Zur Politischen Ökonomie der Zuwanderung (II) – Was erwartet die zugewanderten Arbeitskräfte und wo verbleiben sie

Bild: scharf links.deAufgrund von Zuwanderung ist die Bevölkerung in Deutschland in den letzten zwanzig Jahren um insgesamt ein Prozent angewachsen und hat vor allem eine durch geringe Geburtenzahlen schrumpfende Gesellschaft kompensiert.

Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland zugewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen. Die Bevölkerungszahl ist in derselben Zeit allerdings nur um eine Million gestiegen, also von 82 auf 83 Millionen, das zeigt, dass der größte Teil der Zugewanderten die dauerhaft geringen Geburtenzahlen ausgleicht.

2022 machten eingewanderte Menschen rund 18 Prozent der deutschen Bevölkerung aus, weitere sechs Prozent waren direkte Nachkommen von ihnen. 40 Prozent der nach Deutschland Eingewanderten sind seit 2013 hinzugekommen. Sie waren mit einem Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren deutlich jünger als die deutschen Staatsbürger ohne Einwanderungsgeschichte, dort liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren.

In der öffentlich wahrnehmbaren Debatte um die Zuwanderung werden das Asylrecht, die Abwehr unwillkommener Menschen bzw. sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge und die Behebung eines angeblichen Fachkräftemangels durch die Abwerbung qualifizierter Personen aus dem Ausland miteinander verbunden: So verschieden diese Fragen auch erscheinen, haben sie doch dieselben Ursachen.

Herkunft der Eingewanderten
  • Mit 59 Prozent stammt der überwiegende Teil der Zugewanderten nach Deutschland aus Europa, davon stammen wiederum 89 Prozent aus den ehemaligen Ostblockländern.
  • 29 Prozent sind aus asiatischen Ländern zugewandert und nur sechs Prozent aus Afrika. Die Zuwanderung erfolgte in mehreren großen, zum Teil über Jahre anhaltenden Wellen.
  • Ausschlaggebend für die Einwanderung aus europäischen Staaten seit 2005 war die Aufnahme von Staaten des ehemaligen Ostblocks in die EU.
  • Die Eurokrise hat ab 2010 dazu beigetragen, dass vermehrt EU-Bürger aus dem Ausland eingewandert sind.
  • Allein im Jahr 2022 sind fast eine Million ukrainische Staatsbürger nach Deutschland gekommen.
  • Die Migrationswellen aus Asien sind größtenteils auf die Zuwanderung aus den Kriegs- und Krisenregionen Syrien, Afghanistan und Irak sowie von hoch qualifizierten Indern zurückzuführen.
Abwanderung

Seit 2005 ist eine vermehrte Abwanderung von Bürgern mit deutscher Staatsangehörigkeit zu beobachten. Immer mehr hochqualifizierte Deutsche wandern aufgrund besserer Arbeitsbedingungen im Ausland aus.

Zuwanderung im Einzelnen:

Einwanderung aufgrund der EU-Erweiterung

In den EU-Erweiterungen von 2004, 2007 und 2013 sind außer Malta und Zypern ausschließlich ehemalige Länder des Ostblocks in die Europäische Union aufgenommen worden. Die Freizügigkeit bei der Wahl des Wohn- und Arbeitsortes der EU-Bürger hat zu mehreren Einwanderungswellen geführt.

  • Insgesamt sind aus den 2004 in die EU aufgenommenen Staaten 0,9 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert, hauptsächlich aus Polen und Ungarn.
  • Nach der EU-Erweiterung 2007 durch Rumänien und Bulgarien, sind weitere 1,1 Millionen Menschen aus diesen beiden Ländern nach Deutschland hinzugekommen. Die Aufnahme Kroatiens 2013 führte noch einmal zu einer Aufnahme von 0,2 Millionen Menschen aus diesem Land.

Einwanderung aus Nicht-EU-Ostblockländern

Seit dem Jahr 2000 sind aus den früheren Ostblockländern, die nicht zur EU gehören, 0,9 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen.

  • Besonders geprägt wurde diese Einwanderung durch polnische und russische Bürger. Bei letzteren handelte es sich größtenteils um Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, von vielen als Russlanddeutsche bezeichnet.
  • Anderen Ethnien des sowjetischen Vielvölkerreichs kamen zwischen Mitte der 1980er und Mitte der 2000er Jahre nach Deutschland.
  • In den Jahren 2015 und 2016 erfolgte ein starker Anstieg der Einwanderungszahlen, was hauptsächlich auf eine vermehrte Zuwanderung aus Albanien, dem Kosovo und aus Nordmazedonien zurückzuführen ist. In diesen beiden Jahren kamen insgesamt 81.000 Menschen mit einer Staatsbürgerschaft aus einem dieser drei Länder. Doch bereits 2016 verließen 36.000 dieser Menschen wieder Deutschland, weil insbesondere albanische Staatsbürger 2015/2016 in Deutschland Asylanträge gestellt hatten, die jedoch fast ausnahmslos abgelehnt wurden.
  • Der weitere Anstieg der Zahl von Menschen aus Nicht-EU-Ostblockländern im Jahr 2022 ist größtenteils auf eine erneut hohe Zuwanderung aus der Russischen Föderation zurückzuführen. Darunter befanden sich auch russische Männer im wehrfähigen Alter, die in Deutschland Asyl suchten, um dem Einzug in die russische Armee zu entgehen. Ihre Anträge wurden fast ausnahmslos abgelehnt.

Einwanderung aufgrund der Eurokrise

Die Zuwanderung aus den ehemaligen Ostblockstaaten hat sich seit 2010 deutlich erhöht, auch wenn diese Staaten schon vorher Mitglied der EU waren. Die Vermutung, dass die Eurokrise der Grund hierfür war, bestätigt sich, wenn man auch die Zuwanderung aus südeuropäischen Mitgliedsstaaten betrachtet, die besonders hart von den wirtschaftlichen Folgen der Krise betroffen waren. Aus Griechenland, Italien, Spanien und Portugal sind seit 2010 knapp 0,4 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert.

Einwanderung aufgrund von Arbeitsangeboten für Hochqualifizierte und Fachkräfte

Menschen aus Staaten, die nicht der EU angehören und in Deutschland Arbeit suchen, haben es in der Regel sehr schwer, eine Aufenthaltsgenehmigung mit der Erlaubnis, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, zu erhalten. Leichter ist es, wenn sie hochqualifiziert sind, aus bestimmten Ländern kommen oder über bestimmte Qualifikationen verfügen, an denen es in Deutschland mangelt.

