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AWO Ostwestfalen-Lippe hat Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt – Wohlfahrtsverbände nutzen Insolvenzverfahren zur Sanierung

Nach dem für den Konzerneigentümer erfolgreiche Galeria Karstadt Kaufhof – Insolvenz im Schutzschirmverfahren haben auch andere Konzerne die Insolvenz als neues Geschäftsmodell entdeckt. Nun ist auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) auf diesen lukrativen Zug aufgesprungen. Der AWO-Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe mit 4.300 Beschäftigten hat Insolvenz beantragt und das Amtsgericht Bielefeld eröffnete ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren.

Insolvenzverfahren sind für die AWO nichts Neues, doch wurden sie bislang weniger zur Sanierung genutzt, sondern eher um unliebsame, kritische und langjährige bzw. unkündbare Beschäftigte feuern zu können. Dabei versetzte der Wohlfahrtskonzern in den letzten zwei Jahrzehnten häufig die Kritiker in den eigenen Reihen in neue Betriebe, die als Ausgründungen rechtlich eigenständig vom AWO-Mutterkonzern agieren. Dort waren die ungeliebten Arbeitskräfte in einem ganz neuen Arbeitsverhältnis angestellt und konnten, weil oft die ausgegründeten Betriebe wirtschaftlich immer schwächelten, bei einem Insolvenzverfahren als erste gekündigt werden.

So kann auch die AWO in Ostwestfalen durch das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einmal den Gesamtkonzern mit öffentlichen Mitteln sanieren und zum anderen die für sie zu hohen Personalkosten durch das Insolvenzgeld und die erleichterte Entlassung der Beschäftigten erheblich senken. AWO Ostwestfalen-Lippe hat Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt – Wohlfahrtsverbände nutzen Insolvenzverfahren zur Sanierung weiterlesen

Die strafende Stadt

Mit stolzer Brust trat der Rechts- und Ordnungsdezernent Mitte Oktober 2023 vor die Medien und verkündete den Erfolg der Ordnungskräfte und Polizei gegen aggressives Betteln, Drogenkonsum im öffentlichen Raum und illegales Campieren in der Innenstadt. Hatte man doch seit zwei Monaten den „Kontrolldruck“ erheblich verschärft und das Ergebnis kann sich für den Dezernenten sehen lassen. Seit Mitte August 2023 hatte es 1.500 Platzverweise von der Ordnungsbehörde und 1.800 von der Polizei gegeben. 21 „aggressive Bettler“ kamen vorübergehend in Polizeigewahrsam, weil sie den Platzverweisen nicht folgten. Gegenüber früheren 700 Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen verbotenen Drogenkonsums waren es in den vergangenen Wochen nur noch 100 Fälle. Auch die Zahl von aggressivem Betteln in der Woche ist von 100 Fällen im Zweimonatszeitraum auf 10 gesunken.

Nur rund jede vierte Person, die durch Drogenkonsum, aggressives Betteln oder illegales Campieren auffiel, hatte eine ladungsfähige Adresse in der Stadt. Jede zweite Person, die wegen Konsums illegaler Drogen oder illegalen Campierens angezeigt wurde, war auch durch aggressives Betteln aufgefallen.

Allein bei einer zehntägigen Kontroll-Aktion vom 18. bis 27. August 2023 lautet die stolze Bilanz: Die strafende Stadt weiterlesen

Artikelserie Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik: III – Hausarbeit

Von Ingo Schmidt

Kochen und backen, schneidern und flicken, putzen und waschen, auf Kinder aufpassen, um Kranke und Alte kümmern – Arbeiten, die seit Tausenden von Jahren zur Reproduktion menschlichen Lebens beitrugen, aber erst mit der Entwicklung des Kapitalismus zu Hausarbeit wurden – als unbezahlter Gegenpol zur Lohnarbeit. Bewegungen der Lohnarbeiter gegen die kapitalistische Ausbeutung reichen bis ins frühe 19.Jahrhundert zurück.

