Alle Beiträge von LN-Redaktion

Leere Versprechen der Konzerne – Ausbeutung in Bangladesch

Von Daniela Gschweng 

Textilarbeiterinnen in Dhaka werden nach wie vor ausgebeutet. Das Schicksal des Mädchens Shimu ist eines von vielen.

Eine Frau schlendert durch eine sommerliche Fussgängerzone, begutachtet und kauft eines der dünnen T-Shirts, die auf Ständern vor den Läden hängen. Eine Szene, die es auf europäischen Einkaufsstrassen jeden Tag dutzendfach gibt. «Keine Wahnsinnsqualität, aber den Sommer über wird es schon halten», denkt die Käuferin vielleicht. Das Etikett, auf dem «Made in Bangladesh» steht, nimmt sie kaum zur Kenntnis. Für sie ist es nicht wichtig.

Für Shimu schon. Bangladeschs Hauptstadt Dhaka ist ihr Zuhause. 2013 schaute sie in die Kamera des Journalisten und Filmemachers Manfred Karremann, der eine Reportage über Bangladesch für das ZDF drehte. Shimu war jung und wollte Ärztin werden, obwohl sie im Gerberviertel Hazaribagh von Dhaka lebt. Im Fluss wohne etwas Böses, fand sie damals. Er ist schwarz und voll von Müll, zeigt der Film. Ins Wasser flossen sowohl Fäkalien wie giftige Chemikalien aus der Gerberei. Hazaribagh war und ist einer der giftigsten Orte der Welt. Leere Versprechen der Konzerne – Ausbeutung in Bangladesch weiterlesen

EU-Asylpolitik

Warum sterben an Europas Außengrenzen Tausende Flüchtlinge? Wie versucht die EU, Flüchtlinge von Europa fernzuhalten? Worüber streiten sich die EU-Staaten auf ihren zahllosen Flüchtlingsgipfeln? Warum werden an Europas Binnengrenzen wieder Stacheldrahtzäune hochgezogen? Ein Überblick über die zentralen Themen der Europäischen Flüchtlingspolitik.

Der folgende Überblick gibt eine grobe Einführung in die zentralen Themen dieses umfangreichen Bereichs. Aktuelle Informationen, Hintergründe und weiterführende Informationen finden Sie in den hier im folgenden verlinkten Themen-Seiten. EU-Asylpolitik weiterlesen

VKG: Kampf um Arbeitszeitverkürzung wieder aufnehmen

Der Kampf um Arbeits- und damit auch um Lebenszeit hat wieder Fahrt aufgenommen. Die IG Metall hat die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich als Ziel für die anstehende Tarifrunde Ende des Jahres in der Stahlindustrie ausgegeben und so eine Debatte über Arbeitszeitreduzierung weit über die Branche hinaus angestoßen. Das ist gut so.

Doch um was geht es konkret? Um einen Tag weniger arbeiten, also statt 35 nur noch 28 Stunden? Weit gefehlt. Der IG Metall schwebt die Senkung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden vor, also gerade mal eine Absenkung um 3 Stunden, nicht um 7 Stunden. Verbunden ist die Viertagewoche mit einer Verlängerung des Arbeitstages von 7 auf 8 Stunden. VKG: Kampf um Arbeitszeitverkürzung wieder aufnehmen weiterlesen

Pleiten als Konjunkturbarometer?

Derzeit geistert die Warnung vor einer „De-Industrialisierung“ Deutschlands durch den Blätterwald. Begleitet wird das Ganze von der Warnung vor der Überregulierung und zu teuren Transformation beim Klima- und Umweltschutz. Auch weil von Januar bis März 2023 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent und damit bereits das zweite Quartal in Folge gesunken ist, soll Deutschlands Volkswirtschaft in einer sogenannten technischen Rezession stecken.

