IMI-Analyse: Mit einer Billion Euro in den Krieg, „whatever it takes“… Dazu 15 Punkte über die wenig berichtet wurde

Von Tobias Pflüger

Ergänzend zu der Presseberichterstattung über die Billionen-Euro-Pakete für Infrastruktur und Rüstung seien hier folgende Punkte hervorgehoben, auch weil sie in der Berichterstattung (bisher) kaum oder wenig beachtet wurden und werden: Erstens, das Infrastrukturprogramm und die nach oben offenen Rüstungsmilliarden („whatever it takes“, Friedrich Merz) sind zwei Seiten einer Medaille, sie gehören zusammen, eines dieser hunderte Milliarden-Pakete allein, hätte im Sinne der Erfinder keinen Sinn gemacht. Insbesondere aus der Riege der Ministerpräsidenten der Länder war zu vernehmen, dass es keine Trennung der beiden Pakete geben soll.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) warnte davor, die Themen Verteidigung und Infrastruktur voneinander zu trennen. „Die Verbindung von Verteidigung und Sondervermögen Infrastruktur ist politisch klug“, sagte Rehlinger der Süddeutschen Zeitung. Andernfalls könne, ähnlich wie einst in der Bankenkrise, in der Bevölkerung das Gefühl aufkommen, „für Panzer ist Geld da, aber nicht für mich“. (Süddeutsche Zeitung, 12.03.2025) Ähnlich äußerten sich viele der anderen Ministerpräsidenten. So wurde darauf bestanden, beide Teile des Paketes zusammen zu beschließen. Das entspricht auch der inneren Logik, da das Infrastruktur-Finanzpaket kein ziviles Finanzpaket ist.

Zweitens, das so genannte Finanzpaket von 500 Milliarden Euro ist mitnichten ein rein ziviles Infrastrukturprogramm. Militärische Kriterien werden bei der Vergabe der Gelder aus dem Finanzpaket eine wesentliche Rolle spielen. Der ehemalige FDP-Verkehrsminister hat es in einer Sendung mit Sandra Maischberger in der ARD gesagt (Transkript T.P.): „Hinzukommt, dass die Infrastruktur Teil unserer Sicherheitsarchitektur ist. Viele übersehen, dass die zivilen Infrastrukturen auch für militärische Mobilität erforderlich sind. Und Deutschland ist ein wichtiges Transitland für die NATO.“ Maischberger: „Die NATO hat gerade gesagt, alles was sozusagen von Norden aus Süd von Ost nach West geht über deutsche Autobahnen“. Wissing: „Ja und natürlich wird das auch über die deutsche Schienenwege transportiert, deswegen dürfen wir das so nicht trennen, wie das manche tun, dass sie sagen: Für die Verteidigung finden wir gut, aber für die Infrastruktur brauchen wir es nicht. Denn ohne Infrastruktur können wir nicht äußere Sicherheit gewinnen.“ (ARD-Sendung Maischberger 11.03.2025: Volker Wissing) Bei der dpa wird Wissing wie folgt zitiert: „Infrastrukturinvestitionen sind wichtig für unsere Sicherheit“. „Wir reden über Infrastruktur, bei der Straße und auch bei der Schiene, die wir zur Verteidigung unseres Landes brauchen.“

Drittens, das Infrastrukturprogramm hat mit dem schon etwas länger beschlossenen „Operationsplan Deutschland“ („OPLAN DEU“) zu tun, einem geheimen Dokument, das die zivil-militärische Zusammenarbeit und insbesondere ein Funktionieren der Logistik und der Transportmöglichkeiten für die Bundeswehr und andere NATO-Armeen konkret regelt und das gerade Stück für Stück implementiert wird. Es geht darum, dass ein Aufmarsch nach Osten über die Infrastruktur in Deutschland erfolgen soll. In der EU gibt es dazu Programme namens „Military Mobility“. In den „Operationsplan Deutschland“ sind zivile Organisationen wie das „Deutsche Rote Kreuz“ (DRK) und Feuerwehren eng eingebunden und Teil davon. Der „Operationsplan Deutschland“ soll auch in den Kommunen umgesetzt werden. Für die umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen des Finanzpaketes spielen also militärische Kriterien eine zentrale Rolle. Das ist im Übrigen ein Grund, das Infrastruktur-Finanzpaket als solches abzulehnen.