  • Neben Angehörigen von EU-Ländern genießen auch die Bürger der Mitgliedsstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), das sind Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz, in Deutschland die Freizügigkeit der Wohn- und Arbeitswahl. Alle anderen Arbeitssuchenden aus Nicht-EU- und nicht EFTA-Staaten benötigen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich eine Aufenthaltsgenehmigung. Sie müssen um nach Deutschland einreisen zu können, ein Visum beantragen. Ausnahme hier: sie sind Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, Südkorea, Neuseeland, Großbritannien oder den USA.
  • In der Regel ist der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Menschen, die nicht aus EU- oder EFTA-Staaten kommen, auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt und bedarf der vorherigen Zustimmung der Arbeitsverwaltung. Bevorzugt werden IT-Spezialisten sowie Arbeitskräfte mit Qualifikationen in sogenannten „Engpassberufen“ wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin sowie in den seit November 2023 einer ganzen Reihe hinzugefügten weiteren Berufen. Die Antragsteller müssen ihre Qualifikation sowie eine Anstellung mit einem jährlichen Gehalt von mindestens knapp 40.000 Euro (seit November 2023) nachweisen.
  • Von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ausgenommen sind Lehrpersonen, wissenschaftliche Mitarbeiter, Gastwissenschaftler und Lehrkräfte an Schulen, Hochqualifizierte mit Niederlassungserlaubnis sowie Personen mit einer in Deutschland benötigten Qualifikation und einem jährlichen Gehalt von mindestens 56.400 Euro (Stand im Jahr 2022).
  • Von der Möglichkeit, als Hochqualifizierte oder als Fachkräfte in Engpassberufen in Deutschland zu arbeiten, machten und machen insbesondere indische Staatsangehörige Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind insgesamt 0,2 Millionen Inder nach Deutschland eingewandert.
  • Eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung oder Niederlassungserlaubnis können Ausländer in der Regel beantragen, wenn sie mindestens fünf Jahre über eine befristete Aufenthaltsgenehmigung verfügten und einige weitere Bedingungen erfüllen. Bei den Hochqualifizierten und Fachkräften sind Verkürzungen auf weniger als zwei Jahre möglich und eine Einbürgerung kann frühesten nach acht Jahren mit einem durchgehenden Aufenthaltstitel in Deutschland erfolgen.

Einwanderung aufgrund von Verfolgung und Bedrohung

Das deutsche Asylrecht ermöglicht es Flüchtlingen auf der Basis von Artikel 16a des Grundgesetzes sowie dem Paragraf 3, Absatz 1 des Asylgesetzes – Schutz vor politischer Verfolgung oder Verfolgung aufgrund der Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihrem Heimatland – in Deutschland Asyl zu beantragen.

  • Ein weiterer Grund für einen befristeten Aufenthalt in Deutschland ist die Gewährung von subsidiärem Schutz, wenn ein Ausländer „stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht“. Darunter fällt unter anderem nach Paragraf 4, Absatz 1 Asylgesetz „eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“.
  • Auch verbietet Paragraf 60, Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes, dass ein Ausländer abgeschoben wird, wenn dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist oder wenn im Zielland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr liegt auch dann vor, wenn der Ausländer lebensbedrohlich oder schwerwiegend erkrankt ist und sein Gesundheitszustand sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde.
  • Anerkannte Flüchtlinge, über deren Asylantrag positiv entschieden wurde oder die aufgrund von subsidiärem Schutz beziehungsweise Abschiebungsverbot in Deutschland verbleiben dürfen, erhalten je nach Art ihres Status eine Aufenthaltsgenehmigung zwischen einem und drei Jahren. Die Genehmigung kann verlängert werden und mit ihr können sie in Deutschland uneingeschränkt arbeiten.
  • Flüchtlinge können nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung oder Niederlassungserlaubnis beantragen und nach acht Jahren eingebürgert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Asylbewerber und Geduldete eine Arbeitserlaubnis erhalten.
  • Nach den erheblichen Verschärfungen des deutschen Asylgesetzes in den Jahren 1993 und 2015 werden jährlich bis zu 75 Prozent der Anträge hauptsächlich mit der Begründung abgelehnt, das Herkunftsland sei sicher, oder es erfolgt eine formelle Entscheidung, die größtenteils darauf beruht, dass nach dem Dublin-Verfahren ein anderes europäisches Land für die Aufnahme des Flüchtlings zuständig ist. Fast alle Anträge von Flüchtlingen beispielsweise aus Albanien, dem Kosovo, Nordmazedonien sowie aus Bosnien und Herzegowina werden zurückgewiesen.
  • Zu höheren Aufnahmequoten aufgrund politischer sowie anderweitiger Verfolgung und Bedrohung kommt es bei Antragsstellern aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Eritrea und, nach dem Putschversuch gegen Erdoğan 2016, auch aus der Türkei. Die Einwanderung von Flüchtlingen aus diesen fünf Ländern erfolgte in den letzten Jahren immer wieder in Wellen, mit dem Höhepunkt im Jahr 2015. Aktuell ist ein erneuter Anstieg von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan zu verzeichnen.

Einwanderung aufgrund politischer sowie anderweitiger Verfolgung und Bedrohung

Menschen, die seit dem Beginn des Krieges mit Russland als Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland kommen und die größte Einwanderung von Ausländern in der Geschichte der Bundesrepublik ausgelöst haben, müssen keinen Asylantrag stellen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Sie können gemäß Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes eine befristete Aufenthaltsgenehmigung beantragen, weil die EU erstmals im März 2022 beschlossen hat, ihre Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Damit ist ihnen in Deutschland auch die sofortige Aufnahme einer Arbeitstätigkeit möglich.

Einwanderung aufgrund von Konflikten, an denen Deutschland beteiligt ist

Wenn die Zuwanderung aus Ländern, in denen sich Deutschland direkt oder indirekt an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt hat, mit der übrigen Migration ins Verhältnis setzt, ergibt sich folgendes Bild:

  • Von den 8,1 Millionen Menschen, die zwischen 2000 und 2022 nach Deutschland eingewandert sind, stammen 0,2 Millionen aus dem Irak, 0,3 Millionen aus Afghanistan, 0,8 Millionen aus Syrien und 1,1 Millionen aus der Ukraine. Das sind insgesamt rund 2,4 Millionen Menschen oder 30 Prozent aller Zugewanderten.
  • Die Gründe für die Flucht stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Kriegen und Bürgerkriegen, an denen sich Deutschland und seine engsten wirtschaftlichen und militärischen Verbündeten direkt oder indirekt maßgeblich beteiligen beziehungsweise beteiligt haben.
  • Auch Sanktionen, wie diejenigen, die seit 2011 gegen Syrien bestehen, sind Ursachen für Vertreibungen. Das Land steht nach Russland und dem Iran an dritter Stelle der am meisten sanktionierten Staaten der Welt.
  • Die Ursache für die aktuell wieder steigende Zahl von Flüchtlingen aus Afghanistan liegt in der Machtübernahme der Taliban nach dem Abzug der westlichen Besatzungstruppen.

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Bevölkerung in Deutschland ist durch Zuwanderung in den letzten zwanzig Jahren lediglich um insgesamt ein Prozent angewachsen

Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland eingewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen. Die Bevölkerungszahl ist in derselben Zeit allerdings nur um eine Million gestiegen, also von 82 auf 83 Millionen, das zeigt, dass der größte Teil der Zugewanderten die dauerhaft geringen Geburtenzahlen ausgleicht.

2022 machten eingewanderte Menschen rund 18 Prozent der deutschen Bevölkerung aus, weitere sechs Prozent waren direkte Nachkommen von ihnen. 40 Prozent der nach Deutschland Eingewanderten sind seit 2013 hinzugekommen. Sie waren mit einem Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren deutlich jünger als die deutschen Staatsbürger ohne Einwanderungsgeschichte, dort liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren.

