Pünktlich zum Jahresende hat sich der frühere DGB Vorsitzende mal wieder richtig in Szene gesetzt und sich als Held feiern lassen. Er soll das Arbeitslosenzentrum Dortmund e.V. (ALZ) vor dem Aus gerettet haben. Die Akteure dieser Kampagne haben den Mund ziemlich voll genommen und bezwecken damit, ihren Einfluss auf die Sozialpolitik auszubauen und die Erwerbslosen in Dortmund weiterhin im Griff zu haben.
Nach der Kahlschlagpolitik der CDU/FDP-Landesregierung hat die SPD/Grünen-Regierung die Förderung der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren seit 2011 wieder aufgenommen und stellt jährlich fünf Millionen Euro aus Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung.
Das Beratungsangebot richtet sich an erwerbslose Menschen, unabhängig davon, ob sie Arbeitslosengeld beziehen oder nicht. Berufsrückkehrende sowie ältere Erwerbslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen und Beschäftigte mit aufstockenden SGB II-Leistungen gehören ebenfalls dazu.
Die Erwerbslosenberatungsstellen bieten Ratsuchenden Unterstützung bei ihrer weiteren beruflichen Entwicklung an, informieren über Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, beraten in persönlichen Konfliktsituationen und bieten Unterstützung bei rechtlichen Fragen.
Die Arbeitslosenzentren sollen Begegnungsmöglichkeiten und soziale Kontakte für erwerbslose Menschen bieten und über weiterführende Beratungsangebote informieren.
Bei etwa 40 000 Menschen ohne Erwerbsarbeit, davon rund 20 000 Langzeitarbeitslose und zunehmender Zahl von Geringverdienern, die auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sind, dürfte es für eine Großstadt mit fast 600 000 Einwohnern, mit der höchsten Armuts- und Überschuldungsquote doch wohl selbstverständlich sein, ein Beratungs- und Begegnungsangebot für Erwerbslose vorzuhalten.
Was soll es da zu retten geben? Oder soll lediglich die qualitative Ausrichtung dieser Einrichtung, die seit 1984 eine feste Institution innerhalb der kommunalen Sozialpolitik ist, durch die Hintertür geändert werden?
Um die derzeitige Diskussion um das Arbeitslosenzentrum zu ergründen, ist es erforderlich, sich noch einmal in die 1980er Jahre hinein zu versetzen, als gerade erstmals die Marke von zwei Millionen Menschen ohne Erwerbsarbeit überschritten wurde.
In Dortmund wurde das Thema Arbeitslosigkeit sehr breit diskutiert, da viele Arbeitsplätze im „Blaumannbereich“ vernichtet wurden. Viele der betroffenen Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten, wollten nicht resignieren, sie organisierten sich selbst und es entstanden über 30 Arbeitslosengruppen und –initiativen. Die erwerbslosen Menschen wollten ihr Schicksal selber in die Hände nehmen, für Arbeit und soziale Sicherheit, gegen soziale Ausgrenzung und Diffamierung kämpfen. Diese Bewegung trat dafür ein, Arbeitslosigkeit als gesellschaftliches Problem zu begreifen und nicht den Erwerbslosen selbst die Schuld für ihre Situation zu geben.
Die Selbstorganisation von betroffenen Menschen war von den damaligen politischen Akteuren in Dortmund nicht gern gesehen.
Rolf Scheer, damals im „Sozialreferat der Ev. Kirche“ beschäftigt, schildert in dem Buch von H-W Franz, Westdeutscher Verlag 1985, die Einhegung der Arbeitslosenbewegung in Dortmund so: „Vor diesem Hintergrund (der Verarmung und psychosozialen Folgen der Arbeitslosigkeit Anm. L.N.) haben Einzelpersonen und gesellschaftliche Gruppen sich zusammengeschlossen, um innerhalb des vorhandenen Handlungsspielraumes daran mitzuwirken, dass sich die Situation erwerbsloser Mitbürger nicht noch weiter verschlechtert… Es gibt auch in Dortmund den Versuch, dass sich Arbeitslose in Selbsthilfegruppen und Initiativen zusammenschließen. Ihr Ziel ist es, gemeinsame Interessen gegenüber der Öffentlichkeit und den politischen Verantwortlichen zu artikulieren, Erfahrungen im Umgang mit Behörden und Ämtern auszutauschen, Kommunikationen zu ermöglichen, aufgezwungene Insolation zu durchbrechen und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu erproben. Heute (1984 Anm. L.N.) sind es rund 25 solcher Initiativen…Vor 2 Jahren haben wird damit begonnen, diese verschiedenen Arbeitsloseninitiativen zu vernetzen. D.H: wir haben Strategien entwickelt, durch die ihre Interessen und Anliegen stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden können. Darüber hinaus war es uns wichtig, die verschiedenen von einander unabhängig wirkenden Initiativen miteinander ins Gespräch und damit zum gemeinsamen Handeln zu bringen… Auf Initiative der Industrie- und Sozialarbeit der Ev. Kirche in Dortmund wurde eine Projektgruppe gebildet, die das Ziel verfolgte, eine Konzeption für ein Arbeitslosenzentrum zu entwickeln und verwirklichen…Uns war bewusst, dass die Kraft der Arbeitsloseninitiativen dazu alleine nicht ausreichte, um ein solches Vorhaben durchzusetzen“.
