Bei Opel, Continental, Signal Iduna, Vodafone, Karstadt und Hoesch Spundwand werden massiv Arbeitsplätze wegfallen – der Dortmunder Arbeitsmarkt kann das nicht auffangen

imagesCA8CVWPFAlle Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2015 wurden in den vergangenen Wochen mächtig nach unten korrigiert. Die rigorose Sparpolitik der Bundesregierung und die Entwicklung der Löhne verhindert eine notwendige Binnennachfrage, die nach den Einbrüchen bei den Exporten einen wirtschaftlichen Ausgleich schaffen könnte.

Die Unternehmen schielen weiter nach den günstigeren Produktionsstandorten im Ausland und schließen hier ganze Produktionsstätten.

Zum Ende des Jahres 2014 will das Opel-Werk in Bochum die noch verbliebenen 3.300 Arbeitsplätze abbauen. 500 Dortmunder Opelaner sind betroffen. Es ist völlig offen, wie es für sie weitergeht. Auf einen neuen Job in ihrer Stadt sollten sie lieber nicht spekulieren. Eine Umfrage der Arbeitsagentur Dortmund unter knapp 200 Dortmunder Unternehmen lieferte ein niederschmetterndes Ergebnis: Kein einziges Unternehmen bot ihnen eine Stelle an.

Der Automobilzulieferer Continental Automotive will seine Produktion von Dortmund nach Rumänien verlagern. Nach Angaben des „Solidaritätskreises Continental“ werden insgesamt 340 Arbeitsplätze in Dortmund bis Ende 2015 wegfallen.

Massiver Stellenabbau bei der Signal Iduna: Das Unternehmen, das doch den Vorreiter beim Strukturwandel in Dortmund – hin zur Dienstleistungsstadt – übernehmen sollte, will bis 2018 insgesamt 1.400 Arbeitsplätze abbauen.

Bereits im März diesen Jahres informierte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft ( EVG) darüber, dass Vodafone wegen Kosteneinsparungen den Mietvertrag am Standort Dortmund nicht verlängern will und möglicherweise die Niederlassung Dortmund aufgegeben wird. Es ist nach wie vor völlig unklar, wo und in welcher Größenordnung die Arbeitsplätze der betroffenen Beschäftigten erhalten werden sollen.

Rund 400 Karstadt-Beschäftigte in Dortmund und auch der Betriebsratsvorsitzende Gerhard Löpke mussten im Sommer wieder mal aus dem Radio erfahren, dass ihre Arbeitsplätze gefährdet sind. Der Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl hatte schmerzhafte Einschnitte angekündigt. Sicher ist, dass Filialen geschlossen werden. Die Stadt Dortmund ist alarmiert und sagt, dass ein Rückzug von Karstadt aus der Innenstadt ein herber Rückschlag wäre. Wenn das Weihnachtsgeschäft gelaufen ist, wird man erst näheres erfahren können.

Bei der Hoesch Spundwand (HSP) wird derzeit wieder von den Verkaufsabsichten der Salzgitter AG gesprochen. Der Betriebsrat sieht bei einem Verkauf über 500 Arbeitsplätze in Gefahr, davon sind auch 26 Ausbildungsplatze betroffen.

Der seit Jahrzehnten extrem angespannte Arbeitsmarkt in Dortmund wird diesen Arbeitsplatzverlust bei weitem nicht aufnehmen können.

Opel:

Mitte der 1990er Jahr beschloss die polnische Regierung der NATO beizutreten. Dies war das Signal für den US-amerikanischen Rüstungskonzern General Motors (GM), in der polnischen Stadt Gliwice das modernste Opel-Werk, mit Produktionssystemen auf dem neuesten Stand der Technik einzurichten. Das hatte natürlich großen Einfluss auf Opel in seinem Stammland Deutschland und trug wesentlich zur Krise bei Opel bei.

Seit nun mehr über 10 Jahren steht die Schließung des Bochumer Opelwerks zur Diskussion. Hier wurde auch das weltweite Ausspielen der verschiedenen Produktionsstandorte gegeneinander von GM, dem Mutterkonzern von Opel, besonders gründlich gespielt.