In der aktuellen Diskussion steht wie so oft in der Vergangenheit die Frage im Vordergrund, ob die Zuwanderung einen Gewinn oder eine Belastung für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet, kaum jemand aber fragt nach den Gründen für den Import der Arbeitskräfte.

Zuwanderung als Import von Arbeitskräften

Die Diskussion um die Einwanderung in Deutschland läuft nicht erst seit der Anwerbung der sogenannten Gastarbeiter ab Ende der 1950er Jahre. Schon Marx und Engels erklärten die Ein- und Auswanderung aus der Entwicklung der Produktivkräfte, der Produktionsverhältnisse und der Produktionsweise.

Sie sahen die Theorie über den Mehrwert auch als Grundlage für das Verständnis der Migration im Kapitalismus an, die unter anderem aufdeckt, dass die Arbeitskraft in den verschiedenen Ländern einen unterschiedlichen Wert hat. Hinzu kommt, dass wie bei allen Waren die Wirkung von Angebot und Nachfrage Auswirkungen auf den Preis in Form von Lohn hat. Die Ausweitung des Angebots an Arbeitskräften durch Einwanderungen hat genau diese Wirkung. Es geht darum, dass sich die bestehenden Strukturen nur durch mehr Zuwanderung aus dem Ausland erhalten lassen.

Das ist vor allem eine Frage der Ökonomie und nicht der Moral. Für die Ware Arbeitskraft gelten die Gesetze der kapitalistischen Ökonomie, so wie für alle anderen Waren auch.

Beim Import von Fachkräften z.B. für die Krankenhäuser geht es tatsächlich um die Aufrechterhaltung einer profitorientierten Krankenhausfinanzierung zu Lasten nicht nur der Beschäftigten hierzulande, sondern auch zu Lasten der Gesundheitssysteme der Herkunftsländer. Es gibt bei der Migration den direkten Zusammenhang zwischen der Bereicherung eines Landes auf Kosten des anderen und der Bereicherung einer Klasse auf Kosten einer anderen im Lande. In den „Zielländern“ wird so der Preis der Arbeitskraft gedrückt. Das ist klassischer Imperialismus, eine moderne Form der Ausplünderung.

Win-Win und Lose-Lose-Situationen

Die Politik wird nicht müde, immer wieder von einer Win-Win-Situation zu sprechen und argumentiert damit, dass es in den Auswanderungsländern mehr junge und gut ausgebildete Menschen gäbe, als der dortige Arbeitsmarkt aufnehmen könne. Trotzdem wird im Aufnahmeland immer wieder beteuert, sensibel vorgehen zu wollen, damit keinem Land die Arbeitskräfte genommen werden, die es selber braucht.

Als Beleg für die win-win-Situation wird angeführt, dass es durch die Einwanderung dann auch Überweisungen aus der Emigration in die Herkunftsländer gibt, die heute schon in der Summe die staatliche Entwicklungshilfe übertreffen.

In Wahrheit handelt es sich eher um eine lose-lose-Situation. Den ärmeren Ländern wird ein Teil der Reproduktion der Arbeitskraft aufgezwungen, um die sie dann betrogen werden und in reicheren Ländern wird durch größeres Angebot der Preis gedrückt.

Zuwanderung von Arbeitskräften in Deutschland seit den 1950er Jahren

Bereits Ende der 1960er Jahre zeichneten sich mehrere wirtschaftliche Tendenzen ab, deren Einflüsse und Auswirkungen für die Zuwanderung heute noch von Bedeutung sind:

  • Mit der zunehmenden Konzentration des Kapitals ging eine Zunahme der staatlichen Tätigkeit einher. Der Staat sah eine wichtige Aufgabe darin, die Gesellschaft vor der zerstörerischen Macht des Marktes zu schützen. Im Rahmen von der sogenannten korporatischer Steuerung wurden Auseinandersetzung zwischen Staat, Unternehmen und Gewerkschaften geregelt.
  • Der Außenhandel der Bundesrepublik dehnte sich bei gleichzeitiger Intensivierung der Außenhandelsbeziehungen aus.
  • Der Bedarf an Arbeitskräften verlangte von den Unternehmen eine neue Personalstrategie. Neben der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte behalf man sich mit den sogenannten Schließungsprozessen. Auch in den Bereichen mit gering qualifizierter Arbeit bot man ungelernten Arbeitskräften eine langfristige Beschäftigungsperspektive an, die mit betrieblichen Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten begleitet wurden, im Tausch gegen betriebliches Erfahrungswissen und ihrer Loyalität dem Betrieb gegenüber, sich nicht abwerben zu lassen.
  • Der technische Fortschritt in der Nachkriegszeit hatte eine schnell steigende Arbeitsproduktivität und eine Massenproduktion zur Folge. Diese Massenproduktion verlangte nach größeren Absatzmöglichkeiten der Waren und nach kaufkräftiger Nachfrage in der Bundesrepublik, da der Binnenmarkt damals noch eine viel größere Rolle spielte als heutzutage.
  • Auf dem Binnenmarkt war aber die kaufkräftige Nachfrage der Beschäftigten selbst ein wichtiger Faktor, der auch durch die steigende Arbeitsproduktivität ermöglicht werden konnte und die wiederum für recht große Einkommenszuwächse bei den Beschäftigten und gleichzeitig höheren Profiten für die Unternehmen sorgte.
  • Das Tempo des Wirtschaftswachstums verlangsamte sich dann aber wieder mit dem Ende der Rekonstruktionsperiode der Nachkriegszeit und den Änderungen des Produktionsapparates, bedingt durch den technologischen Fortschritt. Das geschah zu einer Zeit, in der die Beschäftigung zugewanderter Arbeitskräfte zunahm.
  • Um überhaupt ein Wachstum des Sozialproduktes zu gewährleisten, brauchte es immer mehr Investitionen, die neue Arbeitsplätze schafften und die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhte.
  • Diese Beschäftigungseffekte erfolgten einmal direkt aus der primären Durchführung der Investitionen und zum anderen aus den multiplikatorischen Einwirkungen, die weitere Beschäftigung auslösten. Die Quelle der Akkumulation ist nach wie vor die Steigerung des Arbeitspotentials.
  • Die Akkumulationsbedingungen sind wiederum günstiger, je größer das vorhandene Arbeitspotential ist und je stärker das Lohnniveau abgesenkt werden kann.
  • Es ist daher kein Widerspruch, dass die rapide Steigerung der Ausländerbeschäftigung mit einer Verlangsamung des Wachstumstempos einherging.
  • Die ausländischen Arbeitskräfte hatten in den 1960er Jahren bei großen Veränderungen der Rahmenbedingungen den weiteren Akkumulationsprozess erst ermöglicht.
  • Auch der Preisauftrieb, der Anfang der 1970er Jahre zu beobachten war, war dadurch bedingt, dass die Unternehmen zur Steigerung der Profitrate die Lohnkosten auf die Preise abwälzten. Die damalige Phase der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte fand im Rahmen eines, wenn auch mäßigen, Preisauftriebs statt. Man kann einen Zusammenhang der inflationistischen Wirkungen mit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte erkennen.
Vier Phasen der Zuwanderung von Arbeitskräften
  • Erste Phase: Die Arbeitsmigranten rekrutieren sich aus den südeuropäischen Ländern ersten Grades, wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland.
  • Zweite Phase: Die o.g. Länder integrieren sich zunehmend in das Wirtschaftssystem Westeuropas und werden von den peripheren Ländern zweiten Grades, nämlich durch Jugoslawien und der Türkei ersetzt.
  • Dritte Phase: Die ökonomische Entwicklung der europäischen Industrieländer erfordert eine zunehmende Nachfrage nach Arbeitskräften. Als Lieferanten kommen die peripheren Länder dritten Grades, die arabischen Länder Nordafrikas in Frage.
  • Vierte Phase: Arbeitskräfte wandern aus den Gebieten südlich der Sahara zu.
Steuerung der Zuwanderung

