moralisch einsetzen würde. Auch der Abzug der Bundeswehr aus Mali, der die ersten Nachrichten über von Bundeswehrdrohnen getötete Menschen noch herauszögern dürfte, kann dabei nicht als Trost dienen. Laut Fachmedien sollen die ersten bewaffneten Drohnen der Bundeswehr ab 2024 einsatzbereit sein.

Darüber hinaus ist aktuell eine weitere grundlegende Änderung in der Nutzung der deutschen Heron TP im Gange. Bisher waren die Drohnen, wegen fehlender Zulassungen in Deutschland, in Israel stationiert und wären von dort aus in Einsatzländer wie Afghanistan oder Mali verlegt worden. Nach dem Ende dieser Kriegsmissionen auf anderen Kontinenten und der sogenannten Refokussierung der Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung, sprich die Option eines großen Krieges in Europa, sollen die Heron TP nach Deutschland kommen. Vorgesehen ist eine Verlegung der Drohnen von Israel aus auf den Flugplatz Jagel in Schleswig-Holstein. Nach einer dafür nötigen Musterzulassung Ende 2022 erfolgte am 8. November 2023 die Mittelfreigabe des Bundestages – aus dem regulären Verteidigungshaushalt – für die Finanzierung des entsprechenden Testbetriebs in Deutschland. Damit werden die bisher größten Drohnen der Bundeswehr nicht nur bewaffnet, sondern auch für einen potenziellen Krieg gegen Russland in Stellung gebracht.

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Projektname: Eurodrohne
Preis: knapp 1 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023) / Gesamtprojektkosten von 3,1 Mrd. Euro (z.T. nicht aus dem Sondervermögen)
Produkt: European MALE RPAS
Hersteller: Hauptauftragnehmer Airbus (EU) mit Dassault (Frankreich) und Leonardo (Italien)
Anzahl: 7 Systeme (bestehend aus 21 Drohnen und 7 Bodenstationen)
Status: Bereits seit Februar 2022 unter Vertrag befindet sich das System noch in der Entwicklungsphase. Der Erstflug ist für 2025, der Beginn der Auslieferung ab 2028 geplant.

Beschreibung: Pläne für die Entwicklung einer europäischen Drohne für mittlere Flughöhen und große Reichweiten (Medium Altitude Long Endurence / MALE) wurden von der europäischen Rüstungsagentur OCCAR bereits 2013 geschmiedet. Zuvor war die Entwicklung eines Modells von Airbus und die Europäisierung der US-Drohne des Typ GolbalHAWK gescheitert. Im Mai 2015 unterschrieben Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien dann eine Absichtserklärung für ein gemeinsames Drohnenentwicklungsprogramm (siehe IMI-Studie 2016/01).

Bereits im April 2021 und damit vor der Auslobung des Sondervermögens gab der Deutsche Bundestag insgesamt 3,1 Mrd. Euro für Entwicklung und Kauf von 7 Systemen mit insgesamt 21 Drohnen und 12 Bodenstationen frei. Ab 2023 werden relevante Teile dieser Kosten über das Sondervermögen finanziert. Während für 2023 bereits die Summe von rund 270 Millionen Euro bekannt ist, bleiben die weiteren Anteile für die Folgejahre bisher für die Öffentlichkeit unbekannt.

Neben der Signalaufklärung (SIGINT) und der bildgebenden Aufklärung (IMINT) soll die Eurodrohne auch bewaffnet werden können, womit Frankreich, Italien und Spanien bereits fest planen. Nach aktuellem Stand in Deutschland, der sich auf Beschlüsse aus dem April 2021 stützt, soll die Bundeswehr für die Eurodrohne vorerst keine Bewaffnung erhalten und auch die Ausbildung des Bedienpersonals an den optionalen Waffensystemen ausbleiben. Nach dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung und der Entscheidung für die Bewaffnung der aktuellen Bundeswehrdrohnen des Typs Heron TP (siehe oben) ist allerdings davon auszugehen, dass diese Beschlusslage bei Bedarf kurzer Hand abgeräumt werden wird. Zumal nach aktuellen Plänen vorgesehen ist, dass die dann neuen Eurodrohnen ab 2032 die erst kürzlich bewaffneten Bundeswehrdrohnen des Typs Heron TP ablösen sollen.

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WEITERE FLUGZEUGE

Hier finden sich drei weitere Beschaffungsprojekte der Bundeswehr zum Kauf von Flugzeugen für die Luftwaffe und Marine. Alle drei Rüstungsvorhaben haben gemeinsam, dass die Verträge bereits vor 2022 unterzeichnet und die Kosten folglich aus dem regulären Verteidigungshaushalt kurzerhand in das Sondervermögen umgeschichtet wurden.

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Projektname: C-130J (Kleine Fläche)
Preis: 0,474 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023), Gesamtprojektkosten von rund 1,1 Mrd. Euro (z.T. nicht aus dem Sondervermögen)
Produkt: Transportflugzeug C-130J und KC-130J
Hersteller: Lockheed Martin (USA)
Anzahl: 6 Flugzeuge
Status: Bereits 2018 bestellt. Umschichtung von Kosten aus dem regulären Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14). Auslieferung des letzten Flugzeugs für 2024 geplant.

Beschreibung: Die C-130J ist ein kleines Transportflugzeug, das im Gegensatz zum größeren Transportflugzeug A400M auch auf kleinen Flugplätzen und unbefestigten Pisten landen und starten kann. Sein primärer Einsatzauftrag in der Bundeswehr ist die weltweite Verlegung von Spezialkräften, Fallschirmjägern und Material in entlegene Regionen. Für diesen Zweck hatte die Bundeswehr bereits 2018 drei C-130J in der Transportversion in einem Paket mit drei fast baugleichen Tankflugzeugen des Typ KC-130J in den USA bestellt.

Der Stützpunkt für die neusten Transport- und Tankflugzeuge der Bundeswehr liegt im französischen Evreux zwischen Rouen und Paris. Dort befindet sich eine eigens zum Betrieb dieser Flugzeuge eingerichtete deutsch-französische Fliegerstaffel, auf deren sechs deutsche und vier französische Flugzeuge beide Staaten zugreifen können.

Die dritte deutsche Maschine des Typs C-130J wurde bereits im August 2022 – ein Jahr vor dem Zeitplan – an die Bundeswehr ausgeliefert. Bei den ab 2023 in das Sondervermögen eingestellten Kosten von 474 Millionen Euro handelt es sich daher vermutlich um die Beträge für die verbleibenden drei Tankflugzeuge der Version KC-130J, die in 2023 und 2024 ausgeliefert werden sollen. Während alle fünf Flugzeuge samt Zubehör und Ausbildungspaketen zu Vertragsabschuss rund 970 Millionen Euro kosten sollten, wird das Gesamtpaket nach Kostensteigerungen von 130 Mio. Euro bei einem Gesamtpreis von rund 1,1 Mrd. Euro liegen.

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Projektname: PEGASUS
Preis: 0,347 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023) / Gesamtprojektkosten von 1,54 Mrd. Euro (genauer Anteil aus dem Sondervermögen vermutlich höher als bisher angegeben)
Produkt: Signalaufklärungssystem KALAETRON in Flugzeugen des Typs Bombardier Global 6000
Hersteller: Aufklärungssystem von Generalunternehmer Hensoldt (Deutschland), Flugzeug von Bombardier (Kanada) und Umbau durch Lufthansa Technik (Deutschland)
Anzahl: 3 Flugzeuge
Status: Vertrag wurde bereits 2021 unterzeichnet. Laufende Kosten zu 2023 aus dem Verteidigungshaushalt in das Sondervermögen verschoben. Die Auslieferung ist zwischen 2026 und 2028 geplant.

