Nehmen wir an, in einer Oberprima – falls diese Bezeichnung einer Abiturklasse noch üblich ist – wird die Aufgabe gestellt, die Gewerkschaftsfreiheit in Deutschland der Gewerkschaftsfreiheit in China gegenüberzustellen. Wir wissen natürlich nicht, welche Quellen der Lehrer dem Schüler nennt oder empfiehlt. Vielleicht bleibt der Schüler auf die heute so typische „Google Recherche“ angewiesen. Doch was er dort zum Thema Gewerkschaftsfreiheit erfährt, sind vorwiegend Hinweise, wo überall in der Welt Gewerkschaftsfreiheit n i c h t existiert. Und sie existiert danach natürlich auch nicht in China. Und in Deutschland?
Natürlich gibt es eine Gewerkschaftsfreiheit hierzulande. Alles ist ja frei in diesem freiesten Land der Welt. So lautet doch die offizielle Melodie. Wir sitzen in der Sonne. Wir haben auch Gewerkschaftsfreiheit. Was denn sonst?
Nur, das Merkwürdige: Was i s t Gewerkschaftsfreiheit? Zunächst und vor allem: Die Freiheit zur Gründung einer Gewerkschaft und zu ihrer Betätigung. Was finden wir dazu bei Google? Nichts oder kaum etwas.
Der Abiturient wird also auf Allgemeinplätze und Vorurteile zurückgreifen müssen und es wird dem zuständigen Lehrer vermutlich noch nicht mal auffallen, dass er die Frage nach der Gründung und Betätigungsfreiheit nicht präzise beantworten kann.
Würde er dies tun, so würde er eine Büchse öffnen, die so manches Unangenehme für unsere eigenen Illusionen enthielte: Ja, es gibt eine solche Freiheit, aber um sie zu erreichen, muss man Hürden nehmen, die so hoch sind, dass man sie nicht nehmen kann… Wie bitte? Das kann doch in einem Rechtsstaat nicht sein. Und bestimmt ist es auch nicht so. Oder? Gewerkschaftsfreiheit – Ein Menschrecht in Deutschland weiterlesen