Der weiße Finanzmarkt – Pflege als Spekulationsobjekt

Von Rainer Bobsin

»European healthcare – a golden opportunity for private equity« – so titelte McKinsey & Company im Juni 2017.1 Auch deutsche Gesundheitseinrichtungen werden von internationalen Private-Equity-Investoren als »goldene« Gelegenheit wahrgenommen und übernommen. Dies betrifft sämtliche Versorgungsbereiche: Pflegeeinrichtungen, ambulante Pflegedienste, Arzt- und Zahnarztpraxen bzw. Medizinische Versorgungszentren sowie Rehakliniken und Krankenhäuser. Das zeigt eine Auswertung aller öffentlich zugänglichen Informationen über den Kauf von Gesundheitseinrichtungen durch Private-Equity-Gesellschaften vom Dezember 2017, deren Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden.2

Dabei muss aufgrund der intransparenten Marktsituation, resultierend aus fehlenden Veröffentlichungspflichten, undurchsichtig verschachtelten Konzernstrukturen oder sich in Steueroasen versteckenden Fonds davon ausgegangen werden, dass nicht alle Übernahmen identifiziert werden konnten. Beachtet werden sollte außerdem, dass jede Bestandsaufnahme nur eine Momentaufnahme darstellen kann, da viele der Investoren erst am Anfang ihrer Akquisitionsphase stehen und in entsprechend rascher Folge dazukaufen. Das verdeutlichen auch die ersten vorliegenden Zahlen von 2018, auf die hier ebenfalls eingegangen wird (Stand: Mitte April 2018).

Wie Private Equity funktioniert

Insgesamt machen sich die verschiedensten Arten von Finanzinvestoren in der deutschen Wirtschaft immer breiter. Gesundheitseinrichtungen werden überwiegend von Private-Equity-Fondsgesellschaften übernommen. Dies sind Kapitalsammelstellen, die einzelne »Töpfe« (Fonds) einrichten, in die von Anlegern eingesammeltes Geld fließt, um damit andere Unternehmen zu kaufen. Das Gabler-Wirtschaftslexikon definiert: »Von privaten Anlegern und/oder institutionellen Anlegern bereitgestelltes Eigenkapital, mit dem Beteiligungsgesellschaften (Private-Equity-Gesellschaften) Unternehmensanteile für einen begrenzten Zeitraum erwerben, um eine finanzielle Rendite zu erwirtschaften.«3 Motivation ist vor allem die Aussicht auf die Steigerung des Verkaufswertes eines Unternehmens. Der hauptsächliche Geschäftszweck besteht darin, ein übernommenes Unternehmen mit möglichst hohem Gewinn möglichst schnell wieder zu verkaufen.4

Ziel ist deshalb, sämtliche Entscheidungen beherrschen zu können – weshalb Minderheitsbeteiligungen selten sind. Das operative Geschäft kann beim vorherigen Management verbleiben, wird aber von Managern des Private-Equity-Investors »unterstützt«. Mit einbezogen in die Auswertung wurden sog. »Family Offices«. Dies sind Beteiligungsgesellschaften im Besitz entsprechend wohlhabender Einzelpersonen oder Familien, die eigenes Kapital investieren, ihr Engagement aber meist nicht befristen und die daher langfristiger denken können.  Die Haltedauer, d.h. der Zeitraum zwischen Kauf und Verkauf eines Unternehmens, lag im Durchschnitt aller untersuchten Gesundheitseinrichtungen bei unter vier Jahren.

