Neues zum PCB-Umweltskandal

Auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück der Envio Recycling GmbH im Dortmunder Hafen sollen die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen sein.

Die Stadt Dortmund hat nun einen Bericht herausgegeben in dem Informationen über den Stand nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen und zu den bisher vorliegenden Mess- und Untersuchungsergebnissen gegeben werden.

„1. Ehemaliges Envio-Betriebsgelände

 

1.1 Abgeschlossene Sanierungsmaßnahmen

Die Bezirksregierung Arnsberg (BRA) hat im Rahmen der Ersatzvornahme mittlerweile alle aus Gründen des Umweltschutzes notwendigen Sanierungsmaßnahmen im Dezember 2018 abgeschlossen. Der letzte Schritt der Sanierung umfasste dabei den Rückbau und Abriss der Hallen 1 und 2 sowie die Sanierung der befestigten Freiflächen. Neben einer behördlichen und gutachterlichen Begleitung der Sanierungsarbeiten führte die BRA für die Dauer der Rückbaumaßnahme ab Mai 2018 PCB-Depositionsmessungen auf dem ehemaligen Envio-Betriebsgelände und auf direkt angrenzenden Flächen durch. Durch diese zusätzlichen Messungen sollten mögliche PCB-Quellen während der Sanierungsarbeiten rechtzeitig erkannt und beseitigt werden. Die BRA hat die Messergebnisse auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Über die Ergebnisse wurde die Multiplikatorenrunde informiert. Die BRA teilt mit, dass nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen von der Anlage und dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren mehr hervorgerufen werden können. Neben den von der BRA in Ersatzvornahme vorgenommenen Maßnahmen wurden auch Sanierungsmaßnahmen im Bereich der wenigen unversiegelten Freiflächen durch die Stadt Dortmund durchgeführt. Diese Maßnahmen sind bereits im April 2018 abgeschlossen worden.

 1.2 Weitergehende Reinigungs- und Sanierungsmaßnahmen

Für eine erneute gewerblich-industrielle Folgenutzung der Halle 51 (Westteil), der Halle 55 (Südteil) und der Halle 69 müssen nach Auskunft der BRA noch die arbeitsschutztechnischen Voraussetzungen geschaffen werden. Hierzu zählen z. B. weitere Maßnahmen zur Reinigung der Hallen und die Sanierung des derzeit durch Stahlplatten abgedeckten Betonbodens in der Halle 55 (Südteil). Es handelt sich um Maßnahmen, die vom Immobilieneigentümer/ Erbbauberechtigten bzw. von den Neunutzern durchzuführen sind.

1.3 Blindgängerverdachtspunkt

Der Blindgängerverdachtspunkt liegt im geräumten, südlichen Bereich der Halle 55. Bevor im Rahmen einer Neunutzung der Halle hohe mechanische Belastungen – z. B. durch das Abfräsen des Hallenbodens – verursacht werden, ist der Blindgängerverdachtspunkt zu überprüfen. Für die Überprüfung ist ein Antrag des Grundstückseigentümers/Erbbauberechtigten (derzeit Grundbesitz Kanalstraße GmbH bzw. Zwangsverwalter / Insolvenzverwalter) beim Ordnungsamt der Stadt Dortmund erforderlich.

1.4 Grundwasseruntersuchungen

Zur Überprüfung der Grundwassersituation auf dem Grundstück Kanalstraße 25 werden im Auftrag des Umweltamtes seit 2011 jährlich Untersuchungen des Grundwassers durchgeführt. Für die Beprobungen stehen auf dem Grundstück insgesamt 19 Messstellen zur Verfügung.

Die bisher durchgeführten Messkampagnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

– Die PCB-Gehalte in allen Grundwassermessstellen liegen unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze.

– Erhöhte Werte an leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) ergaben sich lediglich in der Messstelle GWM 7, die im Bereich der Halle 4 liegt. Die Ursache der LHKW-Belastung ist nicht bekannt. Dabei handelt es sich um eine singuläre, sehr kleinräumige Auffälligkeit mit insgesamt abnehmender Tendenz der Gehalte.

– In der GWM 4, die sich im Bereich eines sanierten Mineralölschadens östlich der Halle 4 befindet, zeigten sich wiederholt leichte Heizölgerüche. Die Grundwasseranalysen des Pegels ergaben in den letzten Beprobungskampagnen keinen Nachweis von Mineralölkohlenwasserstoffen.