Zum Ende des Jahres 2014 will das Opel-Werk in Bochum die noch verbliebenen 3.300 Arbeitsplätze abbauen. Rund 2.500 der insgesamt 3.300 Mitarbeiter werden wohl in eine Transfergesellschaft wechseln. Für etwa 700 Menschen gibt es weiter Arbeit in Bochum, da das europaweite Opel-Ersatzteilzentrum um 265 Stellen aufgestockt wird.

Rund 500 Opelbeschäftigte aus Dortmund werden sich wohl arbeitslos melden müssen.

Eine neue Beschäftigung in Dortmund zu bekommen, ist ziemlich aussichtslos. Die Resonanz der heimischen Firmen auf eine erste Anschreibeaktion der Agentur für Arbeit Dortmund im Mai dieses Jahres war dürftig. Von den knapp 200 angeschriebenen Unternehmen aus dem Bereich Lager/Logistik, sowie Metall und Elektro, gab es nur vereinzelte Rückmeldungen. Eine konkrete Stellenmeldung ergab sich nicht; Dortmunder Firmen haben definitiv kein Interesse an den Opelanern. Angeblich sind sie nicht genügend qualifiziert. Aber das scheint nur vorgeschoben, denn fast alle Opelaner haben eine abgeschlossene Berufsausbildung

Continental

Der Dortmunder Automobilzulieferer Continental Automotive will seine Produktion von Dortmund nach Rumänien verlagern. Nach Angaben des „Solidaritätskreises Continental“ werden insgesamt 340 feste Arbeitsplätze in Dortmund bis Ende 2015 wegfallen.

Auch diese Entwicklung ist nicht plötzlich hereingebrochen. Bereits 2008 gab es Konflikte um den Bereich Sensorik im früheren Siemens- und jetzigen Conti-VDO-Werk in Dortmund.

Massiver Widerstand der Beschäftigten, Protestkundgebungen und Arbeitsniederlegungen verhinderten damals die Verlagerung nach Osteuropa. Zunächst.

Die erste Entlassungswelle ist nun angelaufen. Nicht alle der betroffenen 65 Mitarbeiter wollten sich mit ihrer Entlassung abfinden. 5 Beschäftigte, die den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben wollten, gingen vor das Arbeitsgericht. Sie konnten nicht nachvollziehen, dass sie entlassen werden sollen, während gleichzeitig neue befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden und dass entgegen den Behauptungen, dass wohl genügend Arbeit im Werk Dortmund vorhanden ist

Der Name Continental ist in den vergangenen Jahren eng mit dem Namen Schaeffler verbunden gewesen. Schaeffler, eine der reichsten Familien in Deutschland, hatte sich an der weltweiten Zockerei beteiligt und unter dem Decknamen „Paul kauft Emma“ mit einer feindlichen Übernahme des viel größeren Konzerns Continental übernommen und sich verhoben. Mit dem Ergebnis, dass rund 12 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten auf Continental lasteten. Schaeffler und Conti waren mit insgesamt 22 Mrd. EUR verschuldet.

Damals gingen fast 8.000 Menschen auf die Straße und forderten, dass der Staat den angeschlagenen Konzern retten sollte.

Sie merkten damals aber nicht, dass sie als Belegschaft nun doppelt bluten sollten: Zum einen soll sie die Lasten des Produktionseinbruchs in der Autoindustrie und zum anderen die Kosten der milliardenschweren Verschuldung tragen. 20.000 der 31.000 in Deutschland Beschäftigten wurden in die Kurzarbeit geschickt und ihre Löhne eingefroren. Die Staatshilfen kamen dann auch. Sie waren aber an Bedingungen geknüpft, die vom Betriebsrat und der Gewerkschaft (BCE) schnell abgenickt wurden: Das Unternehmen sollte auf Kosten der Belegschaft saniert werden. Konkret sollte durch Kurzarbeit, Sparmaßnahmen, Lohnsenkungen und Entlassungen dafür gesorgt werden, dass die Banken ihr Geld zurückbekommen und das Milliarden-Vermögen der Schaeffler-Familie auch in der Familie bleibt.

Die Auswirkungen dieses Sanierungsmodells bekommen heute die Beschäftigten in Dortmund zu spüren.

