Höslers Zahl der Woche

Eine „Zahl der Woche“ nimmt Dr. Joachim Hösler, der als Lehrer an einer Marburger Schule arbeitet, zum Anlass, um im Unterricht über Zustände und Entwicklungen in der Welt zu diskutieren. Für unseren Heftschwerpunkt haben wir zum 75. Geburtstag der Bundesrepublik ein paar Zahlen, Daten, Fakten ausgewählt, die ein Licht auf Aspekte der deutschen Wirklichkeit werfen.

Von Joachim Hösler

Alle 14 Minuten

… tötet irgendwo auf der Welt eine Waffe des Rüstungsunternehmens Heckler und Koch einen Menschen, so die Schätzung des Rüstungsinformationsbüros Freiburg. (Quelle: junge welt, 1.9.2021, S. 1 )

Zusatzinformation: Rüstungsunternehmen Heckler & Koch, 1949 gegründet u.a. von dem Nazi Edmund Heckler und weiteren Ingenieuren aus NS-Rüstungsbetrieben. Heckler war nachweislich für etwa tausend Zwangsarbeiter verantwortlich, die unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeit leisten mussten. Hohe Todesrate. Heckler & Koch meldet für das Jahr 2020 rund 15 Prozent Umsatzsteigerung auf 275 Millionen Euro, gehört zu den fünf größten Herstellern von Gewehren und Pistolen. Hauptgeschäft: Kleinwaffen – diese gelten als *die* Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts: Pistolen, Sturmgewehre, Handgranaten, Minen (36. KW 2021)

Knapp 15 Prozent

…der bundesdeutschen Bevölkerung leben in Kommunen mit weniger als fünftausend Einwohnern. (Quelle: Tagesschau.de/faktenfinder/urbanisierung… (Zugriff 6.9.2021)

Zusatzinformation: Rund vierzig Prozent der Bevölkerung leben in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern (zur Orientierung: Marburg hat ca. 82.000 Einwohner) 17 Prozent der Bevölkerung leben in Städten mit mehr als einer halben Million Einwohnern (zur Orientierung: Kassel hat ca. 200.000 Einwohner, Frankfurt am Main liegt bei 765.000). Die BRD ist also eine ausgeprägte Stadtgesellschaft, urbane Gesellschaft. Relevant für die Infrastruktur-, Verkehrspolitik. (37. KW 2021)

Nur 13 Prozent

…der Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl 2021 sind unter 30 Jahren alt. (Quelle: der Freitag, 1. Juli 2021, S. 6f.)

Zusatzinformation: 47 Prozent zwischen 30 und 60 Jahre, 38 Prozent der Wahlberechtigten über 60 Jahre alt. (38. KW 2021)

Rund 65 Prozent

…aller Beschäftigten erhalten einen Stundenlohn unter 20 Euro brutto.

(Aus der Antwort des Statistischen Bundesamtes auf eine Anfrage der Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag. Quelle: Oberhessische Presse, 16.9.2021, S. 19)

Zusatzinformation: Mehr als die Hälfte der Beschäftigten, etwa 57 Prozent, erhalten weniger als 18 Euro Stundenlohn brutto, 42 Prozent der Beschäftigten liegen unter 15 Euro brutto, etwa ein Drittel (32 %) unter 13 Euro, ein Viertel (26 %) unter 12 Euro, 12 Prozent aller Beschäftigten unter 10 Euro. Seit Einführung der sog. Hartz-Gesetze (I-IV) durch die Regierung Schröder (SPD)/ Fischer (Grüne) ist die Bundesrepublik zu einem Niedriglohnland geworden. Folge: Frage der Leistungsgerechtigkeit stellt sich; Problem der Altersarmut; Problem für demographische Entwicklung: zu wenige generativ vollwertige Arbeitsplätze! (39. KW 2021)

1.539 Euro Rente

… Brutto bekommt der sogenannte „Eckrentner“ (mit Daten für eine beispielhafte Berechnung): er hat 45 Jahre lang ohne Unterbrechung gearbeitet und immer das Durchschnittseinkommen erhalten, dabei immer sozialversicherungspflichtig gearbeitet (also ohne Unterbrechung in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt), netto derzeit: 1.369 Euro. (Quelle: der Freitag, 9.9.2021, S. 1)

Zusatzinformation: Das Durchschnittseinkommen liegt 2021 bei 3.462 Euro brutto pro Monat. (40. KW 2021)