Die Hausarbeit wurde erst in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts zu einer Arena politischer Konflikte. Eine autonome Frauenbewegung, die sich sowohl gegenüber der proletarischen als auch der bürgerlichen Frauenbewegung abgrenzte, stritt darüber, ob Hausarbeit produktiv sei und entlohnt werden sollte. Sie erprobte Formen des Zusammenlebens und -arbeitens jenseits der bürgerlichen Kleinfamilie und suchte den Schulterschluss mit Subsistenzbäuerinnen in den kapitalistischen Peripherien.

An die Stelle der Proletarisierung, von der sich die Arbeiterbewegung Zulauf erhoffte, setzte die autonome Frauenbewegung die Hausfrauisierung. Frauen seien die letzte Kolonie, ohne deren Ausbeutung Kapitalismus und Patriarchat nicht bestehen könnten. Artikelserie Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik: III – Hausarbeit weiterlesen

Tod und Vertreibung in Gaza und die deutsche Staatsraison – Kommentar zum Gaza-Krieg und der wertebasierten deutschen Außenpolitik

Von Renate Dillmann

Was passiert, wenn man Menschen von Wasser und Lebensmitteln abschneidet? „Kein Essen, kein Strom, kein Treibstoff, kein Wasser. Es sind menschliche Tiere und wir behandeln sie entsprechend.“ (der israelische Verteidigungsminister Gallant am 2. Tag nach dem Hamas-Angriff).
Gleichzeitig bombardiert die israelische Armee den Grenzübergang zu Ägypten, über den „humanitäre Hilfe“ kommen könnte; die Hilfslieferungen stauen sich vor der Grenze, weil Israel ägyptischen Angaben zufolge bis heute keine Feuerpause zusagt.

Was passiert seitdem in Gaza mit den zweieinhalb Millionen Menschen? Übrigens: Auch Tiere brauchen Wasser und Fressen. Tod und Vertreibung in Gaza und die deutsche Staatsraison – Kommentar zum Gaza-Krieg und der wertebasierten deutschen Außenpolitik weiterlesen

Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten

21 Kriege und 216 bewaffnete militärische Auseinandersetzungen bedrohen aktuell die Welt (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung HIIK). Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine bis hin zu einem Atomkrieg wächst von Tag zu Tag. Täglich sterben unschuldige Menschen. Wir sind besorgt um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Wir brauchen eine Kultur des Friedens und eine gemeinsame Sicherheit.

Anstatt auf Deeskalation und Diplomatie zu setzen, liefert die Bundesregierung immer mehr Waffen und rüstet massiv auf. Große Teile der Politik und Medien militarisieren die Gesellschaft. Erstmals wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel (nach NATO-Kriterien) erreichen. Mit 85,5 Milliarden Euro sind die Militärausgaben 2024 die größten seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, Unterstützung für Kinder und bezahlbare Mieten, Bildung, Wissenschaft und Ausbildung sind dagegen durch dramatische Mittelkürzungen bedroht. Für immer mehr Menschen zeichnet sich eine soziale und ökonomische Katastrophe ab. Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten weiterlesen

Inflationsausgleichszahlung auch für Rentner

Von Tobias Weßert

Nach Besoldungsanpassungsgesetz erhalten neben den Beamten des Bundes auch die Pensionäre des Bundes eine Inflationsausgleichsprämie. Für vollbeschäftigte Beamte beträgt sie 3.000 Euro. Für Pensionäre (Versorgungsempfänger) wird der individuelle Prozentsatz des Ruhegehalts zugrunde gelegt. Der beträgt nach 40jähriger Beschäftigung bei Vollzeit 71,75 Prozent des letzten Gehalts. Die Inflationsausgleichsprämie beträgt in diesem Fall 2.152,50 Euro. Damit soll nach offiziellem Wortlaut die Inflation abgemildert werden. Das ist löblich und sei den Beamten im Ruhestand gegönnt. Inflationsausgleichszahlung auch für Rentner weiterlesen