Da es den Initiativen abgesprochen wurde, sich selbst für ihre Interessen einsetzen zu können, übernahm vor allem die Evangelische Kirche die Domestizierung in die Hand und machte in den 1980er Jahren die Arbeit/Arbeitslosigkeit zu ihrem zentralen Thema. Gleichzeit verwehrte sie in ihren eigenen Reihen ihren Beschäftigten die gleichen Rechte, wie z.B. das Streikrecht und Mitbestimmungsmöglichkeiten, wie im öffentlichen Dienst üblich, gänzlich.
Diese Einhegungspolitik hat mit dazu geführt, dass von den über 30 Initiativen in den 1980er Jahren in Dortmund derzeit noch 2 (Dortmunder Selbsthilfe, Arbeitsloseninitiative Dortmund ALIDO) übrig sind. Beide sind auch aus Altersgründen der aktiven Mitglieder allerdings nur noch bedingt arbeitsfähig. Den anderen ist, auch wegen der zu starken kirchlichen Umarmung, die Luft ausgegangen. Aber so hat man es geschafft, über die ganzen Jahre hinweg, jegliche Ansätze von Selbstorganisation und eigenständiger Artikulation der Erwerbslosen in Dortmund im Keim zu ersticken. Die Funktionsträger im Verein des ALZ blieben über die letzten 30 Jahre auch im Großen und Ganzen die eitlen „Persönlichkeiten“ aus dem überwiegend kirchlichen Bereich, die die ALIDO als folkloristische Gruppe aus vergangenen Tagen existieren ließen.
Als dann der damalige DGB Vorsitzende und derzeitiger Retter 2005 vor vollen Sälen die Hinwendung des DGB zur Kirche erläuterte, schloss sich der Kreis. Er sagte, da die Zusammenarbeit mit der SPD in Dortmund nicht so gut sei, müsse der DGB eben die Zusammenarbeit mit den Kirchen ausbauen.
Altgediente Gewerkschafter glaubten nicht, was sie da hörten. In den Sälen raunte es: hat der Mann denn kein Geschichtsbewusstsein, hat er noch nie etwas von den Folgen der Spaltung der Arbeiterbewegung im vergangen Jahrhundert gehört oder von dem archaischen Verhalten der Kirchen als Arbeitgeber. War er denn bei den vielen Fortbildungen und Seminaren, bei denen die Geschichte der Arbeiterbewegung behandelt wurde, immer gerade dann auf seinem Zimmer und hat Karten gespielt?
Aber diese Zusammenarbeit hat nun dazu geführt, dass er sich als Retter in Szene setzen kann.
Er kann immer noch gut eingesetzt werden, wenn sich etwas in der Bevölkerung regt, wenn Menschen sich zusammenschließen, sich organisieren und Missstände bekämpfen wollen.
Als der Envio Skandal bekannt wurde, die Rolle der Stadt Dortmund und der Bezirksregierung dabei durchleuchtet werden musste und eine Bürgerinitiative von Anwohnern und vergifteten Arbeitern sich gründete, wurde damals auch der Retter gerufen, um einen runden Tisch zu und damit den PCB-Skandal weg zu moderieren. Die Bürgerinitiative konnte sich gut gegen Spaltungsversuche wehren, die angestrebte Selbstorganisation der vergifteten Arbeiter aber durch den eingesetzten Moderator, dem eingesetzten Obmann und dem Hilfsangeboten der Arbeiterwohlfahrt nachhaltig verhindert werden.
Mit diesem Erfolgsrezept soll es nun nach der „Rettung“ des ALZ auch dort weiter gehen.
