Nachdem sich die Tafelbewegung über die wachsende Anzahl von Unterstützern, auch aus dem Lager ihrer früheren Kritiker erfreuen kann, hat sich nun in Hamburg eine große Koalition von Sozialpolitikern der Fraktionen der Bürgerschaft (konkret CDU, SPD, Linke und Grüne), Gewerkschaften, Medien und Anstellungsträgern von 1- Euro-Jobbern gebildet, die sich dafür einsetzt, die menschenverachtenden Beschäftigungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung in dem bisherigen Umfang beizubehalten, wenn nicht sogar auszubauen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Beschäftigungsträger (LAG) deren Mitglieder sich als Anstellungsträger mit der Ausbeutung der langzeitarbeitslosen Menschen eine goldene Nase verdienen, wirft dem Jobcenter Hamburg vor, ohne Not den „Sozialen Arbeitsmarkt“ zu zerstören. Der Vorstand und die Geschäftsführung der LAG haben den Senat aufgefordert, seine Rolle in der Trägerversammlung des Jobcenters mit 50 Prozent der Eigentumsanteile aktiv zu nutzen und eine Stärkung der öffentlich geförderten Beschäftigung in Hamburg zu gewährleisten.
Die Hansestadt Hamburg und die Bundesagentur für Arbeit haben kürzlich vereinbart, mindestens 25 Prozent der für das Jobcenter jeweils zugeteilten Eingliederungsmittel für Beschäftigung schaffende Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Statt 176.343 Millionen Euro in 2022 oder 164.116 Millionen im laufenden Jahr, wurden für 2024 nur noch 154.543 Millionen Euro genehmigt.
Für öffentlich geförderte Beschäftigung stünden somit 25 Prozent von 154.543 Millionen Euro, d.h. 38.636 Millionen Euro in 2024 zur Verfügung. Es sollen 800 von den derzeit noch 1.600 AGH-Plätzen, das sind Stellen im Rahmen der so genannten 1-€-Jobs sollen, bleiben.
In Hamburg wird wie in anderen Kommunen auch die Mittel des Jobcenters für die öffentlich geförderten Beschäftigung annähernd gleichmäßig auf die beiden aktuell genutzten Instrumente „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (TaAM; Förderung sozialversicherungspflichtiger Arbeit gem. § 16i SGB II) und AGH (Arbeitsgelegenheiten gem. § 16d SGB II) eingesetzt.
Was es mit diesem „Sozialen Arbeitsmarkt“ auf sich hat, wird im Folgenden beschrieben.
„Sozialer Arbeitsmarkt“ – neben 1-Euro-Jobs nun das Teilhabechancengesetz
Mit der Diskussion um neue Sozialgesetzesvorhaben haben sich die Regierungen der vergangenen 10 Jahre besonders durch eine Wortakrobatik hervorgetan und ganz neue Begriffe erfunden. So redete man von „Starke-Familien-Gesetz, Gute-Kita-Gesetz, Respekt-Rente oder Sozialstaatskonzept 2025“.
Den Vogel schießt aber der Begriff „Gründungsmitglieder“ ab, mit dem man die Menschen bezeichnet, die seit der Einführung der Hartz IV-Gesetzgebung immer noch als „Altfälle“ erwerbslos sind und bei dem Teilhabechancengesetz vorrangig berücksichtigt werden sollen.
Das Teilhabechancengesetz trat am 1. Januar 2019 in Kraft. Die Bundesregierung stellte vier Milliarden Euro bereit, um Unternehmen, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen für langzeitarbeitslose Menschen anbieten, die Lohnkosten zu subventionieren. Ohne jedwede arbeitsmarkt- und sozialpolitische Diskussion wurde mit dem neuen Gesetz ein gravierender Wechsel in der Arbeitsmarktpolitik vollzogen. Neuerdings stehen allen wirtschaftlichen Organisationsformen, auch den heimischen Privatunternehmen und -konzernen, staatliche geförderte Beschäftigung, ohne Einschränkung zur Verfügung..
