Wer hat eigentlich nach 30 Jahren „Bahnreform“ den desolaten Zustand unserer Deutschen Bahn AG zu verantworten, die alltäglich ihre Fahrgäste und Berufspendler zur Verzweiflung bringt und die Beschäftigten zu Streiks provoziert? Was ist dran am Vorwurf vom Lokführer-Gewerkschaftsboss Weselsky über die „Nieten in Nadelstreifen“ im Bahnvorstand mit ihren Jahresgehältern und Boni in Millionenhöhe? Sind die Fahrgäste und deren Mobilitätsbedürfnisse nur Nebensache wegen anderer Konzerninteressen etwa im Auslandsgeschäft der Bahn? Wird die Belastung des Personals verringert? Was bringt die nun geplante Aufspaltung der Bahn in die Teile Infrastruktur und Zugbetrieb mit weiterhin gültiger Gewinnorientierung? Bislang ist die Bahn AG eine Konzernholding mit 5 AGs.
Träumt das Bahnmanagement des privatrechtlich geführten Staatskonzerns insgeheim weiterhin von teilweiser oder vollständiger Privatisierung mit umstrittenem Börsengang, der trotz dreimaligen Anlaufs gescheitert ist und von 70% der Bevölkerung aus guten Gründen abgelehnt wird? Und was haben in all den Jahren die verantwortlichen Bundesverkehrsminister getrieben, von denen seit 1989 insgesamt 13 an der Zahl aus 4 verschiedenen Parteien amtierten? Haben sie vergessen, dass selbstbestimmte Mobilität ein verbrieftes Menschenrecht ist – als eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe sowie die persönliche, soziale und berufliche Entwicklung?Warum wird die Eisenbahn als zentraler Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht endlich in die Gemeinnützigkeit überführt? Und warum setzt man dazu nicht ein fähiges Management ein, statt in den Bahnvorstand wiederholt Parteipolitiker und Gewerkschaftsfunktionäre als dienende Anhänger des wiederholt erstrebten Börsenganges einzuschleusen? Erinnert sei an den ehemaligen CDU-Generalsekretär und Ex-Minister Roland Profalla aus Merkels Vorzimmer, der im Bahnvorstand für die Infrastruktur der Bahn zuständig war, aber nach 6 Jahren 2022 das Handtuch warf.
CSU-Politiker im Bahnvorstand sorgte für Regierungszusage zum Börsengang
Ferner sei erinnert an den ehemaligen Generalsekretär der CSU, den bayrischen Ex-Wirtschaftsminister Otto Wiesheu – der 2008 nach 3 Jahren als Manager für Marketing im Bahnvorstand wegen eines Datenskandal von Bahnchef Grube entlassen wurde, weil er den Email-Verkehr der Beschäftigten kontrolliert hatte. (Als CSU-Geschäftsführer war er 1983 zurückgetreten, nachdem er unter Alkoholeinfluss bei einem Verkehrsunfall einen anderen Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn getötet hatte und deshalb wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde). Seine Aufgabe im Bahnvorstand unter Bahnchef Hartmut Mehdorn war es, in Kontakten mit der Regierung die Privatisierung der Bahn voranzutreiben und eine Trennung von Schienennetz und Zugverkehr zu verhindern. Zuvor hatte Wiesheu dafür gesorgt, dass die Verhandlungen zum Börsengang der Bahn in den damaligen Koalitionsvertrag aufgenommen wurden.
Ebenfalls als Parteipolitiker gelangte der ehemalige CDU-Staatssekretär Johannes Ludewig auf Wunsch von CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl von 1997 bis 1999 für zwei Jahre auf den Stuhl des Vorstandschefs der Bahn, nachdem sein Vorgänger Heinz Dürr – der die Wandlung von Bundesbahn und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG zwischen 1991 und 1997 managte – an die Spitze des Aufsichtsrates gewechselt hatte. Immerhin führte Ludewig nach Amtsantritt eine Regelung ein, wonach die Hälfte der Bonuszahlungen der damals 1.600 Führungskräfte – heute sind es 3.800 – von der Pünktlichkeit und Präzision des Bahnbetriebs abhängen sollte. Die angekündigte Halbierung der Verspätungen und die „Pünktlichkeitsanzeige“ auf großen Bahnhöfen wurde aber Ende 1999 als erfolglos wieder abgeschafft. Unter seine Amtszeit fiel u.a. das Zugunglück von Eschede sowie die Einführung von Anglizismen („Denglisch“) für die Dienstleistangebote der Bahn, wofür er als „Sprachpanscher des Jahres“ gekürt wurde. Bundesregierung und Aufsichtsrat der Bahn AG einigten sich im September 1999 auf die vorzeitige Ablösung des Bahnchefs Ludewig, nachdem Umsatz und Fahrgastzahlen stagnierten.
