Die Teuerungsrate frisst den Geldbeutel

Von Inge Hannemann

Zerrinnt das Geld der Menschen in den Nahrungsmitteln? Kurze Antwort: Ja. Subjektiv gefühlt ist inzwischen alles doppelt so teuer geworden.

Die Butter, ja, die Butter, die ist günstiger. Die gibt es jetzt schon für durchschnittliche 1,49 Euro. Wie immer, weiß das Statistische Bundesamt eine genauere Antwort: Um 22,3 Prozent erhöhten sich die Preise im März für Nahrungsmittel gegenüber März des letzten Jahres. Das war sogar mehr als im Februar. Da waren es „nur“ 21,8 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr. Essen müssen wir. Am besten noch gesund. Zu einem gesunden Essen gehören Gemüse, Fisch, Getreide und Obst. Das lernten wir schon in der Schule. Und wir lernen vom Statistischen Bundesamt, dass Gemüse, Getreideerzeugnisse und Fisch sich besonders verteuerten. Hier liegt die Spanne zwischen 22 Prozent (Fisch) und 27 Prozent (Gemüse). Dazwischen liegt das Brot (23 Prozent). Ach ja, und die Butter: Sie sank um sieben Prozent. Und zum Ausgleich stieg das Obst um sieben Prozent. Statistische Zahlen und Zahlen vom Vorjahr: Für Menschen mit wenig Einkommen ist das eher uninteressant. Die Teuerungsrate frisst den Geldbeutel weiterlesen

ChatGPT und der Untergang des Kapitalismus

Von Lea Klingberg

Karl Marx schrieb im Maschinenfragment über die Verdrängung menschlicher Arbeit durch Maschinen. Im Licht der KI-Entwicklungen der letzten Jahre scheinen seine Überlegungen aktueller denn je.

Das Ende des Kapitalismus gestaltet sich folgendermaßen: Er wird mit der proletarischen Revolution begraben. Dieser Gedanke dürfte allen, die sich schon einmal mit Kapitalismuskritik und Marx auseinandergesetzt haben, bekannt vorkommen. Denn hierbei handelt es sich um die klassische marxistische Argumentation, die sich auch etwa im Manifest der kommunistischen Partei findet.

Im Maschinenfragment, einem Text aus Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, der Vorarbeit zum Kapital, beschreibt Marx eine weitere Möglichkeit, wie das Gesellschaftssystem zu Grunde gehen kann: Durch immer besser werdende Maschinen zerstört sich der Kapitalismus zunehmend von innen heraus. Nimmt man diese Überlegung als Ausgangspunkt, lassen sich einige Schlüsse über die Auswirkungen von KI auf unsere Produktionsweise ziehen. Das taten Nick Dyer-Witheford, Atle Mikkola Kjøsen und James Steinhoff 2019 in ihrem Buch Inhuman Power ausführlich. Derzeitige Entwicklungen fordern jedoch eine Aktualisierung ihrer Thesen. ChatGPT und der Untergang des Kapitalismus weiterlesen

1. Mai – Kampftag für die Arbeitszeitverkürzung

Zum hundertsten Jahrestag des Sturms auf die Bastille, der als das Symbol für die Französische Revolution gilt, trafen sich am 14. Juli 1889 rund 400 Delegierte sozialistischer Parteien und Gewerkschaften aus zahlreichen Ländern zu einem internationalen Kongress in Paris. Die Versammelten verabschiedeten eine Resolution des Franzosen Raymond Felix Lavigne, in der es hieß: „Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, dass gleichzeitig in allen Städten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen (…). In Anbetracht der Tatsache, dass eine solche Kundgebung bereits von dem amerikanischen Arbeiterbund für den 1. Mai 1890 beschlossen worden ist, wird dieser Zeitpunkt als Tag der internationalen Kundgebung angenommen.“

So wurde die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung zum Ausgangspunkt für den Feiertrag 1. Mai in Europa. 1. Mai – Kampftag für die Arbeitszeitverkürzung weiterlesen

»Ungebrochen solidarisch« – Mit wem eigentlich? Wie der DGB aus dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse einen deutschen »Tag der Arbeit« macht