Damit nichts dem Zufall überlassen wird und die Akkumulationsbedingungen immer günstig bleiben, wurden die Abläufe der Zuwanderung von den Aufnahmeländern immer schon gesteuert, denn es entstehen höhere Kosten, wenn mehr Arbeitskräfte kommen, als es einen Bedarf für sie gibt.

Bis zu einem gewissen Grad ist das Überangebot an Arbeitskräften für den Druck auf die Löhne ja erwünscht.

Als Steuerung hatte sich in der Bundesrepublik die gezielte Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte bis zum Anwerbestopp 1973 für die Unternehmen als erfolgreich erwiesen. Danach gab es immer wieder eine bedarfsgerechte Zufuhr an Arbeitskräften in bestimmten Bereichen des Arbeitsmarktes z.B. Krankenschwestern aus Südkorea oder viele türkische und marokkanische Frauen, die als Alleineinreisende für bestimmte Sparten angeworben wurden.

Die Anwerbung hatte für die Unternehmen noch den Vorteil, dass die Menschen schon im Herkunftsland ärztlich untersucht wurden und so Arbeitskräfte kamen, die in ein Sozialsystem passten, in dem die Sozialpolitik mit ihrem Arbeits- und Gesundheitsschutz garantierte, dass ein ausreichendes Angebot an gesunden Arbeitskräften bereitstand.

Die zugewanderten Arbeitskräfte trafen auf einen Arbeitsmarkt, auf dem Flexibilisierung und Deregulierung noch nicht so ausgeprägt waren wie heute. Im Jahr 1970 handelte es sich bei 84 Prozent der Arbeitsplätze um Normalarbeitsverhältnisse, auf den verbleibenden 16 Prozent der Arbeitsplätze arbeiten Frauen und Migranten. Rund 80 Prozent der Beschäftigten unterlagen einem Tarifvertrag.

Die direkte Konkurrenz mit den einheimischen Beschäftigten wurde in der Vergangenheit oft überbewertet, doch füllten die ausländischen Arbeitskräfte meist nur die Lücken auf dem Arbeitsmarkt, die durch die berufliche und soziale Mobilität oder durch die regionale Immobilität der deutschen Beschäftigten entstanden waren.

Als Binsenweisheit gilt heute, dass die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte erst den sozialen Aufstieg der deutschen Beschäftigten ermöglichte und der Etablierung und Stabilität der Normalarbeitsverhältnisse diente.

Änderungen der Rahmenbedingungen

Für die Beschäftigung von zugewanderten Arbeitskräften haben sich die Rahmenbedingungen immer wieder verändert.

So ist z.B. die Rotation der ausländischen Arbeitnehmer (nach einiger Zeit werden die Arbeitskräfte durch neue ersetzt) heute zur Steuerung kein Thema mehr, da die Rotation von Beschäftigung und Erwerbslosigkeit auf dem prekären deutschen Arbeitsmarkt selbst stattfindet bzw. durch die temporäre Arbeitsmigration aus den EU-Staaten ersetzt wurde.

Wichtige Voraussetzung für die temporäre Arbeitsmigration war die Deregulierung des Arbeitsmarktes mit den sogenannten Hartz-Reformen und die Dienstleistungsfreiheit in der EU. Die Menschen arbeiten in diesem Bereich vor allem im Dienstleistungssektor als Saisonarbeitskräfte, Scheinselbständige und grenzüberschreitende Leiharbeiter für einige Wochen oder ein paar Monate im Jahr.

Wir befinden uns seit einigen Jahren in einer Überproduktionskrise mit geringem Wirtschaftswachstum, in der vordergründig weitere Arbeitskräfte nicht gebraucht werden, sogar eher überflüssig sind. Darüber täuscht auch nicht das Märchen von dem Fachkräftemangel hinweg, das erzählt, dass Fachkräfte im Pflege-, Hotel- und Gaststättenbereich durch die Arbeitsmigration eingestellt werden können. Dabei sind dies genau die Bereiche, in denen die schlechtesten Lohn-, Arbeits- und Arbeitszeitbedingungen vorherrschen und deshalb auch nicht mit den einheimischen Fachkräften zu besetzen sind, die von ihrem Arbeitsplatz nicht mehr leben können.

Die Arbeitsmigration hat an dieser Stelle die wichtige Funktion, diese klassischen Niedriglohnsektoren zu stabilisieren und mit Arbeitskräften zu versorgen, die die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen in Kauf nehmen müssen um überhaupt existieren zu können.

Deutschland verspricht sich von der Zuwanderung junger mobiler Menschen einen großen wirtschaftlichen Vorsprung vor den anderen EU-Ländern, als Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Wirtschaftsmacht und der Arbeitskräftereserve, bei möglichst freiem Waren- und Personenverkehr. Politik und Unternehmerschaft berücksichtigen dabei, dass es in der EU keinen einheitlichen Arbeitsmarkt gibt, der auch Schutzfunktionen bieten würden, wie z.B. gleiche Arbeitsgesetze und soziale Sicherungen, starke Gewerkschaften und einheitliche Lohnstrukturen und dass auf dem EU-Arbeitsmarkt der freie Personenverkehr für die Beschäftigten nur bedingt gilt. Arbeit finden sie nur in den wirtschaftlich stärkeren Regionen in der EU, in denen zumindest die Aussicht besteht, dass auch höhere Löhne gezahlt werden können, als in den Randzonen.

Die Profiteure von dem freien Personenverkehr sind, wie schon beim freien Warenverkehr, vor allem die deutschen Unternehmen.

Die bundesdeutsche Migrationspolitik sah im vergangenen Jahr vor, dass viele Zu- wanderer in die EU hineinkommen, sie in der EU verteilt werden, um innerhalb der EU eine Auswahl der Menschen treffen zu können. Gleichzeitig sollte die EU-Außengrenze möglichst geschlossen und der Personenverkehr in der EU möglichst frei sein.

Das hat aber nicht ganz so geklappt, wie gedacht, denn die große Mehrheit der EU-Staaten schottete sich gegenüber den Einwanderern ab und schränkte den freien Personenverkehr ein.

