Warum wir eine Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften in Dortmund brauchen

Von Jan Horsthemke (†)

Die Lage für Lohnabhängige in Deutschland ist angespannt. Neben der gesundheitlichen Krise der letzten 2 Jahre traf die einsetzende wirtschaftliche Krise viele Arbeiter*innen. Hunderttausende verloren ihre Jobs und Millionen von Kolleg*innen hatten Einkommensverluste durch Kurzarbeit.

Die Antwort auf die prekäre Situation, die zudem die Tragik der jahrzehntelangen Sparpolitik im öffentlichen Dienst einmal mehr unter Beweis stellte, von den Gewerkschaften fiel bestenfalls zurückhaltend aus. Tarifverträge wurden abgeschlossen, die vor dem Hintergrund der grassierenden Inflation Reallohnverluste für die Kolleg*innen bedeuten. Schon gleich zu Beginn der Pandemie wurde von den Gewerkschaftsführungen der Eindruck vermittelt, diese ließe sich nur von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bewältigen. Das aggressive Auftreten der Arbeitgeber in Tarifrunden, das Anwenden von Kurzarbeit, um Profite zu sichern, und ein nicht ausreichender Gesundheitsschutz in vielen Bereichen, haben wieder einmal gezeigt, dass die „Sozialpartnerschaft“ nur in den Köpfen von den Gewerkschaftsführungen tatsächlich existiert. Gleichzeit hat beispielsweise der Kampfgeist der Kolleg*innen der Berliner Krankenhausbewegung gezeigt, dass es sich lohnt, zu kämpfen. Tausende Kolleg*innen der Charité und von Vivantes in Berlin sind ver.di beigetreten und haben den Arbeitgebern konkrete Verbesserungen abgetrotzt.

Trotzdem konnten diese Mut machenden Beispiele den allgemeinen Trend der fallenden Tarifbindung und kleiner werdenden Gewerkschaften nicht grundsätzlich stoppen.

Aus all den genannten Gründen erscheint es für kämpferische Gewerkschafter*innen notwendig für programmatische Alternativen in den Gewerkschaften zu streiten. Warum wir eine Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften in Dortmund brauchen weiterlesen

Beschäftigte erkranken immer häufiger – besonders die Menschen, die im Care – Bereich arbeiten

Die neuen Gesundheitsreporte der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) haben es in sich. Die Fehlzeiten der Beschäftigten in Deutschland haben ein Rekordniveau erreicht, es wurde das höchste Ergebnis seit dem Start der Analysen im Jahr 1997 gemessen.

Im Jahr 2022 lag der Krankenstand mit 5,5 Prozent um 1,5 Punkte über dem Vorjahresniveau. Das ist der höchste Wert, den die DAK-Gesundheit für ihre 2,4 Millionen erwerbstätigen Mitglieder ermittelt hat, im Durchschnitt fehlten die Beschäftigten fast zwanzig Tage mit einer Krankschreibung an ihrem Arbeitsplatz. Das ist ein Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Jahr 2021.

Im Folgenden werden drei verschiedene Gesundheitsreporte der DAK zusammen dargestellt und die konkrete Arbeits- und Lebenssituation von Beschäftigten im Care – Bereich durchleuchtet. Beschäftigte erkranken immer häufiger – besonders die Menschen, die im Care – Bereich arbeiten weiterlesen

Zur Psychologie des Mitläufers: Ein Versuch über linkes Mitläufertum auf einen Text von Peter Brückner

Von Wilfried Schwetz

Im Jahr 1969 veröffentlichte Peter Brückner in einem Sammelband zur politischen Psychologie einen kleinen, feinen Text zur »Psychologie des Mitläufers« i. Bei diesem handelte es sich um eine aktualisierte Version eines Beitrags gleichen Titels für das Jugendinstitut der UNESCO von 1964. Obwohl 1969 aktualisiert, bezieht er sich nicht auf die damalige politische Situation zur Hochzeit der Studentenbewegung. Ausgangspunkt von Peter Brückners Überlegungen ist vielmehr der Normalzustand der politischen Passivität breiter Bevölkerungskreise als »Ausdruck der gleichen psychodynamischen Strukturen, die bei beschreibbaren Veränderungen im sozialen Feld in eine unmittelbar bedrohliche Erscheinung umschlagen können, in die des Mitläufers« (S. 57).

