Kleine Rede zur Eröffnung des feministischen workshops anläßlich Rheinmetall Entwaffen – workshops in Köln

Von Gisela Notz

Liebe antimilitaristischen Freundinnen,

ich wäre heute gerne bei Euch beim Rheinmetall Entwaffnen Camp in Köln und würde heute bei Eurem Workshop das Frauenfriedensnetzwerk in die Arme schließen. (?) Da das nicht möglich ist, möchte ich Euch meine Solidarität und meine Unterstützung auf diesem Wege zeigen.

Natürlich bin auch ich froh, dass das von Polizei und Innenministerium ausgesprochene Verbot dieser Veranstaltung aufgehoben werden musste. Ich sage musste, denn zu Dank verpflichtet sind wir dafür Niemandem. Es war die Pflicht des  OVG uns bei unserem Anliegen gegen Rüstungsproduktion, Kriege auf der Welt, gegen Umweltzerstörung und gegen Ausbeutung und Unterdrückung all derjenigen, die dem kapitalistisch-patriarchalem System im Wege stehen und sich für Frieden und Klimagerechtigkeit für Selbstbestimmung und Menschenwürde einsetzen, zu unterstützen.

„Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden“, das schrieb Bertha von Suttner vor 136 Jahren.

Mit ihrem Buchtitel die Waffen nieder appellierte sie daran, dass Kriege von Menschen gemacht sind und folglich auch von Menschen verhindert werden können. Kriege sind keine Naturkatastrophen, sie brechen nicht aus, sondern sie sind Folge von Entscheidungen und Machtansprüchen von Menschen. In ihrem Buch entlarvt Bertha von Suttner auch die sogenannten „männlichen Tugenden“ wie Mut, Tapferkeit und Kampfeswille, die freilich auch Frauen anhaften können. Fast aktuell wirken ihre Voraussagen über den nächsten Krieg, als hätte sie bereits 1889 geahnt, wie alles weiter geht.

„Bei der Furchtbarkeit der gegenwärtig erreichten und noch immer steigenden Waffentechnik“, schrieb sie, „[…] bei der Massenhaftigkeit der Streitkräfte wird der nächste Krieg wahrlich kein ‚ernster‘, sondern ein – es gibt gar kein Wort dafür – ein Riesenjammer-Fall sein … Hilfe und Verpflegung unmöglich …. […] Der nächste Krieg, von welchem die Leute so gleichmütig reden, der wird nicht Gewinn für die einen und Verlust für die anderen bedeuten, sondern Untergang für alle“ (Suttner 1889 zit. nach 1919, 283f.).

Freilich beginnt der Krieg nicht nur da wo die Waffen hergestellt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im Deutschen Bundestag eine parteienübergreifende Politikerinneninitiative die ein Verbot der Herstellung von Kriegsspielzeug forderte. Damals war die Bundesrepublik ohne Wehrmacht, denn das Grundgesetz sah keine Bundeswehr vor, Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg waren die Parolen: und die Pazifistin, Historikerin und Mitbegründerin der Westdeutschen Frauenfriedensbewegung Klara Faßbinder sagt um 1950 als Bundeskanzler Konrad Adenauer von der Notwendigkeit der Wiederbewaffnung sprach: „Der Krieg ist etwas, das dem hohen Stand der menschlichen Entwicklung nicht entsprechen, mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar und niemals Mittel zur Konfliktlösung sein kann.“

Beim Verbot des Camps hat sich das Polizeipräsidium die Mühe gemacht, 27 Seiten zu schreiben, um die zu erwartende Unfriedlichkeit zu belegen.

Durch das Verbot soll eine Anreise potentieller Störer aus dem Bundesgebiet und dem umliegenden europäischen Ausland sowie die Durchführung von Störaktionen und Straftaten verhindert werden. Es wurde befürchtet, dass wir nicht nur die Waffen ächten zu Aktiv-Kriegs-Aktionen gegen deutsche Rüstungskonzerne aufrufen, sondern auch Soldat*innen zum Desertieren ermuntern könnten. Ja, das wollen wir!

Besonders aufgeregt hat sich das Polizeipräsidium über die Parole „Krieg dem Krieg“.  Da steht: „Die Verwendung der Aussage „Krieg dem Krieg“ verdeutlicht, dass man hier keine friedliche Beendigung der Aufrüstung und Mobilisierung anstrebt, sondern mit kriegerischen Mitteln dagegen vorgehen und den entgegengebrachten Widerstand gemeinsam brechen möchte.“ Ich habe diese Parole schon oft verwendet. Da braucht das Polizeipräsidium wohl ein bißchen Geschichtsunterricht.

Die Parole „Krieg dem Kriege“ gegen den „universellen Wahnsinn des Wettrüstens“ stammt von Clara Zetkin (1857 – 1933), die am 25. Nov. 1912 auf dem Internationalen Sozialistenkongress zu Basel eine Rede hielt: Wir erheben uns gegen den imperialistischen Krieg: Sie sagte „Erst wenn auch die große Mehrheit der Frauen aus tiefer Überzeugung hinter die Losung tritt: Krieg dem Kriege, erst dann kann den Völkern der Friede gesichert werden, aber an dem Tage, wo die große Mehrheit der Frauen hinter diese Losung tritt, muss sie auch unwiderstehlich sein. Wir werden nicht fehlen, wenn es gilt, bis zum letzten Atemzug alles, was wir können, alles, was wir sind, für die Sache des Friedens, der Freiheit, des Glückes der Menschheit einzusetzen.“ Das heißt, Zetkin und die Frauen, die vor dem Ersten Weltkrieg diese Parole gebrauchten, wollten alles Andere als kriegerische Mittel einsetzen. Sie würden sich auch im Grabe herumdrehen, wenn sie erfahren müßten, dass es als emanzipatorische Errungenschaft verkauft wird, dass Frauen heute mit Stahlhelm und Kampfanzug als Soldatinnen auch bei internationalen Einsätzen dabei sein können.

Wir Frauen (bewußt sage ich WIR Frauen, obwohl ich weiß, dass nicht alle so denken wie ich)  wollen, dass niemand mehr egal wo in der Welt ermordet wird, weder von Soldatinnen noch von Soldaten, von niemandem, und weder auf dem Schlachtfeld noch in den Häusern.

Rheinmetall und andere Waffenlieferanten sind keine Arbeitgeber wie jeder andere. Sie schaffen keine Arbeitsplätze, sondern „Todesplätze“ (Robert Jungk).

„Deshalb werden wir auch im Kriege gegen den Krieg zu den Vorwärtsdrängenden, zu den Stürmenden gehören“, wie schon Clara Zetkin sagte.

Gisela wünscht Euch eine tolle Veranstaltung, ein tolles Camp und hofft euch, bald wieder zu sehen.

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Rheinmetall www.youtube.com/watch?v=HhCC1BuewhA

Alles Männer….

Munition ist verdammt tolles Geschäft: www.youtube.com/watch?v=Q3NBy_Y5XCU – 

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Die Autorin:

Gisela Notz ist Sozialwissenschaftlerin und Historikerin, lebt und arbeitet in Berlin.

 

 

 

 

 

Bildbearbeitung: L. N.