Gewerkschaftsfunktionär als Seitenwechsler war Befürworter des Börsengangs
Besonders pikant war 2008 die Berufung des Bahngewerkschaftsvorsitzenden der GdED (später Transnet), Norbert Hansen (SPD) in den Bahnvorstand für das Personalressort mit einem Jahressalär von 556.000 € (Als Gewerkschafter verdiente er nur 7.500 monatlich). Hansen gehörte auch dem Bundesvorstand des DGB an und war von 2002 bis 2008 zugleich stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Bahn AG sowie Aufsichtsratsvorsitzender in verschiedenen Versicherungsgesellschaften.
Seine Einbindung in den Vorstand erfolgte als gewerkschaftlicher Befürworter der Privatisierung mit Börsengang, zumal er mit Bahnchef Mehdorn befreundet war. Schon ein Jahr später wurde er in 2009 (nach dem Wechsel von Bahnchef Mehdorn zu Helmut Grube) von seinem Vorstandsposten abberufen mit einer Abfindung von fast 2,3 Mio. € zuzüglich kostenfreie Bahncard 100 lebenslänglich. Das war auch die Belohnung dafür, dass er bei der SPD die Arbeitgeberposition der angestrebten Teilprivatisierung mit Börsengang erfolgreich bis zum zustimmenden SPD-Parteitagsbeschluss 2007 durchsetzte.
Der teure „Wasserkopf“ im Management der Deutschen Bahn AG
Ist die Negativbilanz nach 30 Jahren misslungener „Bahnreform“ mit gescheitertem Börsengang durch offensichtlich unfähige, aber höchstbezahlte „Möchtegern-Manager“ mit Parteibuch nicht Anlass genug zum Umdenken und Umsteuern? Das Bündnis „Gemeingut in Bürgerhand“ stellte fest: „Als wir vor 30 Jahren die Bahnreform bekommen haben, gab es 6.000 sogenannte Bahndirektoren, was als verschwenderisch angeprangert wurde. Heute leistet sich die Bahn 20.000 Manager. Wenn jeder von ihnen 100.000 Euro Jahresgehalt bekommt, sind das bereits zwei Milliarden jährlich! Gleichzeitig wurden 190.000 Stellen eingespart in den Betriebsdiensten, in den Zügen, auf den Bahnhöfen und so weiter“.
Wie kann die Bahn gerettet werden? Und muss die Auslandstochter DB Arriva in mehreren europäischen Ländern Nahverkehre betreiben, während hierzulande der Schienenverkehr ins alltägliche Chaos versinkt? Übrigens war 1994 das umstrittene Großprojekt „Stuttgart 21“ als „Milliardengrab“ Teil des gescheiterten Privatisierungsvorhabens. Warum wird die Eisenbahn in Deutschland als zentraler Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht endlich in die Gemeinnützigkeit überführt? Ist der Börsengang vielleicht vor allem für die Manager im Bahnvorstand zu verlockend, weil vor allem für sie selber lukrativ und damit das wahre Motiv? Das wurde bei einer zurückliegenden Affäre mehr als deutlich.
Boni-Affäre: Minister Tiefensee warf Bahnchef Gefährdung des Börsengangs vor
Der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn plante im November 2008 satte Boni-Zahlungen an den gesamten Bahnvorstand mit der Vorbereitung des Börsenganges. Doch die unangemessenen Sonderzahlungen gefährdeten das „gemeinsame strategische Projekt“ des Börsengangs, sagte der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee (SPD) der „Berliner Zeitung“. Denn am selben Tag musste er sich in einer Sondersitzung zu dem Thema äußern. In der politischen Öffentlichkeit schlug die Empörung über das Ansinnen des Bahnchefs hohe Wellen, so dass der Minister öffentlich zurückkeilte.
Er beharrte auf einer Rücknahme des Beschlusses über die Prämienzahlung: „Bonuszahlungen für hoch bezahlte Manager eines Konzerns im Bundesbesitz sind nicht in Ordnung, nur weil die das Unternehmen für die Börse fit machen“, zitierte die Zeitung den Minister. „Das gehört zu ihren Aufgaben und darf nicht extra vergütet werden.“ In Grundfragen sei er allerdings „mit Herrn Mehdorn einer Meinung und zufrieden“, fügte der Minister hinzu. Es wurde aber deutlich, dass es sich wohl kaum um eine leistungsorientierte Belohnung gehandelt hätte, wenn man das Missmanagement der Bahn im historischen Ablauf bis heute Revue passieren lässt.