Wie mit den Einwanderern in der EU umgegangen wird, wird mittlerweile fast nur noch in den einzelnen Nationalstaaten entschieden und die wichtigen Entscheidungen fallen nur in den mächtigen EU-Staaten.

Unterm Strich ist Deutschland der größte Profiteur dieser Entwicklung, auch wenn dies ein großer Teil der Bevölkerung derzeit anders sieht.

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Was erwartet die zugewanderten Arbeitskräfte und wo verbleiben sie

Im Folgenden soll versucht werden, nachzuvollziehen, in welchen Arbeitsbereichen die meisten der zugewanderten Arbeitskräfte unterkommen und ob sie wirklich für die moderne Reservearmee erforderlich sind.

Die Menschen, die in Deutschland eintreffen, stoßen auf eine Gesellschaft, in der aktuell und offiziell 46 Millionen Menschen erwerbstätig sind. Das sind 77 Prozent aller Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren und 35 Millionen von ihnen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet, meist unfreiwillig, in unterbezahlter Teilzeit oder Minijobs. Dem gegenüber stehen 3,5 Millionen Menschen, die erwerbslos bzw. unterbeschäftigt sind bei 750.000 gemeldeten offenen Stellen.

Nachdem in den „Corona-Jahren“ 2020 und 2021 ein vergleichsweise geringes Wachstum an Zuwanderern gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zu verzeichnen war (2020: +16.000 Personen; 2021: +21.000 Personen), stieg Ihre Anzahl der im Jahr 2022 im Vorjahresvergleich um 56.000 Personen oder 19 Prozent und um weitere 68.000 Personen oder 19 Prozent im Jahr 2023, das entspricht einem guten Fünftel mehr gegenüber dem jeweiligen Vorjahr in den beiden letzten Jahren.

Im Januar 2024 kamen auf 1,7 Millionen offene Stellen 2,8 Millionen arbeitslose Menschen. Rechnet man all jene Arbeitslose hinzu, die in der Statistik nicht auftauchen, wie über 58-Jährige, Arbeitslose in Weiterbildung oder Ein-Euro-Jobber, lag die tatsächliche Arbeitslosenzahl bei rund 3,6 Millionen Menschen.

Beschäftigte mit „Einwanderungsgeschichte“ sind etwa in Reinigungsberufen (rund 60 Prozent) oder in der Gastronomie (45,6 Prozent) überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Gleiches gilt für die Bereiche Bau, Fahrzeugführung und Körperpflege (z.B. Friseure). Bei einem Anteil von 25 Prozent aller erwerbstätigen Menschen stellen diese Personen mit mehr als die Hälfte der Beschäftigten in „gering qualifizierten Berufen“.

Unter den „Hilfsarbeitskräften“ liegt ihr Anteil bei 52 Prozent. In Führungspositionen (18 Prozent), akademischen Berufen (19 Prozent) oder im Gerichtswesen (sechs Prozent) waren zugewanderte Menschen dagegen deutlich unterrepräsentiert.

Dagegen hatten 40 Prozent aller Leiharbeiter im Jahr 2022 eine ausländische Staatsangehörigkeit, 17 Prozent stammten aus einem Asylherkunftsland. Der Anteil von Geflüchteten in der Leiharbeit liegt bei 13 Prozent, ihr Anteil an der Gesamtzahl aller Beschäftigten bei nur zwei Prozent.

Mittlerweile bilden von zugewanderten Menschen geprägte Arbeitsfelder einen wichtigen Teil der Arbeitswelt in Deutschland und werden auch schon als Ankunftsarbeit bezeichnet. Damit ist eine Situation gefördert worden, in der diese menschenverachtende Arbeit für die hier ankommenden Arbeitskräfte attraktiv scheint, weil sie leicht zugängliche Beschäftigungsmöglichkeiten bietet.

 a. Stille Reserve

Seit vielen Generationen hat die auch organisierte Unternehmerschaft den Grundsatz verinnerlicht, dass Mehrwert allein durch Lohnarbeit geschaffen wird. Deshalb ist sie stets darum bemüht, genau zu wissen, mit wie vielen potenziell lohnabhängigen Beschäftigten zu rechnen ist und welche Reserven zur möglichen Mobilisierung zur Verfügung stehen. Trotz hoher Arbeitslosigkeit und der Tatsache, dass immer mehr Menschen durch Maschinen ersetzt werden, war in der Nachkriegsgeschichte die Gesamtzahl der Erwerbsbevölkerung nie größer als heute und noch nie gingen mehr Menschen einer Lohnarbeit nach als heutzutage.

Die Arbeitsverwaltung wird permanent beauftragt, alle Bewegungen und Bestände am Arbeitsmarkt angemessen zu erfassen und auch die Reserve an Arbeitskräften im Auge zu haben. Falls harte Fakten nicht ermittelt werden können, greift man auch auf Prognosen und Schätzungen zurück, denn es darf auf keinen Fall passieren, dass der Strom der lohnabhängigen Menschen als Arbeitskräfte versiegt.

Auch die Stille Reserve, die kontinuierlich bei über zwei Millionen Arbeitskräften liegt und zeitweise 3 Millionen Menschen umfasste, muss berücksichtigt werden, andernfalls unterschätzt man die Gesamtzahl des potenziellen Arbeitskräfteangebots und weiß nicht, wie groß die hiesige industrielle Reservearmee ist. Dieses Wissen ist einerseits die Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der stetigen Konkurrenz unter beschäftigten und erwerbslosen Menschen, die erst niedrige Löhne und niedrige Sozialleistungen ermöglicht und soll andererseits die wichtige Funktion und Fähigkeit der Gewerkschaften, die Arbeitskraft zu kartellieren, torpedieren.

b. Niedriglohnsektor

Im April 2023 haben 16 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland im Niedriglohnsektor gearbeitet. Konkret heißt das, der Verdienst von rund 6,4 Millionen Arbeitsstellen lag unterhalb der Niedriglohnschwelle von 13,04 Euro brutto je Stunde. Das waren 1,1 Millionen Niedriglohnstellen weniger als im April 2022 (7,5 Millionen). Der Anteil dieser Stellen an allen Beschäftigungsverhältnissen beträgt 16 Prozent.

Die Niedriglohnstellen sind zwischen den Branchen ungleich verteilt. In der öffentlichen Verwaltung (4 Prozent), in der Finanz- und Versicherungsbranche (6 Prozent) und in der Informations- und Kommunikationsbranche (7 Prozent) waren und sind Niedriglöhner eine Ausnahmeerscheinung. Ganz anders ist dies in Branchen wie dem Gastgewerbe (51 Prozent), in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (43 Prozent) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (36 Prozent) war der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten ebenfalls überdurchschnittlich hoch.

Knapp jede fünfte Frau (19 Prozent) arbeitete im April 2023 in Deutschland im Niedriglohnsektor. Bei den Männern war es knapp jeder siebte (13 Prozent).