4,6 Milliarden Euro

… Vermögenssteuer wurden zum letzten Mal 1996 in der BRD erhoben; Gesamtaufkommen rund neun Milliarden DM (ca. 4,6 Milliarden Euro). (Quelle: junge welt, 1.9.2021, S. 5)

Zusatzinformation: Damalige Höhe der Vermögenssteuer: 0,5 Prozent auf Betriebsvermögen, ein Prozent auf Vermögen natürlicher Personen. Urteil des BVerG 1995: Steuer sei verfassungswidrig, verstoße gegen Gleichheitsgrundsatz, bevorzuge Immobilienbesitz gegenüber Bargeld; Kohl-Regierung: kein Grund zur Abschaffung, Korrektur sei möglich; dann – mit Wirkung zum Jahr 1997 – keine weitere Erhebung mehr. Zur Orientierung: Corona-Soforthilfen des Bundes an kleine Unternehmen und Soloselbstständige in 2020: 14,1 Mrd. Euro (43. KW 2021)

82 Prozent

… der gesetzlichen Renten in der Bundesrepublik liegen unter 1.500 Euro brutto pro Monat.

(Quelle: Aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag, berichtet vom Redaktionsnetzwerk Deutschland am 12.9.2021)

Zusatzinformation: Nach der gleichen Quelle liegen 95 Prozent der monatlichen Pensionen von Beamten über 1.500 Euro. (45. KW 2021)

132 Frauen

… wurden im Jahr 2020 in Deutschland von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht, so die Polizeistatistik.

(Vgl. Julia Cruschwitz/Carolin Haentjes: Femizide. Frauenmorde in Deutschland, Stuttgart 2021) (47. KW 2021)

Über 21 Millionen Menschen

… haben einen Migrationshintergrund. Das sind 26 Prozent der Bevölkerung der BRD. In den einzelnen Fraktionen des neu gewählten Deutschen Bundestages sind das: Die LINKE 28,2%, SPD 17%, Grüne 13,6%, AfD 7,2%, FDP 5,4%, Union 4,6%.

Zusatzinformation: Definition Migrationshintergrund: Person oder mindestens ein Elternteil geboren ohne deutsche Staatsangehörigkeit (48. KW 2021)

Mindestens 213 Menschen

… kamen seit dem Wendejahr 1990 bei rechten Gewalttaten ums Leben. Dazu kommen 14 weitere Verdachtsfälle. (Quelle: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/todesopfer-rechter-gewalt/)

Zusatzinformation: Todesopfer in Folge linker Gewalt seit 1990: vier. Vgl. SZ, 10.7.2017; katapult-magazin.de (49. KW 2021)

43 Prozent

… stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den 16 Jahren Kanzlerschaft Angela Merkels. (Quelle: Oberhessische Presse, 4.12.2021)

Zusatzinformation: Wenn Wirtschaftswachstum und Emissionen anhalten, wird die Bundesrepublik Deutschland in weniger als zehn Jahren ihr CO-2-Budget für das Ziel, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, aufgebraucht bzw. den 1,5-Grad-Pfad verlassen haben. (7. KW 2022)

4,91 Milliarden Euro

In den letzten neun Amtstagen genehmigte die Merkel-Regierung noch Rüstungsexporte in Höhe von 4,91 Milliarden Euro. (Quelle: junge welt, 27.12.2021)

Zusatzinformation: Ägypten erhält den Löwenanteil dieses Kriegsgeräts im Wert von 4,16 Milliarden Euro ungeachtet der Menschenrechtsverletzungen in Ägypten, seiner Verwicklung in die Kriege gegen Jemen und in Libyen. Der neue Bundeskanzler Scholz (SPD), dessen Regierung verkündet hatte, die Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand zu stellen, hat die Entscheidung der Merkel-Regierung mitgetragen (als Finanzminister und als Mitglied des Bundessicherheitsrates) (9. KW 2022)

497 Kinder und Jugendliche

Mindestens 497 Kinder und Jugendliche wurden zwischen 1945 und 2019 (!) in katholischen Bistümern von mindestens 235 Priestern, Diakonen u.a. Mitarbeitern sexuell missbraucht.

Zusatzinformation: Opfer- und Täterzahlen entsprechen dem sog. Hellfeld. Einer der Gutachter, Ulrich Wastl: Bilanz des Schreckens. Quelle: Gutachten der Anwaltskanzlei Westphal – Spilker – Wastl; Oberhessische Presse (OP), 21.1.2022, (10. KW 2022)

170 Milliarden US-Dollar

Schäden in Höhe von mehr als 170 Milliarden US-Dollar (150 Milliarden Euro) haben allein die zehn finanziell folgenreichsten Unwetterkatastrophen im Jahr 2021 verursacht.