Die aktuellen Ergebnisse zeigen hinsichtlich der Schadstoffkonzentrationen ein lediglich punktuelles und weitgehend unverändertes Belastungsbild. Ein Handlungsbedarf ergibt sich aus bodenschutz- und wasserrechtlicher Sicht nicht. Die Beprobungen werden bis auf weiteres fortgesetzt.

2. Überwachung Hafenbereich

Auch nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen auf dem ehemaligen Envio-Betriebsgelände werden vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) die Depositionsmessungen (Staubniederschlagsmessungen) an den drei Standorten Containerterminal, Freizeitpark Fredenbaumpark und auf dem Gelände der Kleingartenanlage Hafenwiese (KGA Hafenwiese) fortgesetzt. Gleiches trifft auch auf die Außenluftmessungen am Standort KGA Hafenwiese zu. Ergänzend werden die jährlichen Untersuchungen des exponierten Grünkohls durchgeführt. Die potenziell PCB-schadstoffemittierenden Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)- Betriebe im Dortmunder Hafen (Unternehmen mit Schrottlagerung und -behandlung) werden durch die zuständigen Aufsichtsbehörden auch weiterhin kontrolliert.

2.1 Depositions- und Außenluftmessungen des LANUV

An den drei Messpunkten werden die Parameter PCBges , dl-PCB und PCDD/F im Staubniederschlag ermittelt. Während die Messstelle Containerterminal aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Unternehmen TSR als Emissionsmessstelle zu werten ist, so handelt es sich bei den Messstellen Freizeitpark Fredenbaumpark und KGA Hafenwiese um Immissionsmessstellen. Die vom LANUV seit 2010 durchgeführten Monatswerte haben bezüglich des Parameters PCBges erkennbar abgenommen. Dies kann auf die Stilllegung der ehemaligen Abfallbehandlungsanlage der Envio Recycling GmbH zurückgeführt werden. Die Monatswerte selbst unterliegen witterungsbedingten Schwankungen. Nach Aussage der Landesbehörden liegen die Jahresmittelwerte (JMW) der PCB-Staubdeposition auf einem Niveau, das vergleichbar ist mit anderen innerstädtischen Standorten in NRW. Kritische Veränderungen der JMW sind nicht erkennbar.

Hinsichtlich einer gesundheitlichen Beurteilung der Depositions- und Außenluftdaten für PCB hat sich das LANUV bereits im Zusammenhang mit einer Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zur Sitzung des AUSW am 19.09.2018 (DS-Nr.: 11935-18-E1) geäußert. Demnach sind für eine gesundheitliche Bewertung speziell die Außenluftdaten an der Station KGA Hafenwiese geeignet. Wegen fehlender gesetzlicher Beurteilungskriterien für die Außenluft zieht das LANUV hilfsweise den PCB-Vorsorgewert aus der PCB-Richtlinie NRW (Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden) heran. Dieser Wert liegt bei 300 ng/m³. Mit Bezug auf die Situation am Dortmunder Hafen zeigt sich, dass das hilfsweise herangezogene Beurteilungskriterium für die Bewertung der Innenraumluft deutlich unterschritten wird. Eine gesundheitliche Besorgnis aufgrund der in der Außenluft am Dortmunder Hafen gemessenen PCB-Werte besteht daher nach wie vor nicht.

2.2 Grünkohluntersuchungen des LANUV

Im Bereich der drei östlich des Hafens gelegenen Kleingartenanlagen werden jährlich Untersuchungen der Grünkohlbelastung durchgeführt. Es besteht nach wie vor eine vorsorgliche Verzehrempfehlung für Grünkohl. Aus den bisher vorliegenden Messergebnissen ist keine signifikante Veränderung der Belastungssituation erkennbar. Die weitere Entwicklung und vor allem die Ergebnisse der Grünkohluntersuchungen (2018) bleiben abzuwarten.

2.3 Betriebskontrollen der BImSchG-Betriebe

Auch im zurückliegenden Jahr 2018 erfolgten unangemeldete Kontrollen durch die zuständigen Behörden, die BRA und die gemeinsame Untere Umweltschutzbehörde der Städte Bochum, Dortmund, Hagen. Nach Auskunft der Behörden zeigten die Kontrollen keine Beanstandungen bei der Einhaltung der behördlichen Auflagen, wie z. B. der regelmäßigen Nassreinigung der Betriebsflächen.

