Als im Jahr 2005 das Arbeitslosengeld II eingeführt wurde, wurde das mit dem Slogan „Fördern und Fordern“ begleitet. Aus dem Slogan hat sich mittlerweile eine Drohungs- und Strafinstrument entwickelt, wobei das Fordern an erster Stelle liegt und unglaublich viele Menschen in Hartz-IV festsitzen.
Die neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stellt heraus, dass von den 6,2 Millionen Leistungsbeziehern bei der Einführung der Hartz-IV-Gesetzgebung 2005 sich rund eine Million bis Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung befand. 1,5 Millionen Menschen beendeten den Bezug innerhalb eines Jahres. Innerhalb von fünf Jahren ist dies vier Millionen gelungen.
Die Studie zeigt auch, dass langer Leistungsbezug nicht automatisch gleichzusetzen ist mit langer Arbeitslosigkeit, da rund 30 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsbezieher erwerbstätig sind. Im Jahresdurchschnitt 2014 waren ca. 6,1 Mio. Personen, etwa 9,5 Prozent der Bevölkerung bis 65 Jahre im Leistungsbezug.Von 2005 bis Ende 2014 erhielten insgesamt 16,7 Mio. Personen zumindest zeitweilig Leistungen.
Die Studie zeigt erneut, dass das Hartz-IV gescheitert ist und wir einen kompletten Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik brauchen.von Holger Seibert, Anja Wurdack, Kerstin Bruckmeier, Tobias Graf und Torsten Lietzmann:
Der Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist häufig von längerer Dauer. Verfolgt man die Lebensläufe einzelner Personen, so zeichnen sich jedoch verschiedene Verlaufsmuster ab. Einige meistern den zügigen Wiedereinstieg in eine ungeförderte Beschäftigung, andere verbleiben dauerhaft im Leistungsbezug und dazwischen gibt es noch eine Reihe weiterer typischer Werdegänge. Das zeigt eine Sequenzmusteranalyse von Personen, die im Jahr 2007 in den Leistungsbezug eingetreten sind und bis zum Jahr 2014 beobachtet wurden.
Seit mehr als zehn Jahren werden Menschen, die grundsätzlich erwerbsfähig sind, und ihre Familien mit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) unterstützt, wenn sie das gesetzlich festgelegte Existenzminimum nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Im Jahresdurchschnitt 2014 waren ca. 6,1 Mio. Personen – etwa 9,5 Prozent der Bevölkerung bis 65 Jahre – im Leistungsbezug. Nach Einführung der Grundsicherung im Jahr 2005 erreichte die Zahl der Betroffenen ihren Höchststand im Frühjahr 2006 mit etwa 7,5 Mio. Personen. Danach ist sie bis 2012 kontinuierlich gesunken, aber in den letzten Jahren weitgehend unverändert geblieben (vgl. Abbildung 1 auf Seite 3). Von 2005 bis Ende 2014 erhielten insgesamt 16,7 Mio. Personen zumindest zeitweilig Leistungen.
Diese Zahlen geben zwar einerseits das hohe Ausmaß an Bedürftigkeit in der Bevölkerung wieder. Andererseits zeigen sie aber auch, dass die Grundsicherung ein wirkungsvolles Element der deutschen Sozialpolitik ist. Unterstützt werden Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen, in denen Einkünfte fehlen oder nur gering ausfallen. Dazu gehören Arbeitslosigkeit sowie Phasen niedrig entlohnter oder geringfügiger Beschäftigung, aber auch Zeiten, in denen Menschen dem Arbeitsmarkt vorübergehend nicht zur Verfügung stehen – z. B. aufgrund von Krankheit, Versorgung von Kindern oder Pflege von Angehörigen.
