Am 1. Mai wurden in Paris eingekesselte Demonstrierende von der Polizei aufgefordert, vor dem Verlassen des Platzes ihreabzugeben. Der Zwischenfall am Gare du Nord ist exemplarisch für die Art, wie die Macron-Regierung die soziale Krise behandelt, die Frankreich seit dem vergangenen Herbst aufwühlt: Weste weg, Problem gelöst!
Neben derart skurriler Symptombekämpfung gibt es schwere Repressionen. Die vorläufige Bilanz: eine getötete Frau, 24 ausgeschlagene Augen, fünf abgerissene Hände, 286 schwere Kopfverletzungen, Hunderte weitere Verletzte, darunter Minderjährige, Sanitäter und Journalisten, 8.700 Menschen in Polizeigewahrsam, 2.000 Gerichtsurteile, davon 40 Prozent mit Gefängnisstrafen. Gelbwesten werden im Vorfeld von Demonstrationen präventiv festgenommen und am Abend unbeschuldigt auf freien Fuß gesetzt. Ein neues Gesetz macht sämtliche Teilnehmenden einer Demonstration für einzelne Gewaltakte mitverantwortlich, die dort verübt werden. Hinzu kommt der systematische Einsatz von Tränengas in den Stadtzentren, mit ungeklärten gesundheitlichen Folgen für die, die ihm ausgesetzt werden. Doch trotz einer Beschwerde der UNO-Menschenrechtskommission bleibt Innenminister Christophe Castaner bei der Behauptung, es finde keine Polizeigewalt statt.
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