Beschreibung: Hinter dem Akronym PEGASUS verbirgt sich die englische Langfassung: PErsistant German Airborne SUrveillance System. Dabei handelt es sich um ein System zur signalerfassenden luftgestützten, weiträumigen Überwachung und Aufklärung (SLWÜA), wohinter sich die Fähigkeit zur Überwachung von militärischem Funkverkehr und Radarstrahlen verbirgt. Das System soll zur Krisenfrüherkennung, zur Lagebeurteilung in Interessengebieten und zur Bedrohungsanalyse in potenziellen Einsatzgebieten der Bundeswehr genutzt werden. Flugzeuge mit ähnlichen Fähigkeiten aus anderen NATO-Staaten patrouillieren beispielsweise seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 ununterbrochen entlang der NATO-Ostflanke.

Auch wenn die Freigabe für das 1,54 Mrd. Euro teure PEGASUS-Projekt erst im Juni 2021 den Bundestag passierte blickt dieses Rüstungsvorhaben auf eine deutlich längere Geschichte zurück. Seit 2010 besitzt die Bundeswehr kein System mit entsprechenden Fähigkeiten mehr. Daher wurde bereits im Jahr 2000 mit den Planungen für das spätere Projekt EuroHAWK begonnen. Ziel war es, die für die Bundeswehr geplante Aufklärungstechnik in eine US-Drohne des Typ Global HAWK einzurüsten. Trotz mehrfacher Anläufe und Kosten von vermutlich über einer Milliarde Euro gelang es nicht, die US-Drohne des Herstellers Northrop Grumman für die von der Bundeswehr geforderte Zulassung für den zivilen Luftraum ein entsprechendes Antikollisionssystem zu integrieren. Nachdem das Projekt EuroHAWK bereits 2013 zum ersten Mal eingestellt und nach einer KPMG-Studie zwischenzeitig wieder ausgegraben wurde, entschied die Bundesregierung im Januar 2020 das Drohnenprojekt endgültig zu Gunsten von bemannten Aufklärungsflugzeugen einzustellen.

Für drei Flugzeuge des Typ Bombardier Global 6000, und den Einbau der teils bereits für den EuroHawk entwickelten Sensorik gab der Bundestag im Juni 2021 insgesamt 1,54 Mrd. Euro frei. Ein entsprechender Vertrag wurde wenige Tage später unterzeichnet. Nach aktuellem Stand sollen die drei Flugzeuge zwischen 2026 und 2028, also ein viertel Jahrhundert nach Projektbeginn, an die Bundeswehr ausgeliefert werden.

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Projektname: P8A-POSEIDON
Preis: 0,467 Mrd. Euro (Bundeshaushalt 2023). Gesamtprojektkosten von rund 1,1 Mrd. Euro (z.T. nicht aus dem Sondervermögen). Kosten könnten bei Bestellung weiterer Flugzeuge noch steigen.
Produkt: Seefernaufklärer P8A-Poseidon
Hersteller: Boeing (USA)
Anzahl: 5 (+3 weitere in Diskussion)
Status: Erster Vertrag über fünf Flugzeuge bereits 2021 unterzeichnet. Die Finanzierung von drei weiteren Flugzeugen durch das Sondervermögen steht im Raum. Eine Entscheidung dazu wurde aber bisher nicht getroffen.

Beschreibung: Seefernaufklärer sind Flugzeuge zur weiträumigen Überwachung von Seegebieten und zur Aufklärung und Bekämpfung von U-Booten aus der Luft. Auch wenn das entsprechende Rüstungsprojekt als Flugzeug im Rahmen des Sondervermögens in der Dimension Luft gelistet wird, werden die Seefernaufklärer von den Marinefliegern im niedersächsischen Nordholz betrieben.

Aktuell nutzt die Bundeswehr vier Seefernaufklärer des veralteten Typs P-3C Orion. Wegen technischer Mängel wurden vier der acht erst 2004 gebraucht aus den Niederlanden gekauften Maschinen bereits ausgemustert. Weil im Januar 2021 nach einem technischen Defekt zum wiederholten Mal keiner der vier verbleibenden Seefernaufklärer einsatzbereit war, musste sich die Bundeswehr zwischenzeitig aus der Marinemission EUNAVFOR Med IRINI zurückziehen.

In Folge wurden Ende Juni 2021 Verträge für den Kauf von fünf neuen Seefernaufklärer des Typs P8A-Poseidon für 1,1 Mrd. Euro unterschrieben. Die als Zwischenlösung deklarierten Flugzeuge sollen in den Jahren 2024 und 2025 ausgeliefert werden. Die deutsche Kaufentscheidung für ein neues US-Modell sorgte in Paris für Verstimmungen, weil dort auf ein gemeinsames deutsch-französisches Projekt zur Entwicklung eines europäischen Seefernaufklärers namens Maritime Airborne Weapons System (MAWS) bis 2035 gesetzt wurde. Ein entsprechender Kooperationsvertrag war bereits 2018 unterzeichnet worden.

Auch wenn die Verteidigungsministerien auf beiden Seiten des Rheins beteuern, dass das MAWS-Programm weiter laufe, verkündete die französische Beschaffungsagentur im Januar 2023, dass sie zwei eigenständige Machbarkeitsstudien für einen künftigen Seefernaufklärer bei den Rüstungskonzernen Airbus und Dassault in Auftrag gegeben habe. In diesem Rahmen sprach der französische Verteidigungsminister laut DefenseNews von einer „Desynchronisierung der französischen und deutschen Bedürfnisse.“

Davon ungeachtet will die Bundeswehr laut einer Grafik des Deutschen Bundeswehrverbandes ab 2025 dauerhaft je einen Seefernaufklärer für den NATO-Einsatz in der Ostsee sowie in Nordatlantik und Nordsee zur Verfügung stellen. Um diesen deutschen Beitrag zur Unterstreichung der avisierten Maritimen Führungsrolle in der Ostsee und weitere mögliche Marinemissionen umsetzen zu können, halten sich hartnäckig Gerüchte, dass aus dem Sondervermögen der Kauf von drei weiterer P8A-Poseidon finanziert werden soll. So findet sich im Haushaltsplan zum Sondervermögen für das Jahr 2023 neben dem Projekt „P8A-Poseidon“ ein weiterer bisher unbezifferter Posten mit dem Titel „Beschaffung Seefernaufklärer“. Da die Marine in einer Wunschliste für Rüstungsprojekte als Teil des Zielbild für die Marine ab 2035 (Marine 2035+) einen Bedarf von acht „Seefernaufklärer P-8A Poseidon bzw. MAWS“ sowohl als aktueller Planungsstand zu 2031 als auch als neuer Wunsch für 2035 angibt, ist davon auszugehen, dass aus dem Sondervermögen drei weitere P8A-Poseidon beschafft werden. Würde Berlin dafür grünes Licht geben, dürfte dies allerdings der endgültige Sargnagel für das deutsch-französische MAWS-Projekt sein.

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WEITERE PROJEKTE (DIMENSION LUFT)

Über Flugzeuge, Hubschrauber, Drohnen und Luftverteidigungssysteme hinaus werden in der Dimension Luft drei weitere kleinere Rüstungsprojekte gelistet, über die allerdings jeweils wenig bekannt ist. Dabei handelt es sich um:

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Hinter der Bezeichnung Weltraumbasiertes Frühwarnsystem TWISTER (Timely Warning and Interception with Space Based Theatre Surveillance) verbirgt sich ein EU-Entwicklungsprojekt zur Erkennung und Abwehr von Mittel- und Langstreckenraketen sowie Marschflugkörpern (inkl. Hyperschall) aus dem Weltraum. Im Rahmen der EU-Initiative PESCO soll das Projekt unter französischer Führung bis 2030 entwickelt werden. Deutschland gehört zu den aktuell sechs weiteren EU-Staaten, die sich an TWISTER beteiligen. Inwiefern das System, an dem sich der europäische Raketenbauer MBDA relevante Anteile verspricht, nach der geplanten Fertigstellung 2030 auch eine Konkurrenz zum jetzt beschafften System Arrow 3 darstellen wird, lässt sich noch nicht absehen.