Leistungsbezug ist häufig von längerer Dauer
Von den 6,2 Mio. Leistungsbeziehenden im Januar 2005 konnten 1,5 Mio. Personen den Bezug innerhalb eines Jahres verlassen oder zumindest unterbrechen. Nach fünf Jahren ist dies etwa 4 Mio. Personen gelungen. Rund eine Million Leistungsbeziehende befand sich von Januar 2005 bis Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung. Bezogen auf den Anfangsbestand im Januar 2005 verbleiben damit gut 16 Prozent zehn Jahre durchgehend im Leistungsbezug. Auch der Blick auf die bisherigen Bezugsdauern der hochgerechnet etwa 6 Mio. Leistungsbeziehenden im Dezember 2014 zeigt, dass lange Bezugsdauern überwiegen (vgl. Abbildung 2). Knapp die Hälfte (44 %) weist zu diesem Zeitpunkt eine ununterbrochene Bezugsdauer von vier Jahren und mehr auf. 23 Prozent befinden sich seit weniger als einem Jahr ununterbrochen in der Grundsicherung. Werden alle Bezugszeiten seit Januar 2005 berücksichtigt, summieren sich diese für 69 Prozent der Personen auf vier Jahre und mehr auf, 9 Prozent der Leistungsbezieher im Dezember 2014 waren seit Januar 2005 weniger als ein Jahr auf SGB-II-Leistungen angewiesen.
Diese Verteilung der Bezugsdauern erweist sich über die Zeit als relativ stabil (Koller-Bösel et al. 2014). Bei der Interpretation der Bezugsdauern im Leistungsbezug sind mehrere Aspekte zu beachten. Einerseits bedeutet langer Leistungsbezug nicht automatisch auch lange Erwerbslosigkeit (Bruckmeier et al. 2015; Lietzmann 2016). So sind etwa 30 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsbezieher gleichzeitig erwerbstätig (Bruckmeier et al. 2015). Andererseits täuschen die hohen durchschnittlichen Bezugsdauern aller Leistungsempfänger über die Tatsache hinweg, dass etwa die Hälfte der neu zugehenden Leistungsbezieher nach einem Jahr den Bezug wieder verlassen kann – wenn auch nicht immer nachhaltig (Graf/Rudolph 2009). Mithilfe einer Sequenzmusteranalyse (vgl. Infokasten) werden im Folgenden nähere Einblicke in die individuellen Werdegänge von Grundsicherungsbeziehern gegeben.
Typische Verlaufsmuster
Die Sequenzmusteranalyse verfolgt das Ziel, möglichst ähnliche Erwerbsverläufe zu bündeln und auf diese Weise die Masse der individuellen Biografien so zu ordnen, dass man typische Verlaufsmuster identifizieren kann.
1 Für diese Analyse werden mithilfe der Integrierten Erwerbsbiografien des IAB Personen ausgewählt, die im Jahr 2007 als erwerbsfähige Leistungsberechtigte erstmals Grundsicherung bezogen haben. Die Stichprobe für die Analyse umfasst insgesamt 23.610 Personen, die über einen Zeitraum von sieben Jahren (84 Monaten) bis ins Jahr 2014 hinein beobachtet werden. Von besonderem Interesse ist dabei, ob und wie rasch die Leistungsbeziehenden in eine ungeförderte Beschäftigung einmünden – also keine SGB-II-Leistungen mehr beziehen und nicht im Rahmen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen beschäftigt sind. Insgesamt werden zehn Erwerbszustände definiert, die die beobachteten Personen annehmen können (vgl. Infokasten). Sie umfassen verschiedene Beschäftigungsformen mit und ohne Grundsicherungsleistungen, Ausbildungsverhältnisse, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowie „fehlende Meldungen“. Das sind Zeiträume, in denen die untersuchten Personen in den Daten nicht erfasst sind, in denen sie also weder arbeitslos noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, noch Leistungen nach dem SGB II beziehen (vgl. Beschreibung von Cluster 7 auf Seite 5). In den Biografien erwerbsfähiger Personen, die 2007 erstmals SGB-II-Leistungen bezogen haben, können neun typische Verlaufsmuster gebündelt werden. Abbildung 3 (Seite 4) zeigt für jedes dieser Sequenzmuster die monatsweise Verteilung aller Personen, die dem jeweiligen Cluster zugeordnet wurden, auf die verschiedenen Zustände. Im ersten Monat beziehen jeweils 100 Prozent eines jeden Clusters SGB-II-Leistungen, da der Beobachtungszeitraum für die untersuchten Personen mit ihrem Eintritt in den SGB-II-Leistungsbezug beginnt.