Wie das konkret aussehen könnte, formuliert ein Interessensverband der Logistiker: „Infrastruktur und Verteidigung müssen in weiten Teilen im Zusammenhang gestaltet werden: Die verteidigungswichtige Infrastruktur ist ein wesentlicher Bestandteil der gesamtstaatlichen Verantwortung. Dazu gehören alle Maßnahmen, die den Einsatz der NATO-Streitkräfte unterstützen und sicherstellen sollen.“ „Straßen und Brücken, aber auch die Schieneninfrastruktur könnten, anstatt im Einzelplan 12 (Digitales und Verkehr) des Bundeshaushalts, im Einzelplan 14 (Verteidigung) verankert werden. Für letzteren gilt dann ggf. die nach oben offene Änderung der Schuldenbremse. Wie für Ersatzbrücken wäre es möglich, Genehmigungsvorgaben im Wege der einfachgesetzlichen Regelung zu straffen. So könnte aus sicherheitspolitischer Sicht ein überwiegend öffentliches Interesse festgestellt und dieses als vorrangiger Abwägungsbelang gerichtsfest geregelt werden.“ (Bundesverband für Eigenlogistik und Verlader, Pressemitteilung, 20.3.2025) Hier wollen die Logistik-Firmen offensichtlich was ab vom Kuchen.

Viertens, Hätte das Billionen-Infrastruktur- und Rüstungs-Paket parlamentarisch verhindert werden können? Dazu ein schlichtes Ja, im Bundesrat hatten die Landesregierungen, die das Doppelpaket befürworten, keine ausreichende Mehrheit. Zuerst fielen die Freien Wähler (FW), Regierungspartner in Bayern, um, Hubert Aiwanger teilte mit, dass er ansonsten entlassen worden wäre, weil die SPD bereit stand, die Freien Wähler zu ersetzen. (taz, 21.3.2025) Damit war eine Mehrheit für das Doppel-Paket vorhanden. Dass dann auch noch die Regierungsvertreterinnen der LINKEN in den Koalitionen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern – entgegen den Beschlüssen der Partei – zustimmten, ist nur noch peinlich.

Fünftens, es ist offensichtlich: Kürzungen in anderen Bereichen als dem militärischen werden von der Koalition CDU/CSU/SPD trotzdem kommen, weil „neben“ dem Investitionspaket und den Rüstungsmilliarden der „normale“ Haushalt finanziert werden muss. Merz meinte z.B. nach der Abstimmung über die Billion Euros: „Wir haben mittlerweile so überbordende Sozialausgaben, auch auf der kommunalen Ebene, dass wir das jetzt alles auf den Prüfstand stellen müssen.“ Und: „Wir haben eine Lücke von rund 80 Milliarden Euro“. Den Effekt der Billionen-Euro-Pakete berechnend meinte er, „auch dann fehlen noch 30 bis 40 Milliarden Euro“. (merkur, 24.3.2025)

Mit den hunderten von Milliarden im Investitionspaket sollen „zusätzliche“ Investitionen finanziert werden. Das „zusätzlich“ steht da im Übrigen auf Wunsch der Grünen, bedeutet aber, dass Sozialkürzungen wie von Merz angekündigt so sicher kommen werden, wie das Amen in der Kirche.