Seit der Privatisierung ging es stetig bergab: Erfolgloser Kahlschlag bei der Bahn
Bekanntlich wurde die Deutsche Bahn am 1. Januar 1994 zusammen mit der ostdeutschen Reichsbahn in eine privatrechtlich geführte Aktiengesellschaft in staatlicher Hand überführt, mit der Bundesrepublik als alleinigem Aktionär. Das sollte auch nach politischem Mehrheitswillen des damaligen Bundestages zugleich der erste vorbereitende Schritt an die Börse sein. Doch fortan ging es bergab und die Bahn wurde „an die Wand gefahren“: Allein im Zeitraum von 1994 bis 2001 wurden 35% der Mitarbeiter abgebaut von 331.000 auf 214.000. Rund 6000 km Schienennetz mitsamt Bahnhöfen, insgesamt 10%, wurde aufgegeben und 85% der Güterbahnhöfe stillgelegt, die heute wieder reaktiviert werden müssen. (In den vergangenen70 Jahren wurden sogar 15.000 Kilometer Bahnstrecken stillgelegt, das sind fast 30% des ursprünglichen Streckennetzes von 1955). Das Ganze erfolgte, um Kosten und Zuschüsse zu senken und Gewinne anzustreben. Doch Personenbeförderung als öffentliche Aufgabe bleibt trotz aller betriebswirtschaftlichen Effizienz-Bemühungen immer ein Zuschussbetrieb, das ist nicht zu umgehen, genauso wie beim öffentlichen Kultur-, Sozial-, Bildungs- oder Gesundheitsbereich.
Die unendliche Geschichte des angestrebten Börsengangs der privatisierten Bahn
Die ehemaligen Bahnchefs Heinz Dürr, Johannes Ludewig, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube wollten den angeblich „schwerfälligen“ Staatskonzern zu einem „modernen und profitablen Unternehmen“ umgestalten und den Börsengang voranbringen. In 2007 war die angestrebte Privatisierung der Bahn AG als integrierter Konzern gescheitert, und zwar an öffentlichen Protesten und nach einem entsprechenden SPD-Parteitagsbeschluss. Umfragen zufolge lehnten 70% der Bevölkerung das Vorhaben ab. Bahnchef Mehdorn und sein Vorstandskollege Norbert Hansen als Ex-Gewerkschaftsboss blieben jedoch die größte Verfechter des Vorhabens. Und der damalige Verkehrsminister Tiefensee (SPD) und Bahnvorstand Otto Wiesheu (CSU) arbeiteten konspirativ weiter daran.
Doch eine daraufhin vom Bundestag mit Stimmen von CDU und SPD beschlossene Teilprivatisierung in 2008 wurde abgeblasen, weil sie zu scheitern drohte. Der damalige Bundestagsbeschluss von 2008 hat bis heute seine Gültigkeit. Bahnchef Mehdorn wollte eine Komplettprivatisierung mitsamt Schienen und Zügen, blies jedoch im Oktober 2008 den Börsengang ab, auch wegen der Weltfinanzkrise und untauglicher Gesetzesvorschläge. Auch in 2011 wurde der Börsengang durch den nächsten Bahnchef Helmut Grube ganz abgesagt aus gleichen Gründen. In 2015 wurde ein geplanter dritter Anlauf vorbereitet, nachdem aber zuvor im Koalitionsvertrag 2013 der großen Koalition kein Börsengang der Bahn enthalten war, und zwar mit der Formulierung als Begründung, weil Eisenbahninfrastruktur öffentliche Daseinsvorsorge sei. Skeptiker und Kritiker sahen darin aber eine Hintertür, weil damit nur die Infrastruktur der Bahn von Privatisierung ausgeschlossen sei, nicht die Bahn selber und die übrigen Bereiche.
Koalitionsvertrag der Ampel will Gewinn- und Gemeinwohlorientierung der Bahn
Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung von 2021 steht der entscheidende Satz: „Wir werden die Deutsche Bahn AG als integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum erhalten. Die internen Strukturen werden wir transparenter und effizienter gestalten. Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese stehen zu 100 % im Eigentum der Bahn als Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbkleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden Markt- und gewinnorientiert weitergeführt.“
Weitere Aussagen betreffen den Güterverkehr. Darüber hinaus heißt es im Kapitel Mobilität: „Wir wollen die Investitionsmittel für die DB Infrastruktur erhöhen“. Auch soll mehr in die Schiene als in die Straße investiert werden, mit Verbesserung der Mobilitätsangebote auch auf dem Land. Der Masterplan Schienenverkehr soll weiterentwickelt und zügig umgesetzt werden. Zudem soll der ÖPNV verbessert werden mit einer abgestimmten Finanzierung und Mobilität zwischen Bund, Ländern und Kommunen. (Wie schwer das gelingt, zeigen die aktuellen Auseinandersetzungen um die Fortführung und Finanzierung des Deutschlandtickets.)