Aktuell werden diverse stationäre Radaranlagen, die als Teil des Luftlageführungssystems der Luftwaffe in Deutschland installiert sind, modernisiert bzw. ersetzt. Vermutlich wurden die Kosten für den bereits 2021 mit Hensoldt geschlossenen Vertrag über vier neue Radarsysteme zum Ersatz der veralteten HARD-Radare in das Sondervermögen verschoben.

Das System Weltraumüberwachung und Lagezentrum mit Ausbaustufe 2 ist Teil des zivil-militärischen Weltraumlagezentrums im nordrhein-westfälischen Uedem. Der militärische Anteil wird seit 2021 durch das neu gegründete Weltraumkommando der Bundeswehr am selben Standort geführt. Das Weltraumlagezentrum besteht bereits seit 2009 und arbeitet bisher im sogenannten Experimentalbetrieb. Mit Vertragsabschluss aus dem April 2022 wurden der französische IT-Konzern ATOS und der deutsche Weltraumspezialist OHB mit der als Ausbaustufe 1 bezeichneten Überführung des Systems in den operationellen Betrieb beauftragt. Laut einem militärnahen Fachmagazin sollen die neuen IT-Systeme folgende Fragen beantworten können: „Wie ist das Weltraumwetter? Wo gibt es Objekte im Orbit? Gibt es mögliche Kollisionen zwischen den Objekten? Treten diese Objekte wieder in die Erdatmosphäre ein und verglühen?“ Damit könnten dann „potenzielle Gefahren für zivilgesellschaftlich relevante Infrastrukturelemente frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen abgeleitet werden.“ Vermutlich wurden die Kosten für den bereits vergebenen Auftrag sowie die Option auf eine Ausbaustufe 2 zu 2023 aus dem regulären Verteidigungshaushalt in das Sondervermögen verschoben.

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PROJEKTE LAND

Neben einem kleinen Projekt für den Sanitätsdienst ist das Heer als Zentrum der Landstreitkräfte der Bundeswehr Hauptprofiteur der 16,6 Mrd. Euro, die im Sondervermögen für die Dimension Land eingeplant sind. Das Heer befindet sich aktuell mitten in einer Umbauphase, die bis etwa 2030 andauern wird. Ziel ist es die Landstreitkräfte wieder für einen großen Krieg (mit Russland) fit zu machen. Dafür wird auch die gesamte Organisationsstruktur des Heeres überarbeitet. Damit weicht die Bundeswehr endgültig von den 2011 verabschiedeten Strukturen ab, die auf kleine Einsatzkontingente für Auslandseinsätze ausgelegt waren. Aber auch die künftigen Großverbände für einen potenziellen Krieg mit einem ebenbürtigen Gegner sehen anders aus als die Panzerkolonnen der Bundeswehr aus dem letzten Kalten Krieg. So lassen sich die acht Brigaden (je 3.500 bis 5.000 Soldat*innen) des Heeres künftig in drei Kategorien mit unterschiedlichen Aufgaben und unterschiedlicher Ausrüstung unterteilen. Neben den klassischen Panzerverbänden der „Schweren Kräfte“ und den auch bisher bereits existierenden „Leichten Kräften“ wie Gebirgs- und Fallschirmjägern kommt eine dritte Kategorie der sogenannten „Mittleren Kräfte“ hinzu, die voll auf stark geschützte aber flexibel verlegbare Radpanzer setzen wird. Unter den Rüstungsprojekten aus dem Sondervermögen in der Dimension Land findet sich nur ein Vorhaben für den Sanitätsdienst, das sich nicht direkt diesen drei Kategorien zuordnen lässt.

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SCHWERE KRÄFTE

Die Schweren Kräfte des Heers bauen auf klassische Panzerverbände mit Kampf und Schützenpanzern mit höchstem Panzerschutz, hoher Feuerkraft und großer Durchsetzungsfähigkeit gegen feindliche Panzerverbände. Für Auslandseinsätze quasi unbrauchbar sind Schwere Kräfte voll auf Kriegshandlungen mit militärisch hochgerüsteten Gegnern ausgelegt. Das wird aktuell immer relevanter, weil die Bundeswehr längst nicht mehr auf Landesverteidigung an der Oder und im Bayerischen Wald, sondern auf Bündnisverteidigung zwischen Baltikum und Karpaten setzt. So wird es künftig nur noch drei Brigaden diesen Typs in der Bundeswehr geben, da sie den Nachteil haben, dass sie sich über weitere Distanzen nur mit hohem logistischem und Zeitaufwand verlegen lassen. Daher setzt das Heer in Zukunft auch auf sogenannte Mittlere Kräfte mit Radpanzern. (siehe unten) Neben der Modernisierung und der Beschaffung von Schützenpanzern des Typ PUMA wird mit dem MGCS aus dem Sondervermögen auch ein Deutsch-Französisches Entwicklungsprojekt für die Schweren Kräfte der Zukunft (nach 2035) finanziert.

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Projektname: Schützenpanzer PUMA [Konsolidierte Nachrüstung 1. Los]
Kosten: 0,77 Mrd. Euro (Rheinmetall)
Produkt: Nachrüstsätze des Schützenpanzer PUMA im Konstruktionsstand S1
Anzahl: 143
Hersteller: PSM (Deutschland), bestehend aus KNDS (ex KMW) und Rheinmetall
Status: Vertragsabschluss im April 2023 / Umrüstung bis 2029 geplant

Beschreibung: Im Gegensatz zu Kampfpanzern sind Schützenpanzer nicht auf die direkte Bekämpfung feindlicher Kampfpanzer, sondern auf den Transport von Fußsoldat*innen (Infanterie/Panzergrenadiere) ausgelegt. Der Schützenpanzer (Spz) PUMA ist das neue Waffensystem der Panzergrenadiertruppe der Bundeswehr und damit neben dem Leopard 2 Kampfpanzer eines von zwei zentralen Waffensystemen der Schweren Kräfte des Heeres. (siehe IMI-Analyse 2022/45) Bereits 2009 von der Bundeswehr bestellt wurden die ersten PUMA nach mehrjähriger Verspätung ab 2015 ausgeliefert. In Fachkreisen gilt der PUMA für die einen als modernster und erster voll digitalisierter Schützenpanzer der Welt und für die anderen als Fehlentwicklung, Zeit- und Milliardenfresser mit nicht endendem Nachrüstungsbedarf und Ausfällen. Laut Meldungen von 2019 verdoppelten sich die Kosten für den Schützenpanzer PUMA seit der Planung von 3 Mrd. auf 5,9 Mrd. Euro. Zwischen 2020 und 2022 vielen bei Einsatzprüfungen selbst frisch nachgerüstete Schützenpanzer für den deutschen Beitrag zur Schnellen Eingreiftruppe der NATO (VJTF 2023) immer wieder aus, was dem PUMA den wohl berechtigten Ruf eines Pannenpanzers einbrachte. (siehe IMI-Analyse 2023/02)

Trotz dieser Pannen beauftragte die Bundeswehr bereits 2021 die Nach- bzw. Aufrüstung von 154 Schützenpanzern. (Bundeswehr) Nach weiteren Pannen und intensiven Verhandlungen mit den Herstellern KMW und Rheinmetall wurden im April 2023 weitere Gelder aus dem Sondervermögen für das Projekt „Schützenpanzer PUMA [Konsolidierte Nachrüstung 1. Los]“ vom Parlament freigegeben, um auch die verbleibenden 143 PUMA aus dem ersten Los (insgesamt 350) auf den neusten Rüststand mit der Bezeichnung S1 zu bringen. Dieser neue Rüststand beinhaltet u.a. ein Update der Software, neue Bildschirme und Kamerasysteme, die Vorrichtungen für neue Digitalfunkgeräte sowie die Integration von Panzerabwehrlenkraketen (MELLS) in den Waffenturm. (Rheinmetall)

Der PUMA kam seit der ersten Bestellung verspätet und wurde in einer nicht die NATO-Kriterien erfüllenden und schwer fehleranfälligen Version ausgeliefert. Um all diese absehbaren Probleme jetzt zu beheben, werden erneut Milliardensummen in das Pannenpanzer-Projekt gesteckt. Diese Vorgeschichte schließt allerdings nicht aus, dass der PUMA bei Behebung aller aktuellen Probleme zu einem hoch effizienten, digitalisierten Waffensystem werden könnte.