Im Cluster 1 „Vollzeitbeschäftigung ungefördert, früh“ verlässt die Mehrheit der Personen den Leistungsbezug relativ zügig unter Aufnahme einer ungeförderten Beschäftigung. Bereits zu Beginn gehen über 40 Prozent einer Beschäftigung nach, bei der sie aufstockende SGB-II-Leistungen beziehen. Nach 84 Monaten sind mehr als drei Viertel der Personen ungefördert vollzeitbeschäftigt, 3 Prozent verbleiben in der Grundsicherung.
Im Cluster 2 „Vollzeitbeschäftigung ungefördert, spät“ geht im ersten Beobachtungsmonat ein Viertel der Personen einer Beschäftigung mit aufstockenden SGB-II-Leistungen nach. Übergänge in ungeförderte Beschäftigung erfolgen im Vergleich zum Cluster 1 deutlich später und in erkennbar geringerem Umfang. Zum Beobachtungsende ist dennoch über die Hälfte der Personen ungefördert beschäftigt, 21 Prozent verbleiben im Leistungsbezug.
Bei den Personen im Cluster 3 „Vollzeitbeschäftigung, Aufstocker“ dominieren Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse bei zeitgleichem SGB-II-Leistungsbezug. Der Anteil der Vollzeitaufstocker beträgt zu Beginn 41 Prozent, bis zur Mitte des Beobachtungszeitraums steigt er auf 54 Prozent und sinkt bis zuletzt auf 34 Prozent. Zugleich nehmen sowohl die ungeförderte Beschäftigung als auch der ausschließliche SGB-II-Bezug zu. Am Ende sind mehr als 65 Prozent der Personen beschäftigt, aber nur 18 Prozent ungefördert.
Cluster 4 „Teilzeitbeschäftigung ungefördert“ ist zu Beginn noch durch Teilzeitbeschäftigung mit aufstockenden Leistungen und den ausschließlichen SGB-II-Bezug (46 %) geprägt. Letzterer nimmt jedoch rasch ab und beträgt zum Beobachtungsende noch 2 Prozent. Die ungeförderte Teilzeitbeschäftigung nimmt im Verlauf stark zu, wohingegen der Anteil an ungeförderter Vollzeitbeschäftigung über die gesamte Zeit nahezu konstant ist.
Das Cluster 5 „Teilzeitbeschäftigung, Aufstocker“ weist zunächst am häufigsten Teilzeitaufstocker (43 %) bzw. ausschließlichen SGB-II-Bezug (39 %) auf. Vor allem in den beiden letzten Beobachtungsjahren gewinnt die ungeförderte Teilzeitbeschäftigung an Gewicht, wenngleich die Teilzeitbeschäftigung mit aufstockenden SGB-II-Leistungen weiterhin dominiert. Insgesamt wird in diesem Cluster der Leistungsbezug nur bedingt längerfristig verlassen. So sind auch nach sieben Jahren noch knapp 60 Prozent der Personen auf Grundsicherung angewiesen.
Im Cluster 6 „Betriebliche Ausbildung“ dominieren (geförderte oder ungeförderte) betriebliche Ausbildungsverhältnisse. Häufig geht diesen Ausbildungen eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme voraus. Befinden sich im ersten Beobachtungsmonat noch mehr als 68 Prozent dieser Personen im ausschließlichen SGB-II-Leistungsbezug, so sind es am Ende noch 10 Prozent. Mehr als die Hälfte dieser überwiegend jungen Menschen geht zuletzt einer ungeförderten Beschäftigung nach (Vollzeit: 40 %, Teilzeit: 11 %). Knapp 16 Prozent sind im letzten Beobachtungsmonat weiterhin in Ausbildung.