 Buy and build – die vorherrschende Investmentstrategie

Der niederländische Finanzinvestor Waterland Private Equity, dem in Deutschland neben etwa zehn Prozent aller Reha-Betten (Median-Kliniken) auf Orthopädie spezialisierte Kliniken (Atos-Kliniken), Augenarztpraxen (ZG Zentrum Gesundheit), Pflegeheime und Pflegedienste (Schönes-Leben-Gruppe) sowie »Kinderwunschzentren« (VivaNeo-MVZ) gehören, erklärt Buy and build folgendermaßen: »Nachdem eine erste Investition in ein ›Plattform-Unternehmen‹ erfolgt ist, unterstützt Waterland das Management aktiv bei der Umsetzung der zuvor vereinbarten Wachstums- und Konsolidierungsstrategie. Mithilfe einer aktiven und zielgerichteten ›Buy-and-build‹-Strategie werden ergänzende Zukäufe nacheinander in das Plattform-Unternehmen integriert, um den Investment-Cluster zu vergrößern und die Marktposition zu stärken.«5 Kurzgefasst kann das auch so formuliert werden: Kaufen, was der Markt hergibt, fusionieren und auf Rendite trimmen, damit sich beim späteren Verkauf im Idealfall mehrere Interessenten gegenseitig überbieten.

Woher kommen die Käufer und wie entwickeln sich die Zahlen?

Die in Deutschland im Bereich der Gesundheitsversorgung seit 19986 einkaufenden 41 Private-Equity-Gesellschaften kommen bisher aus Großbritannien (11), Deutschland (10), den USA (6), Frankreich und den Niederlanden (jeweils 3), Belgien, der Schweiz und Schweden (jeweils 2) sowie Luxemburg und Jersey (jeweils 1).  Die zeitliche Entwicklung der Private-Equity-Aktivitäten kann über die Anzahl der Käufe pro Jahr veranschaulicht werden. Beachtet werden muss, dass es sich dabei um die Anzahl der Käufe (»Deals«) handelt, nicht um die Anzahl gekaufter Einrichtungen. Ein Verkauf einzelner Einrichtungen kommt zwar vor, in der Regel sind es aber deutlich mehr. Die Anzahl betroffener Einrichtungen liegt also insgesamt wesentlich höher (Beispiel 2009: 40 Median-Rehakliniken = 1 Kauf, Beispiel 2017: 160 AlloheimPflegeheime = 1 Kauf). Diese Zählweise ist üblich, da in vielen Fällen die Zahl der Einrichtungen nicht veröffentlicht wird und eine Ermittlung viel zu aufwändig wäre.

 Stationäre Pflegeeinrichtungen

In diesem kleinteiligen und stark wachsenden Bereich liegt der Private-Equity-Anteil bei etwa 5 Prozent der rund 930.000 Pflegeheimplätze. Vor allem aufgrund sich in den letzten Jahren erstmals engagierender Private-Equity-Investoren ist zu erwarten, dass ihr Anteil auch weiterhin stark steigen wird.

Nordic Capital (Jersey, seit 2017):  Alloheim Senioren-Residenzen etwa 20.100 Plätze

Oaktree Capital Management (USA, seit 2017):  Vitanas-Holding etwa 8.300 Plätze

Chequers Capital (Frankreich, seit 2017):  Emvia Living etwa 5.500 Plätze

Quadriga Capital (Frankfurt/M., seit 2015): Dorea-Holding etwa 4.700 Plätze

EQT (Schweden, seit 2014):  Charleston-Holding etwa 3.700 Plätze

Verlinvest (Belgien, seit 2016):  DPUW Deutsche Pflege u. Wohnen etwa 3.000 Plätze

Waterland Private Equity (Niederlande, seit 2017):  Schönes-Leben-Gruppe/Compassio etwa 3.000 Plätze.

Verstärkt zu beobachten ist, dass Pflegeheimbetreiber zusätzlich in ambulante Angebote investieren.7

Außerklinische Intensivpflege

Die ambulante Intensivpflege versorgt schwerstpflegebedürftige PatientInnen außerhalb von Kliniken in Form einer 1:1-Betreuung zuhause oder personalsparender in dafür angemieteten oder gekauften Räumlichkeiten, den sog. Intensiv- oder Beatmungs-Wohngemeinschaften.8 Die vorwiegend von spezialisierten Pflegeunternehmen durchgeführten Betreuungsleistungen bilden einen kleinen, aber ebenfalls stark wachsenden Bereich der Gesundheitsversorgung.9

In diesem sehr kleinteiligen Markt mit zahlreichen Pflegediensten, die mit wenigen Beschäftigten nur einzelne PatientInnen betreuen, ist davon auszugehen, dass sich fast alle großen privaten, überregional tätigen Intensivpflegedienste im Besitz von Private-Equity-Investoren befinden:

  • Mérieux Développement (Frankreich): Bonitas-Holding, 96 Standorte, etwa 3.600 Beschäftigte,
  • Chequers Capital (Frankreich): Deutsche Fachpflege Holding, über 50 Wohngruppen, 16 ambulante Pflegedienste, etwa 3.200 Beschäftigte,
  • Adiuva Capital GmbH (Hamburg): Advita Pflegedienst GmbH, 26 Niederlassungen, rund 1.900 Beschäftigte,
  • Ergon Capital Partners (Belgien): Deutsche Intensivpflege-Gruppe, 11 ambulante Pflegedienste, über 30 Wohngruppen, über 1.000 Beschäftigte,
  • Vitruvian Partners (Großbritannien): Linimed-Fazmed-Gruppe, mehr als 40 Standorte, über 850 Beschäftigte.

Abzuwarten bleibt, wie sich die von der Cofra Holding AG (Schweiz) Anfang 2018 übernommene DPG Deutsche Pflegegruppe GmbH sowie die von Auctus Capital Partners (München) 2016 gegründete Providentia Intensivpflege Group GmbH entwickeln.

Medizinische Versorgungszentren

MVZ sind, wie Arztpraxen, Einrichtungen der ambulanten medizinischen Versorgung. Sie wurden 2004 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung definiert und ihre Einführung mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz beschlossen. Diese neu geschaffene Möglichkeit, über das auf den Zuständigkeitsbereich einer Kassenärztlichen Vereinigung begrenzte Gebiet hinaus bundesweit zu expandieren, leitete eine Konzern-Bildung auch in diesem Versorgungsbereich ein. 2011 stellte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung »Mittelabflüsse an private, rein gewinnorientierte Organisationen« fest und bemerkte, dass medizinische Entscheidungen von Kapitalinteressen beeinflusst werden könnten. Sie bezeichnete dies als »Gefahr«.

Diese Gefahr wollte der Gesetzgeber mit dem 2012 in Kraft getretenen GKVVersorgungsstrukturgesetz eindämmen, indem Investoren, die allein Kapitalinteressen verfolgen, von der MVZ-Gründung ausgeschlossen werden sollten: »Die Zulassungsregelungen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden modifiziert mit dem Ziel, die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen zu sichern. Hierzu gehört insbesondere die Beschränkung der MVZ-Gründungsberechtigung auf Vertragsärzte und Krankenhäuser mit Ausnahmeregelung aus Versorgungsgründen für gemeinnützige Trägerorganisationen.«10 Damit blieb die am nächsten liegende Möglichkeit, die es allen Interessierten, also auch Private-Equity-Fonds, weiterhin erlaubte, MVZ zu gründen: »Dann kauf’ ich mir ein Krankenhaus«.

Seitdem wurden 20 Krankenhäuser übernommen, um sie als MVZ-Trägergesellschaft zu installieren. Davon gingen zwölf Häuser an Private-Equity-Investoren. Durch Ausnutzen dieses und weiterer »Schlupflöcher« konnten Private-Equity-Gesellschaften inzwischen zahlreiche Arztpraxen übernehmen und in MVZ umwandeln oder MVZ kaufen. Aufgrund der intransparenten Marktsituation und der Tatsache, dass es keine veröffentlichten Daten über die wahren MVZ-/Praxisbesitzer gibt, kann die Anzahl der im Private-Equity-Besitz befindlichen MVZ-/Praxis-Standorte nur grob auf etwa 340 geschätzt werden, davon etwa 30 Zahnarzt-MVZ (von insgesamt rund 2.500 MVZ11 und etwa 300 Zahnarzt-MVZ12).