Anspruch und Wirklichkeit des Bahnkonzeptes klaffen weit auseinander
Für die Bahnkunden und Beschäftigten klaffen Anspruch und Wirklichkeit der Konzernpolitik der Bahn weit auseinander. Ganze Generationen von verantwortlichen Verkehrsministern seit der Wiedervereinigung 1989 haben das Dilemma der bundeseigenen Bahn AG nicht zu beheben vermocht: 5 SPD-Bundesverkehrsminister, von Franz Müntefering über Bernhard Klimmt und Kurt Bodewig bis Manfred Stolpe und Wolfgang Tiefensee. Ebenso wenig die 2 Verkehrsminister der CDU, Manfred Wissmann und Günter Krause, geschweige die 5 CSU-Verkehrsminister Friedrich Zimmermann, Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt oder Andreas Scheuer. Und vom amtierenden Bundesverkehrsminister der FDP, Volker Wissing, erwarten die wenigsten einen positiven Durchbruch. Zukunftspläne und Absichtserklärungen sowie Bemühungen zur Verbesserung gab und gibt es reichlich, doch guter Wille ist kein Ersatz für Erfolg.
Das klägliche Ergebnis sehen wir heute unter Bahnchef Lutze, dessen Jahresgehalt übrigens mit Boni zuletzt verdoppelt wurde auf 2,4 Mio. € im Jahr. Demgegenüber verdiente allerdings der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn – ein von Kanzler Schröder angeheuerter ehemalige Maschinenbauingenieur in der Luftfahrt, Reserveoffizier, Leistungssportler und Mitglied einer studentischen Burschenschaft, mit Managementtätigkeiten zuvor auch in Rüstungskonzernen – knapp 3,5 Mio. € im Jahr und bekam nach seinem Rücktritt eine Abfindung von fast 5 Mio. € plus gut 1 Mio. € geldwerte Vorteile. Ganz so üppig wird der heutige Bahnvorstand also nicht belohnt und muss sich mit ein- bis zweistelligen Millionengehältern begnügen, während er die Verspätungen sowie die Personal- und Zugausfälle seit Jahren nicht in den Griff bekommt. Das meiste sind unerfüllte Versprechen.
Offener Brief an den ahnungslosen und erfolglosen Bahnvorstand
In einem offenen Brief an den Bahnvorstand hatte nun dieser Tage ein Lokführer als streikendes GdL-Gewerkschaftsmitglied vor Streikbeginn seinem Ärger über das untragbare Verhalten des Bahnvorstandes gegenüber Beschäftigten und Fahrgästen Luft gemacht: „Lokführer und Zugbegleiter leiden ebenso wie die Kunden unter den Verspätungen und Zugausfällen“, deren Unpünktlichkeit in Deutschland zum „Volkssport“ geworden sei. „Alle leiden unter dem Chaos, dass der Bahnvorstand zu verantworten hat“. Und während der Bahnvorstand sich selbst Lohnerhöhungen und hohe Bonuszahlungen gönne, müsse sich ein Zugbegleiter mit einer 60-Stunden-Woche Gedanken machen, wie er das benötigte Benzin bezahlen kann um seine Schicht anzutreten. Trotzdem sollen sie den „Gürtel enger schnallen“, weil die Bahn AG ja so verschuldet sei.
Weiter schreibt der erboste Lokführer an den Vorstand: „Und genau an dieser Stelle kommt dann die Frage auf, welche Leistungen Sie für Ihre Einkommenserhöhung vorweisen können. Ist der Eisenbahnverkehr für den Kunden zuverlässiger geworden? Hat sich durch Ihre Vorgaben die Pünktlichkeit verbessert? Konnte die Sauberkeit in den Zügen oder in den Bahnanlagen auf ein ansehnliches Niveau angehoben werden? Schreibt der Konzern jetzt schwarze Zahlen? Ist das Reisen mit der Bahn günstiger und somit attraktiver geworden? Kann man sich jetzt in den Zügen oder in den Bahnanlagen sicherer fühlen? Haben wir den Personalmangel überwunden? Sind unsere Schichten und Einsatzpläne stabiler oder überhaupt mal entlastet worden? Sind die Aussagen, die von der Konzernspitze kommen, ehrlicher geworden?“
„Unausgegorene Baustellenorgie macht die Bahn unzuverlässiger“
Bezüglich der Beschwerden über mangelnde Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sei es der Vorstand gewesen, der eine „unausgegorene Baustellenorgie“ angeordnet habe, die die Bahn unzuverlässiger mache. „Und dabei wäre es doch so einfach gewesen, ein vernünftiges Baustellenmanagement mit angepassten Fahrplänen und ausgedünnten, dafür aber zuverlässigen und pünktlichen Zugfahrten zu organisieren“. Dies sei seiner Ansicht nach aber nur ein Zeichen für die mangelnde Wertschätzung für die eigenen Kunden. Eine solche spürten auch die Beschäftigten alltäglich anhand der angespannten Personalsituation. Viele hätten wegen der schlechten Arbeitsbedingungen gekündigt. Der Bahnvorstand lege seit Jahren die Grundlage dafür, „ dass der Kesseldruck der Belegschafts-Missstimmung immer mehr ansteigt“, so lautet der Vorwurf des mutigen Lokführers.
