Die Globalisierung steckt in Schwierigkeiten, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weltweit in Schwierigkeiten stecken und die Menschen Regierungen, die ihnen nichts Neues zu bieten haben, einfach nicht vertrauen.
Auf allen Kontinenten haben die Menschen Angst vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze, und wenn 83 Prozent der Menschen in 13 Ländern der G20 der Ansicht sind, dass der Mindestlohn nicht ausreicht, um davon zu leben, dann können Ungleichheit und Instabilität nur noch zunehmen.
Die Erwerbsbevölkerung ist extrem besorgt, und 45 Prozent der Befragten in G20-Ländern haben kaum Hoffnung, dass ihre Kinder einen guten Arbeitsplatz finden werden.
Das reichste Prozent wird generell als Urheber der weltweiten Profitgier hingestellt, aber auch als an den Hebeln der Macht sitzend, während die Regierungen an Macht verloren haben.Die Welt braucht eine Lohnerhöhung, und die Staaten müssen aufhören, den Lohndiebstahl der Konzerne zu schützen, der die Profitgier antreibt und die Ungleichheit verschärft.
Die Weltweite Umfrage des IGB 2017 macht die Defizite an menschenwürdiger Arbeit und die Hoffnungslosigkeit zu vieler Menschen deutlich, weist aber auch einen Weg zu der sicheren und wohlhabenden Welt, die uns mit den Nachhaltigkeitszielen der UN und dem Pariser Klimaschutzabkommen versprochen wurde.
Diese Untersuchungen werden durch das bestätigt, was uns die Beschäftigten entlang der Lieferketten großer Konzerne auf allen Kontinenten berichtet haben. Die Menschen lassen sich dabei von Regierungen, die sich auf keine gemeinsamen Positionen verständigen können, nicht täuschen, sondern wissen, dass die Staaten, wenn sie gemeinsam handeln würden, für menschenwürdige Arbeit sorgen könnten und die Welt sicherer wäre.
Die Botschaften an die G20, an alle Staaten und die internationalen Institutionen ist eindeutig. Die Menschen wollen globale Regeln für globale Lieferketten und dass multinationale Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden. Sie wollen einen Mindestlohn, von dem sie in Würde leben können. Sie wollen Investitionen in Arbeitsplätze für sich und ihre Kinder, und sie wollen Sozialschutz für alle.
Und sie wollen, dass die Regierungen etwas für den Klimaschutz tun.
Wird die G20 die unerlässliche Führungsrolle übernehmen? Werden die Konzerne durch die neuen Regeln zur Verantwortung gezogen werden, die Sorgfaltspflicht, Beschwerdemöglichkeiten und Abhilfe zur Auflage machen und in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte verankert sind?
Die Globalisierung kommt den Menschen nicht zugute
Während viele Spitzenpolitiker/innen und öffentliche Debatten bei der Besorgnis der Menschen um Arbeitsplätze und Löhne ansetzen, um auf eine nationalistische Abschottung hinzuarbeiten, macht die Weltweite Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) 2017 deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in 16 Ländern auf fünf Kontinenten, in denen die Hälfte der Weltbevölkerung lebt, dafür sind, dass die Staaten internationale wirtschaftspolitische Maßnahmen ergreifen, um die Arbeitnehmerrechte und -interessen zu schützen.
Was Länder in unterschiedlichen Enzwicklungsstadien, von Guatemala bis zu den USA, von Dänemark bis Südafrika, von Japan bis Indien, miteinander verbindet, ist die Forderung an die Regierungen nach der Eindämmung der Macht der Unternehmen.
Die Regeln der Weltwirtschaft werden verzerrt, um die Interessen des reichsten Prozents und der Unternehmen denen erwerbstätiger Menschen überzuordnen. Die Menschen wollen, dass ihre Regierungen die Wirtschaftsregeln neu definieren, um Wachstum und geteilten Wohlstand zu fördern.
Weltweite Besorgnis
Die Besorgnis der Menschen macht ein globales Regierungsversagen in Bezug auf Arbeitsplätze und Löhne sowie wachsende Ängste hinsichtlich der Reaktion der Staaten auf drohende Klimaänderungen und Cyber-Angriffe deutlich. Ein Machtungleichgewicht zwischen den Regierungen, dem reichsten Prozent, den Unternehmen und den erwerbstätigen Menschen bei der Einflussnahme auf die Festlegung von Regeln für die Weltwirtschaft stellt eine Gefahr für die Demokratie dar.
