Gesetzliche Krankenversicherung – immer mehr Spielball der Parteien und Arbeitgeber

Krankenkassen-droht-Minus-von-7-45-Milliarden-EuroAls die gesetzlichen Krankenkassen zum Jahreswechsel Beitragserhöhungen auf breiter Ebene angekündigten, da drohten die Arbeitgeber sofort damit, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu überdenken, wenn die Versicherten die Erhöhung nicht allein bezahlen müssen.

Dass sich die Arbeitgeber gegen eine Beteiligung an der Erhöhung wehren und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als taktisches Tauschgeschäft gegen eine paritätische Finanzierung der Kassenbeiträge ins Spiel bringen, kommt bekannt vor. Sie haben oft schon Dinge miteinander verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben und dabei immer gewonnen.

Schon einmal hat es 1996 unter der Kohl-Regierung durch solche Spielchen einen erfolgreichen Angriff auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gegeben. Die Rot-Grüne Bundesregierung schaffte diese Regelung allerdings 1999 wieder ab.

Wieder einmal geht es nun um die Finanzierung des Gesundheitswesens, bei der es sich seit Jahrzehnten um eine reale Umverteilung von unten nach oben handelt und dieser klare Vorgang durch das inszenierte Chaos verschleiert wird.

Die Gesetzlichen Krankenkassen hatten zum Jahreswechsel Beitragserhöhungen angekündigt.

Nach der Prognose des Schätzerkreises beim Bundesversicherungsamt in Bonn soll der durchschnittliche Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung voraussichtlich um 0,2 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent ansteigen. Dieser Anstieg wird über den sogenannten Zusatzbeitrag erbracht, den die Arbeitnehmer allein aufbringen müssen. Dieser liegt künftig bei 1,1 Prozent. Den allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte.

Die Erhöhung liegt angeblich deshalb an, weil die gesetzlichen Krankenkassen vom 1. Januar 2016 an wieder über einen Teil der Beiträge selbst bestimmen können. Der bisherige allgemeine Beitrag wurde um 0,9 Punkte auf 14,6 Prozent gesenkt. Auf dieser Grundlage ist es den Krankenkassen dann möglich, einen Zusatzbeitrag zu erheben, je nach eigener Kassenlage. Bei der vergangenen Schätzung vor einem Jahr legte der Schätzerkreis einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten fest.

Der Beitragssatz bei der DAK-Gesundheit steigt beispielsweise am stärksten. Die drittgrößte Krankenkasse verlangt ab Januar 16,1 Prozent vom Bruttoeinkommen, das sind 0,6 Prozentpunkte mehr als 2015. Diese Erhöhung muss von den Versicherten über den Zusatzbeitrag alleine aufgebracht werden, da der Anteil der Arbeitgeber 2010 gedeckelt wurde.

Zur Erinnerung sei noch mal gesagt, dass der Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent anstieg. Davon entfielen 8,2 Prozent auf die Arbeitnehmer, 7,3 Prozent auf die Arbeitgeber. Seit dem mussten die Beitragssteigerungen allein die Arbeitnehmer tragen, der Beitragssatz der Arbeitgeber wurde dagegen eingefroren. Schon Ende 2015 zahlten die Versicherten über zehn Milliarden mehr als die Arbeitgeber, im kommenden Jahr wird die Differenz auf 13 Milliarden Euro ansteigen.

Aber nicht genug der Schieflage. Künftig soll es aber nicht einmal mehr die von der Schwarz-Gelben Koalition immerhin noch vorgesehene persönliche Belastungsgrenze für den Anstieg der Beiträge mehr geben. Damals wurde festgelegt, dass lediglich das sozialversicherungspflichtige Einkommen des Versicherten für die Berechnung des Zusatzeinkommens ausschlaggebend ist und die Belastungsgrenze von zwei Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens nicht überschreitet. Allein durch den Wegfall der persönlichen Belastungsgrenze spart der Bund bis 2018 rund 5 Milliarden Euro bei den Ärmsten der Armen ein, weil der Sozialausgleich aus Steuermitteln wegfallen wird.

So wundert es nicht, dass die Forderung immer lauter wird, den Beitrag wieder paritätisch, also je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanzieren zu lassen.

Und genau hier stoßen die Arbeitgeber ins Horn: Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer sagte gegenüber der Presse, dass immer außer Acht gelassen würde, dass die Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die ersten sechs Wochen ganz alleine übernehmen. Insgesamt gehe es dabei um 51 Milliarden Euro pro Jahr. Das wäre ein Vielfaches von dem, was die Arbeitnehmer insgesamt für Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung aufbringen müssten. Dann wird weiter eine Drohkullisse aufgebaut und süffisant eine sogenannten Teilarbeitsunfähigkeit nachgeschoben. Will heißen, eine sogenannte Teilarbeitsunfähigkeit stuft die kranken Beschäftigten auf 75, 50 oder 25 Prozent Arbeitsunfähigkeit ein, was je nachdem eine Verringerung der Arbeitszeit  ist und faktisch bedeutet, krank zu sein und trotzdem arbeiten zu müssen. Das geminderte Einkommen soll dann durch ein Teilkrankengeld ergänzt werden.

Dies alles regte der „Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“ an und der Vorschlag wurde von den Arbeitgebern gern aufgegriffen und eingesetzt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte Ende 2014 den Sachverständigenrat mit dem Gutachten beauftragt, nicht um die Situation für die Beschäftigten zu vereinfachen, sondern um die Kosten zu reduzieren.

So werfen sich die Bundesregierung und die Arbeitgeber die Bälle zu und das einst weltweit geschätzte und seit dem Jahr 1883 funktionierende Krankenversicherungssystem wird nach und nach abgeschafft.

 

Quelle: Zeit online,tagesschau.de

Bild: welt.de