Sein offener Brief wird auch in der Frankfurter Rundschau zitiert: „Ich bin mir genauso wie meine Kolleginnen und Kollegen sehr bewusst darüber, dass unsere Arbeitskampfmaßnahmen in der Öffentlichkeit mitunter auf Kritik stoßen. Sie können sich aber sicher sein, dass sich in unseren Reihen niemand befindet, der sich an diesen Maßnahmen erfreut oder einen Streik seiner regulären Tätigkeit vorzieht.“ Es gehe aber um eine „Akkumulation an Ursachen“, die die Stimmung im Betrieb trüben. Neben der hohen Verantwortung der Beschäftigten mit belastend langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten mit Schichtlängen bis zu 14 Stunden herrsche ein erheblicher Personalmangel, den die Unternehmensführung zu verantworten habe.
Die privatrechtlich geführte Bahn wurde „kaputtrationalisiert“
Die Bündnisse „Bahn für alle“ und „Gemeingut in Bürgerhand“ sowie „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ erinnern anlässlich des aktuellen Bahnstreiks und der geplanten Aufspaltung demgemäß an die vor 30 Jahren erfolgte, aber wenig erfolgreiche Umwandlung der Staatsbahn in eine Aktiengesellschaft. Die Fahrgäste haben davon am wenigsten profitiert, stattdessen wurde unter dem Vorwand der Umwandlung des Staatskonzerns in ein zukünftig „modernes und profitables“ Unternehmens das Volksvermögen verscherbelt und die Bahn „kaputtrationalisiert“ – mit den seit Jahren nun erlebbaren Folgen für die leidgeprüften Fahrgäste und die Beschäftigten sowie dem erhöhten Reparatur- und Investitionsbedarf.
Das eigentliche Ziel der Bahnreform, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, wurde nicht erreicht, sondern man hat die Kunden regelrecht auf die Straße und in die Fernbusse getrieben. Stattdessen hat man die in 170 Jahren aufgebaute Bahninfrastruktur, deren Gesamtwert auf bis zu 220 Mrd. € (als Volksvermögen) geschätzt wird, für einen Bruchteil ihres Wertes an Private verschleudert. Mit rigorosem Abbau der Hälfte des Personals seit 1994 wurde die „Bahnreform“ auf dem Rücken der Beschäftigten und der Fahrgäste mit desaströsem Ergebnis und ständigen Fahrpreiserhöhungen durchgeführt, zu Lasten der Pünktlichkeit, der Sicherheit und Sauberkeit, des Services und der Versorgung in der Fläche. Am Ende hatten Ruhrgebietsstädte wie Herten mit 60.000 Einwohnern keinen einzigen Bahnhof mehr, der nun kostspielig neu gebaut wird mitsamt Reaktivierung der stillgelegten Bahnstrecke.
Zuschuss für die privatisierte Bundesbahn höher als bei der vorherigen Staatsbahn
In Wirklichkeit war der so genannte „Verlust“ der ehemaligen Bundesbahn von zuletzt 8 Md. € in 1993 nur ein Vorwand für die private Rechtsform, die jetzt trotz Fahrgastrekorde (mit 15 % Steigerung trotz steigender Unpünktlichkeit) weiterhin hohe Verluste aufweist. Der Konzernumsatz sank von 28 auf rund 25 Mrd. €. Dass die Bahn AG überhaupt noch einen operativen Gewinn von 626 Mio. € aufweist, hat sie allein der Logistik-Tochter Schenker zu verdanken. Die Bahn hat zugleich etwa 35 Mrd. € Schulden. Jährlich gibt Berlin für die Bahn derzeit 5 Mrd. € aus. Der erhebliche Investitionsbedarf für die Schiene wird von der Regierung mit 88 Mrd. € beziffert, um das vernachlässigte oder teilweise stillgelegte Schienennetz wieder attraktiver und zuverlässiger zu machen. Dafür ist im Bundeshaushalt mit 43 Mio. € die Hälfte schon bereitgestellt.
Schon 2016 schrieb der Autor dieser Zeilen in einem Leserbrief: „Das seit 1994 privatrechtlich organisierte Bahnunternehmen kostet in Wirklichkeit den Steuerzahler mit jährlich 10 Mrd. € Zuschüssen allein für den Nahverkehr und die Infrastruktur heute weitaus mehr als zuvor die als „Beamtenbahn“ viel geschmähte Staatliche Bundesbahn. Diese war stets pünktlich und zuverlässig, preiswert mit transparenter Tarifstruktur, zudem sicher und sauber sowie kundenfreundlich mit ausreichendem Personal und bediente zugleich die Fläche auch in ländlichen Räumen.“ (Denn die Verfassung und das Bundesraumordnungsgesetz garantieren die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land – doch diese verbindliche Gesetzesvorgabe wird aus Kostengründen heute ignoriert?).