17. 10. 2023 „Welttag zur Beseitigung der Armut“ unter dem Motto: „Wohnen ist ein Menschenrecht“ – Vom Leben auf der Straße

Zu den unveräußerlichen Menschenrechten gehören ohne Zweifel eine sichere Unterkunft und das Wohnen in Würde, auch in Deutschland. In den vergangenen 10 Jahren ist die Zahl der Menschen ohne Wohnung stetig angestiegen. Am Stichtag 31.01.2022 waren rund 263.000 Personen wohnungslos, knapp 50.000 davon sind obdachlos. Das ist eine ganze Stadt voller Menschen, denen das Recht auf Wohnen verweigert wird. Hinzu kommt eine Dunkelziffer, die niemand genau abschätzen kann.

Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, explodierende Kosten für Miete und Energie, wegbrechender Neubau von Sozialwohnungen und steigende Einkommensarmut sorgen dafür, dass immer mehr Menschen auf der Straße leben müssen.

Hinter den Zahlen verbergen sich Menschen, die in Armut gedrückt wurden, deren Leben irgendwann einmal ins Schlingern kam und die nun dem mörderischen Leben auf der Straße ausgesetzt sind.

Falls sie darüber reden und ihre persönliche Geschichte erzählen wollen, hört ihnen niemand zu. Für ihre Mitmenschen sind sie nur lästig mit ihrer Bettelei, dazu stören sie das Stadtbild und vergraulen die Kunden in den Kaufmeilen.

Für die Politik gibt es sie meistens gar nicht, kommen sie doch angeblich täglich aus anderen Orten in die Stadt und wenn man etwas zu viel für sie tut, werden immer mehr von ihnen angezogen.

Da sie sich nicht wehren oder gar Forderungen stellen, braucht man sich sozialpolitisch erst gar nicht aus dem Fenster zu lehnen. Wird das Problem zu sichtbar, ist es eines für den Einsatz von Polizei und Ordnungskräften.

Im Folgenden wird versucht, sich den obdach- und wohnungslosen Menschen in der Großstadt einmal zu nähern. 17. 10. 2023 „Welttag zur Beseitigung der Armut“ unter dem Motto: „Wohnen ist ein Menschenrecht“ – Vom Leben auf der Straße weiterlesen

Neue Angriffe auf das Streikrecht

Vor ein paar Monaten, wahrscheinlich noch im Windschatten der konzertierten Aktion und des neuen Burgfriedens wurden die Gewerkschaften als Interessenvertretung der abhängig beschäftigten Menschen von Politik, Medien und organisierter Unternehmerschaft des Öfteren gelobt. Dabei wurde hervorgehoben, dass die praktizierte Sozialpartnerschaft mit den Interessen der Unternehmen harmoniert und funktioniert, auch weil im Jahr 2022 und 2023 die Gewerkschaften für die Beschäftigten grottenschlechte Ergebnisse bei den Tarifverhandlungen erzielt haben.

Der Wind hat sich schnell gedreht und weht den Gewerkschaften plötzlich wieder ins Gesicht. Unternehmerfunktionäre von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) oder des Arbeitgeberverband Gesamtmetall blasen sogar Sturm, fordern eine drastische Einschränkung des Streikrechts und sprechen von „Streiks auf dem Rücken der Allgemeinheit zur Erpressung der Staatskasse“ oder unterstellt den Verkehrsbeschäftigten durch ihre Streiks „das halbe Land in Geiselhaft“ zu nehmen. Sie fordern vom Gesetzgeber Regelungen die klar machen, dass „Streiks Ausnahmen bleiben sollen“. Im Chor mit der konservativen Politik wird gefordert, Arbeitsniederlegungen in bestimmten Gesellschaftsbereichen einzuschränken, Warnstreiks zu verbieten, eine neue Regelung für Streiks in der öffentlichen Daseinsvorsorge und in bestimmten Grundversorgungsbetrieben festzulegen.