Trotz der immensen Unternehmensgewinne wird mokiert, dass angesichts der wirtschaftlichen Flaute, hohen Energiekosten und steigenden Zinsen viele Firmen die Kostenbelastungen nicht mehr stemmen könnten und in die Pleite rutschen. Schon wird vor einer „Kreditklemme“ gewarnt. Dabei werden immer wieder die Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) genutzt, um  die steigenden Zahlen der Insolvenzverfahren als Gradmesser für die Hitze der Wirtschaftskrise heran zu ziehen.

Ob das eine redliche Betrachtungsweise ist, dürfte fraglich sein. Pleiten als Konjunkturbarometer? weiterlesen

Der deutsch-sowjetische Krieg (Teil I + II)

Von Eric Angerer

Teil I

Der Überfall der Nazis auf die Sowjetunion führte zum bisher verheerendsten Krieg der Menschheitsgeschichte — das Wissen über seine verschiedenen Aspekte hat gerade heute eine immens politische Bedeutung.

Vor 82 Jahren begann der deutsch-sowjetische Krieg. Er dauerte fast vier Jahre und kostete etwa 26 Millionen Sowjetbürger das Leben. Neben militärischen Aspekten spielten in diesem unfassbar erbarmungslos und erbittert geführten Krieg auch Kolonialismus, Geopolitik und der Rassenwahn der Nazis wesentliche Rollen. Das Bewusstsein über diesen Krieg hat in Russland heute große Bedeutung für die kollektive Identität des Landes. Im Westen hingegen wurden bereits seit Beginn des Kalten Kriegs Realitäten verzerrt, zuletzt die alten antirussischen Stimmungen verstärkt. Ukrainische und baltische Nationalisten werden erneut für westliche Interessen instrumentalisiert, die angelsächsischen Mächte sind erneut Profiteure. Kenntnis über den schrecklichsten Krieg der Geschichte kann helfen, aktuelle kriegstreiberische Narrative zu untergraben.

Die geopolitische Lage Deutschlands war von jeher schwierig. Im Zentrum Europas gelegen wurde das Land stets in sämtliche Konflikte hineingezogen, konnte eine Nationalstaatsbildung erst spät stattfinden. Um in der Konkurrenz mit den dominanten „Seemächten“ Großbritannien und später den USA, die die Weltmeere kontrollieren, bestehen zu können, war eine Ausrichtung auf die eurasische Landmasse immer logisch.

Diese Ausrichtung konnte entweder die Form einer Kooperation oder Konfrontation mit Russland annehmen. Der deutsch-sowjetische Krieg (Teil I + II) weiterlesen

50 Jahre Migration und Arbeitskämpfe

Von Efsun Kızılay 

Derzeit werden die Arbeitsbedingungen in Großbetrieben intensiv diskutiert. Insbesondere jene Unternehmen, deren Belegschaft sich vor allem aus migrantischen Arbeiter*innen in prekären Arbeitsverhältnissen zusammensetzt, stehen im Fokus. Die schlechten Arbeitsbedingungen migrantischer Arbeitskräfte in Deutschland sind allerdings kein neues Phänomen, sondern haben eine lange Geschichte – ebenso wie die Kämpfe dagegen.

Schon früh begehrten die Arbeiter*innen gegen Arbeitsverhältnisse auf, die sie als ungerecht und unmenschlich empfanden, und forderten bessere Arbeits- und Lebensbedingungen sowie angemessene Löhne. Sie nahmen die Arbeitskämpfe selbst in die Hand, die sie oft unabhängig von den Betriebsräten als sogenannte wilde Streiks durchführten, verbunden mit Kämpfen gegen Rassismus und Ausschluss. Der folgende Beitrag konzentriert sich auf die migrantischen Arbeitskämpfe der 1970er Jahre und legt einen besonderen Schwerpunkt auf das Streikjahr 1973. 50 Jahre Migration und Arbeitskämpfe weiterlesen

„Die Zukunft der gewerkschaftlichen Arbeit liegt nicht nur im Betrieb, sondern insbesondere in der stadtteil-bezogenen-Arbeit“