Referenzpunkt war natürlich das »Dritte Reich«, das zur Zeit der Ursprungsversion noch nicht einmal 20 Jahre zurück lag. Er fragt somit, wie aus passiven Massen unter geeigneten Bedingungen Unterstützer autoritärer und verbrecherischer Verhältnisse werden können. In diesem kurzen Text finden sich so viele bedenkenswerte Einsichten und Thesen, daß er geradezu dazu einlädt, sich auf ihn stützend über das Phänomen des linken Mitläufertums während der Corona-Zeit Gedanken zu machen. Das meiste Gesagte kann man bruchlos auf den aktuellen Ukraine-Konflikt übertragen.

Auch wenn ich selbst weder Sozialpsychologe noch Peter-Brückner-Experte bin, möchte ich mich daran versuchen. Die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen damals und heute sind dabei nicht so wichtig, besonders weil das wesentliche strukturelle Element unverändert geblieben ist: die Kontinuität der Kapitalherrschaft. Zur Psychologie des Mitläufers: Ein Versuch über linkes Mitläufertum auf einen Text von Peter Brückner weiterlesen

Die strafende Stadt

Dortmund war über Jahrzehnte die Hauptstadt der bundesdeutschen Naziszene. In der Stadt gab und gibt es eine gefährliche Meute, die von den Sicherheits- und Verfassungsbehörden systematisch aufgepäppelt wurde und dann im mörderischen NSU-Sumpf mündete. Die Polizei nahm nach dem Mord an Mehmet Kubaşık nicht die Mitglieder der rechten Gruppen in der Stadt ins Visier, sondern ermittelte bei den nach Fahndersprech genannten „Döner-Morden“ vorrangig gegen die Opferfamilie.

Seit dieser Zeit wurden parallel dazu Polizei- und Ordnungskräfte systematisch aus- und aufgerüstet, allerdings für den Einsatz gegen den ärmeren Teil der Bevölkerung in der Stadt.

Eine Stadt, in der in einem Stadtteil 124 Straßen und Plätze von der Polizei als „gefährlich und verrufen“ eingeordnet und die Beamten mit Sonderrechten dort ausgestattet wurden.

Eine Stadt, in der aus dem Kampf gegen Drogen und Armut der Kampf gegen Drogenkonsumenten und Arme wurde und in der die Übergriffe von Polizei- und Ordnungskräften auf wehrlose Bewohner stetig angestiegen ist.

Eine Stadt, die ein Ort von Sandkastenspielen und Experimentierfeld der aktuellen Polizeigesetze wurde, bei denen die Freiheitsrechte der Einwohner und Besucher massiv mit den Füßen getreten werden.

Eine Stadt, in der im Rahmen der neuen, sogenannten Strategischen Fahndung, mit ihren anlasslosen Kontrollen die Polizei berechtigt ist, wie vormals in der Nordstadt, nun auch in der City „Personen ohne konkreten Verdacht anzuhalten, nach ihrer Identität zu befragen sowie Fahrzeuge und mitgeführte Sachen in Augenschein zu nehmen“ und damit das gelinde gesagt, angespannte Verhältnis zwischen Einwohnern und Polizei- und Ordnungskräften weiter zu verschärfen. Die neuen Polizeigesetze bieten dafür eine Steilvorlage. Die strafende Stadt weiterlesen

Nicht anerkennen, nicht kooperieren – Soziale Verteidigung in militärisch eroberten Städten

Von Ulrich Stadtmann

Soziale Verteidigung ist ein nicht-militärisches Verteidigungskonzept. Es beruht auf zivilem Widerstand, dynamischer Weiterarbeit ohne Kollaboration und internationaler nicht-militärischer Unterstützung, wie z.B. Sanktionen. Letzteres findet im Ukrainekrieg neben militärischen Maßnahmen statt. Spontaner ziviler Widerstand zeigt sich dort oftmals in militärisch besetzen Städten. Angesichts einer nicht auszuschließenden Ausweitung des Krieges auch auf NATO-Staaten stellt sich für demokratische Gesellschaften die Frage, inwieweit z.B. Städte mit ihrer Zivilbevölkerung in militärische Kampfhandlungen einbezogen oder besser durch Soziale Verteidigung geschützt werden sollen. Nicht anerkennen, nicht kooperieren – Soziale Verteidigung in militärisch eroberten Städten weiterlesen

WDR: Pflege in Not – Das bedeutet der Fachkräftemangel für Pflegende und Patienten

Von Jörn Seidel

Während Krankenpfleger Adamah auf der Infektiologie der Uniklinik Essen seine Patientinnen und Patienten versorgt und betreut, legt er nebenbei unzählige Meter zurück, telefoniert, desinfiziert und wechselt ständig blaue Handschuhe. Der 27-Jährige mag seinen Job. Für viele andere hingegen ist der Pflegeberuf in Kliniken, Pflegeheimen und ambulanten Diensten unattraktiv.

Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Pläne für eine Krankenhaus-Reform vorgestellt hat, klären wir: Warum gilt die Pflege als unattraktiv? Wie groß ist der Fachkräftemangel wirklich? Und wie lässt er sich lösen? Wir klären die drängendsten Fragen – und geben Antworten: WDR: Pflege in Not – Das bedeutet der Fachkräftemangel für Pflegende und Patienten weiterlesen

DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – sie haben 2022 und 2023 trotz hoher Kampfbereitschaft der Beschäftigten grottenschlechte Tarifabschlüsse heraus geholt

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Unternehmen nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer nicht einmal mit Streiks drohen kann, der braucht gar nicht erst an den Tischen der Tarifverhandlungen Platz zu nehmen.

Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung etwa um die Hälfte eingebrochen. Im Jahr 2017 ist sie erstmals unter die 6 Millionenmarke gesunken. Zum Jahresende 2022 waren es noch 5.643.762 Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 85.609.

Von offizieller Seite wird dies hauptsächlich auf die demografische Entwicklung, Beschäftigungsabbau allgemein, Strukturwandel in der Berufswelt und zusätzlich noch auf die Pandemie, mit ihrer erschwerten Mitgliederwerbung geschoben. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

So waren und sind sie daran maßgeblich beteiligt, dass sie in den Tarifrunden 2022 und 2023 bislang grottenschlechte Ergebnisse „erkämpften“. DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – sie haben 2022 und 2023 trotz hoher Kampfbereitschaft der Beschäftigten grottenschlechte Tarifabschlüsse heraus geholt weiterlesen

Den Fortschritt nutzen: Migrationsabwehr als angewandte Wissenschaft

Von Norbert Pütter

In der Forschungsförderung unterstützen Europäische Union und deutsche Bundesregierung die Abwehr unerwünschter Einwanderung: Die Entdeckung von unerlaubt Einreisenden oder Eingereisten soll verbessert, Grenzen sollen effektiver überwacht und Netzwerke der Grenzsicherungsbehörden sollen gestärkt werden. Die Forschungen legitimieren sich mit Lücken im Grenzschutz, deren Existenz sie zugleich aufdecken und schließen wollen. Sie versprechen, soziale Probleme mit den Mitteln fortgeschrittener Informations- und Naturwissenschaft zu lösen – mit negativen Wirkungen weit jenseits der Migrationsabwehr.

Öffentlich wenig bekannt ist, woran die Unternehmen der Informations-, Kommunikations- und Überwachungstechnologien in ihren Laboratorien und Forschungsabteilungen gegenwärtig arbeiten. Erkennbar ist nur jener Ausschnitt an Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die über staatliche Förderprogramme unterstützt werden.

Der Blick auf diesen Ausschnitt erlaubt zwei Hinweise: Erstens kann er anzeigen, mit welchen Verfahren, welche Teilziele zur Umsetzung der politisch gewünschten Migrationsabwehr verfolgt werden sollen. Weil es hier um Forschungsvorhaben geht, handelt es sich regelmäßig um vollmundige Versprechen über die praktische Nützlichkeit des durch die Forschung Entwickelten; insofern ist deren tatsächliche Wirkung für die Zukunft ungewiss. Zweitens erlaubt die Forschungsförderung einen Blick auf den Zustand der Migrationsabwehr: Denn die Projekte verdanken ihre Förderung dem Umstand, dass sie in ihren Anträgen erfolgreich bestehende Überwachungs- und Kontrolldefizite behaupten, die sie zu schließen versprechen. Da die Abwehr unerwünschter Migration seit Jahrzehnten zum Kern europäischer Grenzpolitik gehört, wird in den Forschungsprojekten zugleich deutlich, welchen Umfang und welche Eingriffstiefe das Grenzkontrollparadigma mittlerweile erreicht hat. Den Fortschritt nutzen: Migrationsabwehr als angewandte Wissenschaft weiterlesen

Löhne und Arbeitsbedingungen einer weiteren Gruppe von Vergessenen: Paketzusteller

Von Stefan Sell

Die alljährliche Schlacht um die Weihnachtszeit für die vielen Menschen in den Paketdiensten ist geschlagen, aber angesichts der Bedeutung des Online- und Versandhandels im gewöhnlichen Alltag geht das nahtlos weiter mit den unzähligen Paketen aller Art, die an die Haustür gebracht werden (sollen). Und hin und wieder tauchen sie dann für einen Moment auf in der öffentlichen Berichterstattung, die Paketzusteller. Meistens in skandalisierend daherkommenden Schlaglichtern auf die Arbeitsbedingungen in dieser Branche, wo eine im wahrsten Sinne des Wortes auf die Knochen gehende Arbeit geleistet wird. Also von denen, mit deren Arbeit die letzte Meile zum Kunden bedient wird. Hier wird seit vielen Jahren immer wieder über die Paketdienste berichtet.