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Projektname: Beschaffung Schützenpanzer PUMA [2. Los]
Kosten: ~1,1 Mrd. Euro (wehrtechnik.info)
Produkt: Schützenpanzer PUMA im Konstruktionsstand S1
Anzahl: 50 (Option auf 229 weitere)
Hersteller: PSM (Deutschland), bestehend aus KNDS (ex KMW) und Rheinmetall
Status: Vertragsabschluss im Mai 2023 / Auslieferung zwischen 2025 und 2027 geplant

Beschreibung: Bereits 2009 plante die Bundeswehr die Beschaffung von 405 Schützenpanzer PUMA. (siehe oben) In der Zwischenzeit wurde die Bestellung aus Kostengründen auf 350 reduziert. Kurz nach der Verkündung des Sondervermögens verbreiteten sich die Gerüchte, die Bundeswehr werde 229 weitere PUMA beschaffen. In der Zwischenzeit hatte die Heeresführung allerdings ihre Pläne umgestellt und setzt jetzt vermehrt auf sogenannte Radschützenpanzer auf Basis des Radpanzers Boxer. (siehe unten) Daher wurden im Mai 2023 Gelder aus dem Sondervermögen für die Beschaffung von „nur“ 50 fabrikneuen PUMA im Rüststand S1 vom Bundestag freigegeben. (Bundeswehr) Damit kann die Bundeswehr die geplanten sieben Panzergrenadierbataillone voll ausstatten und erreicht nahezu die ursprünglich geplante Summe von 405 Schützenpanzer PUMA. Die Umsetzung der in den Verträgen ebenfalls vereinbarten Option für die Bestellung von bis zu 179 weiteren PUMA scheint aktuell eher unwahrscheinlich.

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Projektname: Main Ground Combat System
Kosten: 1,15 Mrd. Euro (Haushaltsentwurf 2023)
Produkt: Entwicklung eines zukünftigen Hauptbodenkampfsystems (Kampfpanzer, Begleitfahrzeuge, Vernetzung und Drohnenschwärme als sogenanntes System of Systems)
Hersteller: Rheinmetall (DE) und KNDS (DE/FR)
Anzahl: (Entwicklung)
Status: Aktuell in Verhandlungen mit Projektpartner Frankreich und Industrie

Beschreibung: Bereits seit 2012 planen Frankreich und Deutschland die gemeinsame Entwicklung eines Kampfpanzers der Zukunft, der die aktuellen Modelle Leclerc und Leopard 2 ersetzen soll.

Das Mega-Rüstungsprojekt zielt nicht auf die bloße Weiterentwicklung der vorhandenen Kampfpanzer, sondern auf ein sogenanntes System of Systems. Ein klassisch anmutender künftiger Kampfpanzer mit Kanone soll darin mittels digitalisierter Kommunikation und der Anwendung von Künstlicher Intelligenz mit weiteren bemannten und unbemannten Panzerfahrzeugen sowie mit ganzen Drohnenschwärmen verbunden werden. Das gesamte Projekt zielt damit auf die massive Erhöhung der hoch problematischen Autonomie in Waffensystemen.

Die seit 2015 unter dem Namen Main Ground Combat System (MGCS) – etwa Hauptlandkampfsystem – vorangetriebenen Entwicklungen, die 2020 in der Unterzeichnung eines Deutsch-Französischen Abkommens mündeten, gerieten in den letzten Jahren allerdings immer wieder ins Stocken. Sowohl auf politischer als auch auf industrieller Ebene wurde teils verbittert um die Ausgestaltung der vereinbarten deutschen Führungsrolle gestritten. Eine zentrale Auseinandersetzung drehte sich um die Einbeziehung von Rheinmetall in das bereits vom deutsch-französischen Fusionskonzern KNDS (bestehend aus KMW und dem französischen Staatskonzern Nexter Systems) begonnene Projekt. So sollen KMW, Nexter und Rheinmetall zwar zu je einem Drittel an der Entwicklung beteiligt werden, während sich Frankreich und damit Nexter aber 50% der künftigen Produktion sicherte. Mit einer vermeintlichen „Juniorrolle abgespeist“ eskalierte Rheinmetall die Auseinandersetzung 2022 so weit, dass der deutsche Rüstungsriese mit dem KF51 Panther einen Konkurrenzpanzer zum MGCS auf einer Pariser Rüstungsmesse vorstellte. (IMI-Studie 2022/7)

Nach einem Treffen auf Spitzenebene am 10. Juli 2023, bei dem sich der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein französischer Amtskollege, Sébastien Lecornu, auf gemeinsame Eckpunkte einigten, scheinen die Wogen vorerst geglättet. Unter den Augen von regelmäßigen Treffen der beiden Verteidigungsminister soll der nächste Entwicklungsschritt, eine zweite Projektstudie, in den nächsten Monaten angegangen werden.

Ob die im Sondervermögen eingestellten 1,15 Milliarden Euro für diese Studie bereits alle anstehenden Entwicklungskosten abdecken werden ist allerdings keinesfalls geklärt. Das Fachmagazin Loyal ging in einem Artikel von 2021 bis zur Auslieferung des MGCS von Gesamtprojektkosten im dreistelligen Milliardenbereich aus. Damit wird mit der jetzigen Finanzierung des MGCS ein Pfad beschritten, der neben der Förderung der höchst gefährlichen Autonomie in Waffensystemen auch künftige Haushalte nach 2026 massiv belasten wird. So ist davon auszugehen, dass die Kosten weiter steigen und vermutlich zweistellige Milliardensummen in das MGCS fließen werden, bis der erste Kampfpanzer der Zukunft zwischen 2035 und 2040 vom Band rollen wird.

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MITTLERE KRÄFTE

Die Mittleren Kräfte sind eine für die Bundeswehr völlig neue Kategorie. Die künftig drei Mittleren Brigaden setzen voll auf Radpanzer, die von Auslandseinsätzen bis zum Kampf gegen feindliche Panzerverbände geeignet sind.

Innerhalb Kontinentaleuropas können sie sich binnen Tagen auf ihren eigenen Rädern – und damit ohne Inanspruchnahme von zusätzlicher Logistik wie Radlader, Bahntransport oder Flugzeug – an sämtliche Außengrenzen des Bündnisgebietes bewegen.

Sie sind beweglicher und schneller verlegbar als die Schweren Kräfte mit Panzerfahrzeugen auf Ketten und deutlich besser gepanzert und bewaffnet als die leichten Fallschirm- und Gebirgsjäger. Die Mittleren Kräfte dienen damit neben dem Potenzial zur weltweiten Verlegbarkeit mit Flugzeugen primär zum schnellen Aufmarsch der Bundeswehr an der NATO-Ostflanke in Europa. Der Schwere Waffenträger und der Radschützenpanzer als zentrale Rüstungsprojekte für die Mittleren Kräfte aus dem Sondervermögen sind damit die praktische Umsetzung der Aussage von Kanzler Olaf Scholz: „Wir werden jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen“. (Welt, 28.03.22) Neben dieser Abschreckungsrolle können die Brigaden der Mittleren Kräfte künftig, wie bereits ihre Gegenstücke in der US-Armee, die Rolle des Flankenschutzes von schweren Panzerverbänden oder das flexible Überwachen von ausgedehnten Frontabschnitten übernehmen.

