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Rosa Luxemburg, die Gewerkschaften und wir

Von Phillip Becher

Rosa Luxemburgs 1919 von protofaschistischen Freikorps gewaltsam beendetes „Leben für den Sozialismus“[1] ist auch im 21. Jahrhundert ein Vorbild für das konsequente Eintreten für eine nachkapitalistische Gesellschaftsordnung, wie sie im 2011 in Erfurt beschlossenen Grundsatzprogramm der Partei Die Linke anvisiert wird.[2]

Die 1871 im, vom russischen Zarismus okkupierten, Polen geborene revolutionäre Marxistin, Internationalistin und Antimilitaristin vertrat anregende Ansichten über die Arbeit von Sozialist*innen in und mit den Gewerkschaften.[3] Einerseits klären Luxemburgs Auffassungen in realistischer Weise über effektvolle Möglichkeiten fortschrittlicher Betriebsarbeit auf. So lassen sich übertriebene Erwartungen oder „Illusionen“ (ARS, 81)[4], wie sie es selbst genannt hätte, vermeiden und zugleich unnötige Enttäuschungen umgehen. Ihre Auffassungen spornen andererseits dazu an, den kollektiven Organisationen namens Gewerkschaften, die sich Lohnabhängige frei nach dem von Ton Steine Scherben popularisierten Motto „Allein machen sie Dich ein“ zur Verteidigung ihrer ökonomischen Interessen gegeben haben, nicht als einer fremden Entität gegenüberzutreten. Denn, so Luxemburg, „[d]en unmittelbaren Interessen seines wirtschaftlichen Kampfes kann [der Arbeiter] […] nicht anders genügen als durch den Beitritt zu einer Berufsorganisation.“ (PS, 213)[5] Deshalb lassen sich die ‚Arbeitskraftverkaufsagenturen‘[6] als das natürliche Terrain sozialistischen Wirkens begreifen, welches zugleich weit über den engen Kreis linker Szenen hinausweist. Schließlich befand schon Karl Marx, dass den Gewerkschaften der „Todesstoß“ drohe, wenn sie sich von einer bestimmten politischen Partei abhängig machen würden.[7]

Dieses Terrain weist demnach eben auch ganz eigene Logiken auf, die sich von denen einer Linkspartei unterscheiden und denen wir uns mit der Hilfe Rosa Luxemburgs und anderer verständig nähern können. Rosa Luxemburg, die Gewerkschaften und wir weiterlesen