1. Eine globale Beschäftigungskrise
Nicht genügend Arbeitsplätze
73 Prozent der im Rahmen der Weitweiten Umfrage des IGB Befragten machen sich Sorgen über den möglichen Verlust ihrer Arbeitsplätze. In den letzten zwei Jahren war nahezu jede/r Vierte direkt von Arbeitslosigkeit oder der Verkürzung der Arbeitszeit betroffen, entweder am eigenen Arbeitsplatz oder an dem eines Familienmitgliedes.
Nicht genügend Arbeitsplätze für die nächste Generation Knapp die Hälfte der Befragten geht nicht davon aus, dass die nächste Generation eine angemessene Arbeit finden wird. Die Hoffnung darauf, dass die nächste Generation gute Arbeit findet, trägt maßgeblich zum Zusammenhalt in der Gesellschaft bei.
Arbeitsbedingungen
61 Prozent machen sich Sorgen über eine Schwächung oder Aufhebung der Arbeitsgesetze.
2. Lohnsorgen
Besorgnis angesichts wachsender Ungleichheit
Überall auf der Welt machen sich fast drei von vier Menschen (74 Prozent) Sorgen angesichts der wachsenden Ungleichheit zwischen dem einen Prozent der Superreichen und dem Rest der Bevölkerung. 56 Prozent sind besorgt über unfaire Konkurrenz durch geringer bezahlte ausländische Arbeitskräfte.
Familieneinkommen in der Krise
Viele Beschäftigte stehen unter erheblichem finanziellen Druck, und 80 Prozent der Menschen kommen nur gerade so über die Runden. Annähernd die Hälfte der Befragten (45 Prozent) gibt an, dass ihr Familieneinkommen in den letzten beiden Jahren hinter den Lebenshaltungskosten zurückgeblieben ist. Lediglich ein Drittel der Befragten (35 Prozent) gibt an, dass ihr Familieneinkommen in den letzten beiden Jahren mit den Lebenshaltungskosten Schritt gehalten und neun Prozent der Befragten haben heute nicht genügend Geld für die grundlegenden Dinge des Lebens, wie z.B. Wohnung, Lebensmittel und Strom.
Mindestlohn reicht für ein menschenwürdiges Leben nicht aus
Eine überwältigende Mehrheit von 80 Prozent der weltweit Befragten gibt an, dass der Mindestlohn in ihrem Land nicht ausreicht, um den Beschäftigten ein Leben in Würde zu ermöglichen.
3. Angst vor Klimawandel und Cyberangriffen
Außerhalb des Arbeitsplatzes machen sich 66 Prozent der Menschen Sorgen über den Klimawandel und 63 Prozent über Cyber-Angriffe auf Banken, Regierungen und andere Institutionen.
4. Versagen der Regierungen
Globale Konzerne an den Hebeln der Macht
Die Regierungen handeln nicht im Interesse der Menschen. Viele fühlen sich einem Wirtschaftssystem ausgeliefert, das die Reichen begünstigt und gegenüber den meisten Menschen nicht gerecht ist. Mehr als sieben von zehn Befragten (71 Prozent) sind der Ansicht, dass erwerbstätige Menschen nicht genügend Einfluss auf die Festlegung der Regeln für die Weltwirtschaft haben, und 53 Prozent befürchten, dass die einzelnen Regierungen über nicht genügend Macht verfügen. 71 Prozent glauben, dass das reichste Prozent der Bevölkerung zu viel Einfluss hat, und 61 Prozent halten die ‘Firmeninteressen’ für zu mächtig, wenn es darum geht, die Regeln für die Weltwirtschaft festzulegen.
Das reichste Prozent legt die Regeln für die Weltwirtschaft fest
80 Prozent aller Befragten sind der Ansicht, dass das Wirtschaftssystem die Reichen begünstigt und gegenüber den meisten Menschen nicht gerecht ist. In keinem einzigen bei der Weltweiten Umfrage des IGB berücksichtigten Land hält die Mehrheit der Befragten das Wirtschaftssystem für gegenüber den meisten Menschen gerecht.
Frustriert über nationale Regierungen
Die Menschen sind von ihren Regierungen enttäuscht, wenn es um menschenwürdige Alterseinkommen, Arbeitslosenunterstützung und einen erschwinglichen Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildungsangeboten geht.
Ein globaler Aktionsplan für die Regierungen
In allen bei der Weltweiten Umfrage des IGB berücksichtigten Ländern sprechen sich die Bürgerinnen und Bürger nachdrücklich dafür aus, dass die Regierungen im Interesse der Menschen handeln.