Wenn es dann noch gegenüber der Presse heißt: „Finanziell ist durch die Übernahme der AWO auch die weitere Zukunft der Einrichtung an der Leopoldstraße gesichert. Die Stadt gibt zum Beispiel einen Zuschuss und stellt die Immobilie zur Verfügung, Jobcenter und Agentur für Arbeit fördern. Neben Spenden von Sponsoren, privaten Zuwendungen und Mitgliedsbeiträgen wird auf die Zusage weiterer Landesmittel aus dem Europäischen Sozialfond gesetzt“.
Da fragt sich jeder, was sich denn an der Finanzierung gegenüber der Rettung vor der „drohenden Insolvenz“ vorher, geändert hat. Das ist doch die gleiche Finanzierung wie seit Jahren schon.
Man muss sich auch fragen, ob die AWO in Dortmund als Träger der hauptamtlichen Arbeit des ALZ und einer unabhängigen Erwerbslosenberatung die richtige Wahl ist.
Unabhängige Erwerbslosenberatung ist niederschwellig angelegt, basiert auf den Prinzipien der Freiwilligkeit und Vertraulichkeit und findet auf Wunsch anonym statt. Anonymität und Freiwilligkeit sichern eine hohe Akzeptanz durch die Betroffenen. Die sanktionsfreie, parteiliche Beratung zielt im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes auf die Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen. Sie eröffnet auch die grundsätzliche Möglichkeit der Auseinandersetzung mit den psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit. Freiwilligkeit und Vertraulichkeit sind unabdingbare Voraussetzung für eine mentale Einstellung auf die Entwicklung und Vorstellung beruflicher Perspektiven mit der dazu gehörenden Überprüfung, Überarbeitung, Veränderung von Einstellungen und Entwicklung einer realen Einschätzung der individuellen Situation und Perspektiven.
Eine unabhängige Erwerbslosenberatung sollte beispielsweise folgende Funktionen erfüllen:
- Filter- und Clearingfunktion Im Beratungsgespräch ist Platz für eine Vielfalt von Problemfeldern, die im Zuge der Erwerbslosen entstehen. Die Problemklarheit und Problemsortierung ermöglicht neben der konkreten Unterstützungsleistung in der Beratungsstelle ebenso eine passgenaue Vermittlung an spezifische andere Beratungsstellen sowie an Bildungs- und Beschäftigungsträger und hat somit einen hohen Stellenwert auch für andere Institutionen im Sinne einer Heranführungsleistung an weiterreichende Angebote.
- „Dolmetscher-Funktion“ Gesetze sowie Gesetzes- und Behördensprache kollidieren mit dem Alltags(rechts)verständnis und der Alltagssprache. Beratungsstellen übersetzen komplizierte Rechtslagen in die Alltagssprache und verdeutlichen Behörden in deren Systematik die Anliegen der Betroffenen.
- Mittlerfunktion Beratungsstellen ermöglichen effektive, zielgerichtete Kommunikation und Konfliktklärung zwischen Arbeitslosen und Behörden. Damit werden „Stolpersteine“ auf dem Weg zur Arbeitsmarktintegration beseitigt.
- Zweite, behördenfreie Informationsquelle Zur realistischen Situations- und Selbsteinschätzung und zur kompetenten Entscheidungsfindung benötigen erwerbslose Menschen (mindestens) eine zweite, unabhängig von der leistungsentscheidenden Behörde agierende Informations- und Beratungsquelle. Die persönliche Beratung stellt sich insbesondere für arbeitslose Menschen, die mit den medialen Angeboten des Internetzeitalters überfordert sind, als alternativlos dar.
- Unterstützungs- /Stabilisierungsfunktion und Ressourcenaktivierung Unabhängige Beratungsstellen leisten professionelle Unterstützung in einer individuellen und gesellschaftlichen Umbruchsituation und bilden einen stabilisierenden Faktor in einer Phase der Neuorientierung. Such- und Veränderungsprozesse gerade in Zeiten großer Verunsicherung und Infragestellung von Werten erfordern Kraft und damit die Aktivierung aller vorhandenen (verborgenen) Ressourcen („Empowerment“).
- Unterstützung beim Realitätsabgleich Die Erarbeitung einer realistischen Situations- und Selbsteinschätzung bildet eine Grundvoraussetzung für eine auf den Arbeitsmarkt ausgerichtete Perspektiventwicklung. Vertrauliche Beratung ohne leistungsentscheidende Zuständigkeit, Freiwilligkeit und hohe Akzeptanz des Ratsuchenden ermöglicht Arbeitslosen erst das Verabschieden von vertrauten, aber unrealistischen (Selbst-) Einschätzungen, die die Integration in den Arbeitsmarkt behindern können.