Diese Kernaussage stammt von Oskar Negt aus seinem Buch „Arbeit und menschliche Würde“ und hat in der Vergangenheit viele Gewerkschaftsaktivisten vor Ort motiviert, in diesem Sinne tätig zu werden. Er schreibt: „Lebenszeit und Arbeit sind aufs engste miteinander verwoben. Dort, wo Arbeit nur Maloche und Peitsche ist, oder dort, wo eine Tätigkeit zum Workaholismus führt, braucht es genauso den Perspektivenwechsel, wie auch dort, wo lethargische Träumerei herrscht. Es ist die lebendige Arbeit, die im Machtgefüge von Kapital und Markt Lebenskraft und Phantasie beansprucht. Wir müssen ganz andere und reichhaltigere Formen der Arbeit entwickeln und fördern, in denen die Menschen sich in ihren Ansprüchen an Selbstverwirklichung wiedererkennen, weil sich ihre individuelle Tätigkeit gleichzeitig als selbstbewusste Arbeit für das Gemeinwohl verweist“.

In diesem Sinne sollte vor 15 Jahren im Gespräch mit dem neuen Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Idee einer Stadtteilgewerkschaftsarbeit, angesiedelt im Problemviertel der Stadt, schmackhaft gemacht werden. In der Hoffnung, dass neue Besen gut kehren, wurden ihm die groben Eckpunkte der Idee erläutert. „Die Zukunft der gewerkschaftlichen Arbeit liegt nicht nur im Betrieb, sondern insbesondere in der stadtteil-bezogenen-Arbeit“ weiterlesen

VKG: Gewerkschaftsvorstände und Kapital machen gemeinsame Sache

Die Beschäftigte zahlen für die Regierungspolitik und den Krisenkapitalismus dank tätiger Kumpanei der Gewerkschaftsapparate als Retter am Krankenbett des Kapitalismus. Gewerkschaftsvorstände segnen den Lohnraub und Reallohnverluste ab! Zur Rolle der Konzertierten Aktion.

Das Jahr 2022 startete relativ erfolgversprechend mit dem Hafenarbeiterstreik und einem nominal über der Inflationsrate liegendem Abschluss, obwohl die Tarifvertragsdauer angesichts anhaltend hoher Inflationsrate mit zwei Jahren bereits überlang war. Alle dann bis heute folgenden Tarifrunden schlossen noch schlechter ab, obwohl die Mitglieder alle kämpferischer als während der letzten Jahre waren. Viele aktive Gewerkschafter*innen begrüßen das. Es wird von einem neuen Aufschwung der Gewerkschaftsbewegung geredet: mehr Aktivismus, neue, vor allem junge Kolleg*innen wurden und werden aktiv. In einzelnen Bereichen gab es massive Neueintritte, ganz gegen den jahrelangen Trend des Niedergangs. Die schlechten Abschlüsse und das Vorgehen der Gewerkschaftsspitzen haben schon für viel Unmut gesorgt und drohen den möglichen Aufschwung zunichte zu machen. Deshalb ist es wichtig zu diskutieren und zu verstehen, wie und warum dies zustande kam. VKG: Gewerkschaftsvorstände und Kapital machen gemeinsame Sache weiterlesen

DEN FRIEDEN GEWINNEN, NICHT DEN KRIEG! Video-Dokumentation der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz am 23./24.06.2023 in Hanau

Im Einladungstext der Veranstalter IG Metall Hanau-Fulda und der Rosa-Luxemburg-Stiftung heißt es: “Aus der Geschichte wissen wir, Kriege drängen Gewerkschaften in Widerspruchskonstellationen.

Die deutschen Gewerkschaften stehen wieder einmal vor der Herausforderung, im Spannungsverhältnis von betrieblicher und institutioneller Interessenvertretung einerseits und sozialer Bewegung andererseits, ihre unverzichtbare Rolle als Friedensorganisation auszufüllen.