Und wenn wir von den Paketdiensten sprechen, dann geht es um eine echte Boom-Branche. Löhne und Arbeitsbedingungen einer weiteren Gruppe von Vergessenen: Paketzusteller weiterlesen

„Altersarmut – aber sicher!“

Von der IVA-Redaktion

Neue Pläne zur Altersvorsorge sind unterwegs. „Renten-Revolution“ meldet die Bildzeitung Ende April. Hier ein Hinweis der IVA-Redaktion, um welche altbekannten Dinge es bei diesen Neuigkeiten geht.

Der Staat entlastet sich mit einem „Generationenkapital“, hieß es letztens beim Gewerkschaftsforum. Es ging um die neuen Pläne der Ampel-Koalition, die gesetzliche Rentenversicherung um eine „Aktienrente“ zu ergänzen, damit die Funktionsfähigkeit der großartigen sozialstaatlichen Errungenschaft gesichert wird, die es in Deutschland seit den Zeiten von Kaiser Wilhelm und seiner Sorge um eine funktionsfähige Arbeiterklasse gibt. „Altersarmut – aber sicher!“ weiterlesen

Der Unterschied der aktuellen gewerkschaftlichen Kämpfe in Frankreich zu denen in Deutschland

Von Dieter Wegner

“Die besondere Stärke des französischen Protestes besteht in dreierlei.

Die Gewerkschaften und damit die arbeitende Bevölkerung nehmen eine führende Rolle auch in Sozialprotesten wie der Bewegung gegen die Rentenreform ein.

Dabei steht zweitens der Zusammenschluss aller gegen das Kapital im Mittelpunkt. Auch die Jungen haben über die Perspektive Lebensarbeitszeit die Rente auf dem Schirm und beteiligen sich massenhaft an den Protesten. Migranten, Frauen, Umwelt- und Friedensaktivisten nehmen ihre Anliegen ernst und kämpfen gemeinsam!

Die heutigen Erfolge sind drittens der Tatsache geschuldet, dass die Linke die Gelbwestenbewegung seinerzeit nicht den Rechten überlassen hat und die Gelbwesten, gestartet als Sozialprotestbewegung gegen höhere Benzinpreise, nun auch an der Seite von Klimaaktivisten stehen.“ (Zitat von Peter Vlatten, Gewerkschaftslinke Berlin) Der Unterschied der aktuellen gewerkschaftlichen Kämpfe in Frankreich zu denen in Deutschland weiterlesen

Im Jahr 2022 machten die Beschäftigten in Deutschland 583 Millionen bezahlte und 702 Millionen unbezahlte Überstunden – Wird die Reform des Arbeitszeitgesetzes etwas ändern?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leisteten die Beschäftigten in Deutschland 583 Millionen bezahlte und 702 Millionen unbezahlte Überstunden, gesetzliche Höchstarbeitszeiten blieben ebenso unbeachtet wie Mindestruhezeiten.

Diese Horrorzahlen konnten nur entstehen, weil Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz erst bei Kontrollen auffallen und diese werden bekanntlich kaum durchgeführt.

Nach dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) und zuletzt auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Verpflichtung zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems festgestellt hat, hat sich auch die Bundesregierung bewegt und will den Unternehmen vorschreiben, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeiten in der Regel noch am selben Tag systematisch und elektronisch zu erfassen und aufzuzeichnen.

Bislang gibt es lediglich einen Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für die Reform des Arbeitszeitgesetzes und es wird noch einige Zeit ins Land gehen, bis der Betrug mit den Überstunden aufhören könnte. Im Jahr 2022 machten die Beschäftigten in Deutschland 583 Millionen bezahlte und 702 Millionen unbezahlte Überstunden – Wird die Reform des Arbeitszeitgesetzes etwas ändern? weiterlesen

Schlecht verhandelt – Über die jüngsten Verdi-Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, bei der Deutschen Post sowie in der Branche Papier, Pappe und Kunststoffe

Von Orhan Akman

In den ersten vier Monaten des Jahres hat die Gewerkschaft Verdi Tarifabschlüsse für die Deutsche Post, den öffentlichen Dienst sowie die Branche Papier, Pappe und Kunststoffe »erzielt«. Im Handel, einer Branche mit rund 5,4 Millionen Beschäftigten, haben die Tarifverhandlungen gerade begonnen. Zeit für eine Analyse und einen Ausblick.