Zusatzinformation: Diese Summe ist ca. 20 Milliarden US-Dollar höher als 2020. Die Flutkatastrophe in BRD und Belgien gehört auch zu den finanziell schlimmsten: ca. 43 Milliarden US-Dollar! Die teuerste Katastrophe: Hurrikan „Ida“ August 2021 im Osten der USA (65 Milliarden USD). Quellen: NGO Christian Aid; jw, 28.12.2021 (11. KW 2022)

350 Euro Miete

In Marburg muss für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft (WG) im Durchschnitt 350 € Warmmiete (also inkl. Nebenkosten) gezahlt werden. Quelle: OP, 2.3.2022

Zusatzinformation: Im bundesweiten Durchschnitt liegt der Preis für ein WG-Zimmer in Hochschulstandorten mit mehr als 5000 Studierenden aktuell bei 414 €. Quelle: Forschung & Lehre 3/22, S. 188. (14. KW 2022)

45 Prozent

Bevor es Auswirkungen durch die Corona-Pandemie gab, waren im Sommersemester 2020 rund 45 % der Studierenden erwerbstätig ohne finanzielle Schwierigkeiten.

Zusatzinformation: 13 % der Studierenden waren aufgrund finanzieller Schwierigkeiten erwerbstätig. 5 % der Studierenden hatten finanzielle Schwierigkeiten, aber keinen Job. Nur 37 % der Studierenden waren nicht erwerbstätig und ohne finanzielle Schwierigkeiten. Quelle: Forschung & Lehre 3/22, S. 189 (25. KW 2022)

12 Milliarden Euro

… für Leistungen in der Pflege werden pro Jahr in Deutschland nicht (!) abgerufen.

Zusatzinformation: 93 % der Berechtigten haben keine Tagespflege, 86 % der Berechtigten keine Kurzzeitpflege, 80 % der Berechtigten keine Entlastungszahlungen für haushaltsnahe Dienstleistungen usw. Solche und andere Leistungen der Pflegeversicherung werden im Wert von zwölf Milliarden Euro nicht abgerufen, kommen also bei den Menschen, die Hilfe brauchen und mit ihren Probleme selbst zurechtkommen müssen, nicht an. Ursachen: fehlende oder fehlerhafte Information für Betroffene, Mangel an Angeboten, Versäumen von Fristen (Quelle: VdK-Pflegestudie, hier nach VdK Zeitung, Juni 2022, S. 1) ( 27. KW 2022)

200 Millionen

… alte Mobiltelefone liegen nach Angaben der Verbraucherzentralen in deutschen Schubläden.

Zusatzinformation: Ab 1. Juli 2022 sind Lebensmittelgeschäfte und Discounter ab einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern dazu verpflichtet, alte Elektrogeräte zurückzunehmen, vorausgesetzt die Geschäfte vertreiben zumindest mehrmals im Jahr Elektroprodukte. (Quelle: Oberhessische Presse, 21. Juni 2022, S. 20) (28. KW 2022)

145 Milliarden Euro

… haben die Folgeprobleme der Globalen Erwärmung in Deutschland von 2000 bis 2021 gekostet.

Zusatzinformation:  Mithin ergibt sich ein Durchschnittswert von knapp sieben Milliarden Euro pro Jahr, die bislang die Globale Erwärmung in Deutschland an Kosten verursacht. Erwartung der Klimafolgenforschung: Ansteigen der Kosten, Sinken der Produktivität (Quelle: Tagesthemen vom 18.7.2022) (38. KW 2022)

417.000 Wohnungslose

Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) gab es im Jahr 2020 circa 417.000 wohnungslose Menschen in der BRD.

Zusatzinformation: 417.000 Menschen – das entspricht etwa der doppelten Einwohnerzahl Kassels. Immer mehr Menschen in der BRD sind betroffen von Mietsteigerungen, Immobilienspekulation und Zwangsräumungen. Bundes- und Landesregierungen ermitteln und wissen nicht, wie viele Menschen im Land tatsächlich wohnungs- und obdachlos sind. Verbände und Sozialarbeiter, die sich zuständig fühlen, warnen, dass die von der BAGW angegebene Zahl zu niedrig sei und die Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen in Deutschland dramatisch steige. (Quelle: junge welt, 12.9.2022, Seite 1) (40. KW 2022)

4 junge Männer

… wurden im August 2022 innerhalb einer Woche von Beamten der Polizei getötet.

