Von Julian Koll (VKG Dortmund)
„Die Demokratie und Entscheidungsmacht der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) ist tot. Es lebe die Informationsweitergabe und Transparenz über den aktuellen Verhandlungsstand durch die Verhandlungsführung.“
Das wäre eine ehrliche Botschaft der ver.di-Führung.
Stattdessen präsentiert man das „neue“ Konzept der Tarifbotschafter*innen (TB) und lobt sich selber. Laut ver.di sollen die TB die Tarifrunde in den Betrieben bekannt machen und Informationen aus der Tarifrunde und aus den Verhandlungen aktiv an die Kolleg*innen im Betrieb und der Dienststelle weitergeben.
Was als neue Errungenschaft dargestellt wird, ist einfach nur ein neues Wort für Vertrauensmann und Vertrauensfrau und ist tägliches Brot für aktive Gewerkschafter*innen und Betriebsgruppen.
In der Hoffnung keine große Aufmerksamkeit zu erregen, hat sich die Bundestarifkommission und die ver.di Führung still und leise dazu entschieden, aus dem von ihnen als Kontrollverlust empfundenen Streik 2015 zu lernen und die Streikdelegiertenkonferenz abzuschaffen.
Begründet wird das Ganze auf Nachfrage bei der Regionalkonferenz des SuE in Duisburg durch Christine Behle: „Wir haben uns dagegen entschieden, da die Rollenklarheit da sein muss und 2015 einiges durcheinandergekommen ist.“ „Wir sind ja auch schließlich gewählt.“
Was meint Christine Behle mit Rollenklarheit?
Die Antwort ist klar und einfach.
Aus ihrer Sicht entscheiden und bestimmen hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionäre alles! Streikstrategie, Forderungen, Anfang und Ende des Streiks. Einfache Gewerkschaftsmitglieder sollen hingegen Informationen weitergeben, diskutieren und als manövrierfähige Masse den Weisungen der Funktionäre folgen.
Bescheidenheit, Demut und der Anspruch an sich selbst, sich im besten Sinne überflüssig zu machen und die Kolleg*innen über ihre Forderungen, Strategien und Streiks selbst entscheiden zu lassen, existiert nicht.
Wenn man die Kolle*innen im SuE fragt, ob sie die Bundestarifkommission oder Christine gewählt haben; wird man in 99 % der Fälle die Antwort „Nein“ bekommen.
Delegiertensysteme wie z.B die Organisationswahlen bei ver.di und der ver.di Bundeskongress können eben keine Urwahlen ersetzen (wie z.B. bei Wahlen zum Gewerkschaftsvorsitz in Großbritannien üblich).
Es macht mich traurig und wütend, diesen Text zu schreiben, da eine Erneuerung der Gewerkschaften mit der Entscheidung der ver.di Führung, die Streikdelegiertenkonferenz abzuschaffen, in weite Ferne gerückt ist.
Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Zukunft bessere Zeiten für uns bereithält.
Trotz alledem werden wir in Dortmund unser Bestes geben, um Verbesserungen für uns zu erreichen. Aus meiner Sicht ist es aber auch wichtig, dass wir uns von unten vernetzen, um innerhalb unserer Gewerkschaft einen kämpferischen Kurs durchzusetzen und um für eine Demokratisierung von Streiks und auch der Gewerkschaft insgesamt einzutreten. Deshalb bin ich auch in der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) aktiv.
Die VKG Gruppe Dortmund wird weiterhin für eine Erneuerung der Gewerkschaften zu kämpferischen und demokratischen Kampforganisationen der Lohnabhängigen Bevölkerung eintreten.
Wenn du uns dabei unterstützen willst, komm zu unseren Treffen.
Weitere Infos auf VKG – Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften und unter dortmund@vernetzung.org.
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Julian Koll, Erzieher in Dortmund, ver.di-Vertrauensmann Stadt Dortmund, Mitglied der bezirklichen Arbeitskampfleitung, Delegierter bei der bundesweiten Streikkonferenz im Sozial- und Erziehungsdienst in der Tarifrunde SuE im Jahr 2015 und Mitglied der betrieblichen Arbeitskampfleitung (BAKL).
Dortmund Bild: badische.de