Signal Iduna

Der Dortmunder Versicherer plant laut der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bis zum Jahr 2017 seine Kosten um 100 Millionen Euro jährlich zu senken. ver.di hat seit langem Erfahrungen mit ähnlichen Maßnahmen in der Versicherungsbranche und kann behaupten, dass der Abbau mehrerer hundert Stellen zu erwarten sei. Andere sprechen davon, dass das Unternehmen, das doch den Vorreiter beim Strukturwandel in Dortmund – hin zur Dienstleistungsstadt – übernehmen sollte, bis 2018 voraussichtlich insgesamt 1.400 Arbeitsplätze abbauen wird.

Wie immer bei solchen Sparmaßnahmen, die den Profit steigern oder erhalten sollten, gibt es die sprachlich eigenartigen und blumigen Programmnamen. Der Signal Iduna in Dortmund wurde von einer Unternehmensberatung empfohlen, doch ein „Konzerneffizienzsteigerungsprogramm“, das Einsparpotentiale aufzeigen soll, aufzulegen.

Der Vorstand von Signal Iduna ließ verlauten, man müsse auf einen weithin gesättigten Markt und steigenden Preisdruck, etwa aufgrund des Internetvertriebs, reagieren. Dem entgegenwirken will man mit Stellenstreichungen, so wie es die Konkurrenz, die „Ergo, Axa und Provinzial Nordwest“ schon vorgemacht haben.

Zurzeit beschäftigt die Signal Iduna rund 3.500 Angestellte in Hamburg, 2.500 in Dortmund und zusätzlich rund 4.000 freiberufliche Handelsvertreter.

Es ist aber nicht das erste Mal, dass die rund 12.800 Mitarbeiter der Versicherungsgruppe Einsparungen ertragen müssen. Die Fusion mit der „Deutschen Ring Krankenversicherung“ kostete ca. 900 Stellen.

Vodafone

Bei den Auskünften über ihr Vorhaben hat sich Vodafone in Dortmund bisher sehr zurück gehalten. Dank der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) konnte man doch noch etwas über die Kosteneinsparung bei Vodafone erfahren.

Im März dieses Jahres informierte die EVG darüber, dass Vodafone wegen Einsparungen den Mietvertrag am Standort Dortmund nicht verlängern will und möglicherweise der Betrieb aufgegeben wird. Es ist nach wie vor völlig unklar, wo und in welcher Größenordnung die Arbeitsplätze erhalten werden sollen.

Der Betriebsrat von Vodafone in Dortmund geht allerdings davon aus, dass die Beschäftigten über verschiedene Standorte von Vodafone verteilt werden und die ersten Umzugsmaßnahmen jetzt im Herbst anlaufen sollen. Allerdings wurde bisher mit dem Betriebsrat weder ein Interessenausgleich noch ein Sozialplan verhandelt. Eine notwendige gesamtwirtschaftliche Betrachtung fehlt ebenso.

Wie so oft, wurden die Beschäftigten in Dortmund im Unklaren gelassen.

Anfang Oktober wurde den IT-Beschäftigten das Management – Projekt „Pune“ vorgestellt, wieder einmal ein klangvoller Name. Konkret bedeutet das Projekt „Pune“ aber, dass bis auf wenige Einheiten, die IT nach Indien verlagert wird.

Pune hieß früher Poonah. Genau das Poonah an das sich die Hippies von früher gern erinnern, das Poonah, wo der Bhagwan Shree Rajneesh, ab 1974 seinen Ashram betrieb.

Welche Arbeitsplätze konkret wegfallen sollen, wurde den Beschäftigten nicht mitgeteilt. Sie werden mal wieder zuletzt informiert.

Karstadt

Rund 400 Karstadt-Beschäftigte in Dortmund und auch der Betriebsratsvorsitzende Gerhard Löpke mussten im Sommer aus dem Radio erfahren, dass ihre Arbeitsplätze gefährdet sind. Der Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl hatte schmerzhafte Einschnitte angekündigt.

Sicher ist, dass Filialen geschlossen werden. Die Stadt Dortmund ist alarmiert und sagt, dass ein Rückzug von Karstadt aus der Innenstadt ein herber Rückschlag wäre. Wenn das Weihnachtsgeschäft gelaufen ist, wird man Näheres erfahren können.

Seit Jahren kommen die Beschäftigten bei Karstadt nicht zur Ruhe.