Cluster 7 „Ohne Meldung“ bündelt Personen, die den SGB-II-Bezug früher oder später mehrheitlich verlassen und dabei meist nicht mehr in den BA-Daten registriert sind. Es ist unklar, welchen Erwerbsstatus diese Personen dann einnehmen. Möglich wäre etwa ein Übergang in die „Stille Reserve“ am Arbeitsmarkt oder die Aufnahme von nicht-sozialversicherungspflichtigen Erwerbsformen (Selbstständige, Beamte). Bei Personen kurz vor dem Renteneintrittsalter kommt der (vorzeitige) Ruhestand infrage, ggf. mit einem Bezug von Leistungen der Altersgrundsicherung nach SGB XII. Die Aufnahme eines Studiums oder Fortzug ins Ausland können weitere Gründe sein.
Cluster 8 „Maßnahmen und SGBIIBezug“ ist am Anfang vor allem von einem hohen Anteil an Personen mit ausschließlichem SGB-II-Bezug geprägt (knapp 70 %). Der Anteil der Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erreicht seinen Höhepunkt mit knapp 13 Prozent nach 23 Monaten. Ein deutlicher Rückgang ist zum Beobachtungsende hin zu verzeichnen. Ab dem 36. Monat steigt die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse kontinuierlich bis auf ca. 30 Prozent an, mehr als die Hälfte davon ist ungefördert. Zugleich steigt auch der Anteil der Personen „ohne Meldung“. Bis zum Beobachtungsende überwindet gut die Hälfte der Personen die Hilfebedürftigkeit.
Im Cluster 9 „SGBIIDauerbezug“ dominiert der ausschließliche SGB-II-Bezug bereits zu Beginn und über weite Teile des Beobachtungsfensters hinweg mit 80 Prozent und mehr. Im letzten Beobachtungsjahr geht dieser Anteil dann auf knapp 67 Prozent zurück. Lediglich 5 Prozent nehmen eine ungeförderte Beschäftigung auf. Der SGB-II-Bezug wird kaum längerfristig verlassen und auch zuletzt beziehen noch 83 Prozent dieser Personen ausschließlich oder als Aufstocker SGB-II-Leistungen.
Verlaufsmuster mit unterschiedlichem Erfolg
Werden die verschiedenen Cluster hinsichtlich der Überwindung von Hilfebedürftigkeit sowie der Integration in ungeförderte Beschäftigung miteinander verglichen, zeigt sich, dass diese unterschiedlich erfolgreich sind. Abbildung 4 weist für die Personen in den neun Clustern die jeweils durchschnittliche Dauer im Leistungsbezug sowie in ungeförderter Beschäftigung aus. Die Summe dieser Zeiten ergibt dabei nicht die Gesamtbeobachtungszeit von 84 Monaten, da etwa in Ausbildungsepisoden oder Zeiträumen „ohne Meldung“ weder Beschäftigung noch Leistungsbezug vorliegen.
Die Personen im Cluster 1 „Vollzeitbeschäftigung ungefördert, früh“ beziehen durchschnittlich 12,5 Monate lang SGB-II-Leistungen und sind damit die kürzeste Zeit von Sozialleistungen abhängig. Im Cluster 4 „Teilzeitbeschäftigung ungefördert“, verbleiben die Personen durchschnittlich 17,1 Monate im Leistungsbezug. Beide Cluster weisen relativ kurze Bezugsdauern auf, die sich vor allem auf das erste Jahr konzentrieren, nachdem die Personen erstmals SGB-II-Leistungen erhalten haben. Dementsprechend zeichnen sich diese Cluster durch die längsten durchschnittlichen Beschäftigungsdauern aus. Zusammen umfassen die beiden Cluster 27 Prozent aller untersuchten Personen.
Cluster 2 „Vollzeitbeschäftigung ungefördert, spät“ und Cluster 6 „Betriebliche Ausbildung“ weisen mittlere Bezugsdauern auf (26,8 bzw. 36,4 Monate). Erwartungsgemäß fällt die Beschäftigungsdauer im Cluster 6 kürzer aus (18,6 gegenüber 34,9 Monaten), da hier zunächst Ausbildungszeiten anfallen.
Mit den Clustern 3 „Vollzeitbeschäftigung, Aufstocker“ und 5 „Teilzeitbeschäftigung, Aufstocker“ wurden zwei Sequenzmuster identifiziert, deren Personen zwar in Beschäftigung integriert sind, ihre Entlohnung aber im Haushaltskontext offensichtlich nicht ausreicht, um ohne Sozialleistungen leben zu können. Mit durchschnittlich 71,7 und 65,1 Monaten im Leistungsbezug sind diese Personen überdurchschnittlich lange darauf angewiesen. Gut 8 Prozent der untersuchten Personen finden sich in diesen beiden Clustern wieder.