Die Bundesregierung ging ursprünglich von rund 800.000 erwerbslosen Menschen aus, die mithilfe dieses Programms eine Beschäftigung aufnehmen werden und verschweigt, dass hier der Niedriglohnsektor weiter ausgebaut werden soll, damit die deutschen Unternehmen weiterhin den Weltmarkt dominieren können.
Der Staat zahlt den Unternehmen beim Zustandekommen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit den neuen Instrumenten „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (TaAM) oder „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ (EVL) bis zu 100 Prozent des Mindest- oder Tariflohns. Die Kriterien wie Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse und Wettbewerbsneutralität wurden über Bord geworfen, die bislang eine geförderte Beschäftigung nur bei sozialen Trägern und öffentlichen Einrichtungen erlaubte.
Da es sich um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme nach dem Teilhabechancengesetz handelt, sind die Menschen während der gesamten Laufzeit von maximal fünf Jahren nicht nur ihren Unternehmen, sondern auch der „Betreuung“ durch das Jobcenter unterworfen und stehen unter deren Knute, Sanktionen inklusive. Mit der Maßnahme begründet sich kein Arbeitsverhältnis und Verstöße gegen Arbeitsrechte und Arbeitsschutz sind vorprogrammiert. Die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit wird ebenfalls berührt, wenn die Menschen gezwungen werden, jede Arbeit, Beschäftigung oder Maßnahme anzunehmen. Den heimischen Privatunternehmen steht nun die staatlich geförderte Beschäftigung ohne Einschränkung offen.
Das Programm lief recht schleppend an, auch weil es für die Anstellungsträger und Privatfirmen u.a. folgende Defizite offenbart:
- Falls ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt, dann berechnet das Jobcenter den Lohnkostenzuschuss nach § 16i Abs. 2 SGB II auf Grundlage des im Tarifvertrag vorgesehenen, vom Arbeitgeber laufend zu zahlenden Arbeitsentgeltes. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden nicht berücksichtigt. Dies benachteiligt tarifgebundene Unternehmen gegenüber nicht tarifgebundenen, die kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld zahlen.
- Der Lohnkostenzuschuss umfasst bei dem Teilhabechancengesetz nur die reinen Lohnkosten. Darüber hinaus gehende Kosten für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, Arbeitsmittel, Anleitung und Einarbeitung sowie Regiekosten sind nicht förderfähig. Dies bemängeln insbesondere gemeinwohlorientierte Einsatzstellen, die gesellschaftlich sinnvolle Produkte und Dienstleistungen anbieten, mit denen sich jedoch keine ausreichend hohen Erlöse erzielen lassen.
- Bei nicht tarifgebundenen Unternehmen, die jedoch faktisch Tariflöhne zahlen, wird der Zuschuss nur auf Basis des Mindestlohns berechnet.
- Frauen sind mit einem Förderanteil von 37 Prozent bisher deutlich unterrepräsentiert
und
bei privaten, gewinnorientierten Unternehmen zeigt sich heute schon, dass sich „Mitnahmeeffekte nicht ausschließen lassen“ und der Mehrwert aus öffentlich geförderter Arbeit privat angeeignet wird.
Die neuen Beschäftigungsverhältnisse auf dem „Sozialen Arbeitsmarkt“
Das Teilhabechancengesetz sieht im Einzelnen vor, dass
- die Maßnahme fünf Jahre dauert oder auch eine kürzere Befristung mit optionaler einmaliger Verlängerung explizit erlaubt ist.
- nach fünf Jahren keine Verpflichtung für die Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung besteht und ein Großteil der Betroffenen wieder in den Hartz-IV-Bezug gehen wird.
- der typische Arbeitsvertrag im Rahmen dieser Förderung voraussichtlich zunächst auf zwei Jahre angelegt sein wird und bei guter Führung und Leistung anschließend für drei Jahre verlängert werden kann.