Und wie ist das mit dem Mindestlohn? Dazu berichten die Statistiker: Im April 2023 wurden deutschlandweit 2,4 Millionen Jobs mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro bezahlt. Das entspricht 6,2 Prozent aller mindestlohnberechtigten Beschäftigungsverhältnisse. Jedes vierte geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnis erhielt den Mindestlohn (26,6 Prozent). Die Arbeit in Voll- oder Teilzeit wurden dagegen deutlich seltener mit Mindestlohn vergütet (1,4 Prozent bzw. 5,0 Prozent).

c. Personen, die dem „freien Arbeitsmarkt“ ausgeliefert sind

Die Zersplitterung des Arbeitsmarktes schreitet seit Jahren voran und lässt eine Wild-West- Atmosphäre sich ausbreiten, die davon geprägt ist, dass:

  • ein hoher Sockel von langzeitarbeitslosen Menschen und der massive Ausbau des Niedriglohnbereichs sowie die prekäre, ungesicherte Beschäftigung dazu geführt haben, dass ein großer Teil der Marginalisierten sich abgehängt und überflüssig fühlt.
  • mittlerweile rund 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland für einen Niedriglohn von unter zehn Euro in der Stunde arbeitet. In Ostdeutschland liegt ihr Anteil sogar bei 30 Prozent.
  • sich die Minijobs mit derzeit rund 7,5 Millionen geringfügig entlohnten Beschäftigten im Arbeitsmarkt fest verankert haben.
  • es inzwischen rund 50.000 Sklavenhändler gibt, die rund eine Million Arbeitskräfte verleihen, so viele, wie noch nie.
  • für die zugewanderten Menschen fast nur der Niedriglohnsektor offen steht und dieser Niedriglohnbereich ein geschlossener Arbeitsmarkt ist, in dem die Beschäftigten kaum eine Chance haben, jemals eine Anstellung mit besseren Bedingungen zu erhalten

und am ganz unteren Ende des Arbeitsmarktes sich die Tage- und Stundenlöhner wiederfinden, deren Lebenssituation einfach nur als elendig zu beschreiben ist.

Beispiel Tage- und Stundenlöhner

Den Teil des Arbeitsmarkts, in dem sich die Tage- und Stundenlöhner verdingen, nennt man in den Ruhrgebietsstädten u.a. den „Arbeiterstrich“ und meint damit diejenigen Menschen, die an der Straße stehen und auf einen „Arbeitgeber“ warten, der sie für einen „Appel und ein Ei“ einige Stunden für sich schuften lässt. Dabei wird leicht übersehen, dass der Personenkreis viel größer ist, als die Menschen, die dort sichtbar sind.

Kaum jemand weiß, dass es regelrechte Kolonien gibt, in denen vor allem Menschen aus den östlichen Nachbarländern als „illegale“ Menschen unter Plastikplanen hausen und auf dem Stundenlöhnermarkt immer weniger konkurrenzfähig sind, da sie gesundheitlich dazu gar nicht mehr in der Lage sind.

Die zunehmende Anzahl von obdachlosen Menschen ist ebenfalls auf diese Beschäftigung angewiesen, vorausgesetzt, das Pfandflaschensammeln lässt ihnen noch Zeit dafür. Die anderen Flaschensammler müssen stundenweise für ein Trinkgeld arbeiten, weil sie mit dem Geld vom Jobcenter nicht auskommen können oder durch Sanktionen nur noch einen Teil vom Regelsatz erhalten.

Allen gemeinsam ist, dass sie Teil des Arbeitsmarktes sind und zum System der örtlichen Lohnarbeit gehören. Eingesetzt werden diese Menschen vorrangig auf dem Bau, in der Gastronomie und in privaten Haushalten.

d. Die Bundesregierung hat für Teilgruppen der ausländischen Bevölkerung mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit folgende Besonderheiten eingeführt, beispielsweise

  • Blaue Karte EU: Ende 2023 verfügten 113.000 Personen in Deutschland über eine Blaue Karte EU. Das waren mehr als ein Viertel aller zugewanderten Arbeitskräfte. Die Blaue Karte EU war damit der häufigste Aufenthaltstitel im Bereich der befristeten Erwerbsmigration. Voraussetzung für die Erteilung der Blauen Karte EU ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie ein konkretes, der Qualifikation angemessenes Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Mit Abstand die meisten Inhaber einer Blauen Karte EU kamen 2023 aus Indien (33.000), gefolgt von Personen mit russischer (10.000) und türkischer (8.000) Staatsangehörigkeit.
  • Fachkraft mit akademischer Ausbildung: Für Akademiker aus Staaten außerhalb der EU gibt es neben der Blauen Karte EU noch weitere Aufenthaltstitel, zum Beispiel eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Voraussetzung ist unter anderem ein konkretes Arbeitsplatzangebot; anders als bei der Blauen Karte EU gilt hierfür keine Mindestgehaltsgrenze. Auch gibt es breitere Beschäftigungsmöglichkeiten, da nicht nur eine Beschäftigung in dem der eigenen Qualifikation entsprechenden Beruf, sondern auch in verwandten Berufen möglich ist. Diese Möglichkeiten, in anderen Berufen zu arbeiten, wurden mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab November 2023 erweitert.
    Ende 2023 verfügten 49.000 Personen über eine solche Aufenthaltserlaubnis. Am häufigsten war bei diesen Akademikern eine Staatsangehörigkeit aus Indien (6.000), China (4.000) oder der Türkei (3.000).
  • Fachkraft mit Berufsausbildung: Seit dem 1. März 2020 bietet das erste Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch Fachkräften mit Berufsausbildung aus Nicht-EU-Staaten die Einreise und den Aufenthalt für die Ausübung einer Beschäftigung. Die Möglichkeiten, eine Aufenthaltserlaubnis mit Berufsausbildung zu erhalten, wurden ebenfalls seit November 2023 geboten.
    52.000 Personen verfügten Ende 2023 über eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Die häufigsten Staatsangehörigkeiten unter den Fachkräften mit Berufsausbildung waren bosnisch-herzegowinische und die philippinische (jeweils 7.000) Personen.
  • Westbalkanregelung: Die sogenannte Westbalkanregelung soll Arbeitskräften aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien seit 2016 unter bestimmten Voraussetzungen einen befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland ermöglichen.
    Auf Grundlage der Westbalkanregelung hielten sich Ende 2023 rund 76.000 Nicht-EU-Staatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis für Erwerbszwecke in Deutschland auf. Mit 20.000 bildeten Staatsangehörige des Kosovo die größte Gruppe. Fast 1.000 Euro lag der mittlere Lohn der Westbalkanbeschäftigten 2021 unter dem aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland. Mehr als ein Drittel von ihnen bekam gar einen Niedriglohn.