Die Cluster 8 „Maßnahmen und SGB-II-Bezug“ sowie 9 „SGB-II-Dauerbezug“ zählen mit 58,8 und 78,4 von 84 beobachteten Monaten ebenfalls zu den Clustern mit den längsten Leitungsbezugsdauern.
Ungeförderte Beschäftigung ist hier kaum zu beobachten. Beide Cluster zusammen umfassen 31 Prozent der untersuchten Personen.
Erfolgs- und Risikofaktoren
Ein Blick auf die sozioökonomischen Merkmale der untersuchten Personen zeigt erkennbare Zusammenhänge mit der Clusterzugehörigkeit: In den erfolgreicheren Clustern finden sich mehr höher Qualifizierte, weniger Ältere, weniger Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit und mehr Personen, die in der Vergangenheit auf mehr Erwerbserfahrung zurückblicken können.
In Clustern, in denen der SGB-II-Bezug nicht längerfristig verlassen wird, finden sich hingegen mehr Ältere, mehr gering Qualifizierte, weniger deutsche Staatsangehörige und mehr Personen in Haushaltskontexten mit Kinderbetreuungsaufgaben. Darüber hinaus waren diese Personen auch in der Vergangenheit bereits häufiger mit Arbeitslosigkeit konfrontiert
Zwischen Cluster 1 und Cluster 9 zeigen sich erwartungsgemäß die größten Unterschiede: In Cluster 9 besitzen 26 Prozent keine formalen Schulabschlüsse und 71 Prozent keine beruflichen Bildungsabschlüsse; in Cluster 1 sind es hingegen 8 und 41 Prozent (vgl. Tabelle 1). Auch hinsichtlich der Beschäftigungserfahrung sind die Personen in Cluster 1 erkennbar im Vorteil: Vor dem Eintritt in den SGB-II-Leistungsbezug waren sie zwischen 2000 und 2006 durchschnittlich 1.576 Tage in Beschäftigung; bei den Personen im Cluster 9 sind es 582 Tage.
Auffällig in Cluster 9 ist zudem der überdurchschnittlich hohe Anteil an 15- bis 24-Jährigen. Es ist davon auszugehen, dass etwa die Hälfte von ihnen als Minderjährige in den Bedarfsgemeinschaften ihrer Eltern erfasst sind. Sie dürften vielfach noch die Schule besuchen und damit vor dem Beginn ihres Erwerbslebens stehen. Die hier identifizierten Erfolgs- und Risikofaktoren decken sich mit Befunden aus früheren Studien, die sich den Abgangswegen aus der Grundsicherung davon auszugehen, dass etwa die Hälfte von ihnen als Minderjährige in den Bedarfsgemeinschaften ihrer Eltern erfasst sind. Sie dürften vielfach noch die Schule besuchen und damit vor dem Beginn ihres Erwerbslebens stehen.
Die hier identifizierten Erfolgs- und Risikofaktoren decken sich mit Befunden aus früheren Studien, die sich den Abgangswegen aus der Grundsicherung davon auszugehen, dass etwa die Hälfte von ihnen als Minderjährige in den Bedarfsgemeinschaften ihrer Eltern erfasst sind. Sie dürften vielfach noch die Schule besuchen und damit vor dem Beginn ihres Erwerbslebens stehen. Die hier identifizierten Erfolgs- und Risikofaktoren decken sich mit Befunden aus früheren Studien, die sich den Abgangswegen aus der Grundsicherung widmeten.
Fazit
SGB-II-Leistungsbezug ist für die Betroffenen häufig von langer Dauer. Etwa eine Million Menschen war in den ersten zehn Jahren seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende sogar ununterbrochen auf Leistungen angewiesen. Mithilfe einer Sequenzmusteranalyse wurden hier die Erwerbsverläufe von Personen untersucht, die im Jahr 2007 erstmals SGB-II-Leistungen erhalten haben.