Arbeitsbelastung, Reallohnverluste, enorme Belastungen durch die Pandemie – insbesondere im Gesundheitswesen –, gereizte Kunden und Patienten, die Lockdowns, der Krieg in der Ukraine und eine galoppierende Inflation haben bei den Beschäftigten zu einem enormen Frust und zugleich zu einer berechtigten Erwartungshaltung gegenüber der Politik und vor allem gegenüber den Gewerkschaften geführt. Die Existenz- und Zukunftsängste sowie der Verzicht, der mit den Krisen einhergeht, schüren Unsicherheit. Die Beschäftigten sind zu Recht frustriert über die unzureichenden Maßnahmen gegen die Coronapandemie und die enormen Preissteigerungen in Deutschland. In weiten Teilen haben sowohl die Politik als auch die Gewerkschaften die Beschäftigten mit ihren Sorgen und ihrem Frust alleine gelassen. Schlecht verhandelt – Über die jüngsten Verdi-Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, bei der Deutschen Post sowie in der Branche Papier, Pappe und Kunststoffe weiterlesen

Joe Hill – Gewerkschafter, Wobblie, Organizer und Liedermacher

Wenn die Arbeiter ihre Überzeugung leben, dann können sie alle rasenden Züge anhalten, jedes Schiff auf dem Ozean, sie können mächtige Ketten binden, jedes Rad in der Produktion, jedes Bergwerk und jede Hütte, Flotten und Armeen der Nation, werden auf ihren Befehl still stehen“.

„I dreamed I saw Joe Hill last night, alive as you and me…”, welche Gewerkschafterin und welcher Gewerkschafter kennt das nicht. Es ist der Anfang des Liedes „Joe Hill“.

In dem Lied taucht ein bereits seit zehn Jahren verstorbener und dennoch lebendiger Joe Hill überall dort auf, wo sich Menschen organisieren und ihre Rechte verteidigen. Das Lied ist als Gewerkschaftshymne weltweit bekannt geworden und machte Joe Hill zur Ikone der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung. Bei uns wurde das Lied hauptsächlich durch Pete Seeger und Joan Baez bekannt. Joan Baez trug ihre Fassung 1969 auf dem Woodstock-Festival vor und Joe Hill ging um die Welt.

Seine letzten Worte, bevor er am 19. November 1915 im Gefängnishof von Salt Lake City an der Mauer von mehreren Gewehrschüssen tödlich getroffen wurde, waren: „Don’t mourn – but organize! // Nicht jammern – sondern organisieren!“

Viele kennen das Lied, aber kaum jemand kennt Joe Hill. Joe Hill – Gewerkschafter, Wobblie, Organizer und Liedermacher weiterlesen

IMI: Schöne Verpackung / Leitlinie »feministische Außenpolitik« – oder die Quadratur des Kreises?

Von Jacqueline Andres und Yasmina Dahm 

Als »feministisch« versteht sich die Außenpolitik des Auswärtigen Amtes (AA) aufgrund dreier oberflächlicher »R«-Alliterationen: Rechte, Repräsentanz und Ressourcen. Zu den Rechten heißt es: »Wir setzen uns dafür ein, dass die Rechte von Frauen und Mädchen weltweit geachtet und gefördert werden«. Dieser Absicht widersprechen beispielsweise die bewusst in Kauf genommenen offenkundigen tagtäglichen Frauenrechtsverletzungen in den EU-finanzierten Folterlagern in Libyen, also Haftanstalten für Flüchtende unter der Kontrolle der Küstenwache und anderer staatlicher Einrichtungen. Das zweite »R« steht für Repräsentanz: Hierbei geht es um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen* in allen Gesellschaftsbereichen, unter anderem durch die Stärkung der Repräsentanz von Frauen* und marginalisierten Gruppen in der Außenpolitik. Doch mehr Botschafterinnen machen die zu übermittelnden Botschaften und Ziele des AA noch lange nicht feministisch. Das dritte »R« steht für Ressourcen: Frauen* und marginalisierte Gruppen sollen den gleichen Zugang zu finanziellen, personellen und natürlichen Ressourcen bis zu immateriellen Ressourcen haben, so der fast utopisch anmutende Anspruch. IMI: Schöne Verpackung / Leitlinie »feministische Außenpolitik« – oder die Quadratur des Kreises? weiterlesen