- Alternatives Modell des „Fördern und Fordern“ ohne finanziellen Druck Unabhängige Beratungsstellen bieten ein von finanziellen Sanktionen freies Unterstützungsangebot und ermöglichen damit eine „ehrliche“ Grundhaltung, alles im Bereich des Möglichen zu tun, Arbeitslosigkeit zu vermeiden, zu verkürzen oder zu beenden.
- Hilfe zum Wiederaufbau von Handlungskompetenz Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche (=nachhaltige) Integration ist der Wiederaufbau von Handlungskompetenz: Betroffene Erwerbslose erhalten wieder das Gefühl, ihre eigene Angelegenheit zu überschauen und in die Hand nehmen zu können. Sie können sich dadurch wieder selbst als handelndes Subjekt begreifen und die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.
- Auffangnetz Unabhängige Beratungsstellen bieten ein Auffangnetz für Abbrecher, Demotivierte, Deprimierte, für „von der Gesellschaft Enttäuschte“ und für Menschen, die sich von den demokratischen Beteiligungsprozessen zurückgezogen haben. Individuelle Problembereiche, Niederlagen und Frustrationen können aufgearbeitet, neue Zielsetzungen auf Realisierbarkeit überprüft werden. Einer weiteren Ausgrenzung kann entgegengewirkt werden.
- Integration in regionale Angebotsnetzwerke Unabhängige Beratungsstellen bieten einen umfassenden Ansatz der Integration in regionale Angebotsnetzwerke, der gute Kooperationen und das Vorhalten spezifischer Beratungsangebote für besondere Zielgruppen ebenso beinhaltet, wie einen hohen präventiven Charakter der frühzeitigen Beratung.
- Einfordern sozialer Gerechtigkeit und fachliches, kritisches Korrektiv Gerade in Zeiten umfassender Umstrukturierungen auf allen Ebenen des Sozialstaats ist die kritische Begleitung praxiserfahrener, professionell arbeitender Beratungsstellen ein notwendiges Begleitinstrument, um möglicher Ausgrenzung benachteiligter Bevölkerungsgruppen (z. B. (Langzeit-) Erwerbslose mit Integrationshemmnissen) vorzubeugen. Gleichzeitig bilden sie in einer demokratischen Gesellschaft ein fachliches, kritisches Korrektiv, um prinzipiell möglichem institutionellen Machtmissbrauch strukturell entgegenzuwirken.
- Servicefunktion Die Beratung wird sinnvoll ergänzt durch die Bereitstellung von umfangreichen Selbstinformationssystemen (z. B. verständliche Publikationen, PC-Nutzung). Multiplikatoren, die in der Sozialen Arbeit Düsseldorfs tätig sind, erhalten Unterstützung, z. B. durch Informationsveranstaltungen, Öffentlichkeitsmaterialien, Nachschlagewerke, Homepage-Angebote.
Unabhängige Beratungsstellen für (Langzeit-)Arbeitslose sind Erwerbslosen bei der Bewältigung ihrer schwierigen Lebenssituation behilflich und unterstützen sie, durch eigene Schritte wieder auf dem Arbeitsmarkt tätig zu werden bzw. die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten.
Ob die Beratungsstellen erfolgreich arbeiten können, hängt vor allem davon ab, dass ausreichend Arbeitsplatze zur Verfügung stehen. In Dortmund ist das nicht der Fall.
Bei der verschärften Sanktionspraxis der Jobcenter und der hohen Anzahl von falsch berechneten Leistungsbescheiden ist die unabhängige, parteiliche Beratung der erwerbslosen Menschen nötiger denn je. Die Beratung muss fachlich gut sein, Mumm haben, Widersprüche und Überprüfungsanträge zu stellen und vor allem die Ratsuchenden auch dabei stärken, die oftmals entwürdigende Behandlung in dem Jobcenter etwas entgegen zu setzen.
Hier beginnt dann oft die unabhängige Beratung dann gar nicht mehr so unabhängig zu sein.
Je nach Träger der Beratungsstelle und je nach dessen Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln werden den Beraterinnen und Beratern schnell die Grenzen aufgezeigt und bei Nichtbeachtung arbeitsrechtliche Schritte angedroht.