 Krankenhäuser

Im Besitz von Private-Equity-Unternehmen befinden sich insgesamt etwa 7.100 Krankenhausbetten. Das entspricht etwa 1,4 Prozent aller Krankenhausbetten. Davon gehören fast 4.800 Betten der Ameos AG (mehrheitlich im Besitz des USamerikanischen Private-Equity-Investors Carlyle Group). Daneben befinden sich etwa 560 Betten der Oberberg-Kliniken (psychiatrische Privatkliniken), seit November 2017 im Besitz von Trilantic Capital Management (USA), und etwa 480 Betten der AtosKliniken (orthopädische Fachkliniken) im Besitz von Waterland Private Equity (Niederlande). Der Erwerb eines Krankenhauses als MVZ-Trägergesellschaft betrifft vor allem kleine Häuser – schließlich sollen die MVZ-Konzernbilanzen nicht durch übermäßige Krankenhaus-Defizite belastet werden.

Die Gründe für das als vergleichsweise gering einzustufende Engagement von PrivateEquity-Investoren im Bereich Krankenhäuser dürften die starke Präsenz der privaten Klinikkonzerne (Helios-Kliniken GmbH, Asklepios Kliniken GmbH, Sana Kliniken AG), drohende Defizite und der schrumpfende Markt (kontinuierlicher Bettenabbau) sein.

Abzuwarten bleibt, an wen der insolvente Paracelsus-Konzern (ca. 2.000 Krankenhaus- und 1.700 Reha-Betten) verkauft wird.13

 Rehakliniken

Gravierend ist dagegen die 2011 mit der Übernahme der RHM Kliniken und Pflegeheime begonnene Bildung des Reha-Konzerns Median-Kliniken durch Waterland Private Equity.14

Median beschreibt sich selbst als »größten privaten Betreiber von Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland – mit 18.000 Betten und Behandlungsplätzen. […] mit insgesamt 120 Rehabilitationskliniken, Akutkrankenhäusern, Therapiezentren, Ambulanzen und Wiedereingliederungseinrichtungen. […] Die ca. 15.000 Beschäftigten der Gruppe behandeln und betreuen jährlich etwa 230.000 Patienten und Bewohner in 14 Bundesländern.«15 Die angegebene Bettenzahl ent-spricht über zehn Prozent aller Reha-Betten in Deutschland.

Zum Vergleich: Die 16 Träger der Deutschen Rentenversicherung verfügen insgesamt über ein deutschlandweites Netz von 93 eigenen Rehabilitationseinrichtungen mit zusammen etwa 19.000 Betten und ambulanten Plätzen.

 Wie lässt sich die beschriebene Entwicklung erklären?

Die weltweite Niedrigzinspolitik der vergangenen Jahre führte dazu, dass sog. institutionelle Anleger (Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Staatsfonds) ihre Gelder verstärkt Private-Equity-Fonds anvertrauten in der Hoffnung, hiermit überdurchschnittliche Verzinsungen zu erzielen. Private-Equity-Fonds-gesellschaften stehen inzwischen vor dem Problem, dass sie mehr Geld von Anlegern einsammeln, als sie ausgeben können. In der Folge dieses »Anlagedrucks« rückten einerseits immer kleinere Unternehmen in den Fokus, beispielsweise Pflegedienste und Arztpraxen. Andererseits trat die »Hemmschwelle« der gesetzlichen Regulierungen im Gesundheitswesen in den Hintergrund.

Dazu kommen die im weltweiten Vergleich sehr stabile gesamtwirtschaftliche Lage Deutschlands, die sichere Refinanzierung im deutschen Gesundheitssystem und die im Gesundheitswesen anzutreffenden sehr »fragmentierten Märkte« (im Hinblick auf die beschriebene Buy-and-Build-Strategie). Die Abwesenheit mächtiger, finanzkräftiger anderer Marktteilnehmer erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, eine angestrebte Übernahme realisieren zu können. Ein vergleichsweise geringer Private-Equity-Anteil lässt sich auch mit starken Mitbietern erklären (beispielsweise die schon genannten privaten Krankenhauskonzerne oder bei Dialyse-Einrichtungen: KfH, PHV, Fresenius Medical Care, B. Braun und DaVita).

Besonders interessant sind wachsende Märkte, die aufgrund der demografischen Entwicklung und der gesundheitspolitischen Vorgabe »ambulant vor stationär« leicht zu identifizieren sind, sowie die steigende Nachfrage nach privat zu zahlenden Dienstleistungen (beispielsweise »Kinderwunsch«-MVZ oder »ästhetische Behandlungen« in dermatologischen oder Zahnarztpraxen).

