In der Dynamik des Bettelns spiegelt sich die neoliberale Refeudalisierung des Sozialen. Christina von Braun hat gesagt, dass der Körper die letzte Deckung des Geldes ist. So lange man in der warenproduzierenden Gesellschaft der Eigentümer verkaufen kann, verkauft man: seine Vagina, seine Niere, seine Haare, seine Kinder in die Lohnsklaverei, seine Arbeitskraft, seine Zukunft oder seinen Körper post-mortem als Ersatzteillager. Wer nichts mehr zu verkaufen hat bettelt.
Wer indes keine Charaktermaske als Warenträger mehr aufsetzen kann, mithilfe derer er sich zu Markte trägt, scheidet aus. Daher muss der Bettelnde, um akzeptiert und entgolten zu werden, leisten. Er muss Geschichten erzählen, eine Pieta geben, einen Tag lang stillstehen. Wer bloß einen Stumpf statt einer Extremität zeigen kann zockt mit dem schwindenden symbolisch-kulturellen Kapital der Religiosität. Wer bloß einen leeren Starbucksbecher schüttelt und „biiete, biiete“ stammelt, geht leer aus. Auf ihn richtet sich die Aggressivität der Leistungswilligen. Hier ist einer, der verdienen will ohne zu leisten; der verdienen will ohne Steuern zu zahlen. Planet der Bettler – Anmerkungen zur Kultur, Soziologie und Politik des Bettelns weiterlesen