Die DGB – Vorsitzende Yasmin Fahimi stimmt auch in den Singsang ein und meint, dass „nicht die Zeit für kapitalismuskritische Grundsatzdebatten, sondern für effektives Handeln in der Realität“ sei und für die beiden Gewerkschaften IG Metall und ver.di ist „der Streik immer das letzte Mittel…“. Dieses Bekenntnis zum sozialen Frieden scheint den Gewerkschaften bei den immer heftiger werdenden Angriffen auf das Streikrecht allerdings nicht viel zu helfen. Neue Angriffe auf das Streikrecht weiterlesen

PRO ASYL: Arbeitsverbote für Geflüchtete abschaffen – aber richtig!

Aktuell wird zwischen Bundesregierung und Opposition diskutiert, ob und wie geltende Arbeitsverbote für nach Deutschland geflüchtete Menschen aufgehoben werden sollen. PRO ASYL begrüßt, dass endlich wieder pragmatische Vorschläge in der Flüchtlingspolitik aus Regierungskreisen eingebracht werden. 

Laut Medienberichten könnte als Teil eines Deutschland-Paktes zwischen Bundesregierung und der Oppositionsfraktion CDU/CSU auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete kommen.

„Die Abschaffung von Arbeitsverboten für nach Deutschland geflüchtete Menschen ist überfällig, so wie andere positive Versprechen des Koalitionsvertrags. Arbeitsverbote sind nicht zeitgemäß, grenzen Menschen aus der Gesellschaft aus und sind angesichts des Arbeitskräftemangels in Deutschland auch der Bevölkerung nicht vermittelbar. Um das Problem richtig anzugehen, sollte die Bundesregierung auch direkt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtern und die diskriminierende Duldung light abschaffen, die stets mit einem Arbeitsverbot einhergeht“, fordert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. PRO ASYL: Arbeitsverbote für Geflüchtete abschaffen – aber richtig! weiterlesen

Dumont jagt 200 Druckerei-Angestellte vom Hof – Betriebsrat überrascht

Von Jessica Reisner

Druckerei-Belegschaft und Betriebsrat rufen zum Protest auf

Das Management des Kölner Verlags Dumont schloss seine hauseigene Druckerei und lässt den Kölner Stadt-Anzeiger, die Kölnische Rundschau und den Express Oktober 2023 in der tariflosen Druckerei Mittelrhein-Verlag Koblenz drucken. Die rund 200 Angestellten setzte das Management ohne jede Vorwarnung auf die Straße.1

Den Feiertag zum Tag der Deutschen Einheit nutzte das Management, um Materialien abtransportieren zu lassen. Am Morgen des 04.10.2023 teilte das Management der ahnungslosen Belegschaft bei einer Betriebsversammlung in der Frühschicht mit, dass die Beschäftigten ab sofort freigestellt sind und das Gelände zu verlassen haben. Willkommen im besten aller Systeme.

Auch den Betriebsrat traf das Vorgehen der Firmenleitung unvorbereitet. Den Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, den man zunächst vermuten darf, hat das Management scheinbar billigend in Kauf genommen. Dumont jagt 200 Druckerei-Angestellte vom Hof – Betriebsrat überrascht weiterlesen

NATO-Chef gibt zu, dass die NATO-Erweiterung der Grund für die russische Invasion in die Ukraine war

Während des grausamen Vietnamkriegs wurde gesagt, dass die US-Regierung die Öffentlichkeit wie eine Pilzzucht behandelte: Sie ließ sie im Dunkeln und fütterte sie mit Dung. Der heldenhafte Daniel Ellsberg ließ die Pentagon-Papiere durchsickern, in denen die unerbittlichen Lügen der US-Regierung über den Krieg dokumentiert wurden, um Politiker zu schützen, die sich für die Wahrheit schämen würden. Ein halbes Jahrhundert später, während des Ukraine-Krieges, wird der Mist noch höher aufgetürmt.