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Projektname: Schwerer Waffenträger Infanterie
Kosten: 2 Mrd. Euro (Haushaltsentwurf 2023)
Produkt: Radpanzer Boxer CRV Block II
Anzahl: 121 (laut Infobrief Heer 3/23)
Hersteller: Rheinmetall (Deutschland/Australien)
Status: Vorauswahl durch Verteidigungsministerium/ Mittelfreigabe und Vertragsschluss noch offen

Beschreibung: Bisher setze die Bundeswehr als schweres Waffensystem der Jägertruppe (sowie bei Fallschirm- und Gebirgsjägern) auf den leichten Waffenträger Wiesel 1 – eine Art Mini-Panzer mit Kanone oder Panzerabwehrlenkwaffen. Für die mittlerweile auf den Kampf mit Radpanzer Boxer ausgelegte Jägertruppe der Bundeswehr wird bereits seit Jahren an einem neuen Schweren Waffenträger auf Basis des Radpanzer Boxer gearbeitet, der sowohl mit 30mm Kanone als auch mit Panzerabwehrlenkwaffen ausgestattet sein soll.

Der Schwere Waffenträger gilt als Einstieg der Bundeswehr in den Aufbau sogenannter Mittlerer Kräfte. (siehe IMI-Analyse 2022/45) So sollen bis 2030 drei Brigaden (je ~3.000-5.000 Soldat*innen) entstehen, die vollständig mit Radpanzern ausgestattet sind. Formal noch in der Verhandlungsphase hat das Verteidigungsministerium seine Entscheidung für das Modell Boxer CRV Block II, wie es von Rheinmetall bereits an Australien geliefert wurde, allerdings bereits öffentlich kommuniziert. Bei diesem Modell handelt es sich um einen Radpanzer Boxer mit einer 30mm Kanone und Lenkraketen des Typ MELLS, die in einem sogenannten Lance-Turm von Rheinmetall verbaut sind. Laut einer Mitteilung von Rheinmetall von Anfang April 2023 sollen über 100 Schwere Waffenträger in der konzerneigenen Fabrik im australischen Bundesstaat Queensland produziert und ab 2025 an die Bundeswehr ausgeliefert werden.

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Projektname: Nachfolge Schützenpanzer MARDER [Radschützenpanzer Boxer]
Kosten: bisher offen / Schätzungen von bis zu 3 Mrd. Euro
Produkt: Plattform: Radpanzer Boxer / Turmoptionen: Lance von Rheinmetall oder PUMA-Turm von KNDS
Hersteller: Artec (Deutschland), bestehend aus Rheinmetall und KNDS
Anzahl: 148 (laut Infobrief Heer 3/23)

Beschreibung: Ein Radschützenpanzer erfüllt die gleiche Funktion wie ein Schützenpanzer mit Ketten. Neben einer Kanone auf dem Dach kann er eine Gruppe von Fußsoldaten im gepanzerten Laderaum bis nah an ihren Einsatzort transportieren, wo sie beispielsweise in Wäldern oder engen Straßen zu Fuß weiterkämpfen. Bisher setze die Bundeswehr vollständig auf klassische Schützenpanzer auf Ketten, die zusammen mit Kampfpanzern agieren. Als Element der neuen Mittleren Kräfte (siehe oben) soll jetzt ein Teil der alten Schützenpanzer Marder mit neuen Radschützenpanzern ersetzt werden.

Radschützenpanzer sind zwar etwas weniger geländegängig und leichter gepanzert als ihre Gegenstücke auf Ketten, können dafür aber in Stunden und Tagen über Hunderte Kilometer durch ganz Europa verlegt werden. Im Gegensatz zu Frankreich, den USA und weiteren Verbündeten, die bereits seit Jahren auf Großverbände mit Radpanzern setzen, betritt die Bundeswehr mit diesem Projekt Neuland. Während der GTK Boxer als Basis des Radschützenpanzers bereits feststeht, wird über die Waffenanlage und den Turm auf dem Dach noch verhandelt. Zur Option stehen zwei Modelle die bereits in der Bundeswehr genutzt oder aktuell eingeführt werden. Dabei handelt es sich um ein Modell von KNDS, das auch auf dem Schützenpanzer PUMA verbaut ist, oder um einen Lance-Turm von Rheinmetall, wie er auf dem neuen Schweren Waffenträger (siehe oben) eingerüstet sein wird.

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LEICHTE KRÄFTE

Die Leichten Kräfte des Heeres bilden das hochflexible Ende des Spektrums der Landstreitkräfte. Fallschirm- und Gebirgsjäger können innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen unter Inanspruchnahme von Transportflugzeugen und Transporthubschraubern weltweit verlegt werden. Zuletzt wurde dies während der Evakuierung deutscher Staatsbürger aus dem Sudan im April 2023 sichtbar. In schweren Gefechten mit militärisch hochgerüsteten Gegnern können Leichte Kräfte allerdings nur kleinteilige Aufgaben in entlegenen Regionen wie der Arktis oder im Gebirge übernehmen oder in einem entlegenen Gebiet Zeit überbrücken, bis die Mittleren und Schweren Kräfte dort eintreffen. Ein Thesenpapier des Heeres von 2017 spielte beispielsweise die Option durch, massenhaft Fallschirmjäger über Litauen abspringen zu lassen, um sie einen Korridor verteidigen zu lassen, der das Nachrücken von deutschen (Rad-)Panzern gegen einen russischen Angriff erlaubt. (siehe IMI-Analyse 2022/45)

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Projektname: Nachfolge Überschneefahrzeuge
Kosten: ~1,5 Mrd. Euro (Summe aus zwei Verträgen aus 2022 und 2023)
Produkt: Amphibisches-Gelände-Kettenfahrzeug BVS10 Mk2b (CATV – Common All Terrain Vehicle)
Anzahl: 367 bestellt (Gesamtbedarf von 644)
Hersteller: BAE Systems Hägglunds (Schweden/ Großbritannien)
Status: Mittelfreigabe im Dezember 22 und März 23 / Auslieferung zwischen Ende 2025 und 2030 geplant

Beschreibung: Die sogenannten Überschneefahrzeuge des Typs Bv 206 der schwedischen Firma Hägglunds werden seit den 1980er Jahren v.a. von den Gebirgsjägern der Bundeswehr eingesetzt. Sie können sich mit ihren breiten Ketten auch über geschlossene Schneedecken bewegen, sind hochgebirgstauglich und können mit ihrer amphibischen Fähigkeit auch Gewässer und Sumpflandschaften eigenständig überqueren. Während des Kriegseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan wurden die  Bv 206 auch in den nordafghanischen Bergen eingesetzt.

Im Zuge der aktuellen Aufrüstung sollen die alten Überschneefahrzeuge durch ein neues Modell ersetzt werden. Dafür hat sich die Bundesregierung einer von Schweden und Großbritannien initiierten Gemeinschaftsbeschaffung mit dem Namen Common All Terrain Vehicle (CATV) angeschlossen. Konkret hat der schwedische Staat einige hundert Fahrzeuge des Typ BVS10 Mk2b bestellt, die vom schwedischen BAE Systems Hägglunds, einem Tochterunternehmen des britischen Rüstungskonzerns BAE-Systems, hergestellt werden. Mit zwei Verträgen aus dem Dezember 2022 und März 2023 hat die Bundeswehr bereits 367 neue BVS10 Mk2b mit Mitteln aus dem Sondervermögen bestellt. Damit soll v.a. die Gebirgsjägerbrigade der Bundeswehr mit den neuen, größeren und jetzt auch schwerer gepanzerten Kettenfahrzeugen ausgestattet werden. Der von der Bundeswehr angegebene Gesamtbedarf von 664 Überschneefahrzeugen dürfte dann auch die Bedarfe von Spezialkräften, Fallschirmjägern und vermutlich auch der Marineinfanterie (Seebataillon) abdecken. Die ersten 367 Überschneefahrzeuge der neusten Generation sollen zwischen Ende 2025 und 2030 an die Bundeswehr ausgeliefert werden.

