Mit rund 1,8 Mio. Beschäftigten sind die christlichen Kirchen nach dem Öffentlichen Dienst die größten Anstellungsträger in Deutschland. Davon sind rund 1,4 Millionen in den Unternehmen der Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas beschäftigt. Für sie alle gelten kirchliche Regeln, die ihre Rechte als abhängig Beschäftigte einschränken. Mit dieser Benachteiligung muss endlich Schluss sein.
Kirchliche Unternehmen betreiben Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und -dienste, Einrichtungen der Behinderten- und Jugendhilfe, Rettungsdienste, Kitas, Sozial- und Schuldnerberatungsstellen und vieles mehr. Wie bei anderen Trägern auch, werden diese Einrichtungen fast ausschließlich aus Steuermitteln und Sozialversicherungsbeiträgen finanziert. Die kirchlichen Betriebe konkurrieren mit nicht-konfessionellen Trägern um Klienten bzw. Patienten und Arbeitskräfte. Sie betreiben massiv Tarifflucht und Outsourcing, nutzen Leiharbeit und gehen sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse ein. Sie verhalten sich also genau so wie andere Unternehmen auch, beharren aber auf ihre Sonderregeln im Arbeitsrecht.
Die Programme der Parteien der Regierungskoalition fordern die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts, dennoch wurde eine harmlose Vereinbarung im Koalitionsvertrag formuliert. Dort steht: „Gemeinsam mit den Kirchen prüfen wir, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann. Verkündungsnahe Tätigkeiten bleiben ausgenommen.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat deshalb am 17.05.2023 eine Petition gestartet, um den seit Jahrzehnten artikulierten Forderungen der Beschäftigten Nachdruck zu verleihen.
„Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte – Online-Petition (openpetition.de)
Die Unterzeichnenden fordern von Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, sowie von den Bundestagsabgeordneten von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP:
- Schluss mit Diskriminierung wegen privater Entscheidungen: Streichung der Sonderregeln für Kirchen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (§ 9 AGG)
- Volle Mitbestimmung auch für Kirchenbeschäftigte: Streichung gesetzlicher Ausnahmen (u.a. § 118 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz)
Auch im Jahr 2023 haben wir, die Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas, noch nicht dieselben Rechte wie unsere Kolleg*innen in weltlichen Betrieben. Für kirchliche Arbeitgeber gelten gesetzliche Sonderregeln im Arbeitsrecht. Sie können zum Beispiel Pflegekräfte, Erzieher*innen oder Verwaltungsangestellte kündigen, wenn diese aus der Kirche austreten oder den Kirchenoberen ihr Privatleben missfällt. Als kirchlich Beschäftigte haben wir geringere Mitbestimmungsrechte und können daher schlechter Einfluss auf unsere Arbeitsbedingungen nehmen. Höchste Zeit, diese veralteten Kirchenprivilegien abzuschaffen. SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das kirchliche Sonderrecht zu überprüfen. Für uns ist klar: Es gehört abgeschafft! Die Diskriminierung von Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen muss ein Ende haben. Gleiche Rechte für alle!
Begründung
Gleiches Arbeitgeberverhalten – dennoch Sonderrechte?
Kirchliche Arbeitgeber beschäftigen rund 1,8 Millionen Menschen. Sie betreiben Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und -dienste, Einrichtungen der Behinderten- und Jugendhilfe, Rettungsdienste, Kitas u.a.m. Wie bei anderen Trägern werden diese fast ausschließlich aus Steuermitteln und Sozialversicherungsbeiträgen finanziert. Kirchliche Unternehmen betreiben Tarifflucht und Outsourcing, nutzen Leiharbeit und sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse. Sie verhalten sich wie andere Arbeitgeber, beharren aber auf Sonderregeln im Arbeitsrecht. Das passt nicht zusammen.
Keine Kündigung wegen privater Entscheidungen
Der Austritt aus der Kirche gilt zum Beispiel als Kündigungsgrund. Wer sich in seiner Freizeit in einer Weise äußert, die der Kirche missfällt, kann ebenfalls gekündigt werden. Ermöglicht wird das durch eine Sonderregel im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Diese verstößt gegen europäisches Recht. Die Bundesregierung muss die Regelung ersatzlos streichen. Beschäftigte könnten dann nicht mehr wegen privater Entscheidungen sanktioniert werden, die der Kirche missfallen.
Wirksam im Betrieb mitbestimmen
Kirchliche Einrichtungen sind vom staatlichen Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen. Stattdessen gelten kirchliche Regeln, nach denen Mitarbeitervertretungen gewählt werden. Doch ihre Mitbestimmungsrechte sind weniger wirksam, die Durchsetzung der Rechte ist schwieriger und sie haben geringere Ressourcen als Betriebs- und Personalräte. Hinzu kommt, dass die Gewerkschaften im Kirchenrecht ausgegrenzt werden. In weltlichen Betrieben haben sie zum Beispiel das Recht, die Initiative zur Gründung von Betriebsräten zu ergreifen, Kandidatenlisten einzureichen und an Betriebsversammlungen oder Betriebsratssitzungen teilzunehmen. Hingegen kommt das Wort Gewerkschaft weder im katholischen noch im evangelischen Mitarbeitervertretungsrecht überhaupt vor. Das bedeutet eine gravierende Schwächung demokratischer Teilhabe.
Damit das staatliche Mitbestimmungsrecht auch in kirchlichen Einrichtungen vollständig angewendet werden kann, muss die Bundesregierung die gesetzlichen Ausnahmen (u.a. § 118 Abs. 2 BetrVG) streichen. Für eine umfassende Stärkung der Mitbestimmungsrechte muss das staatliche Recht ohne Einschränkungen durch den so genannten Tendenzschutz zur Anwendung kommen (Neufassung des § 118 BetrVG).
Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di aus Berlin“
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Hier geht es zur Petition und Unterschrift: Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte – Online-Petition (openpetition.de)
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Weitere Infos auch auf gewerkschaftsforum.de | ein Forum für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die etwas zu sagen haben
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Quelle und Bild: ver.di (verdi.de)