Zusatzinformation: Am 2.8. ein 23jähriger obdachloser, aus Somalia geflüchteter Mann in Frankfurt; am 3.8. ein 48jähriger Straßenmusiker aus Russland in Köln; am 7.8. ein 39jähriger Mann aus Recklinghausen; am 8.8. ein 16jähriger, aus dem Senegal geflüchteter Jugendlicher. Im September wurden von Polizei drei Menschen getötet. Im Oktober zwei Menschen. Gemeinsamkeiten der Opfer: alle arm, alle in sogenannten sozialen Brennpunkten lebend, alle psychisch krank oder extrem belastet, alle mit dunkler Hautfarbe oder Migrationsgeschichte. (Informationsquelle: junge welt, 5./6. November 2022, S. 12f.) (45. KW 2022)

Faktor 53

Die Vorstandsgehälter der 40 DAX-Konzerne sind durchschnittlich 53 Mal so hoch wie die Gehälter ihrer Mitarbeiter.

Zusatzinformation: Im Jahr 2020 waren die Gehälter der DAX-Vorstandsmitglieder im Durchschnitt 47 Mal so hoch wie die der Mitarbeiter. Durchschnittliche Höhe der Bezüge der Vorstandsmitglieder 2022 voraussichtlich 3,9 Millionen Euro; 24 Prozent mehr als 2021. Spitzenreiter aktuell: Steve Angel, Chef der Linde AG: 19 Mio. €/Jahr (Quelle: Oberhessische Presse, 29.9.2022) (46. KW 2022)

Fifty Fifty

Auf die Frage, ob wir für den Klimaschutz auf Wirtschaftswachstum verzichten müssten, antworteten Mitte November 46 Prozent der Befragten mit Ja, 46 Prozent der Befragten mit Nein. (Quelle: Report Mainz, infratest dimap, Mitte November 2022) (46. KW 2022)

Plus 70 Prozent

Um 70 Prozent ist der Nettogewinn beim Waffenhersteller Heckler & Koch in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 gestiegen.

Zusatzinformation: Angabe des Nettogewinns in diesen drei Quartalen: 29,1 Millionen Euro. Profitable Produkte – vor allem Sturmgewehre, exportiert nach Litauen, Lettland, Norwegen und in die USA. „Die operative Fähigkeit unserer Firma kommt nun voll zur Geltung.“ Firmenchef Jens Bodo Koch. Man sei für die weiter steigende Nachfrage infolge des Kriegs in der Ukraine gut aufgestellt. (Quellen: dpa, jw vom 2.12.2022) (49. KW 2022)

4 von 5 Kliniken

80 Prozent der bundesdeutschen Kliniken mussten in den vergangenen Jahren die Zahl ihrer Betten im Bereich der Pädiatrie (Kinderheilkunde, vom Griech. pais, paidos = Kind) verringern.

Zusatzinformation: Die Zahl der Betten in Kinderkliniken sank von 2018 bis 2020 um 455. Von 2020 bis 2012 um weitere 288 auf derzeit noch etwa 25.900. Die Zahl der jährlich stationär zu behandelnden Kinder und Jugendlichen stieg von ca. 900.000 auf über eine Million an. Dazu Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ): „Und die Politik nimmt [die aktuelle Situation] nicht nur billigend in Kauf, sie hat sie mitverursacht, indem sie die Pädiatrie seit Jahren aushungert.“ Jetzt wurde zugesagt, 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro für Kinderkliniken zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Gesundheitsminister Lauterbach: „Ein System, das ausgerechnet Gewinne macht, indem bei Kindern gespart wird, ist ein krankes System.“ (Quellen: Junge Welt, 9.12.2022; Unsere Zeit, 9.12.2022; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.12.2022) (50. KW 2022)

61 Prozent

… der Befragten haben Ende 2022 der Aussage zugestimmt: „Wenn man mal an die aktuellen Krisen und Probleme denkt, war das vergangene Jahr 2022 das schlimmste Jahr seit Langem.“

Zusatzinformation: Diese Art der Befragung wird seit zehn Jahren durchgeführt. Ende 2012 antwortete noch eine Mehrheit von 53 Prozent, das Jahr sei für sie ein gutes Jahr gewesen. Aktuell finden 73 Prozent der Befragten, dass die bestehenden Verhältnisse Anlass zur Beunruhigung böten. Der Wert war im Lauf des Jahres schon höher. (Quelle: Oberhessische Presse, 22.12.2022) (2. KW 2023)

3 Prozent

…des bisherigen Erdgas-Verbrauchs der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2021 sollen künftig aus Katar in Form von Flüssiggas (LNG = Liquified Natural Gas) geliefert werden.