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Projektname: Nachfolge luftverlegbare Fahrzeuge/ Luftlandeplattformen
Kosten: ~ 0,58 Mrd. Euro (eigene Berechnungen nach Zahlen von Rheinmetall)
Produkt: Luftlandefahrzeug Caracal
Anzahl: 1.004 bestellt (1.700 als potenzieller Bedarf / deutscher Anteil am Rahmenvertrag 2.004)
Hersteller: Rheinmetall (Hauptauftragnehmer/ Module) mit ACS (Aufbauten / Panzerung) und Mercedes-Benz (Fahrgestell / Motor) – alle Deutschland
Status: Vertragsschluss im Juli 2023 / Auslieferung ab 2025

Beschreibung: Luftlandekräfte (Fallschirmjäger/ Spezialkräfte/ u.ä.) können selbst mit Fallschirmen in das Einsatz- bzw. Kampfgebiet springen oder direkt nach dem Aussteigen aus Hubschauern oder Flugzeugen in Kampfhandlungen eingreifen. Für dieses Aufgabengebiet setzen die Luftlandekräfte der Bundeswehr auf einen ganzen Fuhrpark aus kleinen und leichten Fahrzeugen, die z.T. selbst an Fallschirmen abgeworfen oder unter Hubschraubern hängend transportiert werden können. Das erlaubt den Luftlandekräften als Teil der Leichten Kräfte des Heeres Operationen als Vorratskräfte bei Auslandsmissionen, den Einsatz bei Evakuierungsoperationen, aber auch Einsatzoptionen im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung. (siehe Leichte Kräfte oben)

Im November 2021 unterschrieben niederländische und deutsche Generäle eine Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Beschaffung der künftigen Fahrzeugflotte für ihre jeweiligen Luftlandetruppen. Nachdem sich zwischenzeitlich der niederländische Spezialfahrzeugehesteller Defenture (in Kooperation mit KMW), Rheinmetall (mit ACS und Mercedes-Benz) sowie General Dynamics European Land Systems (die Europasparte des US-Rüstungskonzerns) mit Prototypen beworben hatten, fiel im Mai 2023 die Entscheidung für das Modell Caracal von Rheinmetall. Nach der Freigabe von Mitteln aus dem Sondervermögen durch den Bundestag verkündete Rheinmetall am 10. Juli 2023 den Vertragsabschluss. Der Rahmenvertrag umfasst ein Volumen von 3.058 Fahrzeugen (2.054 für Deutschland und 1.004 für die Niederlande) mit einem Gesamtwert von 1,9 Mrd. Euro. Konkret beauftragt wurden vorerst 1.508 Caracal, von denen 504 an die Niederlande gehen sollen. Die gut tausend Fahrzeuge für die Bundeswehr sollen in der niederländischen Rheinmetall-Niederlassung in Ede bei Arnheim endmontiert werden. Der Gesamtbedarf der Bundeswehr an Luftlandefahrzeugen wird in einem Fachmagazin mit 1.700 angegeben. Um die Fallschirmjägerbrigade der Bundeswehr, die Divisionstruppen der Division Schnelle Kräfte und das künftige Spezialfallschirmjägerregiment (EGB) mit Fahrzeugen des Typs Caracal auszustatten, dürfte diese Zahl realistisch sein. Der Gesamtpreis würde damit auf über eine Milliarde Euro steigen. Offen bleibt, ob die weiteren Lieferungen des Caracal aus dem Sondervermögen oder aus künftigen Verteidigungshaushalten bezahlt werden sollen.

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WEITERE PROJEKTE (DIMENSION LAND)

Sanitätsausstattung: Unter dem Namen Sanitätsausstattung werden im Sondervermögen drei Projekte des Sanitätsdienstes zusammengefasst. Im Haushaltsentwurf 2023 wurden dafür Gesamtkosten von 183 Millionen Euro veranschlagt. Bei allen drei Projekten handelt es sich um verlegbare Sanitätseinrichtungen, in denen medizinische Behandlungen bis hin zu Operationen in Frontnähe durchgeführt werden können, bevor verwundete Soldat*innen in ein Feldlazarett oder Krankenhaus abtransportiert werden können. Diese Behandlungseinrichtungen der zweiten Ebene werden in der Bundeswehr als Rettungszentren und im NATO-Englisch als Role 2 bezeichnet.

Für das erste Teilprojekt „Luftlanderettungszentrum, leicht“ hat der Bundestag im Januar 2023 Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro aus dem Sondervermögen freigegeben. (BMVg) Die acht geplanten Rettungszentren werden aus aufblasbaren Zelten und Ausrüstung in kleinen Containern bestehen und können so nicht nur per LKW, sondern auch per Hubschrauber oder Flugzeug in das jeweilige Einsatzgebiet gebracht werden. Die Verträge enthalten zusätzlich zu den acht bestellten Einheiten, die bis 2024 geliefert werden sollen, die Option auf die Bestellung acht weiterer.

Im Mai 2023 veröffentlichte das Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) zudem eine Ausschreibung für die Lieferung von bis zu sechs Behandlungseinrichtungen des Typs „Luftlanderettungszentrum, Spezialkräfte“. Vier dieser mit unter fünf Tonnen Gesamtgewicht extrem leichten Rettungszentren sollen bei Vertragsabschluss direkt bestellt werden, während eine Option zur Bestellung von zwei weiteren Systemen in den kommenden sieben Jahren vertraglich vereinbart werden soll. (ESUT)

Am wenigsten ist bisher über das dritte Teilprojekt namens „Role 2B geschützt, hoch Mobil“ bekannt. Laut Rheinmetall plant der Rüstungskonzern, sich mit einem Konzept bestehend aus geschützten LKW und Containern, in denen die Behandlungseinrichtungen untergebracht sind, auf dieses Projekt zu bewerben. (wehrmed.de)

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PROJEKTE SEE

Die Dimension See umfasst Waffensysteme der Marine – darunter Kriegsschiffe, U-Boote, von Schiffen verschließbare Marschflugkörper, kleinere Boote und Aufklärungssysteme. Ursprünglich war zu Beginn des Sondervermögens ein Umfang von 19,3 Mrd. Euro für die Dimension See vorgesehen. Nachdem allerdings aufflog, dass das Sondervermögen von Bundeswehr und Verteidigungsministerium massiv überplant wurde, war die Dimension See mit jetzt 8,8 Mrd. Euro am stärksten von den folgenden Streichungen betroffen. So werden von diversen geplanten Kampfschiffen geringere Stückzahlen beschafft (vier statt sechs F126 und 5 statt bis zu zehn K130). Über die in der Dimension See verzeichneten Projekte hinaus profitiert die Marine allerdings auch von der in der Dimension Luft gelisteten Beschaffung neuer Seefernaufklärungsflugzeuge und von Teilen der Projekte aus dem Bereich Digitalisierung.

