Schlagwort-Archive: Strafender Staat

Für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse

Von Klaus Jünschke

Zum Stichtag 31. März 2023 befanden sich 44.232 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in den 172 Justizvollzugsanstalten in Deutschland. 2022 wurden außerdem 11.663 Untersuchungsgefangene gezählt. In den 78 Maßregelvollzugsanstalten sind über 13.000 Gefangene untergebracht, die dort Patienten genannt werden. Da in Deutschland rund 84 Millionen Menschen leben, sind das relativ kleine Zahlen. Für Jean Baudrillard sind die Gefängnisse dazu da, um zu kaschieren, dass die Gesellschaft insgesamt eingekerkert ist.

Wenn sich auf der Straße vor ihren Häusern junge Männer in die Haare kriegen, weil einer glaubt, dass der andere seine Freundin beleidigt hat, kann es sein, dass Nachbarn dazwischen gehen und die Situation beruhigen. Es kommt aber auch vor, dass Leute Angst haben, sich in einen heftigen Streit einzumischen und die Polizei holen. Dann kann eine Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen werden. Das Strafgesetzbuch sieht für eine gefährliche Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten und maximal 10 Jahren vor. Mit dem Auftreten von Polizei, Justiz und Strafvollzug ist aus einem sozialen Konflikt ein Problem der Überwachung und Kontrolle geworden. Für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse weiterlesen

Ampelregierung will die Zentralisierung der Staatsmacht mit der Überarbeitung des Bundespolizeigesetzes „gezielt stärken“

In fast allen Bundesländern wurden in den letzten sieben Jahren die Polizeigesetze verschärft. Man muss dies als ein politisches Handlungsziel sehen, dass die präventive Gefahrenabwehr, die in den Polizeigesetzen der Länder geregelt ist, nun auf der Bundesebene einheitlich gestaltet werden soll.

Hatte man doch genau diese föderalen Strukturen deshalb aufgebaut, weil im deutschen Faschismus eine ungeheuer große zentralisierte Machtkonzentration geschaffen wurde, was man Ende der 1940er Jahre noch vermeiden wollte.

Heute wird wieder angestrebt, unter dem Deckmantel sich ähnelnder, immer wieder verschärfter, neuer Landespolizeigesetze mit einem ebenfalls verschärften bundesweiten Polizeigesetz, eine neue Zentralisierung der Staatsmacht zu konstruieren.

Die Ampelregierung will nun speziell die Bundespolizei durch eine Überarbeitung des Bundespolizeigesetzes „gezielt stärken“. Die Koalition verständigte sich Ende des Jahres 2023 auf einen entsprechenden Gesetzentwurf. Es geht vogeblich vor allem um mehr Kompetenzen im Kampf gegen Schleuser. So erhalten die Beamten unter anderem neue Rechte zur Telefonüberwachung und auch für den Einsatz von Drohnen und anderen unbemannten Fahrzeugsystemen, wenn von diesen eine Gefahr ausgeht. In bestimmten Fällen gilt dies auch für die Erhebung von Verkehrsdaten. Ampelregierung will die Zentralisierung der Staatsmacht mit der Überarbeitung des Bundespolizeigesetzes „gezielt stärken“ weiterlesen

Das gab es auch schon vor Corona: der strafende Staat bekämpft die Armen

Vor dem Hintergrund eines globalen Kapitalismus mit seinen sozialen Desintegrationsprozessen gibt es mittlerweile kaum ein gesellschaftliches Problem mehr, auf das seitens der Politik mit der Verschärfung des Strafrechts reagiert wird.

Nicht nach den Ursachen fragen, sondern mit dem Strafgesetzbuch drohen, ist die neue Ausrichtung. Die Kriminalität wurde von der Politik für die Gunst bei den Wählern, der Machterhaltung und von den Medien für die Zustimmung der Konsumenten genutzt. Beide, Politik und Medien spielen sich die Bälle zu. Bei dem Spiel werden spektakuläre Einzelfälle aufgebauscht, die öffentliche Erregung führt zur Verschärfung der politischen Rhetorik, darauf  folgt dann der Ausbau der Überwachung, die strafrechtliche Kontrolle schon im Verdachtsfall und der strafende Staat als Bewahrer von Recht und Ordnung.

Um die Ruhe im Land zu wahren, werden die Überwachung noch umfassender, die Polizeigesetze verschärft und zur Durchsetzung des Gewaltmonopols die Sicherheitskräfte militärisch aufgerüstet.

Das Autoritäre ist der Versuch, die Kontrollverluste, die entstanden sind, wiederherzustellen.

Wer sich dem entgegenstellt, wird als Staatsfeind betrachtet, ihm der starke Staat vorgeführt und er unter die Knute von Staatsschutz, Ordnungskräften und Staatsanwaltschaft gestellt. Das gab es auch schon vor Corona: der strafende Staat bekämpft die Armen weiterlesen

Der zunehmend autoritäre Staat wird zunehmend zum strafenden Staat

Was ist passiert, dass eine moralische Verwahrlosung an den Tag gelegt wird, die in der Frage mündet: Darf man Menschen retten, die im Mittelmeer auf der Flucht ertrinken.

Begleitet wird dies mit dem Verständnis für Politiker, die mit ihren brutalen Handlungen, dieses Sterben erst ermöglichen, dann noch die Flüchtlinge zu Invasoren erklären und das Sterben auf der Flucht als Abschreckung instrumentalisieren. Es geht ihnen beim Schüren der Ausländerfeindlichkeit um ihr eigentliches Projekt, die rechten europäischen Parteien voran zu bringen.

Dieses Projekt zielt darauf ab, die Rechtstaatlichkeit, die Menschen- und universellen Rechte und ein republikanisches Staatsbürgerverständnis zu zerstören. Diese Politiker werden nicht müde zu behaupten, wir würden im sozialen Rechtsstaat leben, was sie dazu legitimiert, uns in andere Länder einzumischen, damit dort die Menschenrechte durchgesetzt werden. Gleichzeitung werden die ärmsten der Armen bei uns heftigen Sanktionen ausgesetzt und weit unter das Existenzminimum gedrückt.

Um die Ruhe im Land zu wahren, wird die Überwachung noch umfassender, die Polizeigesetze verschärft und zur Durchsetzung des Gewaltmonopols die Sicherheitskräfte militärisch aufgerüstet.

Wer sich dem entgegenstellt, wird als Staatsfeind betrachtet, ihm der starke Staat vorgeführt und unter die Knute von Staatsschutz und Ordnungskräften gestellt. Der zunehmend autoritäre Staat wird zunehmend zum strafenden Staat weiterlesen