- es sich nur zum Teil um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. Da keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhoben werden, ist am Ende nur der Hartz-IV/Bürgergeldbezug möglich und das Hartz IV-System greift wieder. Es braucht kein Arbeitslosengeld 1 nach dem SGB III gezahlt zu werden und es fallen keine Vermittlungskosten an.
- die Jobcenter zusammen mit den potenziellen Arbeitgebern entscheiden, welcher Mensch welche Stelle annehmen muss. Der Arbeitszwang seitens der Jobcenter steht dabei der Selbstbestimmung des Einzelnen entgegen.
- ein Angebot nicht abgelehnt werden kann. Auf die Verweigerung folgt die Sanktionierung durch die Jobcenter.
- der Mindestlohn, selbst in Vollzeit sind das etwa 1.550 Euro brutto, zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist. Schon gar nicht kann man davon seine Familie ernähren.
- es sich um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme handelt und sich damit kein Arbeitsverhältnis begründet. So sind Verstöße gegen Arbeitsrechte und Arbeitsschutz vorprogrammiert.
- im Zuge der Beschäftigung von Zusatzjobbern reguläre Beschäftigung in nicht zu vernachlässigendem Umfang verdrängt und der bestehende Wettbewerb beeinflusst wird.
- Maßnahmeteilnehmer aus der Maßnahme durch die Arbeitsverwaltung abberufen werden können, z.B. für Bildungsmaßnahmen oder eine andere Arbeitsaufnahme
und dass die Beschäftigten immer noch unter der Knute der Jobcenter stehen. Da es sich um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme handelt, sind sie während der gesamten Laufzeit nicht nur ihren Unternehmen, sondern auch der „Betreuung“ durch die Jobcenter unterworfen.
Trotz des vollmundig propagierten Programms zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit („Teilhabe am Arbeitsmarkt“) sind von diesem arbeitsmarktpolitischen Instrument in NRW aktuell gerade einmal 12.219 Personen zu einem geförderten und sozialversicherten Arbeitsverhältnis (jedoch ohne Arbeitslosenversicherung) gekommen, also nur ca. 4,5 Prozent der Menschen, die dringend in den Arbeitsprozess integriert werden müssten.
Teilhabechancengesetz verletzt die Menschenwürde
Geworben wird für das Teilhabechancengesetz auch mit Versprechungen für die Betroffenen, die sich bei genauerem Hinschauen aber mehr als weitere Drohung entpuppen. Böse Zungen behaupten, dass die Politiker auf Bundes- und Landesebene, aber vor allem in den Kommunen sich als Handelnde mit einer völligen sozio-ökonomischen Ahnungslosigkeit, die Lichtjahre von der konkreten Arbeits- und Lebenssituation der abhängig beschäftigten und erwerbslosen Menschen entfernt ist, outen. Doch kann man auch unterstellen, dass hier knallhart Menschen als billige und unfreiwillige Arbeitskräfte für den Niedriglohnsektor zugerichtet werden sollen.
Coaching
Bisher war es so, dass die langzeitarbeitslosen Menschen systematisch vom ersten Arbeitsmarkt strikt ferngehalten wurden, auch weil sie für den Maßnahmeträger gut eingearbeitete vollwertige Beschäftigte waren und in den sogenannten Zweckbetrieben der Wohlfahrtsverbände und gemeinnützigen Unternehmen für Profit sorgten. Weil sie aber immer noch unter „Vermittlungshemmnissen“ litten, mussten sie wieder in eine Maßnahme mit sozialpädagogischer Begleitung.
Grundsätzlich wird den erwerbslosen Menschen unterstellt, dass sie an individuellen „Vermittlungshemmnissen – von familiären Problemen über Fettleibigkeit bis hin zur Sucht“ leiden und die Sekundärtugenden wie frühes Aufstehen, Pünktlichkeit und regelmäßige Arbeitsabläufe einhalten, erst wieder trainieren müssen. Dabei sollen sie von Coaches unterstützt werden.