Die zum Jahresende 2023 registrierten Personen mit einem Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit waren mehrheitlich männlich (281.000 Personen oder 67 Prozent) und zwischen 25 und 35 Jahren alt (233.000 Personen oder 56 Prozent). Lediglich bei den Fachkräften mit einer Berufsausbildung überwogen die Frauen (58 Prozent). Der Männeranteil war mit 87 Prozent am höchsten für die Fachkräfte mit einem Aufenthaltstitel nach der Westbalkanregelung und einer Blauen Karte EU (71 Prozent). Bei den Fachkräften mit akademischer Ausbildung war das Geschlechterverhältnis mit einem Männeranteil von 52 Prozent fast ausgeglichen.

e. Maßnahmen der Arbeitsverwaltung bzw. der BA

Beispiel: Beschäftigung nach dem Teilhabechancengesetz

Seit 2019 hat die Bundesregierung das Programm Beschäftigung nach dem Teilhabechancengesetz aufgelegt. Die anvisierte Zahl von 800.000 Menschen insgesamt, die „im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit“ mit diesem Programm eine Beschäftigung erhalten sollten, wird wohl schwer zu erreichen sein.

Nachdem einzelnen Gruppen von Zuwanderern, wie den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, sofort nach Ankunft der Leistungsbezug von Bürgergeld gestattet wurde, bot man diesen Menschen damit auch die Voraussetzung für die Teilnahme an den Programmen der Arbeitsverwaltung wie den Arbeitsgelegenheiten / 1-Euro-Jobber und der Beschäftigung nach dem Teilhabechancengesetz. So will man damit die vor sich hin dümpelnden Maßnahmen auffüllen und auch den profitorientierten Betrieben billige Arbeitskräfte zuführen bzw. die Lohnkosten in voller Höhe erstatten.

Das Teilhabechancengesetz sieht im Einzelnen vor, dass

  • die Maßnahme fünf Jahre dauert oder auch eine kürzere Befristung mit optionaler einmaliger Verlängerung explizit erlaubt ist.
  • nach 5 Jahren keine Verpflichtung für die Betriebe zur Weiterbeschäftigung besteht und ein Großteil der Betroffenen wieder in den Hartz-IV-Bezug/Bürgergeld gehen wird.
  • der typische Arbeitsvertrag im Rahmen dieser Förderung voraussichtlich zunächst auf zwei Jahre angelegt sein wird und bei guter Führung und Leistung anschließend für drei Jahre verlängert werden kann.
  • es sich nur zum Teil um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. Da keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhoben werden, ist am Ende nur der Hartz-IV-Bezug/Bürgergeld möglich und das Hartz-IV-System greift wieder. Es braucht nicht Arbeitslosengeld 1 nach dem SGB III gezahlt zu werden und es fallen keine Vermittlungskosten an.
  • die Jobcenter zusammen mit den potentiellen Betrieben entscheiden, welcher Mensch welche Stelle annehmen muss. Der Arbeitszwang seitens der Jobcenter steht dabei der Selbstbestimmung des Einzelnen entgegen.
  • ein Angebot nicht abgelehnt werden kann. Auf jegliche Verweigerung folgt die Sanktionierung durch die Jobcenter.
  • falls der Mindestlohn überhaupt gezahlt wird, das selbst in Vollzeit zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist. Schon gar nicht kann man davon eine Familie ernähren.
  • es sich um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme handelt und sich damit kein Arbeitsverhältnis begründet. So sind Verstöße gegen Arbeitsrechte und Arbeitsschutz vorprogrammiert.
  • im Zuge der Beschäftigung von Zusatzjobbern reguläre Beschäftigung in nicht zu vernachlässigendem Umfang verdrängt und der bestehende Wettbewerb beeinflusst wird.
  • Maßnahmeteilnehmer aus der Maßnahme durch die Arbeitsverwaltung abberufen werden können, z.B. für Bildungsmaßnahmen oder eine andere Arbeitsaufnahme

und dass die Beschäftigten immer noch unter der Knute der Jobcenter stehen. Da es sich um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme handelt, sind sie während der gesamten Laufzeit nicht nur ihren Unternehmen, sondern auch der „Betreuung“ durch die Jobcenter unterworfen.

f. Gastronomie, Reinigungsbranche und Pflege als typische Ankunftsarbeitsbereiche

Das erste Arbeitsverhältnis wird von vielen zugewanderten Menschen als eine Art Sprungbrett und Übergangsphase in die eigentlich und zukünftig angestrebte Form der Erwerbsarbeit betrachtet. Die Ankunftsarbeit scheint zwar als einfach zugängliche Beschäftigungsmöglichkeit attraktiv zu sein, doch wird die Erwerbsarbeit im Rahmen einer qualifizierten Tätigkeit als sozial höherwertig und damit als erstrebenswert angesehen wird.

1. Die Gastronomie ist eine Branche, die nur wenig dem ähnelt, was sich die zugewanderten Menschen unter den Arbeitsverhältnissen in Deutschland vorstellen, wie hohe Löhne, soziale Sicherheit, geregelte Arbeitsbedingungen, Rechtsansprüche und Aufstieg durch Bildung, sondern eher den Strukturen ähnelt, die sie aus ihren Herkunftsländern kennen. Vieles geschieht informell. Die Gastronomie gilt als die Branche in der vieles informell passiert und mit dem höchsten Anteil Beschäftigter ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Löhne der rund 1,5 Millionen Beschäftigten dort sind meist niedrig, Tarifbindung ist die Ausnahme, Betriebsräte sind extrem selten und die Personalfluktuation ist hoch.

Weder bei den Beschäftigten noch bei den Leitungen von Gastro-Betrieben ist ein erkennbares Bedürfnis nach formalen Qualifikationen vorhanden. In der Praxis herrscht Learning by Doing, bei der auf eine kurze unbezahlte Erprobungsphase die Einarbeitung im Job erfolgt. Für die Beschäftigten stellt sich dies wie eine private Ausbildung dar, ohne Zertifikat und bei der man davon ausgeht, dass man in dem Beruf, in dem man aktuell arbeitet, auch woanders eine Stelle bekommt.

Die Betriebe sind in der Regel klein und familiäre Beziehungen spielen eine große Rolle. Das ist auch der Grund dafür, dass es praktisch keine Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Allenfalls kann man sich informell für bestimmte Tätigkeiten qualifizieren und so etwas wie „Grillmeister“ oder „die rechte Hand des Chefs“ werden.

Raum für eine formale Interessenvertretung wird da meist nicht gelassen und viele Beschäftigte wissen nicht, was eine Gewerkschaft ist.

Alle Beteiligten meinen, dass Deutsche ohnehin nicht bereit seien, die angebotenen Jobs zu übernehmen und den geforderten Einsatz zu zeigen.

Für die Arbeitskräfte in der Gastronomie dürfte entscheidend sein, dass sie mit ihrer Arbeit nicht nur eine Einkommensquelle erhalten, sondern auch ihren  Aufenthaltsstatus absichern können. Entsprechend sind sie zu großen Abstrichen bei Lohn und Arbeitsbedingungen bereit.

Die meisten Beschäftigten im Gastrobereich streben langfristig den Ausstieg an und wollen nicht ein Leben lang am unteren Ende der Befehlskette ausharren. Sie hoffen darauf, früher erworbene Qualifikationen nutzen zu können, wenn sie genug Deutsch gelernt haben und die Anträge auf Anerkennung im Herkunftsland erworbener Abschlüsse erfolgreich sind. Eine andere Aufstiegsmöglichkeit sehen viele darin, sich mit einem eigenen Gastrobetrieb selbständig zu machen. So sehen die meisten Arbeitskräfte die Arbeit im Gastrobetrieb als notwendige hinzunehmende, aber vorübergehende Phase in ihrer Erwerbsbiografie.