Auf der anderen Seite gilt selbstverständlich: »kein Kauf ohne Verkäufer«. Der wesentliche Grund für einen Verkauf an einen Private-Equity-Investor ist die Nachfolgeregelung bei inhabergeführten Unternehmen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag beschreibt dies so: »Immer mehr Unternehmer erreichen das Ruhestandsalter. Gleichzeitig dünnen die Jahrgänge der 25- bis 45-Jährigen aus, in denen sich sehr viele Personen für den Aufbau einer selbstständigen Existenz interessieren« und: »ein ›Familienautomatismus‹ zur Übernahme des Unternehmens durch Tochter oder Sohn ist immer seltener anzutreffen.«16

Als Verkaufsgrund kommt ein Kapitalbedarf, der die eigenen Beschaffungsmöglichkeiten übersteigt, hinzu, beispielsweise bei Expansionsplänen, durch die fortschreitende Digitalisierung oder bei in der Vergangenheit unterlassenen Investitionen (»Investitionsstau«).

Selten zu finden waren Übernahmen aus Insolvenzen und Abspaltungen aus Gesundheitskonzernen (beispielsweise verkaufte die Rhön-Klinikum AG 2014 alle Augenärztlichen Diagnostik- und Therapiezentren an die damals im Portfolio von Palamon Capital Partners befindliche Ober-Scharrer-Gruppe).

 Fazit – »Stille« stören

Weitgehend geräuschlos konnten Private-Equity-Unternehmen bisher bedeutende Bereiche der Gesundheitsversorgung in Deutschland aufkaufen. Nur gelegentlich erlangten Übernahmen öffentliche Aufmerksamkeit, die meisten wurden außer von den betroffenen Beschäftigten und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kaum zur Kenntnis genommen. Folglich blieb das »Marktgeschehen« in seiner Gesamtheit unbeobachtet.

Die hier vorgestellte Bestandsaufnahme möchte diese »Erkenntnislücke« schließen und ist als Aufforderung zu verstehen, sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Diese Aufforderung richtet sich an drei Zielgruppen:

Wissenschaft: Dringend erforderlich sind Untersuchungen zu konkreten Auswirkungen auf die Behandlungs- oder Betreuungsqualität, zu Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der betroffenen Beschäftigten und zu Wechselwirkungen auf das gesamte Gesundheitssystem. Einzelne Negativbeispiele und »gefühlte Zusammenhänge« reichen nicht aus, eine politische Debatte zu bestreiten. Dem Vorwurf, »ideologisch motiviert und nicht faktenbasiert« zu sein17, mit dem die Träger privater Heime gewerkschaftlicher Kritik begegnen, müssen ja gerade Fakten entgegengestellt werden können.

Politik: Sie muss vor allem dafür sorgen, dass Transparenz hergestellt wird über die eigentlichen Besitzer von Gesundheitseinrichtungen, deren Ziele und den Verlauf der Geldströme.

Öffentlichkeit: Trotz vieler unbeantworteter Fragen sollte schon jetzt eine breite öffentliche Debatte und Strategiediskussion beginnen, wie der beschriebenen Entwicklung begegnet werden kann, denn von gesundheitspolitischen Entscheidungen sind alle Menschen betroffen – niemand möchte, dass die eigene Behandlung oder Versorgung davon abhängt, wie viel Rendite oder Verlust der persönliche Fall einbringt. Eine simple Frage lautet doch: Was würde wohl passieren, wenn der Feuerwehr eine Mindestzahl zu löschender Brände pro Monat vorgegeben wird?