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KRIEGSSCHIFFE

Projektname: Fregatte 126 [1. Los]
Kosten: mindestens 0,89 Mrd. Euro (Haushaltsentwurf 2023) / Gesamtprojektkosten (z.T. nicht aus dem Sondervermögen) von 5,27 Mrd. Euro
Produkt: Fregatten der Klasse F126 (zuvor Mehrzweckkampfschiff 180)
Hersteller: Damen Naval Yards (Niederlande) als Hauptauftragnehmer, Bau der Schiffe an Standorten der Lürssen Group (Deutschland) und Thales (Frankreich) als Zulieferer für die digitalen Systeme
Anzahl: 4 bestellt (Option auf 2 weitere)
Status: Vertrag bereits 2020 unterschrieben / ins Sondervermögen verschoben aus Einzelplan 14 (regulärer Verteidigungshaushalt)

Beschreibung: Bereits seit 2009 plant die Bundeswehr an einem neuen Mehrzweckkampfschiff zur dreidimensionalen Seekriegsführung auf den Weltmeeren. Nach einer europäischen Ausschreibung fiel 2020 die Entscheidung, den Auftrag für das größte Kampfschiff in der Geschichte der Bundeswehr an die niederländischen Damen Werft zu vergeben. Für den Bau von vier Schiffen sind 5,27 Mrd. Euro vorgesehen. Zum Unmut der deutschen Marineweften werden die Schiffe zwar bei Blohm+Voss in Hamburg gebaut, neben Entwurf und Planung aus den Niederlanden kommt allerdings auch die Hightech Elektronik an Bord von Thales aus Frankreich.

Ausgelegt als „Mehrzweckkampfschiff“ sind die neuen Fregatten so aufgebaut, dass sie verschiedene Missionsmodule für unterschiedliche Aufträge aufnehmen können. Bestellt wurden bisher je zwei Module für „Gewahrsam“ zur Unterstützung von Spezialkräfteoperationen und zur „U-Boot-Bekämpfung“ für die klassische Seekriegsführung im Rahmen der sogenannten Landes- und Bündnisverteidigung.

Zu Beginn des Sondervermögens 2022 war vorgesehen auch die im Vertrag verankerte Option auf zwei weitere Schiffe auszulösen und die Gesamtzahl damit von vier auf sechs zu erhöhen. Im Zuge der Streichungen aufgrund des maßlos überplanten Sondervermögens (siehe „Wirtschaftsplan“) wurde diese Option allerdings wieder gestrichen. Im sogenannten „Zielbild Marine 2035+“ von März 2023 planen die deutschen Seestreitkräfte allerdings weiter mit sechs Fregatten der Klasse 126. Diese Zahl wäre nötig, um die maritimen Aufrüstungsbestrebungen der Bundeswehr umsetzen zu können. Diese sehen vor, zu jedem Zeitpunkt zwei global einsetzbare Flottenverbände vorzuhalten, die auf die U-Boot-Jagd-Fähigkeiten der F 126 angewiesen wären. Sechs Schiffe würden benötigt, weil damit geplant wird, dass auf ein Schiff auf See je ein weiteres zur Ausbildung und zur Wartung in der Werft kommen würde. Woher die weiteren Milliarden für den Kauf der ausbleibenden zwei Schiffe nach der Streichung aus dem Sondervermögen allerdings kommen sollen, bleibt bisher offen. Die Umsetzung wäre wohl nur bei einer weiteren drastischen Erhöhung des Verteidigungshaushalts nach 2026 umsetzbar. Um die Vertragskonditionen mit dem Hersteller einzuhalten, müsste die Option auf die zwei weiteren Schiffe allerdings bereits 2024 gezogen werden. Die Auslieferung der schon bestellten vier Schiffe der Klasse F 126 an die Bundeswehr ist zwischen 2028 und 2031 geplant.

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Projektname: Korvetten Klasse 130 [2. Los]
Kosten: 0,47 Mrd. Euro (Haushaltsentwurf 2023) / Gesamtprojektkosten (z.T. nicht aus dem Sondervermögen) von 2,273 Mrd. Euro (MarineForum)
Produkt: Korvetten der Klasse K130
Hersteller: Arge 130 bestehend aus Lürssen Group und German Naval Yards Kiel sowie kleinere Anteile durch ThyssenKrupp Marine Systems (alle Deutschland)
Anzahl: 5 bestellt (1-3 weitere sind geplant)
Status: Vertrag bereits 2017 unterschrieben / Restkosten aus dem Einzelplan 14 (regulärer Verteidigungshaushalt) ins Sondervermögen verschoben

Beschreibung: Konzipiert für die Randmeerkriegsführung in flachen Gewässern wie der Ostsee befinden sich die ersten fünf Korvetten des Typs 130 bereits seit Jahren im Bestand der Marine. Aktuell wird an einem zweiten Los mit fünf weiteren Schiffen für einen Preis von 2,273 Mrd. Euro gebaut. Ziel ist es, die Ostseeflotte zwischenzeitlich auf zehn Schiffe aufzustocken. Verantwortlich für die Produktion der Schiffe ist der Werftenzusammenschluss ARGE 130 mit der Lürssen Gruppe als Hauptauftragnehmer. Während ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) an der Konzeption beteiligt ist, werden die Schiffe bei Werften der Lürssen-Gruppe in Wolgast und Hamburg sowie bei der German Naval Yards in Kiel gebaut.

Da das erste Los der K130 bereits als veraltet gilt, kursieren bereits seit längerem Pläne, ein drittes Los zu bestellen, um die ersten fünf Schiffe zu ersetzen. Der 14. Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums aus dem Dezember 2021 gab diesem Vorhaben das Prädikat „vorerst nicht finanzierbar”. Zwischenzeitlich im Sondervermögen eingeplant, wurde das dritte Los K130 allerdings auch dort wieder gestrichen. Auch hier ist bisher nicht geklärt, woher die Gelder für den Kauf der weiteren Schiffe kommen soll. Davon unbeeindruckt plant die Marine in ihrem „Zielbild Marine 2035+“ weiter mit einer flexiblen Anzahl von sechs bis neun modernen Korvetten, was eine Anschaffung von einem bis drei weiteren Schiffen dieses Typs nötig machen würde.

Mit 2,273 Mrd. Euro lag das Rüstungsprojekt (Stand 2021) bereits um 311 Millionen Euro (13%) über den 2017 vereinbarten Kosten. (MarineForum) Laut Berichten des BMVg von Ende 2022 ist mit der vollen Einsatzreife des ersten der fünf Schiffe erst 2025 und damit nach 40 Monaten Verzögerung zu rechnen. (ESUT)

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U-Boote

Projektname: U-Boot Klasse 212 Common Design
Kosten: 0,289 Mrd. Euro (Haushaltsentwurf 2023) / Gesamtprojektkosten (z.T. nicht aus dem Sondervermögen) von 2,79 Mrd. Euro
Produkt: U-Boote der Klasse U212 CD
Hersteller: Thyssen Krupp Marine Systems (Deutschland) und Kongsberg Defence & Aerospace (Norwegen)
Anzahl: 2 U-Boote
Status: Vertrag bereits im Juni 2021 unterschrieben / Kosten aus dem Einzelplan 14 (regulärer Verteidigungshaushalt) ins Sondervermögen verschoben

Beschreibung: In einem Gemeinschaftsprojekt mit Norwegen plant die Deutsche Marine den Kauf von zwei der weltweit modernsten dieselelektrischen U-Boote der Klasse U 212 CD. Im Juni 2021 gab der Bundestag bereits 2,79 Mrd. Euro für das Projekt frei. (augengeradeaus.net) Gemeinsam mit den vier weiteren U-Booten für Norwegen handelt es sich mit einem Gesamtpreis von rund 5,5 Mrd. Euro um den größten Auftrag in der Firmengeschichte von ThyssenKrupp Marine Systems. (Deutscher Marinebund)

Die bestellten U-Boote bauen auf dem bereits in der Bundeswehr eingeführten Modell U 212 A auf, sind allerdings mit 73 Metern Länge und 2.800 Tonnen Verdrängung deutlich größer als ihre Vorgängermodelle. Neben einer höheren Reichweite soll das Design der U-Boote auch vor  der Aufklärung durch modernste Ortungstechnik schützen. Hinzu kommt ein hoch modernes, geschütztes IT-System (Führungsmittel- und Waffeneinsatzsystem) namens ORCCA, das von der norwegischen Rüstungsschmiede Kongsberg geliefert werden soll. (ESUT)

Im Rahmen der Deutsch-Norwegischen Marinekooperation soll die künftige Ausbildung der Crews und die Wartung der U-Boote an gemeinsamen Standorten mit binationalen Teams durchgeführt werden.

