Anfang des Jahres ist ausnahmsweise Streik ein großes Thema in Deutschland, von „französischen Verhältnissen“ ist gar die Rede. Auch wenn die beteiligten Gewerkschaften ihre Streikmacht ausdrücklich nicht zusammenlegen, überschneiden sich für kurze Zeit von der GDL und ver.di organisierte Warnstreiks der Lokführer und des Bodenpersonals von Flughäfen. Während ver.di sich mit den Flughafenbetreibern erst auf eine Schlichtung und dann auf deren Ergebnis einigt, lehnt die GDL das Ergebnis eines zwischenzeitlich ebenfalls angestrengten Schlichtungsverfahrens ab und befeuert mit weiteren Streiks eine Debatte, die ganz schnell bei Forderungen nach Modifikationen des Streikrechts landet. Der Streik der GDL – Betriebsstörung im Kein-Streik-Land weiterlesen
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Reaktionen auf den Streik der GDL – es geht um den Eingriff in das Streikrecht
Einen Streik ohne „Opfer“ gibt es nicht und hat es in unserer Geschichte auch noch nicht gegeben. Sollen die Lokführer denn wirklich nur dann streiken, wenn möglichst wenige Bahn-Kunden davon betroffen sind? Dann müssten Müllwerker am Wochenende, die Erzieherinnen in den Tageseinrichtungen nachts streiken und Krankenschwestern könnten ihr Streikrecht überhaupt nicht wahrnehmen.
Jeder Streik kann aber nur dann Erfolg haben, wenn er in der Öffentlichkeit auch nur etwas Rückhalt hat. Genau dies war der Ansatzpunkt der Medien während des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), bei dem die Massenmedien mit geballter Kampagnenmacht auf die Lokführer einprügelten Die Reaktion auf den Streik der GDL hat gezeigt, wie viel sich in den vergangenen Jahren bei uns geändert hat.
Der Streik war genau so ein Streik wie viele Streiks vorher auch. Aber das gesellschaftliche Umfeld hat sich geändert. Geringerer Einfluss der Gewerkschaften allgemein, Co-Management der Betriebs- und Personalräte bei gleichzeitiger professioneller Bekämpfung der Gewerkschafts- und Betriebsrätearbeit und die Diskriminierung von Geringverdienern und Arbeitslosen als „Minderleister“ konnten es ermöglichen, dass die großen Unternehmen und ihre Vereinigungen sich auffallend mit Kritik an der GDL zurückhielten. Die Medien sprangen umso heftiger ein. Sie fielen massiv mit einer extremen Hetze über die Lokführer-Gewerkschaft her und griffen massiv in die Persönlichkeitsrechte des Gewerkschaftsvorsitzenden Claus Weselskys ein. Es beteiligten sich an dieser Antigewerkschaftskampagne nicht nur die üblichen Konzernmedien, sondern auch die bis vor kurzen noch halbwegs seriös berichtende und recherchierende Presse und sogar die Öffentlich-Rechtlichen.
Die GDL wurde im Großen und Ganzen von den anderen Gewerkschaften im Regen stehen gelassen, auch der DGB hielt sich verdächtig zurück. Lediglich der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sah sich gezwungen, eine „faire Berichterstattung“ anzumahnen und an die Einhaltung „journalistischer Spielregeln“ zu appellieren. Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung hat gemeinsam mit dem Selbrund-Verlag eine Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die Berichterstattung eingereicht. Reaktionen auf den Streik der GDL – es geht um den Eingriff in das Streikrecht weiterlesen