2.4 Depositionsmessungen Schwermetalle des LANUV

Im Zusammenhang mit verschiedenen Berichten zur Umweltsituation im Hafenumfeld hat die Umweltverwaltung mehrfach auch über die leicht erhöhten Messergebnisse des Schwermetalls Nickel berichtet (Vorlagen zu den Sitzungen des AUSWI am 30.11.2011, DS-Nr.: 05542-11 und des AUSW am 20.09.2017, DS-Nr.: 08564-17). Das LANUV hatte in 2017 mitgeteilt, dass aufgrund des mehrjährigen Unterschreitens der Immissionswerte der TA Luft alle Schwermetall-Staubmessungen eingestellt und die drei Messstationen abgebaut werden. Mit Schreiben vom 02.05.2018 hat das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW das LANUV gebeten, die Messungen am Messpunkt DORT 002 auch im Jahr 2018 fortzuführen, um die Einhaltung der Immissionswerte über einen längeren Zeitraum zu belegen.

3. Untersuchungs- und Nachsorgeprogramm für PCB-belastete Personen im Umfeld der Fa. Envio (HELPcB)

Auf die Vorlage an den AUSW vom 20.02.2018 (DS-Nr.: 10170-18) wird Bezug genommen. Nach Informationen von Herrn Prof. Dr. Kraus vom Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Uniklinik, RWTH Aachen nehmen aktuell noch 139 Personen aktiv an dem Programm teil. Davon entfallen auf die verschiedenen Gruppen: 116 Arbeitnehmer der Fa. Envio oder anderer betroffenen Firmen, 23 weitere Personen (u. a. Angehörige von Arbeitnehmern der Fa. Envio oder Perosnen, die einen Kleingarten in der zu Envio benachbarten Kleingartenanlage nutzen). Das Nachsorge-Programm „HELPcB“ wird zunächst bis Ende 2020 weitergeführt.

Seit dem letzter Sachstandsbericht an den AUSW (siehe oben) sind folgende Publikationen neu erschienen: – Leijs et al.: Expression of CYP1A1, CYP1B1 and IL-1β in PBMCs and skin samples of PCB exposed individuals, – Leijs et al.: Abstract Dioxin-Congress: Effects of persistent organic compounds on the skin; filtering out effects of exposure to multiple congeners and compounds, – Kaifie et al.: Functional and structural liver abnormalities in former PCB exposed workers – analyses from the HELPcB cohort.

4. Information der Öffentlichkeit

Die Multiplikatorenrunde wurde regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Sanierung des ehemaligen Envio-Geländes und der PCB-Situation im Bereich des Dortmunder Hafens informiert. Mit Abschluss der Sanierungsmaßnahmen der BRA ist keine weitere Information der Multiplikatorenrunde mehr geplant. Die Messergebnisse des LANUV können bei Interesse auf der Internetseite des LANUV oder der BRA eingesehen werden.

5. Ausblick

Der Abschluss der Sanierungsmaßnahmen durch die Bezirksregierung Arnsberg ist ein wichtiger Meilenstein für die Bürger und Bürgerinnen im Hafenquartier. Gleichzeitig ist es der Startschuss für die weiteren Entwicklungsmaßnahmen auf einer der letzten großen Industrieflächen in zentraler Lage.

Die Grundbesitz Kanalstraße ist Erbbaurechtsnehmerin des Grundstücks Kanalstraße 25. Über das Vermögen der Grundbesitz Kanalstraße GmbH wurde am 02.05.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Stadt Dortmund befindet sich in Gesprächen mit dem Insolvenzverwalter um das Grundstück Kanalstraße 25 zu übernehmen.

Die Stadt Dortmund will das Grundstück einer neuen Nutzung zuführen.

Sie beabsichtigt:

– neue, zukunftsorientierte Nutzungen anzusiedeln, die positiv für die Dortmunder Wirtschaft sind und Arbeitsplätze schaffen,

– die vorhandenen Unternehmen an diesem Standort zu sichern und ihnen eine Perspektive am Standort zu bieten

– Nutzungen die für den Dortmunder Hafen und damit auch für die angrenzenden Quartiere imagegefährdend sind, zu verhindern.

Der auf Antrag der Stadt Dortmund vom Amtsgericht Dortmund eingesetzte Zwangsverwalter führt die Geschäfte der Grundbesitz Kanalstraße GmbH, soweit es die Liegenschaft betrifft, bis zum Besitzübergang der Immobilie auf die Erwerberin des Erbbaurechts fort.“

 

 

 

Quelle: Stadt Dortmund

Bild: WAZ