Von Clara Zetkin / Aufruf November 1914
Genossinnen! Schwestern!
Von Woche zu Woche mehren sich in den kriegführenden wie in den neutralen Ländern die Frauenstimmen, die Protest erheben wider das furchtbare Völkerringen, das der Drang nach Weltmacht und Weltherrschaft der kapitalistischen Staaten geboren hat. Seit fast 4 Monaten dauert nun der Waffengang zwischen dem Zweibund und dem Dreibund, und immer neue Völker, immer mehr Teile der Erde werden in seinen blutigen Strudel gerissen.
Der Krieg hat die besten physischen, geistigen und moralischen Kräfte der Völker in seinen Dienst genommen, die Reichtümer ihrer Wirtschaft, die vollkommenste Organisation des Zusammenwirkens zu einem Zweck, wertvolle Errungenschaften der Wissenschaft und Wunderwerke der Technik.
Er türmt Ruinenhaufen und Berge Getöteter und Verstümmelter, wie sie die Geschichte noch nie gesehen hat, so große Blut- und Tränenströme auch durch sie ziehen.
Er tritt die Wohlfahrt und das Glück von Millionen unter seinen Fuß, zerreißt völkerrechtliche Verträge, philosophiert mit dem Schwert über ehrwürdig gewordene Vorstellungen und Einrichtungen und befiehlt den Völkern anzubeten, was sie gestern verbrannten, und zu verbrennen, was sie bisher anbeteten.
Er befleckt alle Ideale, die ungezählte Geschlechter aller Nationen und Rassen unter Qualen und Freuden der Menschheit auf ihrem Entwicklungsgang von der Tierheit zum Reiche wahrer menschlicher Freiheit geschaffen haben. An die sozialistischen Frauen aller Länder weiterlesen