So gibt es Menschen, die in den vergangenen 17 Jahren Hartz IV-System nur in Maßnahmen beschäftigt waren, wegen ihrer Vermittlungshemmnissen.
Mit dem neuen Teilhabechancengesetz werden nun die Vermittlungshemmnisse innerhalb von 3 Monaten durch die Coaches behoben und die Menschen können dann sofort auf den ersten Arbeitsmarkt in den Niedriglohnsektor geworfen werden.
Komischerweise sollen das die gleichen Coaches machen, die genau daran in den letzten eineinhalb Jahrzehnten seit der Hartz-IV Einführung als Bewerbungstrainer und Individualcoaches in den immer gleichen Maßnahmen mit den gleichen Teilnehmern gescheitert sind. Jetzt sollen sie innerhalb von drei Monaten vor Beschäftigungsbeginn diese Menschen arbeitsfähig machen. In dieser Zeit wird dann plötzlich aus dem Mensch mit früheren Vermittlungshemmnissen ein abhängig Beschäftigter als vollwertiges, weil lohnarbeitendes Mitglied der Gesellschaft gemacht, das allerdings auch in der neuen Beschäftigung noch eines Coaches bedarf, wenn es bei der Verwertung seiner Arbeitskraft hakt.
Sanktionen können auch hier greifen
Im § 31 des SGB II wird unter dem Begriff „Pflichtverletzungen“ festgelegt, dass langzeitarbeitslose Menschen vom Jobcenter sanktioniert werden können, wenn sie z.B. eine Maßnahme nicht annehmen oder unterbrechen. Auf jegliche Verweigerung folgt die Sanktionierung durch die Jobcenter. Dies kann dazu führen, dass die Menschen gar kein Einkommen mehr erhalten, je nachdem, wie viel Prozent laut Vorgaben vom laufenden Bezug gestrichen wird.
Das Gothaer Sozialgericht war bundesweit das erste Gericht, das die Frage aufgeworfen hat, ob die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es fragt, ob auch neben der Verletzung der Gewährleistungspflicht des Existenzminimums und damit auch des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit durch Sanktionen berührt werden.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung am 05.11.2019 die Anwendung der Sanktionen eingeschränkt, allerdings festgestellt, dass die Kürzungen der Leistungen bis zu einer bestimmten Grenze mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Wäre das Gericht weitergegangen, wäre das gesamte HARTZ-IV-Gebilde in Frage gestellt worden. Denn Sanktion ist immer Strafe und Legitimation zugleich. Einmal wird bestraft und zum anderen den Menschen gezeigt, dass der Staat dazu das Recht hat, dass er das tun darf. Ohne Sanktionen würde das Hartz-IV-System seine Effektivität und Abschreckung als Mittel zur Lohnsenkung verlieren.
Grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit wird ausgehebelt
Die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit wird ebenfalls berührt, wenn die Menschen gezwungen werden, jede Arbeit, Beschäftigung oder Maßnahme anzunehmen. Der Aspekt der grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit hat in den seit Jahren geführten Diskussionen um die Sanktionsmechanismen praktisch so gut wie nie eine Rolle gespielt.
Die Menschen, die im Hartz-IV/Bürgergeldbezug sind, stehen permanent unter Druck möglicher Sanktionen, weil jeder Vermittlungsvorschlag des Jobcenters ein „nicht ablehnbares Angebot“ sein kann. Die Freiheit der Berufswahl gibt es für sie nicht.
Es wird hierbei die SGB II Vorschrift der § 10 Abs. 2 angewandt. Danach ist einem erwerbslosen Menschen jede Arbeit zumutbar und er kann nur ausnahmsweise Arbeitsangebote ablehnen, z.B. wegen besonderer körperlicher Anforderungen oder wegen der Gefährdung der Erziehung des Kindes. Ausdrücklich kein „wichtiger Grund“ zur Ablehnung eines Vermittlungsangebots soll sein, dass die „Arbeitsbedingungen ungünstiger“ als die Bedingungen des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses sind. Das ist der Hebel, mit dem man die Beschäftigten mit staatlichem Zwang in den Niedriglohnsektor drängt.