Sechstens, von den Infrastruktur-Milliarden fließen – „dank“ der Grünen – umfangreich Gelder in Waffenlieferungen, insbesondere in die Ukraine. Das wurde sofort nach der Abstimmung im Bundestag vom Haushaltsausschuss beschlossen. „Für das laufende Jahr stehen demnach drei Milliarden Euro zusätzlich zu den bisher eingeplanten vier Milliarden Euro zur Verfügung“; (tagesspiegel, 19.3.2025) „für die Jahre 2026 bis 2029 wurden zudem weitere Mittel in Höhe von 8,25 Milliarden Euro bewilligt. Damit können jetzt Verträge für Lieferungen geschlossen werden.“ (tagesschau.de, 21.3.2025) „Nach Angaben der Bundesregierung sollen von den frei gegebenen Mitteln unter anderem Lenkflugkörper, Überwachungsradare, Aufklärungsdrohnen, geschützte Gefechtsfahrzeuge, Handwaffen und ‚diverses Zusatzgerät‘ gekauft werden. Die ersten Lieferungen sollen bald starten. Auch Flugabwehrsysteme der Typen Iris-T und Patriot sollen bestellt werden. Diese müssen aber erst noch produziert werden, bis zur Auslieferung könnten zwei Jahre vergehen.“ (br.de, 21.3.2025)

Siebtens, bei allen angeschafften Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ist der Rüstungsexport ein wesentlicher Bestandteil der Planungen und der Durchführung der Beschaffungen von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, dies ist eine Erkenntnis von den Behandlungen von Beschaffungsvorhaben, den so genannten 25 Mio Vorlagen, im Verteidigungsausschuss. Übersetzt bedeutet das, dass die Rüstungsexporte, die demnächst durch die Beschaffungen der Sondervermögens I eh in die Höhe schnellen werden, noch einmal erheblich gesteigert werden. Die jetzigen hunderte von Rüstungsmilliarden sind also ein Durchlauferhitzer für viele weitere Rüstungsexporte in den nächsten Jahren in alle Welt. Und dass Rüstungsexporte aus oder Rüstungskooperationen mit Deutschland auch völkerrechtswidrig in Kriegen eingesetzt werden, sieht man aktuell z.B. bei der Türkei oder Israel.

Achtens, bei den jetzigen Rüstungs-Milliarden soll der Schwerpunkt auf Rüstung aus der EU und befreundeten Staaten liegen. Beim Sondervermögen I waren es insbesondere zu Beginn schwerpunktmäßig Großwaffen von der Stange, wie der F-35, für die Beschaffungsbeschlüsse getätigt wurden. Dieses „von der Stange kaufen“, war aber einerseits noch teurer, andererseits waren es nicht selten Waffen aus den USA, bei denen die Beschaffung gestartet wurde. Hier findet also ein rüstungsindustrieinterner Switch statt.

Doch, und das wird häufig übersehen, die Rüstungsindustrie der westlichen Staaten und ihrer geopolitischen Freunde ist meist so aufgebaut, dass an einzelnen Rüstungsprojekten verschiedenste Rüstungsfirmen beteiligt sind, häufig kommen diese Rüstungsfirmen aus verschiedenen Ländern. Rüstungsindustriekooperationen, an denen deutsche und us-amerikanische Firmen beteiligt sind, sind sehr häufig. Um beim F-35 Kampfflieger zu bleiben, Rheinmetall, der lauteste Rüstungskonzern mit Sitz in Deutschland (Düsseldorf), baut Rumpfmittelteile für den F-35. So hieß es 2023: „Gemeinsam mit seinen US-amerikanischen Partnern Northrop Grumman und Lockheed Martin steht Rheinmetall vor einem bedeutenden Meilenstein in einem Schlüsselvorhaben der Bundeswehr und einem Leuchtturmprojekt der deutsch-amerikanischen Rüstungszusammenarbeit. So beabsichtigt der Düsseldorfer Technologiekonzern, am Standort Weeze im Kreis Kleve (NRW) eine hoch­moderne Fabrik zur Produktion der Rumpfmittel­teile des derzeit leistungs­fähigsten Kampfflugzeugs der Welt, F-35A Lightning II, zu errichten.“ (Rheinmetall, Pressemitteilung, 4.7.2023) Auch Lufthansa ist mit an Bord: „Die Lufthansa hat angekündigt, sich an einem Konsortium mit dem Rheinmetall-Konzern zur Fertigung und Wartung von Teilen des Lockheed-Kampfjets F-35 zu beteiligen. Die Beteiligung an dem Rüstungsprojekt sei ein strategischer Schritt, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Donnerstagabend in Frankfurt. Angesichts kriegerischer Auseinandersetzungen gebe es den Bedarf nach technischer Unterstützung, um die Abwehrbereitschaft der Armeen weltweit zu verbessern. Die Lufthansa wolle auch „bei dem großen Hubschrauberauftrag, den die Bundeswehr mit Boeing verhandelt, für den schweren Transporthubschrauber mit an Bord sein“, sagte Spohr.“ (tagesschau.de, 15.9.2023)