Aufspaltung: „Bahn noch teurer, unzuverlässiger und unpünktlicher“
In einem aktuellen Rundschreiben vom November 2023 befürchtet das Bündnis „Bahn für alle“ zur nun geplanten Aufspaltung der Bahn in die Teile Infrastruktur und Zugbetreib mit weiterhin gültiger Gewinnorientierung: „So wird Bahnfahren weiterhin zunehmend teurer, unpünktlicher, unzuverlässiger und unbequemer. (…) Angeblich kann die Bundesregierung damit das Schienennetz in Richtung Gemeinwohl steuern. Aber das kann nicht klappen.“ Das Bündnis geht davon aus, dass die Ausgründung der Infrastrukturgesellschaft von den Betreibern nur als Vorstufe für eine künftige Privatisierung des Fernzugverkehrs betrachtet wird. Ist die Bahn also erneut auf Privatisierungs- und Zerschlagungskurs?
Die fragwürdige Ausgründung einer neuen AG für das Schienennetz
Das Bündnis „Bahn für alle“ ist aktuell besorgt über eine mögliche Abkehr von der gemeinwohlorientierten Schienendienstleistung: „Zum Jahreswechsel werden die DB Netz und die DB Station & Service zu einer neuen Aktiengesellschaft DB Infra-GO AG zusammengefasst. Die DB InfraGO AG wird sich in Zukunft um das Schienennetz in Deutschland kümmern. Etwaige Gewinne fließen zurück in den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur, verspricht die Bundesregierung. So komme endlich mehr Verkehr von der Autobahn auf die Schiene. Ein Schritt in Richtung verkehrspolitische Vernunft?“
„Keineswegs“, findet Carl Waßmuth vom Bündnis Bahn für alle (zitiert in einem Dossier in Labournet Germany vom 17. Oktober 2023): „Die Infrastruktur ist im schlimmen Zustand. Aber Bahnsysteme auf der ganzen Welt funktionieren am besten, wenn Züge und Schienen aus einer Hand betrieben werden. Solche integrierten Systeme gibt es in der Schweiz, in Österreich, eigentlich überall da, wo der Schienenverkehr gut funktioniert. Dass der FDP-Verkehrsminister Volker Wissing an der integrierten Bahn sägt, lässt bei uns alle Alarmglocken schrillen. Wir befürchten, dass die Netz-Infrastruktur nach und nach aus dem Verbund herausgelöst wird, um die DB Fernverkehr und DB Regio für eine Privatisierung aufzuhübschen und zu verkaufen. Das wäre nach der Aufspaltung ohne weiteres möglich. Ein Beschluss im Aufsichtsrat genügt, nicht einmal ein neues Gesetz wäre nötig. Dabei bringt die Reform keinerlei Vorteile. Die DB wird aufgespalten und abermals neue Posten geschaffen, obwohl die Managementkosten bereits jetzt erheblich sind“.
„Rettet die Bahn“: Gemeinnützige Bahn mit Europa-Tarif als Ziel
Anstelle der Privatisierungsphantasien fordert das Bündnis die Beantragung der Gemeinnützigkeit der ganzen DB AG beim Finanzamt. Dazu wird eine Kampagne „Rettet die Bahn“ gestartet mit dem Ziel einer dauerhaften und unkomplizierten Fortsetzung des Deutschlandtickets über die Grenzen der Tarifverbünde hinweg bis hin zur Schaffung einer länderübergreifenden Eisenbahn für ganz Europa. Für solche Zukunftspläne sollte das Bahnmanagement seine Ressourcen einsetzen statt weiter den Privatisierungsplänen nachzugehen, mit bereits dreimal gescheitertem Anlauf für einen Börsengang.
Nicht die Gewinnerzielung zugunsten von Dividenden für Aktionäre sollten das verlockende Ziel des derzeitigen Staatskonzerns sein, sondern ausschließlich die Mobilitätsinteressen der Fahrgäste als ein Kernanliegen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Interesse des Gemeinwohls. Wie aber konnte es überhaupt zur Abkehr vom diesem naheliegenden Daseinszweck einer staatlichen Eisenbahngesellschaft kommen? Der neoliberale Zeitgeist hatte über Jahrzehnte auch die verantwortlichen Politiker und Manager des staatlichen Bahnkonzerns auf Irrwege und Abwege gebracht, anders als in anderen europäischen Ländern, die sich einer funktionierenden Bahn erfreuen.
Andere Länder haben Bahnprivatisierungen längst rückgängig gemacht
Andere Länder, von denen Deutschland viel lernen kann, haben das längst erkannt. Weder in England, noch in den USA und Neuseeland oder Argentinien hat die Bahnprivatisierung funktioniert, sondern ist dort rückgängig gemacht worden. Auch in Schweden ist die Teilprivatisierung gescheitert, nachdem die Privatunternehmen hohe staatliche Zuschüsse kassiert hatten. Und die „kapitalistische“ Schweiz hatte bereits 1898 die fünf größten gewinnorientierten Privatbahn-Unternehmen mit Erfolg verstaatlicht.