Zusatzinformation: Konkret geht es um die Lieferung von zwei Millionen Tonnen LNG, das entspricht 2,8 Milliarden Kubikmeter Erdgas) pro Jahr.

Der Preis von LNG ist mindestens dreimal so hoch, manche Fachleute sagen vier- bis siebenmal so hoch wie bei klassischem Erdgas; jedenfalls tendenziell weiter steigend. Zur Verflüssigung durch Abkühlen auf tiefkalte (kryogene) minus 162 Grad Celsius wird enorm viel Energie benötigt, der Transport über die Weltmeere verursacht massive Treibhausgasemissionen: LNG ist signifikant teurer, umwelt- und klimaschädlicher als die Nutzung von klassischem Erdgas. Quellen: Unsere Zeit, 9.12.2022; https://www.youtube.com/watch?v=jKX_5h37AXo (Zugriff am 15.1.2023) (3. KW 2023)

761 Millionen und 2,6 Millionen

Erste Schätzungen der Denkfabrik Agora Energiewende gehen davon aus, dass Deutschland im Jahr 2022 761 Millionen Tonnen CO 2 emittiert hat, etwa so viel wie 2021.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat im Lauf des Jahres 2022 in Deutschland 2,6 Millionen Neuzulassungen an Personenkraftwagen (PKW) gezählt, 1,1 Prozent mehr als 2021.

Zusatzinformation: Fachleute gehen davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre sogenannten Klimaziele verfehlt. Schlagzeile der Oberhessischen Presse: „Der Endspurt rettet das Autojahr“. Diesem Thema ist ein fünfspaltiger Artikel gewidmet, auf das Verfehlen der Klimaziele macht ein kleiner Einspalter aufmerksam. (Quelle: OP, 5.1.2023) (4. KW 2023)

4.700 Milliarden Euro

… befanden sich im Jahr 2014 in sogenannten Steueroasen, also in Banktresoren in Gebieten, in denen dieses Geld nicht versteuert werden muss, überwiegend in der Schweiz, sonst in Singapur, Hongkong, Luxemburg, auf den Bahamas, den Kaimaninseln, der Kanalinsel Jersey. Würde diese Steuerhinterziehung effektiv unterbunden, hätten viele Länder dieser Erde keine Haushaltsprobleme mehr.

Zusatzinformation: Zu dieser Zahl kam eine Untersuchung unter Leitung des Wirtschaftswissenschaftlers Gabriel Zucman. Die Umverteilung von unten nach oben hat sich während der Corona-Pandemie 2020/22 und seit dem 24. Februar 2022 beschleunigt. (Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 12.7.2014) (36. KW 2023)

9,3 Millionen

…der derzeit sozialversicherungspflichtig Vollbeschäftigten (!) werden mit einer monatlichen Rente von weniger als 1.500 Euro brutto rechnen müssen.

Zusatzinformation: Derzeit sind rund 22 Millionen Menschen in Deutschland in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis vollbeschäftigt. Weitere rund 20 Millionen sind teilzeitbeschäftigt (oder nicht sozialversicherungspflichtig). Um auf eine monatliche Brutto-Rente von 1.500 Euro zu kommen, muss derzeit 45 Jahre lang voll (40 Stunden pro Woche) für einen Stundenlohn von 20,78 Euro gearbeitet werden. VdK-Präsidentin Verena Bentele dazu: „Wenn die Bundesregierung jetzt nicht gegensteuert, werden Millionen von Menschen im Alter geringe Renten erhalten – und das trotz einer durchgehenden Arbeitsbiographie und einer Bezahlung, die über dem Mindestlohn liegt.“ Eine Erhöhung des Rentenalters führe unweigerlich zur Rentenkürzung. Der Mindestlohn liegt derzeit bei 12 Euro, soll ab 2024 auf 12,41 € erhöht werden. (Quellen: VdK Zeitung, Oktober 2023, S. 1; junge Welt, 27.9.23, S. 5) (40. KW 2023)

32 Prozent

… von 2.000 Befragten in der BRD haben geantwortet, sie sorgten seit Beginn des Krieges wegen des Preisanstiegs weniger für den Ruhestand vor.