Folgerichtig warnte ausgerechnet der Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger laut Presse davor, „die transatlantische Partnerschaft nicht (zu) riskieren, er plädierte für „Gespräche mit Trump“. Und: „Die USA sei im Verteidigungsbereich zurzeit nicht zu ersetzen“. „Es gebe gültige Verträge“. „Die transatlantische Kooperation auch in der Rüstung dürfe man nicht riskieren.“ (Deutschlandfunk, 13.3.2025) „Europeans-only-Waffen“ werden also nicht so einfach. Nichtsdestotrotz lässt sich eine Entwicklung beobachten, dass es insbesondere bei neuen Rüstungsprojekten „rein europäische“ Vorhaben geben soll. Ein wesentliches Beispiel ist das „Future Combat Air System“ (FCAS), das bisher eine französisch-deutsch-spanische Kooperation ist, entsprechend holprig ist der bisherige Verlauf dieses „europäischen“ Rüstungsprojektes.

Neuntens, die Freigabe der Gelder für die Rüstung ist das eine, Beschaffungsentscheidungen und vor allem die Umsetzung dieser insbesondere von Großwaffen dauern aber meist ziemlich lange. Viele Rüstungsprojekte, insbesondere Großwaffenprojekte haben eine Vorlaufzeit von 5 bis 12 Jahren (manchmal sogar noch länger). Wann die nun freigegebenen hunderte Milliarden Euro tatsächlich in Form von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern bei der Bundeswehr stehen, ist eine völlig andere Geschichte. Wichtig ist: ob die geopolitische Situation dann noch so ist wie heute, ist völlig offen. Aber die Aufrüstung wird trotzdem als Reaktion auf die jetzige geopolitische Situation deklariert.

Zehntens, von einer Reihe von Firmen und aus einer Reihe von Bundesländern ist zu vernehmen, dass man Betriebe, die bisher anderes hergestellt haben, nun auf Rüstungsproduktion umstellen will und werde. In Brandenburg wirbt der Minister Keller (SPD) für Rüstungsbetriebe [tagesspiegel, 13.3.2025) „Wenn sich Unternehmen hier ansiedeln, die in der Rüstung tätig sind, wird es mit dieser Landesregierung keine Probleme geben.“ (Wohlgemerkt, in Brandenburg regiert das BSW mit.) In Bayern beruft der Ministerpräsident Markus Söder einen Rüstungsgipfel ein, um sich mit der umfangreichen bayerischen Rüstungsindustrie auszutauschen. „Die Staatsregierung werde in den kommenden Wochen einen „bayerischen Rüstungsgipfel“ veranstalten, sagte Ministerpräsident Markus Söder der „Süddeutschen Zeitung“. „Etwa ein Drittel aller deutschen Rüstungsbetriebe seien im Freistaat angesiedelt, sagte Söder. Schon jetzt sei Bayern in Europa führend bei Defence Tech. ‚Dieses Engagement werden wir jetzt noch stärker ausbauen‘.“ (Süddeutsche Zeitung, 21.3.2025)