2. Die Reinigungsbranche ist der zweite große Bereich für die Ankunftsarbeit und ist anders organisiert als das Gastgewerbe. Hier dominieren einige wenige Großunternehmen den Markt und es gilt ein Branchenmindestlohn.

Doch gibt es eine ganze Reihe Parallelen zur Gastronomie. Eine Niedriglohnbranche ist die Reinigungswirtschaft mit ihren knapp zwei Millionen Beschäftigten, von denen die meisten zugewanderte Frauen sind. Die Arbeit erfordert keine bestimmte Ausbildung, die körperliche Belastung ist hoch und der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten ist durchweg gering.

Der Bereich wird auch hier eher als Durchgangsstation betrachtet und die Identifikation mit der Arbeit oder dem Betrieb ist gering. Aufstiege im Betrieb sind kaum möglich, nur selten erhalten besonders zuverlässig eingeschätzte Personen eine informelle Überwachungs- oder Kontrollaufgabe.

Weiterbildung oder formelle Schulungen gibt es kaum und das Lernen beschränkt sich darauf, zu schauen, was die anderen tun und es nachzumachen.

Die Machtverhältnisse sind denen in der Gastronomie ähnlich. Einerseits suchen die Betriebe zwar händeringend Personal, andererseits haben viele Beschäftigte große Angst, ihre Stelle zu verlieren und harren unter schlechten Bedingungen aus.

3. Im Arbeitsfeld Pflege sind derzeit rund 800.000 Menschen tätig, die meisten davon sind Frauen. Hier sind die psychischen und körperlichen Belastungen sehr hoch und gearbeitet wird rund um die Uhr. Der Anteil der zugewanderten Menschen ist in der Pflege nicht so hoch wie in den anderen beiden Branchen und der Zugang ist in der Regel nur mit einer Ausbildung möglich.

Wie die meisten zugewanderten Beschäftigten in Gastronomie und Reinigungsgewerbe betrachten viele die Tätigkeit in der Pflege lediglich als Zwischenstation auf dem Weg in einen höher angesehenen Beruf mit weniger aufreibenden Arbeitsbedingungen. Auch hier sehen viele keinen Sinn darin, sich im Pflegebereich weiterzubilden. Andere wünschen sich, dauerhaft in der Pflege bleiben zu können und kämpfen darum, gemäß ihrer im Ausland erworbenen Qualifikation eingesetzt zu werden oder sich später durch ein Studium weiterzuqualifizieren.

Die Pflege ist aber aus Sicht der zugewanderten Arbeitskräfte der Bereich, der für sie am ehesten für eine dauerhafte Beschäftigung infrage kommt.

Zuwanderung als Import von Arbeitskräften

Die Diskussion um die Einwanderung in Deutschland läuft nicht erst seit der Anwerbung der sogenannten Gastarbeiter ab Ende der 1950er Jahre. Schon Marx und Engels erklärten die Ein- und Auswanderung aus der Entwicklung der Produktivkräfte, der Produktionsverhältnisse und der Produktionsweise.

Sie sahen die Theorie über den Mehrwert auch als Grundlage für das Verständnis der Migration im Kapitalismus an, die unter anderem aufdeckt, dass die Arbeitskraft in den verschiedenen Ländern einen unterschiedlichen Wert hat. Hinzu kommt, dass wie bei allen Waren die Wirkung von Angebot und Nachfrage Auswirkungen auf den Preis in Form von Lohn hat.

Die Ausweitung des Angebots an Arbeitskräften durch Einwanderungen hat genau diese Wirkung. Es geht darum, dass sich die bestehenden Strukturen nur durch mehr Zuwanderung aus dem Ausland erhalten lassen. Das ist vor allem eine Frage der Ökonomie und nicht der Moral.

Internationalismus

Für die Ware Arbeitskraft gelten die Gesetze der kapitalistischen Ökonomie, so wie für alle anderen Waren auch.

Der von internationalistischen Positionen getragene Kampf um die vollständige Gleichbehandlung der Menschen die in Einwanderungsländer kommen, richtet sich letztlich gegen eine Seite der Verwertung dieses Unterschieds.

Die vollständige Gleichbehandlung bzw. Nicht-Diskriminierung ist aber nur eine Bedingung für die Abwehr von Lohndumping durch Einwanderung. Doch auch die vollständige Gleichbehandlung der zugewanderten Menschen ändert nichts daran, dass der Import von Arbeitskräften durch die Vergrößerung des Angebots der Ware Arbeitskraft auf deren Preis drückt. Es kommt hinzu, dass die Gesellschaften in Einwanderungsländern selbst bei der vollständigen Durchsetzung der Nicht-Diskriminierung von der Ausbeutung der Herkunftsländer profitieren, die den Aufwand für die Reproduktion der Arbeitskraft vollständig oder zu einem erheblichen Teil selbst tragen und der unter großen Anstrengungen entwickelten Potentiale mit der Auswanderung verlustig gehen.

Diese Ausplünderung treibt die Migration noch weiter an. Der gewünschte Teil der Zuwanderer wie Fachkräfte oder Ärzte ist willkommen. Der ungewünschte Teil wird mit administrativen, polizeilichen und sogar militärischen Mitteln bekämpft. Interessengeleitet soll der Kampf gegen diese Opfer der kapitalistischen Ökonomie dann als Durchsetzung des Rechts verkauft werden.

Letztendlich ist das eine Frage des Maximalprofits, wobei Rassismus und ähnliche Begleiterscheinung nachrangig sind.

Beim Import von Fachkräften z.B. für die Krankenhäuser geht es tatsächlich um die Aufrechterhaltung einer profitorientierten Krankenhausfinanzierung zu Lasten nicht nur der Beschäftigten hierzulande, sondern auch zu Lasten der Gesundheitssysteme der Herkunftsländer.

Es gibt bei der Zuwanderung von Arbeitskräften den direkten Zusammenhang zwischen der Bereicherung eines Landes auf Kosten des anderen und der Bereicherung einer Klasse auf Kosten einer anderen im Lande. In den „Zielländern“ wird so der Preis der Arbeitskraft gedrückt. Das ist klassischer Imperialismus, eine moderne Form der Ausplünderung.

 

Die Zuwanderung hat nicht nur dazu geführt, dass die Bevölkerungszahl in Deutschland stabil geblieben ist, sondern sie hat auch das proletarische Subjekt verändert. Nicht mehr die Metall- oder Bergbaubeschäftigten dominieren, sondern die Klasse der abhängig, meist prekär Beschäftigten ist migrantisiert worden.

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Hier geht`s zum ersten Teil der Politischen Ökonomie der Zuwanderung:

Zur Politischen Ökonomie der Zuwanderung (I) – Aktuelle Daten und ökonomische Hintergründe | gewerkschaftsforum.de

 

 

 

 

 

 

Quellen: Marios Nikolinakos,(ro ro ro aktuell,1973), ÖGB, Hans Böckler Stiftung, multipolar, destatis, BA, Stefan Sell, WAZ 

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