Zusatzinformation: Ebenfalls 32 Prozent haben in der Umfrage gesagt, sie sparten für die Rentenzeit überhaupt nicht. 59 Prozent sagten, sie würden gern (mehr) vorsorgen, könnten es sich aber finanziell nicht leisten. – Quelle: Oberhessische Presse, 5.10.23; vgl. Zahl der Woche in der 40. KW!

129

Paragraph 129 des Strafgesetzbuchs verbietet die Bildung krimineller Vereinigungen. Wegen angeblicher Bildung einer kriminellen Vereinigung hat die Generalstaatsanwaltschaft München Ermittlungen gegen sechs Nürnberger Antifaschist*innen eingeleitet.

Zusatzinformation: Am 11. Oktober, drei Tage nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern, bei denen rechtsradikale und radikal konservative Kräfte massiv zugelegt haben, begannen die Hausdurchsuchungen. Vorwurf: Graffiti mit Solidaritätsbekundungen für Antifaschist*innen, die im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren vor Gericht stehen,

50

Um 50 Prozent ist die Zahl der Auszubildenden seit 1980 in Hessen gesunken.

Zusatzinformation: 1980 gab es in Hessen ca. 160.000 Auszubildende, 2023 ca. 80.000. Kultusminister Lorz erklärte dies mit der gesunkenen Anzahl junger Menschen in Hessen, mit dem weitverbreiteten Glauben, akademische Bildung garantiere bessere Arbeit und höheres Einkommen, und mit der Attraktivität und Sogwirkung städtischer Ballungsräume. Auf die Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten der Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik ging er dabei nicht ein. Vertreter der Unternehmer kritisierten die veränderte Anspruchshaltung junger Menschen (z.B. den Anspruch auf Work-Life-Balance), die „unsere wirtschaftliche Stellung“ gefährde. – Quelle: Oberhessische Presse, 14.10.23

3

Jeden dritten Tage wird in der Bundesrepublik Deutschland eine Frau ermordet.

Zusatzinformation: Statistisch gesehen misshandelt alle drei Minuten ein Mann in Deutschland eine Frau, durchschnittlich gibt es jeden Tag einen Tötungsversuch. Jeden dritten Tag gelingt dies. In den weitaus meisten Fällen handelt es sich um Gewalt eines Mannes gegen seine Partnerin. Bislang schauen Mehrheitsgesellschaft und Staat weg. – Quellen: Christina Clemm: Gegen Frauenhass, München 2023; Asha Hedayati: Die stille Gewalt – Wie der Staat Frauen alleinlässt, Hamburg 2023; antifa, Nov./Dez. 2023, S. 30.

4 Arbeiter

… sind Ende Oktober 2023 auf einer Hamburger Großbaustelle tödlich verunglückt.

Zusatzinformation: Auf anderen Großbaustellen Hamburgs waren am 2. September vier Arbeiter lebensgefährlich verletzt worden, am 9. Juni hat sich ein Arbeiter Brandverletzungen zugezogen. Im April 23 hatte die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG Bau) gewarnt vor „alarmierend“ hohem Unfallgeschehen auf deutschen Baustellen. Statistisch sei 2022 deutschlandweit alle dreieinhalb Arbeitstage ein Bauarbeiter tödlich verunglückt. (Quellen: jW, 31.10.23) (48. KW 2023)

Faktor 10

Fast zehnmal größer als 2022 ist in diesem Jahr bisher schon das Volumen der Rüstungsexporte der BRD nach Israel.

Zusatzinformation: Im gesamten laufenden Jahr gab es 218 Genehmigungsanträge. Die Rüstungsexporte nach Israel wurden vor allem nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober ausgeweitet. Seitdem wurden 185 Einzelgenehmigungen erteilt; bis 2. November beliefen sich diese Genehmigungen auf einen Wert von mehr als 303 Millionen Euro (gegenüber 32 Mio. im Jahr 2022). (Quellen: jW, 9.11.23, tagesschau.de vom 8.11.23) (49. KW 2023)

 

 

 

 

Der Beitrag erschien in Marxistische Blätter 1_­2024 Marxistische Blätter (marxistische-blaetter.de) und wird mit freundlicher Genehmigung der Redaktion hier gespiegelt.
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