Nach einem geplanten Baubeginn ab 2025 soll das erste U-Boot für Norwegen 2029 und die beiden Modelle für die Bundeswehr 2032 und 2034 ausgeliefert werden.

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WAFFENSYSTEME (MARINE)

Projektname: Beschaffung des Waffensystems Naval Strike Missile Block 1A
Kosten: 1,26 Mrd. Euro (laut table.media)
Produkt: Überwasserlenkflugkörper des Typ Naval Strike Missile (NSM) Block 1A
Hersteller: Kongsberg (Norwegen) mit deutschem Partner MBDA
Anzahl: bisher nicht bekannt
Status: Erster Vertrag bereits 2021 unterzeichnet / bisherige Kosten aus dem Einzelplan 14 (regulärer Verteidigungshaushalt) ins Sondervermögen verschoben / weitere Stückzahlen und damit steigende Kosten möglich

Beschreibung: Teil der Deutsch-Norwegischen Marinekooperation (siehe U 212 CD oben) ist die Beschaffung von neuen Marschflugkörpern für die Bekämpfung von See- und von Landzielen im Küstenbereich. Die Raketen sollen auf den Fregatten der Typen F124, F125 und F126 der Bundeswehr eingerüstet werden. Gebaut werden sie von der norwegischen Rüstungsschmiede Kongsberg. Zudem ist der deutsche Ableger des europäischen Raketenherstellers MBDA in die Produktion der NSM eingebunden. (ESUT)

Mit einer Reichweite von 100 Seemeilen (185 Kilometer) fliegt die Rakete nach dem Abschuss nah über der Wasseroberfläche und ist durch ihre Bauart und Formgebung schwer von Flugabwehrsystemen aufzuklären. Vor dem Einschlag in ihr Ziel steigt die Rakete auf und bewegt sich in eigens programmierten irrationalen Ausweichmanövern bis zum Einschlag fort.

Für ein erstes Los Naval Strike Missile Block 1A genehmigte der Bundestag 2021 bereits 512,2 Millionen Euro. (augengeradeaus.net) Das Fachmagazin table.media geht allerdings von einer Beschaffungssumme von insgesamt 1, 26 Mrd. Euro für die Ausstattung der Fregatten der Marine mit Lenkflugkörpern des Typ NSM aus.

Aufgrund dieser in der westlichen Rüstungsindustrie bisher einzigartige Fähigkeiten setzen neben dem Herstellerland Norwegen auch sieben weitere NATO-Staaten (darunter die USA und Großbritannien) sowie Australien, Japan und Malaysia NSM ein oder haben Bestellungen platziert.

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WEITERE PROJEKTE (DIMENSION SEE)

Future Naval Strike Missile [Entwicklung]

Über die Bestellung von Seezielflugkörpern des Typs NSM hinaus plant die Marine aus dem Sondervermögen auch die gemeinsame Weiterentwicklung zur Future Naval Strike Missile (FNSM) zu finanzieren. Details zu diesem Vorhaben sind allerdings aus öffentlichen Quellen bisher nicht zu erhalten.

U-Boot Flugabwehrflugkörper (IDAS)

Unter dem Namen Interactive Defence and Attack system for Submarines (IDAS) plant die Marine die Entwicklung und Beschaffung von Flugabwehrraketen, die von U-Booten verschossen werden können. Der deutsche Raketenbauer Diehl soll in Kooperation mit dem U-Bootbauer ThyssenKrupp Marine Systems dafür die bereits für den Einsatz von Flugzeugen und Bodenstationen entwickelten Flugabwehrraketen des Typ IRIS-T modifizieren. Ziel ist, dass die deutschen U-Boote mittels IDAS auch während dem Tauchgang eigenständig Flugzeuge, Hubschrauber und größere Drohnen, sowie im begrenzten Umfang auch Schiffe und Ziele in Küstennähe bekämpfen können. (Diehl) Im Rahmen der Kürzungen des Sondervermögens aufgrund der bewussten Überplanung durch Bundeswehr und BMVg musste die erst ab 2029 geplante Beschaffung der IDAS-Raketen aus dem Sondervermögen herausgenommen werden. Somit wird nur die Entwicklung von IDAS aus dem 100 Mrd. Topf bezahlt, während die tatsächliche Anschaffung spätere Verteidigungshaushalte belasten soll. (ESUT)

Mehrzweckkampfbote

Neben großen Schiffen, U-Booten und deren Bewaffnung setzt die Marine auch auf kleinere Boote.  Für das Seebataillon (Marineinfanterie) und die Marinespezialkräfte ist die Beschaffung von 15 sogenannten Mehrzweckkampfbooten aus dem Sondervermögen vorgesehen. Diese kleinen, schnellen und wendigen Boote sind gepanzert und mit einer Waffenstation ausgestattet, um kleine Einheiten von rund 20 Soldat*innen über das Wasser zu transportieren, um sie an der Küste für dortige Landoperationen abzusetzen. Diese Fähigkeiten werden für den Kampf um Küstenabschnitte und Inseln, beispielsweise in der Ostsee, eingesetzt.

Eine entsprechende Ausschreibung der Bundeswehr wurde laut Fachmagazin Soldat & Technik im Juni 2023 auf der europäischen Vergabeplattform TED platziert. Weil dort eine Beschaffung von Booten bevorzugt wird, die bereits von (künftigen) NATO-Partnern eingesetzt werden, gelten die beiden Typen CB90 von der schwedischen Rüstungsschmiede Saab und Watercat von Marinealutec aus Finnland als wahrscheinlichste Kandidaten.

Nachfolge Festrumpfschlauchboot (RHIB) 1010

Zur schnellen Verlegung von Marinespezialkräften über Wasser an Land oder zum Angriff auf feindliche Schiffe nutzt die Bundeswehr bereits Schlauchboote, die allerdings als veraltet gelten. Daher ist im Rahmen des Sondervermögens die Beschaffung von neuen Schlauchbooten vorgesehen. Diese sollen die alten Schlauchboote allerdings nicht nur ersetzen, sondern eine höhere Reichweite und Geschwindigkeit soweit einen verbesserten Selbstschutz aufweisen.

Bereits 2022 gab der Bundestag 35 Millionen Euro für die Beschaffung von neun Booten vom finnischen Hersteller Boomranger frei. Zudem wurde eine Option auf zwölf weitere Schlauchboote für 47 Millionen Euro vertraglich verankert. (S&T) Im April 2023 wurde dann bekannt, dass sich Boomranger nicht in der Lage sieht die Boote unter den sich teils widersprechenden Vorgaben der Bundeswehr zu bauen.

Daher wurde im August 2023 ein zweites Ausschreibungsverfahren gestartet, das jetzt mit 26 Booten samt Zubehör einen deutlich größeren Umfang beinhaltet. Über die Vorgabe einer Lieferung der Boote nach spätestens sieben Jahren hinaus ist bisher wenig zu der neuen Ausschreibung bekannt. (S&T)

Unterwasserortung (SONIX)

Ein weiteres Projekt in der Dimension See wird als Unterwasserortung (SONIX) gelistet. Was sich hinter diesem Titel verbirg, ist allerdings bisher nicht öffentlich bekannt.

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PROJEKTE DIGITALISIERUNG: [wird nachgereicht]

 

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Wir bedanken uns bei der Bertha-von-Suttner-Stiftung für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Seite!

 

 

 

 

 

Quelle und weitere Infos: https://www.imi-online.de/

Bild: www.koop-frieden.de