Es gibt eine Reihe von ganz unterschiedlichen aber typischen Muster im Leistungsbezug, wobei eine deutliche Polarisierung zu erkennen ist: Einerseits finden sich Verlaufsmuster, bei denen es den Personen bereits während der ersten Beobachtungsjahre gelingt, den Leistungsbezug meist nachhaltig zu verlassen. Andererseits gibt es Personen, die beständig auf Leistungen angewiesen sind und nur in äußerst geringem Umfang in Beschäftigung zurückfinden. Bei einem Teil dieser Gruppe scheinen auch die eingesetzten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in dieser längerfristigen Betrachtung von insgesamt sieben Jahren nicht zu einer nachhaltigen Integration zu führen.
Allerdings fällt die Bildungsausstattung bei den Dauerbeziehern besonders niedrig aus: Hier dominieren fehlende Schulabschlüsse oder Hauptschulabschlüsse und nur eine Minderheit besitzt berufliche Bildungsabschlüsse. Aufgrund der Arbeitsmarktferne steht hier wohl eher ein langfristiges Heranführen an den Arbeitsmarkt im Vordergrund. Bei den Personen, die bereits nach kurzer Zeit eine ungeförderte Beschäftigung aufnehmen und den Leistungsbezug verlassen, sind niedrige schulische und berufliche Bildung hingegen viel seltener.
Auch andere Werdegänge sind zum Teil durch einen verstetigten Leistungsbezug gekennzeichnet, jedoch sind diese Personen nicht vom Arbeitsmarkt entkoppelt. Vielfach sind sie in Voll- oder Teilzeit beschäftigt, aufgrund ihres Beschäftigungsumfangs, der Entlohnung oder der Bedarfsgemeinschaftsgröße aber dennoch auf SGB-II-Leistungen angewiesen.
Insgesamt verweisen die Ergebnisse auf sehr verschiedenartige Verlaufsmuster im Leistungsbezug. Entsprechend unterschiedlich fällt der Unterstützungsbedarf für die einzelnen Gruppen aus, die sich bezüglich ihrer arbeitsmarktrelevanten Merkmale gut voneinander unterscheiden lassen.
Die Ergebnisse bestätigen, dass vor allem Bildungsunterschiede am auffälligsten hervortreten. Die bereits zum Eintritt in den Leistungsbezug bestehenden Disparitäten sind für den weiteren Arbeitsmarkterfolg prägend und sollten deshalb noch stärker in den Fokus bildungs- und arbeitsmarktpolitischer Bemühungen gerückt werden.
Die komplette Studie können Sie hier nachlesen.
Quelle: IAB
Bild: ver.di
Literatur:
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Bruckmeier, Kerstin; Lietzmann, Torsten; Rothe, Thomas; Saile, Anna-Theresa (2015): Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II: Langer Leistungsbezug ist nicht gleich Langzeitarbeitslosigkeit. IAB-Kurzbericht Nr. 20, Nürnberg.
Bruckmeier, Kerstin; Lietzmann, Torsten; Rothe, Thomas; Saile, Anna-Theresa (2016): Langzeitleistungsbezieher im Profil: Nur jeder Vierte ist auch langzeitarbeitslos. In: IAB-Forum, Nr. 1, S. 4-9.
Graf, Tobias; Rudolph, Helmut (2009): Dynamik im SGB II 2005-2007: Viele Bedarfsgemeinschaften bleiben lange bedürftig.
IAB-Kurzbericht Nr. 5, Nürnberg. Koller-Bösel, Lena; Lietzmann, Torsten; Rudolph, Helmut (2014): Bestand und Turnover in der Grundsicherung. In: WSI-Mitteilungen, Jg. 67, H. 6, S. 450-458.
Lesnard, Laurent (2014): Using Optimal Matching Analysis in Sociology: Cost Setting and Sociology of Time. OSC CNRS Notes & Documents 1, Paris, 12 S.
Lietzmann, Torsten (2016): Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit im Bereich prekärer Einkommen. IAB-Bibliothek Nr. 357, Bielefeld: Bertelsmann, 151 S.
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