In Baden-Württemberg erklärt der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dass Baden-Württemberg seinen neuen Wirtschaftsschwerpunkt auf Rüstung umstellen soll und will. „Wir müssen es in diesem Bereich genauso machen, wie wir es bei zivilen Anwendungen gemacht haben und immer noch tun. Das heißt, wir müssen auch in der Verteidigung Hochtechnologie herstellen. Wir haben ja schon Schlüsselakteure bei uns im Land, die so etwas können. Etwa die am Bodensee ansässige Firma Diehl Defence, die weltweit führend bei bestimmten Systemen zur Luftverteidigung ist (…) Technologieführerschaft muss aber unser Anspruch in der gesamten Verteidigungswirtschaft sein. Das wird ein neuer industrieller Schwerpunkt für Baden-Württemberg werden, da bin ich mir sicher.“ „Wir können den Unternehmen beispielsweise helfen, sich zu vernetzen. Nicht nur in Baden-Württemberg, sondern darüber hinaus, also national und international. Das Ziel muss der schrittweise Aufbau einer europäischen Rüstungsindustrie werden.“ „Der Prozess umfasst übrigens auch zivile Bereiche der Wirtschaft. Auch hier müssen die Firmen ertüchtigt werden, mehr in den Verteidigungssektor hineinzuliefern. Früher nannte man das Dual Use, und man hat ungern darüber geredet. Heute ist so etwas aber nötig und wichtig.“ Frage: Sie sehen Rüstung also als Chance für die Wirtschaft und die Jobs in unserem Bundesland? „Ja, das ist eine Chance. Die deutschen Rüstungsausgaben werden in den kommenden Jahren stark ansteigen. Im Raum steht das Ziel von drei Prozent Anteil der Rüstungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt. Oder sogar noch mehr. Daher ist klar, dass der Bereich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor wird. Wir müssen mit unserer potenten Hochtechnologie dabei sein.“ (vgl. Südkurier, 04.03.2025) Das ist eine klare Ansage, Waffen statt Autos. Schon heute sind zumindest im Raum Stuttgart, Ulm und Bodensee hohe Konzentrationen von Rüstungsfirmen vorhanden. Eine Reihe von Betrieben in der Bundesrepublik betreiben schon jetzt „Gegenkonversion“, sprich die Umwandlung ziviler in militärische Produktion, andere wollen und werden folgen. Insgesamt wird Rüstungsproduktion immer dominanter werden mit diesen hunderten von Milliarden. Naja, nachhaltig ist Rüstungsproduktion nie, Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter sind zur Zerstörung da, sie zerstören und werden häufig dabei ebenfalls zerstört.

Elftens, es wird offen geplant und davon gesprochen, die Wirtschaft in der EU in Richtung „Kriegswirtschaft“ umzubauen. (t-online, 16.3.2025) Dazu kursieren bereits auch Entwürfe für so genannte Instrumente wie EDIP und andere, die sich in der Pipeline befinden. Es gibt Beschlüsse des EU-Gipfels vorbereitet von der EU-Kommission „für Aufrüstungsprojekte unter anderem EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro (zu) vergeben“ „und Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln ausnehmen“ Insgesamt sollen in den kommenden vier Jahren 800 Milliarden Euro für Rüstung mobilisiert werden. (https://www.tagesschau.de/ausland/eu-gipfel-aufruestung-102.html) Näheres zu den Entwicklungen auf der Ebene der EU an anderer Stelle.

Zwölftens, es wird eine Umstrukturierung von Krankenhäusern auf „Kriegstüchtigkeit“ geben. Neben ganz konkreten Planungen z.B. in Köln für Kliniken im Krieg (welt, 24.3.2025)) fordern Landesgesundheitsministerinnen Kriegstüchtigkeit auch für alle Krankhäuser: „Wir brauchen deshalb einen umfassenden „‚Zivilen Operationsplan Deutschland’“. „Denn eine intakte Gesundheitsversorgung ist für die Verteidigung eines Landes ebenso wichtig wie die Bundeswehr“, so die CSU-Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) von Bayern. (Spiegel 17.03.2025) Der Generalstabsarzt Johannes Backus meint: „Die Verteidigungsfähigkeit beginnt auch im Krankenhaus“. „Diese Krankenhäuser müssen gezielt ertüchtigt werden, um im Ernstfall die Bundeswehr zu unterstützen, organisatorisch, technisch, digital“. „Deutschland wird in einem solchen Szenario eine logistische Drehscheibe für Truppen und Verwundetentransporte sein.“ (FAZ, 18.03.2025) Die SPD-Gesundheitsministerin in Thüringen Katharina Schenk äußert sich ähnlich. (Ärzteblatt, 18.3.2025) Es ist also mit einer umfassenden Militarisierung des Gesundheitswesens zu rechnen.