 

 

 

Der Artikel von Rainer Bobsin, erschien in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit: Ausgabe 4/2018 

Rainer Bobsin ist freiberuflich tätig und arbeitet seit Jahren auch als Hintergrundrechercheur im Bereich des Gesundheitsmarktes und gelegentlich als Autor für den ver.di Infodienst Krankenhäuser. Jüngste Veröffentlichung: Rainer Bobsin: »Finanzinvestoren in der Gesundheitsversorgung in Deutschland. 20 Jahre Private Equity – Eine Bestandsaufnahme«, Offizin-Verlag, Hannover 2018, 60 Seiten, 6 Euro

Bild: gegenblende/dgb 

 

Anmerkungen:

 1 McKinsey & Company: »European healthcare – a golden opportunity for private equity«, 2017, als PDF verfügbar unter: https://www.mckinsey.com 

2 Rainer Bobsin: »Finanzinvestoren in der Gesundheitsversorgung in Deutschland. 20 Jahre Private Equity – Eine Bestandsaufnahme«, Hannover 2018

3 Gabler-Wirtschaftslexikon, Stichwort »Private Equity«, https://wirtschaftslexikon.gabler.de 

4 Mehr Infos in: Christoph Scheuplein: »Private Equity Monitor 2017«, Mitbestimmungsreport Nr. 40, Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2018, als PDF verfügbar unter: https://www.boeckler.de 

5 Zitiert von der Waterland-Internetseite: https://waterland.be/de/unsereinvestment-strategie/  (zuletzt abgerufen am 14.4.2018)

6 1998 erfolgte der erste Kauf einer Gesundheitseinrichtung in Deutschland durch Private-Equity-Investoren: ECM Equity Capital Management übernahm den Pflegeheimbetreiber Casa Reha.

7 https://www.pflegemarkt.com/2017/12/19/die-groessten-pflegedienste-indeutschland-2018/  (zuletzt abgerufen am 14.4.2018)

8 https://www.pflegemarkt.com/2016/08/30/wohngemeinschaften-mitintensivpflege-angebotsverteilung-in-deutschland/  (zuletzt abgerufen am 14.4.2018)

9 Siehe auch ZDF Frontal 21, 14. April 2015: »Ren-dite mit Schwerstkranken – Das Geschäft mit der Intensivpflege«, https://www.youtube.com/watch?  v=U0NZJp3tO-8, ARD Monitor, 8. September 2016: »Geschäfte mit Todkranken: Der boomende Markt der Intensiv-Pflege«, https://www.youtube.com/watch?v=vaAhrLDvEg, und Der Spiegel: »Todkranke für WG gesucht«, Nr. 47/2017: http://www.spiegel.de 

10 Begründung zum Gesetzentwurf, Bundestagsdrucksache 17/6906 vom 5. September 2011, S. 46, ausführlich ab S. 70, »Zu Buchstabe b«, als PDF verfügbar unter: http://dipbt.bundestag.de 

11 Kassenärztliche Bundesvereinigung: »Medizinische Versorgungszentren aktuell zum Stichtag 31.12.2016«, Berlin 2017, S. 3, als PDF verfügbar unter: http://www.kbv.de/ 

12 Bundestagsdrucksache 18/13412 vom 25. August 2017, »Zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren (MVZ)«, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, S. 2, als PDF verfügbar unter http://dip21.bundestag.de/ 

13 Siehe z.B. kma-online am 9.4.2018: »Paracelsus-Kliniken. Verdi fordert Fortbestand des Konzerns statt kurzfristiger Profitmaximierung«, https://www.kmaonline.de/, oder Spiegel-online am 4.4.2018: »Insolvente Kette. Paracelsus-Kliniken locken hochkarätige Kaufinteressenten«, http://www.spiegel.de/ 

14 Siehe auch ARD: »Finanzinvestoren bei Rehakliniken«, plusminus-Beitrag vom 28.3.2018, www.daserste.de/ 

15 Zitiert von der Median-Internetseite: https://www.mediankliniken.de/de/unternehmen/zahlen-fakten/  (zuletzt abgerufen am 14.4.2018)

16 DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2017, S. 4, und DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2016,  S. 3, als PDF verfügbar unter: https://www.dihk.de/themenfelder/gruendungfoerderung/unternehmensnachfolge/umfragen-und-prognosen/umfrageunternehmensnachfolge 

17 NDR: Pflegeheime als Spielball auf dem Finanzmarkt, Bericht vom 22. Februar 2018. https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Pflegeheime-als-Spielballauf-dem-Finanzmarkt,alloheim112.html