Als die ersten Anwerbeverträge mit den „Gastarbeitern“ Anfang der 1960er Jahre geschlossen wurden, haben die Gewerkschaften dem nur zugestimmt, wenn die ausländischen den deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt sind. Diese Voraussetzung hat mit dazu beigetragen, dass über Jahrzehnte der Betrieb der einzige Bereich war, in dem Ausländer und Deutsche zusammen auf gleicher Augenhöhe arbeiten und leben konnten. Auch hatten die ausländischen Kolleginnen und Kollegen in den betrieblichen und gewerkschaftlichen Gremien das aktive und passive Wahlrecht.
Zeitgleich mit den Anwerbeverträgen wurde dann auch die „Soziale Betreuung“ der Arbeitnehmer geregelt und zwar so: Die katholischen „Gastarbeiter und ihre Familien“ aus Portugal, Spanien, Italien und Kroatien wurden durch den Caritasverband, die muslimischen aus der Türkei, Jugoslawien, Tunesien und Marokko durch die Arbeiterwohlfahrt und die orthodoxen aus Griechenland durch die Diakonie betreut. Finanziert wurde die soziale Arbeit durch das Bundesarbeitsministerium. In den 1990er Jahren war diese starre Zuständigkeit nicht mehr einzuhalten. Die Kirchen hatten ihre festen Plätze um die Fördertöpfe eingenommen. Um den Einfluss weiter auszubauen, ein bisschen zu missionieren und die muslimische vielfältige und vielschichtige Community möglichst versplittert zu halten, wurde der „interreligiöse Dialog“ erfunden. Nur rund 3.000 der ca. 45.000 Dortmunder Muslime meinen von sich, sie seien religiös. Doch werden alle von den Kirchen auf ihre Religion reduziert. Man führt diesen Dialog, um
– die eigenen Fleischtöpfe zur bewahren
– die eigene gesellschaftliche Position zu festigen
– der Mehrheitsgesellschaft die Gleichung und einfache Botschaft zu vermitteln: Islam = Problem, Christentum = kein Problem
und
– die Organisationen der Schwesterreligion zu verändern. Wer hat den Kirchen eigentlich das Mandat für die Führung von Dialogen erteilt? Damit sich nichts ändert, soll sich der Islam der christlichen Kirchenverfassung angleichen. Die lieb gewordenen Kirchenprivilegien würden unglaubwürdig, wenn sie nicht irgendwann auch den Muslimen gewährt werden.
Was eigentlich eine Frage von Erziehung und Bildung, von Frauenrolle, Kindesentwicklung und der Kultur ist, wird von beiden Seiten im Verbund mit den Medien auf eine religiöse Fragestellung reduziert.
So kann die eigene Konfession als die fortschrittliche, dem westlichen Lebensstil angemessene Weltanschauung präsentiert werden.
Zwei Tipps dazu:
1. Die Kolleginnen und Kolleg werden Gewerkschaftsmitglieder.
2. Die Muslime denken über Gründung eines Wohlfahrtsverbandes nach.
Das wäre doch schon mal was, oder?
erschienen im Info-Brief März 2012