Von Jeffrey D. Sachs

[Mit der Veröffentlichung dieses Artikels soll in keiner Weise Russlands Angriff auf sein Nachbarland und die völkerrechtswidrige Verletzung der territorialen Souveränität von der Ukraine gerechtfertigt werden. Dieser Krieg, hätte von allen Beteiligten (Russland, Ukraine und dem Westen unter Führung der USA) verhindert werden können und müssen. Da die westliche Mitschuld an diesem Krieg weitgehend in der Berichterstattung unerwähnt bleibt, ist es uns ein Anliegen unsere mehrheitlich im globalen Westen lebende Leserschaft auf diesen Zusammenhang hinzuweisen. Anmerkung der Redaktion Berlin]

Nach der Ansicht der US-Regierung und der stets unnachgiebigen Nachrichtenagentur New York Times, war der Krieg in der Ukraine „provoziert“, das Lieblingsadjektiv der Times zur Beschreibung des Krieges. Putin, der sich angeblich mit Peter dem Großen vergleicht, fiel in die Ukraine ein, um das Russische Reich wieder zu errichten. Doch in der vergangenen Woche passierte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Washington ein Ausrutscher, nämlich eines, in dem er versehentlich die Wahrheit aussprach.

In seiner Aussage vor dem Parlament der Europäischen Union machte Stoltenberg deutlich, dass der wahre Grund für den Krieg, der bis heute andauert, Amerikas unnachgiebiges Drängen auf eine Erweiterung der NATO auf die Ukraine war. NATO-Chef gibt zu, dass die NATO-Erweiterung der Grund für die russische Invasion in die Ukraine war weiterlesen

Der Sozialdemokratie zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“

Bei vielen SPD-Mitgliedern schlug das wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein, als Bundeskanzler Scholz am Sonntag, dem 27.02.2022 im Bundestag eine Zeitenwende verkündete. Damit meinte er eher eine politische 180-Grad-Wende: Deutschland will Waffen an die Ukraine liefern und unterstützt weiterhin harte Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Vor allem aber kündigte Olaf Scholz an, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung zu bilden, das im Grundgesetz verankert werden soll und wie schon lange von den USA gefordert, dauerhafte Rüstungsausgaben von über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr bereitzustellen.

Besonders die älteren SPD-Mitglieder, das sind vielfach Menschen, die noch die Parteischulungen engagiert mitgemacht haben und die Parteigeschichte aus dem Effeff aufsagen können, wollten es nicht wahrhaben, was sie da hörten. Hatten sie doch sofort Kaiser Wilhelm vor Augen, der bei Kriegsbeginn 1914 keine Parteien mehr kannte, sondern nur noch Deutsche und erinnerten sich an den mutigen Karl Liebknecht, der als SPD-Reichstagsabgeordneter gegen die Kriegskredite stimmte und dafür in seinem weiteren kurzen Leben schlimm büßen musste. Der Sozialdemokratie zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“ weiterlesen

Die ökosoziale und dekoloniale Frage der Klimakrise – Gemeinsame Arbeitskämpfe?

Von Magdalena Taube

Die Produktionsmittel sind zu Mitteln der Klimaproduktion geworden. Wie also können wir – alle Arten von ausgebeuteten Arbeiter*innen auf der ganzen Welt – uns eben dieser Mittel bemächtigen und sowohl die ökosoziale als auch die dekoloniale Frage der Klimakrise angehen?

Internationale Zusammenarbeit ist in einer globalisierten Welt mehr denn je gefragt. Denn die Herausforderungen und Probleme haben immer eine transnationale Dimension und können daher nur durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit angegangen und bewältigt werden. Doch die Staaten sind mit sich selbst und einem zunehmend rücksichtslosen Wettbewerb untereinander beschäftigt. Basisbewegungen, Vereine, Solidargemeinschaften und Arbeiter*inneninitiativen sehen sich nach zwei Jahren Pandemie und steigender Inflation geschwächt und auf lokale Überlebenskämpfe zurückgeworfen. Auch die internationalen Organisationen sind mit den Herausforderungen überfordert; die UNO beispielsweise scheint, wie der Einmarsch Russlands in die Ukraine wieder einmal gezeigt hat, unfähig zu sein, gegen imperiale Aggressionen vorzugehen und den Imperialismus der Grossmächte in seine Schranken zu weisen.