Dies kann auch bei der AWO Kreisverband Dortmund der Fall sein, die die Trägerschaft des ALZ neuerdings ausübt.
Die AWO hat kaum Eigenmittel und ist stärker als andere Wohlfahrtsverbände von den öffentlichen Geldgebern abhängig. Sie ist besonders auch durch die Mitgliedschaft ihrer Untergliederungen in der Interessensgemeinschaft sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen e. V. (ISB) eng in die Beschäftigungsmaßnahmen und Arbeitsmarktprogramme des Jobcenters und der Agentur für Arbeit eingebunden und profitiert von ihnen.
Mit den erwerbslosen Menschen kann man in Dortmund im Maßnahmedschungel gutes Geld verdienen.
Beispielweise erhält die AWO als Anstellungsträger für die Maßnahmeteilnehmer für die eine Maßnahme „Regiekosten“ für die andere Maßnahme manchmal sogar einen 100 prozentigen Personalkostenzuschuss und lässt die Menschen dann noch in Privathaushalten für 17,00 Euro pro Stunde zzgl. Fahrtkosten für sich arbeiten.
Dass es dort dann immense Interessenskollisionen bei der Beratung der Erwerbslosen geben wird, ist schon vorprogrammiert.
Auch in Dortmund sind die Beratungsangebote in den vergangenen Jahren permanent abgebaut worden, Fachberatungspersonal wurde gestrichen, das gesamte fachliche Wissen ging den Bach herunter und konnte nicht mehr weitergeben und – entwickelt werden. Der Druck auf die verbliebenen Beratungsstellen ist ungeheuer groß geworden, der Großteil der Anfragen muss abgewiesen werden oder die Sprechstunden nur für eine festgelegte Anzahl von Ratsuchenden angeboten werden.
Das ist auch die aktuelle Situation für Ratsuchende im ALZ.
Beraterinnen und Berater einer neuen Generation nehmen die verbliebenen Stellen in den Beratungsstellen ein. Sie wurden mit der HARTZ-Gesetzgebung berufliche sozialisiert, stehen hinter dem Fordern und auch etwas hinter dem Fördern, haben die Aufgabe des Sanktionierers und Aufpassers gern angenommen und verbreiten im Umgang mit den Ratsuchenden oftmals Angst und Schrecken.
Sie passen sich der aktuellen Sozialpolitik kritiklos an, bei der alle möglichen Hebel bewegt werden, um den Menschen eine qualifizierte Beratung nicht zu Teil werden zu lassen.
Die Erfolge der Ratsuchenden vor den Sozialgerichten sind der Gerichtsbarkeit und den Jobcentern zu viel geworden, das Beratungs- und Prozesskostenrecht ist zum 01.01.2014 ausgehöhlt worden, die Insolvenzordnung wurde gläubigerfreundlicher „reformiert“ und die Sanktionspraxis der Jobcenter verschärft.
Die Träger der Beratungsstellen haben ihre Anwaltsfunktion längst aufgegeben, der Andrang vor allem von zugewanderten Ratsuchenden ist ihnen oftmals einfach nur lästig.
Fraglich ist, wie sich unter diese Rahmenbedingungen die Beratungsarbeit im ALZ zukünftig darstellen wird.
Der Vertreter der Evangelischen Kirche im neuen Vorstand sagt schon vorsorglich oder als Drohung gegenüber der Presse, dass durch den Trägerwechsel auch eine Neuausrichtung des bisherigen Trägervereins notwendig geworden ist. Und – natürlich, er will ein Zeichen setzen (das ist die Spezialität dieses Mannes), diesmal eines der Solidarität mit den erwerbslosen Menschen, künftig aber verstärkt den Blick auf die prekäre Beschäftigung richten.
Bitte, liebe Erwerbslose und prekär Beschäftigte in Dortmund: Passt gut auf euch auf.
Es an der Zeit, sich wieder selbst zu organisieren und eigene Interessenvertretungen zu gründen.
Weitere Infos:
https://gewerkschaftsforum.de/arbeitsmarkt-und-beschaeftigung-in-dortmund/
https://gewerkschaftsforum.de/arbeitslosigkeit-in-dortmund/
https://gewerkschaftsforum.de/35-jahre-jugendarbeitslosigkeit-und-ausbildungsnot-in-dortmund/
https://gewerkschaftsforum.de/armenrecht-weniger-recht-fuer-mehr-arme/
Quelle: WAZ, unabhängige Beratung/Sozial Extra
Bild: ALZ