Dreizehntens, politische Kontrolle der vielen nun folgenden Rüstungsprojekte ist dringend vonnöten. Zur politisch-parlamentarischen Kontrolle dieser gigantischen Rüstungsausgaben und der daraus folgenden einzelnen Rüstungsprojekte sei als ehemaliger Parlamentarier im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages und im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlamentes gesagt, bei der finanziellen Dimension und Größendimension wird die parlamentarische Kontrolle immer schwieriger, da Kontrolle auch bedeutet, sich mit den einzelnen Rüstungsprojekten zum Teil im Detail zu beschäftigen, aufzudecken, wo Fehlplanungen sind und offensichtliche Verschwendung. Und politische Kontrolle bedeutet auch, dass journalistisch über die ganzen Rüstungsprojekte und ihre internen Probleme berichtet wird. Inwiefern wird das bei der derzeitigen Mediensituation im Bereich Bundeswehr, Krieg und Frieden erfolgen? Um so mehr ist eine politische Kontrolle „von außen“ notwendig.

Vierzehntens, am Rande des NATO-Gipfels im Juli 2024 wurde zwischen Olaf Scholz und Joe Biden mit einer Protokollerklärung eine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland – vermutlich in Grafenwöhr – vereinbart. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Entscheidung rückgängig gemacht würde. Es ist also weiterhin mit der Stationierung der verschiedenen US-Mittelstreckenwaffen zu rechnen. Was häufig nicht erwähnt wird, ist, dass geplant ist, diese US-Mittelstreckenwaffen mittelfristig durch „eigene“ „europäische“ Mittelstreckenraketen zu ersetzen. Dazu die einschläige Literatur von Wolfgang RichterJürgen Wagner und Claudia Haydt.

Fünfzehntens und abschließend, wer glaubt Politik in anderen Bereichen machen zu können, ohne etwas mit diesen Rüstungs-, Militär- und Geopolitik-Fragen zu tun haben zu müssen, hat sich spätestens nach dem Beschluss über die de facto 1 Billion Euro für Infrastruktur und Rüstung geschnitten. Die Dimension der beiden Pakete ist so enorm und so umfangreich, dass bei jeder anderen politischen Frage, die etwas mit Finanzierung und politischen Prioritäten zu tun hat, und welche hat das nicht, dieses Billionen-Paket im Raume steht. Es ist eine Entscheidung, die aufgrund der großen Dimension mehrere Generationen betreffen wird. Und es ist eine Entscheidung, bei der man nur dafür oder dagegen sein konnte oder kann.

Wir werden als Informationsstelle Militarisierung darüber aufklären, welche Folgen dieser Beschluss einer gigantischen Aufrüstung hat. Und alle, die das lesen, sind aufgerufen, Protest und Widerstand zu zeigen und zu organisieren gegen diese Rüstungs-Gigantomanie. Der gesellschaftliche Rechtsdruck geht immer einher mit Militarisierung (und Repressionen gegen diejenigen, die sich dagegen wehren und gegen „Minderheiten“). Deshalb gilt: „Antimilitarismus ist eine Tugend“, gerade in diesen Zeiten. Es ist jetzt Zeit für eine Renaissance des Antimilitarismus!

 

 

 

 

 

 

Quelle und weitere Infos: https://www.imi-online.de/

Bildbearbeitung: L.N.