Unterdessen steht die Lebensgrundlage einer wachsenden Zahl von Menschen auf der Welt auf dem Spiel, da die grundlegenden Überlebensmittel und die Gemeingüter im Allgemeinen zerstört werden. Die ökosoziale und dekoloniale Frage der Klimakrise – Gemeinsame Arbeitskämpfe? weiterlesen

Ukraine: Ein Friedensvorschlag gegen die gefährliche Eskalation

Wollen wir den Krieg in der Ukraine friedlich beenden, gibt es zu diesem Friedensvorschlag keine Alternativen.

upg. Der noch beratend tätige Autor Michael von der Schulenburg war deutscher Diplomat der OSZE und der UNO. Er vertritt die Ansicht, Europa sollte aus ureigenem Interesse heraus einen Verhandlungsfrieden im Ukrainekrieg anstreben und nicht durch eine weitere Intensivierung des Krieges auf einen Siegfrieden hoffen. Im folgenden Gastbeitrag kommentiert er den neuen Friedensplan, den vier deutsche Persönlichkeiten Ende August veröffentlichten (Wortlaut siehe unten), und über den grosse Medien bisher nicht informierten.

Von Michael von der Schulenburg für die Onlinezeitung Infosperber

«Legitime Selbstverteidigung und das Streben nach einem gerechten und dauerhaften Frieden sind kein Widerspruch»: Unter diesem Titel haben vier hoch angesehene deutsche Persönlichkeiten[i] Ende August einen Friedensplan vorgestellt, wie der Krieg in der Ukraine durch einen Waffenstillstand und durch darauffolgende Friedensverhandlungen beendet werden kann. Es ist wohl der umfassendste und wegweisendste Friedensvorschlag, der seit dem Beginn des Krieges vor 18 Monaten von einer Regierung, einer internationalen Organisation oder, wie hier, von privater Seite gemacht wurde.

[i] Friedensplan der Professoren Peter Brandt, Hajo Funke, Horst Teltschik sowie General a. D. Harald Kujat: Wortlaut siehe unten.

Dieser Vorschlag kommt zu einem äusserst kritischen Zeitpunkt im Ukrainekrieg. Ukraine: Ein Friedensvorschlag gegen die gefährliche Eskalation weiterlesen

Fachkräftemangel im Gastgewerbe: Organisierte Unternehmerschaft schlägt Alarm – dabei ist das Problem hausgemacht

Im Sommer 2023 wurde wieder einmal Alarm geschlagen: Fachkräftemangel im Gastgewerbe und keine Besserung in Sicht. Wie das unternehmernahe Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung des Instituts der deutschen Wirtschaft mitteilt, stehen den knapp 44.000 offenen Stellen für Fachkräfte in Hotel und Gaststättenberufen nur gut 29.000 entsprechend qualifizierte und arbeitslos gemeldete Menschen gegenüber.  Besonders betroffen ist die Hotellerie, dort können aktuell 42,8 Prozent der offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten erwerbslosen Menschen besetzt werden. In der Gastronomie allgemein gilt dies für 40,1 Prozent der offenen Stellen.

Bei den Berufen Köchinnen und Koch ist die Lücke am größten, hier fehlen insgesamt 7.555 Fachkräfte.

Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in NRW beklagt, dass die Gastronomie und Hotellerie im Land in der Pandemie binnen Monaten fast 100.000 Beschäftigte verloren habe. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, der Personalmangel im Gastgewerbe ist hauptsächlich hausgemacht. Fachkräftemangel im Gastgewerbe: Organisierte Unternehmerschaft schlägt Alarm – dabei ist das Problem hausgemacht weiterlesen