Im Rahmen einer gemeinsamen Konferenz der IG Metall Hanau-Fulda und der Rosa-Luxemburg-Stiftung wollen wir über aktuelle friedenspolitische Herausforderungen sprechen. Wir wollen dabei auch einen Beitrag zur innergewerkschaftlichen Diskussion leisten und mit ihm Einfluss auf die sich verändernden friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften nehmen.“ DEN FRIEDEN GEWINNEN, NICHT DEN KRIEG! Video-Dokumentation der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz am 23./24.06.2023 in Hanau weiterlesen

Mindestlohn steigt lediglich im Cent-Bereich – wenn er denn überhaupt gezahlt wird – ein Desaster für die Beschäftigten

Der gesetzliche Mindestlohn liegt seit dem vergangenen Jahr bei zwölf Euro pro Stunde. Nun soll er zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro steigen. Ein Jahr später ist eine weitere Erhöhung im selben Umfang auf 12,82 Euro vereinbart. Gemessen am bisherigen Mindestlohn entspricht das einer Anhebung um 6,8 Prozent, auf zwei Jahre verteilt.

Die Gewerkschaften sind darüber vorgeblich in Rage, wollten sie doch eine Anhebung des Mindestlohns auf 13,50 Euro durchsetzen. Inwieweit die Aufregung ehrlich ist, darf angesichts ihrer mageren Tarifabschlüsse in den Jahren 2022 und 2023, Absprachen mit Regierung und Unternehmerschaft in der konzertierten Aktion und der Zulassung von Sonderzahlungen als Tarifverhandlungsergebnisse fraglich bleiben.

Die EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne empfiehlt eine Höhe von 60 Prozent des Medianeinkommens – das wären in Deutschland 13,50 Euro. Um die Altersarmut zu verhindern, müsste der Mindestlohn nach Ansicht der Sozialverbände sogar noch höher liegen.

Laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) werden zwischen 750.000 und mehr als drei Millionen Beschäftigte um ihren Mindestlohn  betrogen. Die Spanne ist so breit, weil illegale Aktivitäten schwer zu erfassen sind. Hinzu kommt, dass seit Einführung des Mindestlohns die Zahl der Arbeitsplätze in den Niedriglohnbranchen sogar zugenommen hat. Es trifft vor allem Minijobber, Studierende, Rentner sowie Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Mindestlohn steigt lediglich im Cent-Bereich – wenn er denn überhaupt gezahlt wird – ein Desaster für die Beschäftigten weiterlesen

Hilfe, unsere Wohnung wird zur Beute – zur konkreten Lebenssituation in „Problemhäusern“

Der erfolgreiche Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen in Berlin im Herbst 2021 war die bislang effektivste Aktion von unten gegen die Übereignung von Wohnraum an die Finanzmärkte.

Während der Widerstand gegen die zunehmende Finanzialisierung von Wohnraum wächst, setzt die Politik in den großen Städten nach wie vor auf eine Kooperation mit dem Finanzkapital. Erste Übungen im Rahmen der öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP-Deals) in den 1990er Jahren, mit ihren oft tausenden von Vertragsseiten und der Drohung, bei Nichteinhaltung der Verträge vor einem internationalen Schiedsgericht zu landen, haben viele Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker ermutigt, auch einmal am großen Rad zu drehen. Beim Finanzkapital treffen sie mit ihrer Bewältigungsstrategie der Wohnungsnot und den vor sich hin dümpelnden bzw. eingestellten Wohnungsbau auf offene Türen.

Angesichts niedriger Erträge für Staatsanleihen leiten die institutionellen Investoren auf der Suche nach lukrativen Anlagen immer mehr Kapital von den Finanzmärkten weg, hin in die Wohnungs- und Immobilienmärkte, wodurch sie die Miet- und Hauspreise weiter in die Höhe treiben.

