Vor jetzt 46 Jahren erhielt der Verfasser dieser Zeilen noch vor seinem ersten juristischen Staatsexamen die Mitteilung, er werde wegen seines Buches „Klassenjustiz“ das anstehende Referendariat nicht als Beamter absolvieren können. Ein Sturm der Entrüstung auch in der Sozialdemokratie führte schließlich zur Aufhebung dieser Entscheidung durch die politische Führung der Freien und Hansestadt Hamburg. Vielleicht war es besser, dass p o l i t i s c h e Instanzen ausdrücklich den Diskurs über „Klassenjustiz“ damit zuließen und nicht Richter, die sich dabei gegebenenfalls selbst hätten beurteilen müssen…
Klassenjustiz war und ist kein Schimpfwort sondern ein wissenschaftlicher Begriff. Das zitierte Büchlein war denn auch hervorgegangen aus einer Seminararbeit bei dem Juristen und Soziologen Klaus Dammann und nicht etwa Teil einer politischen Propagandashow. Anders als Autoren wie Wolfgang Kaupen, Rüdiger Lautmann und Theo Rasehorn sah der Verfasser allerdings das Wesen der Klassenjustiz nicht bloß in einer schichtenspezifischen Justiz zu Lasten von Angehörigen unterer Schichten, sondern im Nachgang zur Einschätzung des Juristen Karl Liebknecht in ihrer Funktion als Teil eines letztlich gegen die Interessen und Emanzipationsbestrebungen der Arbeiterklasse gerichteten Staatsapparates. Wobei die Justiz vor allem a u c h die Interessen des besonders mächtigen Monopol- und Großkapitals durchsetzen helfe.
Die Erinnerung an diese Definition von Klassenjustiz stellt sich unweigerlich ein, wenn man sich vergegenwärtigt, wie lange deutsche Gerichte, die sogar zT kriminell agierenden Automobilkonzerne bei deren systematischen Betrug an Kunden und Öffentlichkeit ungeschoren ließen. Irgendeine Art von Mut gegen die Mächtigen bewies dabei k e i n deutscher Richter. Auch nicht als sogar die nicht unbedingt als „antikapitalistisch“ bekannte US-amerikanische Justiz vorexerzierte, welche Sanktionen gegen solche Konzerne angemessen waren und welche nicht. Arbeitsgerichte urteilen im Interesse der Konzerne weiterlesen