Nach der Insolvenz 2009 wurden wieder einmal erhebliche Zugeständnisse gemacht. In dem Sanierungstarifvertrag verzichteten die Beschäftigten zur Rettung des Unternehmens auf rund 150 Millionen Euro bis Ende 2012.

Im Mai 2013 stieg Karstadt aus der Tarifbindung aus und wechselte in die regionalen Arbeitgeberverbände ohne Tarifbindung. Man wollte eine „Tarifpause“ einlegen. Für die Mitarbeiter hieß das, dass die Gehaltserhöhungen bis 2015, die durch Tarifverträge vereinbart werden, entfielen.

Der früher als Retter gefeierte Nicolas Berggruen gab dann im August 2014 auf. Die österreichische Signa-Gruppe des Immobilien-Investors René Benko übernahm die Karstadt Warenhaus GmbH und damit auch die Karstadt-Filialen.

Wieder jammern alle Beteiligte herum, dass ein „klares Konzept“ fehlt und vergessen dabei, dass das Konzept ganz klar ist und war: möglichst viel Geld in möglichst kurzer Zeit aus Karstadt heraus zu holen.

Mehr zu Karstadt:https://gewerkschaftsforum.de/der-karstadt-trubel-trouble-mit-ehrbaren-kaufleuten/#more-842

Hoesch Spundwand und Profil GmbH

Bei der Hoesch Spundwand und Profil (HSP) wird derzeit wieder von den drohenden Verkaufsabsichten der Salzgitter AG gesprochen. Der Betriebsrat sieht bei einem Verkauf über 500 Arbeitsplätze in Gefahr, davon sind 26 Ausbildungsplätze betroffen. Außerdem auch rund 100 Beschäftigte, die auf der Basis von Werkverträgen oder als Leiharbeiter bei HSP tätig sind. Hinzu kommen auch noch die Auswirkungen für die Logistik- und Zulieferfirmen.

Auch bei HSP ist der Kampf um die Arbeitsplätze nichts Neues. Schon 1999 und 2006 kämpften die Beschäftigen gegen den Verkauf ihres Betriebes an sogenannte Finanzinvestoren und konnten ihn auch zweimal verhindern.

Die Belegschaft hat Mitte Oktober der Salzgitter AG ihren Forderungskatalog vorgelegt, u.a. geht es um die Standortgarantie, den Erhalt der Arbeits- und Ausbildungsplätze, dass ein möglicher Käufer nicht ein Konkurrent oder Finanzinvestor sein darf und die Übernahme der bestehenden Tarifverträge und Vereinbarungen.

Ob die Beschäftigten auch ein drittes Mal den Verkauf abwenden können, bleibt abzuwarten

Der seit Jahrzehnten extrem angespannte Arbeitsmarkt in Dortmund wird diesen Arbeitsplatzverlust überhaupt nicht aufnehmen können. Siehe: https://gewerkschaftsforum.de/arbeitsmarkt-und-beschaeftigung-in-dortmund/

Auch NRW Arbeitsminister Guntram Schneider scheint zu befürchten, dass es im nächsten Jahr auf dem Arbeitsmarkt ernst wird. Dies zeigt sein Vorstoß über den Bundesrat, die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitergeld, ähnlich wie in der großen Krise 2008, von 6 auf bis zu 24 Monate heraufzusetzen.

Für die Bezieher von Kurzarbeitergeld bedeutet dies aber einen konkreten Einkommensverlust. Das Kurzarbeitergeld beträgt als allgemeiner Leistungssatz 60 Prozent des monatlichen Nettolohns. Für die Zeit des Bezugs werden auch nur rund 80 Prozent der früheren Sozialversicherungsbeiträge (für die Renten- Kranken- und Pflegeversicherung) eingezahlt. Die späteren Leistungen werden dann entsprechend geringer ausfallen

Die Beschäftigten sind so oder so gekniffen.

In Boom Zeiten mussten sie sich mit Lohnforderungen zurückhalten, um das wirtschaftliche Wachstum und damit die hohen Margen der Unternehmen nicht zu gefährden und in Krisenzeiten werden sie aus ihren eigenen Sozialversicherungsbeiträgen von der Agentur für Arbeit alimentiert.

Quellen: WAZ, ver.di, IGM, Agentur für Arbeit

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