Bei der Zahl der Transaktionen, wie auch bei der Summe des investierten Kapitals in die Wohnungs- und Immobilienmärkte liegt Deutschland mittlerweile an der Spitze in Europa. Diese Entwicklung ist zwar derzeit etwas abgebremst, trotz der horrenden Immobilienpreise und hohem Profit der Anleger noch nicht am Ende, die Finanzinvestoren rüsten sich schon für die nächste Offensive in die Wohnungsmärkte, nun europaweit.

Die Zockerei mit Wohnraum, mit den fatalen Auswirkungen auf die konkrete Lebenssituation der Mieter, wird weiter zunehmen.

Am Beispiel der eigenen Mietwohnung wird das Ganze einmal beleuchtet. Hilfe, unsere Wohnung wird zur Beute – zur konkreten Lebenssituation in „Problemhäusern“ weiterlesen

Wo werden Tarifverträge gemacht? (2) – eine Antwort auf Ralf Krämer

Von Tobias Weissert

Die diesjährige Tarifrunde wurde eindeutig von den sozialversicherungs- und steuerfreien Sonderzahlungen bestimmt, die auf Initiative von Olaf Scholz den Tarifpartnern empfohlen wurden, um hohe tarifwirksame Lohnabschlüsse im Interesse der Arbeitgeber zu vermeiden. Die Gewerkschaftsspitzen waren zuerst gegen Sonderzahlungen, haben dann aber doch in vollem Umfang zugegriffen. Ich habe deswegen zu Eingang meines Artikels  isw-muenchen die Frage gestellt: „Wo werden eigentlich – und zu welchen Gunsten – Tarifverträge gemacht?“

Ralf Krämer, der bei ver.di im Bereich Wirtschaftspolitik arbeitet, gibt dazu nur eine allgemeine Antwort wie aus dem Schulbuch für Gewerkschaftsfunktionäre Gegen falsche Kritik an den Tarifabschlüssen

Die ordnungspolitische Bedeutung der „konzertierten Aktion“ verdrängt er vollkommen. Gewerkschaften sind in Bezug auf das Abkommen vollständig unschuldig. Wo werden Tarifverträge gemacht? (2) – eine Antwort auf Ralf Krämer weiterlesen

Richter im Kapitalinteresse – Dauerüberwachung von Arbeitern erlaubt

Von Marcus Schwarzbach

Die neue Technik verändert unter den Schlagworten „Big Data“ und „Digitalisierung“ die Arbeitswelt. Die Belegschaften werden massiv unter Druck gesetzt, wie der „DGB-Index Gute Arbeit“ zeigt (https://index-gute-arbeit.dgb.de). Befragt wurden 6.689 zufällig ausgewählte abhängig Beschäftigte. So gaben 40 % der Befragten an, dass durch die Digitalisierung ihre Arbeitsbelastung zugenommen hat.

Zudem fühlen sich Arbeitnehmer*innen immer mehr der Technik ausgeliefert. 44 % der Beschäftigten meinen „gar keinen“ und 34 % nur „in geringem Maß“ Einfluss darauf nehmen zu können.

Ein wichtiger Faktor, um Druck auf die Belegschaften auszuüben, ist die Arbeitssteuerung per Algorithmen. Wer hier Hoffnungen auf Gesetze und Rechtsprechung setzt, wird schnell eines Besseren belehrt, wie eine Entscheidung aus Niedersachsen zeigt: Das Verwaltungsgericht Hannover lässt die »ununterbrochene Erhebung« von Leistungsdaten der Arbeiter zu, so das Urteil vom 09.02.2023 (AZ: 10 A 6199/20). Ein Ausliefer-Lager eines amerikanischen Online-Unternehmens setzt Handscanner ein, die ununterbrochen die Wege der Beschäftigten verfolgen und begründet dies mit der Steuerung der Logistikprozesse. Die Datenschutzbehörde hielt den Einsatz für datenschutzwidrig und untersagte die minutengenaue Überwachung. Gegen den Bescheid klagte das Unternehmen – und bekam vom Gericht Recht. Richter im Kapitalinteresse – Dauerüberwachung von Arbeitern erlaubt weiterlesen