Ihre heutige Schweizer Bundesbahn (Staatsbahn als öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft in alleinigem Eigentum der Schweizer Eidgenossenschaft) ist geradezu vorbildlich mit dem dichtesten Eisenbahnnetz der Welt, günstigen Fahrpreisen und Vorbild an Pünktlichkeit, Sauberkeit, Sicherheit und Kundenservice. Deren Bahnsprecher verspottete die Deutsche Bahn AG und die Schweiz gewährt ihr wegen Verspätungen keine Überfahrt mehr an der Grenze. Als sich einer ihrer tüchtigen Manager um einen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn AG bewarb, kam er nicht in die engere Wahl. (Die erfolglose Laienschar im parteipolitisch besetzten Bahnvorstand wollte lieber unter sich bleiben statt das Schweizer Erfolgsmodell anzuwenden…)
Bahn hat vorrangig die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu befriedigen
Für die Privatisierungspläne in Deutschland wurde also in sechsstelliger Größenordnung Personal abgebaut und halbiert, das heute dringend fehlt und händeringend gesucht wird. Trotz ständiger Fahrpreiserhöhungen und Rationalisierungen sank der Konzernumsatz um 3 Mrd. €, obwohl er doch „Gewinne erwirtschaften“ sollte, um so zu tun, als wäre er bereits börsengehandelt. Es kann aber überhaupt nicht Ziel und Selbstzweck des öffentlichen Schienenpersonenverkehrs mit „Gewinnorientierung“ sein oder „privaten Wettbewerb“ auf der Schiene durch marktorientierte private Bahnbetreiber anzustreben. Die öffentliche Daseinsvorsorge gehört in öffentliche oder gemeinnützige Hand.
Es kann nicht darum gehen, durch rigorose Einsparungen oder Kostenverlagerungen die Profite und Rendite-Erwartungen von Privatinvestoren in Höhe von 3% bis 4% zu befriedigen, sondern die Mobilitäts- und Transportbedürfnisse der Menschen zu erfüllen, die über ihre Steuerzahlungen die komplette Bahninfrastruktur finanziert haben und die ihnen deshalb gemeinschaftlich gehört. Denn ein bezahlbares und funktionierendes Angebot für die Personenbeförderung mit flächendeckendem Zugang liegt nicht nur im öffentlichen Interesse der Allgemeinheit, sondern ist obendrein eine der Voraussetzungen für die Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte. Doch das ist weiterhin nicht im Bewusstsein der Verantwortlichen, die im Missmanagement munter weiter machen.
„Salamitaktik“ zugunsten privater Gewinnerzielung?
Weiter heißt es bei den Kritikern der Ausgründung: „In Wirklichkeit wird eine „bad bank“ geschaffen: eine staatliche Gesellschaft, in die Schulden und Kosten abgeschoben werden können, damit die Verkehrsgesellschaften, die diese Infrastruktur nutzen, hübsch aussehen und verkauft werden können. Anders gesagt, in einen Teil der Bahn steckt der Staat Geld, damit Private mit dem anderen Teil Gewinne erwirtschaften können. (…) Solche großen organisatorischen Umbauten werden selten in einem Schlag durchgeführt, das kommt scheibchenweise. Die erste Salamischeibe ist die Schaffung einer Gesellschaft mit neuem Namen, möglicherweise auch als GmbH, nicht als AG. Im nächsten Schritt könnte der staatliche Einfluss mit einem Handstreich gekappt werden.“
Wir erfahren von den Kritikern auch die Hintergründe: „Die jetzige Struktur der InfraGo, soweit sie bekannt ist, geht auf einen Kompromiss zurück, der der Zusammensetzung der Bundesregierung geschuldet ist: FDP und Grüne wollen die integrierte Bahn schneller auflösen und schneller privatisieren. Die SPD bremst das etwas ab, denn sie ist enger mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verbunden, die bei einer radikalen Aufspaltung des Konzerns um die Arbeitsplätze ihrer Mitglieder und um ihren Einfluss fürchtet. Es gibt aber noch einen weiteren schwerwiegenden Grund, bei der Zerschlagung der Bahn langsam vorzugehen: Die DB AG hat etwa 35 Milliarden Schulden“.