Staatlich subventionierte Leiharbeit
Neu beim Teilhabechancengesetz ist auch, dass Zeitarbeitsfirmen nicht als Förderberechtigte ausgeschlossen werden. Die Branche, die schon jetzt größter Abnehmer von langzeitarbeitslosen Menschen und Profiteur der Agenda 2010 ist, trommelte für das Gesetz am Lautesten. Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. bot und bietet Seminare an und hat eine Broschüre herausgegeben, um seinen Mitgliedern Anleitungen für das Ausschöpfen des neuen Fördertopfes an die Hand zu geben. Denn das neue Gesetz macht die Träume dieser Branche wahr. Sie können ab sofort einen Menschen für 24 Monate anstellen, sich die kompletten Lohnkosten vom Staat bezahlen lassen und das Geld, das sie für die Verleihung der Beschäftigten erhalten, als Gewinn einstreichen. Der Leiharbeiter darf nicht mal kündigen, da ihm dann Sanktionen vom Jobcenter drohen.
Weiterer Ausbau des Niedriglohnsektors
Die Schaffung von den angestrebten 800.000 zusätzlichen Beschäftigungs-/Maßnahmen/- Arbeitsplätzen mit einem Förderungsvolumen von 4 Milliarden Euro werden die Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen aller Beschäftigten beeinflussen. Das wird eine Umschichtung in den Betrieben zur Folge haben und reguläre Stellen abbauen. Die verbleibenden Beschäftigten entwickeln zunehmend Ängste um ihren Arbeitsplatz und leisten, wenn sie Glück haben, bezahlte Mehrarbeit. Dadurch verhindern sie Neueinstellungen und können ihre familiären und sozialen Beziehungen nicht mehr pflegen. Sie verzichten auf die notwendige Genesungszeit bei Krankheit, schädigen damit ihre Gesundheit und verursachen mehr Kosten für das Gesundheitssystem. Gesamtgesellschaftlich wird eine angstgetriebene Hoffnungslosigkeit erzeugt und der Konkurrenzgedanke bestimmt noch mehr den Alltag.
Immer mehr öffentliche und private Unternehmen ziehen sich weiter aus ihrer Verantwortung zur Schaffung von regulären Arbeitsplätzen zurück. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass eine bewusst erzeugte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte forciert wird: mit Hinweis auf die leeren Kassen wird eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz gefördert, notwendige Arbeiten durch Arbeitskräfte aus dem „Sozialen Arbeitsmarkt“ erledigen zu lassen.
Zynischer, aber auch entlarvender geht es kaum, wenn die Koalition in Hamburg bestehend aus Sozialpolitikern der CDU, SPD, Linke und Grüne-Fraktionen der Bürgerschaft, Gewerkschaften, Medien und Anstellungs-/Maßnahmeträgern diesen Sozialen Arbeitsmarkt landauf, landab als Vorbild für eine Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen feiert. Tatsächlich setzt sie sich für die Beibehaltung von 1-Euro-Jobs, unsicherer Beschäftigung im Teilhabeprogramm und für die Gelddruckmaschine der in der Regel tariffreien Zonen der Beschäftigungsunternehmen der Maßnahmeträger ein.
Vor allem die Gewerkschaften sollten ihre Energie auf die Abschaffung des Niedriglohnsektors, gegen die Tarifflucht der Unternehmen, Wiedereinführung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen, Wiederbelebung von Flächen- und Branchentarifverträgen und Verbot der Leiharbeit richten.
Quellen: WAZ, IAB, SGB II, SGB III, konkret 4/19, Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V.,waz, o-ton arbeitsmarkt, DGB, Jobcenter Hamburg Bild: csm_Bild_Teilhabechancengesetz