Schwarzbuch Krankenhaus

„Der Personalnotstand und die daraus resultierende Gefährdung von Patient*innen sind immer wieder Gegenstand von Medienberichten und von Gesprächen unter Beschäftigten an deutschen Kliniken. Täglich spielen sich unvorstellbare Szenen ab. Von Neugeborenen, die ins Leben stürzen, weil keine Hebamme da ist, um sie aufzufangen, über Patient*innen, die nicht davon abgehalten werden können, sich im Krankenhaus das Leben zu nehmen, weil die Kolleg*innen am Limit arbeiten, bis hin zu Menschen, die in Wartezimmern unbemerkt versterben. Seit sieben Jahren werden emanzipatorische Krankenhausbewegungen immer stärker, die diese Missstände im Gesundheitswesen benennen und dagegen kämpfen.

Wir sind Teil dieser Bewegungen und haben ihre Kraft erlebt. Mit Streiks und anderen Werkzeugen des Arbeitskampfes haben wir gemeinsam mit unserer Gewerkschaft ver.di an über 20 Unikliniken konkrete Erfolge erzielt: in Form von verbesserten Personalbemessungen, tatsächlichen Konsequenzen für die Arbeitgeber, wenn diese unterschritten werden, sowie in Form von Freizeit als Entlastung für das Personal.

Unsere eigenen Erfahrungen haben uns motiviert, Teil der Krankenhausbewegung zu werden. Jahrelang hat jede von uns die strukturellen, von der Politik verursachten Missstände erlebt. Wir haben gesehen, was die Profitlogik in unseren Kli[1]niken mit dem Wohl und der Gesundheit unserer Patient*innen macht und was es bedeutet, völlig überfordert «Brände löschen» zu müssen, statt gute Arbeit leisten zu können. Die Veränderung des bestehenden Systems ist dringend notwendig, die Versorgung von Patient*innen und die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus lassen sich nicht voneinander trennen. Wer ein gutes Umfeld hat, kann besser arbeiten, wer sich in einem guten Umfeld befindet, wird schneller gesund. Wir haben Berichte gesammelt, niedergeschriebene Erfahrungen, die die drastischen Konsequenzen des Personalnotstands für die Versorgung der Patient*innen deutlich machen: das «Schwarzbuch Krankenhaus». Schwarzbuch Krankenhaus weiterlesen

IMI: Militarisierung und Krieg – Der Rechtsruck aus der Mitte

Von Hannes Draeger

In der Debatte um den Ukraine-Krieg und eine weitere Eskalation durch Waffenlieferungen ist dieser Tage viel über die Gefahr von Rechtsaußen die Rede. Und in der Tat: Es gelingt der gesellschaftlichen Linken nicht, sich als sichtbaren Pol gegen die Scharfmacher à la Baerbock, Strack-Zimmermann, Sascha Lobo und Co. in Stellung zu bringen. Stattdessen stoßen rechte Demagogen ins Feld. Die AfD hat seit Beginn des Ukraine-Krieges fünf bis sechs Prozent in den Umfragen zugelegt.

Was vielfach übersehen oder unterschätzt wird: Die bürgerliche „Mitte“, die sich momentan eifrig bemüht, Anti-Kriegs-Proteste in die rechte Ecke zu stellen, ist selbst Treiber eines gesellschaftlichen Rechtsrucks. Es ist noch nicht überall sichtbar, wie tiefgreifend die jetzige Debatte die Gesellschaft nach rechts verschiebt. Aber die Konturen eines neuen, reaktionären Denkens sind erkennbar und greifen um sich. IMI: Militarisierung und Krieg – Der Rechtsruck aus der Mitte weiterlesen