Die Kosten und das Risiko trägt wieder der Steuerzahler
Fazit: „Letztlich trägt der Steuerzahler die Kosten, wenn etwas schiefgeht. Die Bilanz der Privatisierung im Regionalverkehr ist desaströs: Es gibt zersplitterte Tarife, Insolvenzen wie die der Abellio Rail, es gibt Regionen, in denen monatelang nichts fährt, weil die Gesellschaften keine Lokführer finden oder die Wagen fehlen.“ Es ist zu befürchten, dass diese Konkurrenz unter den Gewerkschaften sich auch auf die gesellschaftspolitische Ebene auswirkt: „Wenn die EVG eine Aufspaltung der Bahn ablehnt, denkt vielleicht die GDL-Spitze, sie muss die Zerschlagung dann befürworten…“
Und hier schließt sich der Kreis zur aktuellen Streikfront, bei der es nicht nur um die tarifliche Konkurrenz der Bahngewerkschaften geht, sondern um die fundamentale Auseinandersetzung um den richtigen Zukunftsweg der Bahn AG generell. Das erklärt vielleicht die teils heftigen Angriffe auf den scheidenden Gewerkschaftsboss der Lokführergewerkschaft auch in den regierungsnahen Medien? Wer vertritt die wirklichen Interessen nicht nur der Beschäftigten, sondern auch der Fahrgäste und Steuerzahler vor dem Hintergrund der ambivalenten Haltung der politisch verantwortlichen in Berlin und im Verkehrsministerium? Auf jeden Fall muss jetzt Schluss sein mit dem Personal- und Parteiengeklüngel der Privatisierungs- und Börsenanhänger, die sogar die Zerschlagung der Bahn ideologisch in Kauf nehmen, statt endlich für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen. Andere Länder haben das hinbekommen, warum wir nicht?.
Wilhelm Neurohr, 20. November 2023
www.Wilhelm-Neurohr.de
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Zusatz-Information:
- Aktion zur Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn: Keine halben Sachen machen. Die ganze Bahn muss gemeinnützig werden: Infra-NoGo
„Berlin, 27. September 2023: Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion vor dem Bahntower am Berliner Potsdamer Platz machte sich das Bündnis Bahn für Alle am Vormittag gegen die von der Ampelkoalition geplante Aufspaltung der Deutschen Bahn stark. Anlass ist der akut drohende Aufsichtsratsbeschluss der Deutschen Bahn AG zur Gründung einer InfraGo AG, die zum 1. Januar 2024 ihre Arbeit aufnehmen soll.
Die Aktiven hielten symbolisch rote und grüne Bahnkellen in die Luft. Die roten Kellen waren beschriftet mit: „Züge ohne Schienen?!! Nicht mit uns“, „Schienen ohne Züge?!! Nicht mit uns“, „‘InfraGo’: Stoppt die Zerschlagung der Bahn! “. Grüne Kellen gab es für: „Die ganze Bahn gemeinnützig!“.
Carl Waßmuth, Sprecher von Bahn für Alle, zu den Forderungen: „Hier wird heute über eine Umstrukturierung der Bahn beraten. Wir fürchten eine Aufspaltung. Schienen und Züge funktionieren aber nur zusammen. Der Aufsichtsrat sollte die Bahn stärken, nicht schwächen. Am besten durch die Selbstverpflichtung, künftig gemeinnützig zu agieren.“
Bundesverkehrsminister Volker Wissing möchte die Deutsche Bahn aufspalten. Wenn DB Netz und DB Station&Service in einer separaten Gesellschaft, der „InfraGo“, zusammengefasst werden, ermöglicht das im zweiten Schritt die Ausgliederung der Infrastruktur aus dem Bahnkonzern. Das Bundesverkehrsministerium wirbt damit, dass die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn künftig „gemeinwohlorientiert“ sein solle. Der Begriff wird jedoch in keiner Weise hinterlegt. Er verschleiert nur die Kehrseite: FDP, Grüne, CDU/CSU und die Privatbahnen scharren schon lange mit den Hufen. Sie wollen, dass der Bahnbetrieb noch stärker als bisher dem Wettbewerb unterworfen wird. Es droht eine weitreichende Privatisierung des Bahnbetriebs.
Im Regionalverkehr ist der „Wettbewerb auf der Schiene“ bereits Alltag – und gescheitert. Aufwendige Ausschreibungsverfahren erzeugen Bürokratie und Mehrkosten. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten wurden massiv verschlechtert, der Fachkräftemangel verschärft. Das Wagenmaterial ist „auf Kante genäht“. Mehr Wettbewerb führt zu Rosinenpickerei auf den attraktiven Strecken, aber nicht unbedingt zu mehr Angeboten, schon gar nicht in der Fläche…“ Pressemitteilung vom 26.9.2023 beim Bündnis „Bahn für Alle“ und zum Hintergrund:
o Unterschriftensammlung an den Bundesverkehrsminister : „Keine halben Sachen – die ganze Bahn muss gemeinnützig werden!“
o Sonderzeitung vom Juni 2023 : „Endlich gemeinnützig. So macht Bahnfahren Spaß“
o Studie vom Juni 2022 : Die Bahn in Deutschland: Trennung von Netz und Betrieb zu Lasten von Klima, Fahrgästen und Beschäftigten?
o Themenseite „Privatisierung“ beim Bündnis „Bahn für Alle“
Der Beitrag erschien auf https://www.lokalkompass.de/und wird mit freundlicher Genehmigung des Autors hier gespiegelt. Bild: W. Neurohr