Für viele überschuldete Menschen ist das Insolvenzverfahren die einzige Möglichkeit, die Schulden in einem überschaubaren Zeitraum zu regeln und am Ende von dem Rest der Schulden befreit zu werden.
Normalerweise kann das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung nach sechs Jahren gewähren, unter bestimmten Voraussetzungen auch schon früher, nach drei oder fünf Jahren. Um die restlichen Schulden erlassen bekommen zu können, muss der Schuldner aber seine „Erwerbsobliegenheit“ erfüllen, konkret heißt das, er muss sich insbesondere um eine angemessene Beschäftigung zur Begleichung der Schulden bemühen.
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass nicht nur erfolglos Selbstständige und arbeitslose Schuldner sich um eine angemessene Vollzeitbeschäftigung bemühen müssen, sondern auch teilzeitbeschäftigte Schuldner sich im Rahmen ihrer Erwerbsobliegenheiten um eine Vollzeitbeschäftigung bemühen müssen. Im dem konkreten Streitfall entschied der BGH, dass sich der Schuldner nicht ausreichend um eine Vollzeitstelle bemüht habe, so dass die Restschuldbefreiung ihm zu Recht versagt wurde.
Überschuldete Teilzeitbeschäftigte müssen sich grundsätzlich nach einem Vollzeit-Arbeitsplatz umsehen, um ihre Schulden besser begleichen zu können. Kommen sie dem nicht nach, kann ihnen während des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung verweigert werden, entschied der BGH in seinem Beschluss vom 1. März 2018 (Az.: IX ZB 32/17).
Im dem Fall arbeitete der überschuldete Vater von zwei Kindern in einer GmbH, deren alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin seine Ehefrau ist, in Teilzeitarbeit. Bis zum Jahresende 2014 lag sein Einkommen weit unter dem Pfändungsfreibetrag. Dies nahm eine Gläubigerin zum Anlass, den Antrag zu stellen, dem überschuldeten und in Privatinsolvenz befindlichen Mann die Restschuldbefreiung zu versagen, weil der Schuldner sich nicht um eine angemessene Beschäftigung bemüht habe, um seine Schulden tilgen zu können.
Das zuständige Amtsgericht in Syke und später das Landgericht Verden gaben dem Antrag der Gläubigerin statt und versagten dem Schuldner die Restschuldbefreiung.
Ihre Begründung lautete, der Schuldner habe in der Zeit von 2009 bis 2014 nur 18 Bewerbungsversuche für eine Vollzeittätigkeit unternommen. Dies sei zu wenig. Weil eine Vielzahl an offenen Stellen angeboten wurden, bei denen der Schuldner ein deutlich höheres Nettoeinkommen als 1.617 Euro erhalten hätte. Damit wäre die Rückzahlung der Schulden dann in größerem Umfang möglich gewesen.
Der BGH stimmte dem Amts- und Landgericht zu und legte fest, dass
- arbeitslose Schuldner eine zumutbare Arbeit nicht ablehnen dürfen und eine berufsfremde, eine auswärtige und notfalls auch eine Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit annehmen müssen und sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Auch seien ausreichende Bewerbungsbemühungen, etwa zwei bis drei Bewerbungen pro Woche, zumutbar.
- gleiches für einen erfolglos Selbstständigen gelte. Auch er müsse sich nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, „um den Verschuldungsvorwurf zu entkräften“
und dass dies ebenfalls für Schuldner gelte, die lediglich einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen. Als angemessene Tätigkeit sei grundsätzlich nur eine Vollzeitbeschäftigung anzusehen. Wenn ein Schuldner wegen seines Alters oder wegen ungünstiger Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht die Möglichkeit hat, ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu erhalten, sei dies dann allerdings kein Grund, ihm die Restschuldbefreiung zu verweigern.
Für arbeitslose Menschen ist diese Entscheidung des BGH von Bedeutung, wenn sie ihre Schulden im Rahmen des Insolvenzverfahrens los werden möchten. Denn an sie werden strenge Anforderungen bei dem Bemühen um eine angemessene Tätigkeit gestellt.
Die Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit und die Einhaltung der Verpflichtungen dieser gegenüber reichen allein nicht aus. Vom Schuldner werden auch eigene Bemühungen, wie Initiativbewerbungen und aktive Stellensuche gefordert. Zwei bis drei Bewerbungen pro Woche können hier durchaus vom Schuldner verlangt werden, sofern konkrete Angebote vorhanden sind.
Begrenzt werden diese Anforderungen durch die finanziellen Möglichkeiten des Schuldners, die bei Arbeitslosigkeit meistens gering sind. In solchen Fällen kann die Agentur für Arbeit kann dem Schuldner gem. § 45 SGB III Bewerbungsaufwendungen bis zu einer Höhe von 260 Euro pro Jahr erstatten. Mit diesem Betrag können aber zwei bis drei Bewerbungen pro Woche nicht finanziert werden, die Arbeitsagentur geht bei ihrer Berechnung der Kosten von 5 Euro für eine Bewerbung aus. Onlinebewerbungen, auf die der Schuldner verwiesen werden kann, wenn er Zugang zum Internet hat sind da günstiger.
In offensichtlich aussichtsloser Bewerbungssituation werden die Schuldner demotiviert und frustriert, deshalb dürften ständige sinnlose Bewerbungen nicht verlangt werden. In solchen Fällen reicht die Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit aus.
Für die meisten überschuldeten Menschen, auch wenn sie arbeitslos sind, bietet das Insolvenzverfahren eine gute Möglichkeit, die Schulden zu regulieren und nach dem Verfahren von dem Rest der Schulden befreit zu werden. Allerdings gehört zu den wichtigsten Aufgaben im Verfahren, dass die Schuldner einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen.
Wie das Urteil des BGH zeigt, wird nicht lange gefackelt, wenn diese Pflicht der Schuldner nicht erfüllt wird, schnell kann dann die Restschuldbefreiung versagt und das Insolvenzverfahren beendet werden.
Quellen: Beschluss BGH vom 1. März 2018 (Az.: IX ZB 32/17), RA Kai Henning Bildbearbeitung:L.N