Eine massive weltweite Forderung nach der Neudefinition der Regeln für die Weltwirtschaft
Angesichts einer Weltwirtschaft, in der das reichste Prozent und Firmeninteressen zu viel und die Arbeitnehmer/innen und Regierungen zu wenig Einfluss haben, sowie in Anbetracht eines Wirtschaftssystems, das nach Ansicht der überwältigenden Mehrheit der Befragten die Reichen begünstigt, hält es die große Mehrheit der Befragten (85 Prozent) für an der Zeit, die Regeln für die Weltwirtschaft neu zu definieren, um das Wachstum zu fördern und den Wohlstand zu teilen.
93 Prozent halten es für wichtig, dass ihre Regierung Position gegen den Missbrauch rechtsstaatlicher Verfahren durch Konzerne bezieht.
Mehr als sieben von zehn Befragten sind der Ansicht, dass erwerbstätige Menschen nicht genügend Einfluss auf die Festlegung der Regeln für die Weltwirtschaft haben
66 Prozent der Menschen machen sich Sorgen wegen des Klimawandels. halten hat, und neun Prozent der Befragten haben heute nicht genügend Geld für die grundlegenden Dinge des Lebens, wie z.B. Wohnung, Lebensmittel und Strom.
Die Zukunft der Arbeit: Angst um Arbeitsplätze, nicht vor Technologie
Die Angst vor den Auswirkungen des technologischen Wandels, ob Robotertechnik oder Automatisierung, ist bei den Diskussionen in vielen Ländern allgegenwärtig. Bei der Weltweiten Umfrage wurde anhand sieben positiver und negativer Aussagen über neue Technologien nach den Einstellungen in 16 Ländern gefragt. Es besteht große Übereinstimmung bezüglich der positiven Auswirkungen der Technologie und konkrete Besorgnis um Arbeitsplätze.
Neue Technologien und Arbeitsplätze
- 70 Prozent glauben, dass neue Technologien neue Arbeitsplätze schaffen
- 69 Prozent glauben, dass neue Technologien die CO2-Bilanz von Arbeitsplätzen reduzieren
- 63 Prozent glauben, dass neue Technologien Arbeitsplätze überflüssig machen
- 55 Prozent glauben, dass neue Technologien Arbeitsplätze sicherer machen
Neue Technologien und Löhne & Arbeitsbedingungen
- 85 Prozent glauben, dass neue Technologien die Arbeit für Menschen leichter machen
- 80 Prozent glauben, dass neue Technologien zu besseren Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer beitragen
- 55 Prozent glauben, dass neue Technologien die Löhne der Arbeitnehmer senken
Arbeitsgesetze
Arbeitsgesetze und Sozialschutz und die Rolle der Gewerkschaften
Obwohl die Regierungen in vielen Ländern der Welt die Aushebelung der Arbeitsgesetze und Schutzmaßnahmen im Visier haben, macht die Weltweite Umfrage des IGB deutlich, dass eine Vielzahl von Arbeitsgesetzen, einschließlich des Streikrechts, außergewöhnlich deutliche Zustimmung findet (73 Prozent).
Generelle Zustimmung finden Gesetze zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit (96 Prozent) und Gesetze zur Festlegung und zum Schutz eines akzeptablen Mindestlohns (93 Prozent).
Auch die Rolle der Gewerkschaften am Arbeitsplatz findet deutliche Zustimmung, wobei 85 Prozent der Menschen das Recht auf eine Gewerkschaftsmitgliedschaft und 91 Prozent der Menschen das Recht auf Tarifverhandlungen für wichtig halten.
Weltweit wollen drei von vier Menschen, dass die Gewerkschaften eine aktive Rolle in der Gesellschaft spielen.
Die Verantwortung des Staates für sozialen Basisschutz, der den Menschen Zugang zu Bildungsangeboten und medizinischer Versorgung gewährt und eine angemessene Altersversorgung, Unterstützung für bezahlten Mutterschaftsurlaub und Leistungen bei Arbeitslosigkeit sicherstellt, wird von der Öffentlichkeit mit überwältigender Mehrheit anerkannt: Für jede der fünf genannten Maßnahmen haben sich zwischen 89 und 94 Prozent der Befragten ausgesprochen.
An diesem Bild hat sich seit der ersten weltweiten Umfrage des IGB im Jahr 2012 nichts geändert.
Weitere Infos: https://www.ituc-csi.org/IMG/pdf/global_poll_de.pdf Bild: IGB