Von Arian Schiffer-Nasserie

Unter dem Motto »ungebrochen solidarisch« veranstaltet der DGB zum »Tag der Arbeit« wie gewohnt bundesweit Kundgebungen und Demos. »Energiekrise, Klimakrise, der Krieg in der Ukraine, hohe Inflation und die Auswirkungen der Coronapandemie«, so heißt es im Aufruf zum 1. Mai, »erzeugen Unsicherheit und stürzen viele Menschen in existentielle Sorgen.«

Die erwähnten Sorgen will der Gewerkschaftsbund selbstverständlich nicht als herbe Bilanz seiner regierungstreuen Strategie im ersten Kriegsjahr verstehen. Kein Wort über den Zusammenhang zwischen der kreditfinanzierten deutschen Kriegsbeteiligung und ihren inflationären Folgen. Kein Wort zur laufenden Aufrüstung per Staatsverschuldung samt »Sondervermögen Bundeswehr«, zur eskalierenden militärischen Ausrüstung der ukrainischen Armee, zur Finanzierung ihrer Staatsführung.

Und vor allem kein Wort zur rot-grün-gelben Sanktionspolitik gegen Russland, die durchaus als Preistreiber Nummer eins gelten darf. Immerhin ist die vermeintlich subjektlose »Energiekrise« ja die Folge der Sanktionspolitik gegen Gas und Öl aus Russland sowie der Sprengung der North-Stream-Pipeline (die Ermittlungen zur Urheberschaft werden »im Interesse des Staatswohls« bekanntlich geheim gehalten). »Ungebrochen solidarisch« – Mit wem eigentlich? Wie der DGB aus dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse einen deutschen »Tag der Arbeit« macht weiterlesen

«Ich wurde Ziel einer Denunzierungskampagne von T-Online»

Schreibtischtäter verbreiteten unter Verletzung journalistischen Sorgfalt Falschinformationen. Diese genügten für Berufsverbote. Reporter Patrik Baab recherchierte in dem von Russland besetzten Donbas. Das wurde ihm zum Verhängnis. Er verlor zwei Lehraufträge. Ehemalige Studenten luden ihn am 11. April in Kiel ein. Im Folgenden dokumentiert Infosperber seinen Vortrag über Medien, die sich im Propaganda-Krieg einem Zensur- und Denunziations-Kartell ausgesetzt sehen.

Von Patrik Baab

Am 25. September 2022 stehe ich am Fenster des Hotels Park Inn in Donezk in meinem Zimmer im 5. Stock. Ich beobachte, wie eine Artilleriegranate ein Wohnhaus trifft. 800 Meter von mir entfernt kracht ein Teil der Fassade herunter. Ich befinde mich auf einer von mehreren Recherche-Reisen in die Ukraine und nach Russland. «Ich wurde Ziel einer Denunzierungskampagne von T-Online» weiterlesen

Medienpolitik der Funke Mediengruppe: Vom Kahlschläger in der Presselandschaft über die „Faktenchecker“ zum „gemeinnützigen Journalismus“

Aus Angst vor sich ausdehnenden „Zeitungswüsten“ wegen der hohen Preise und Kosten, forderten kürzlich die Medienminister aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Nathanael Liminski und Oliver Schenk, die Bundesregierung auf, eine direkte Staatsförderung für die flächendeckende Zustellung periodischer Presseerzeugnisse einzuführen.

Nach Ansicht des neu gegründeten „Forums Gemeinnütziger Journalismus“ ist die Forderung der Minister zwar verständlich, denn die Zeitungszustellung werde durch hohe Preise für Papier und Energie in weiten Teilen des Landes unwirtschaftlich, doch dürfe die Debatte um Gegenmaßnahmen nicht auf Subventionen für Printerzeugnisse reduziert werden. Für das Forum sind weitere Maßnahmen erforderlich, vor allem würde im Journalismus neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem klassischen Journalismus eine dritte Säule, die strikt auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist, gebraucht.

Für David Schraven, den Vorsitzenden des Forums und Publisher von CORRECTIV, die Faktenchecker – Ausgründung der Funke Mediengruppe, gilt es, die Medienvielfalt durch Gemeinnützigkeit sichern. Er möchte diese Form des gemeinnützigen Journalismus fest in unserem Mediensystem verankern. Medienpolitik der Funke Mediengruppe: Vom Kahlschläger in der Presselandschaft über die „Faktenchecker“ zum „gemeinnützigen Journalismus“ weiterlesen

LKW-Streik gegen Lohnraub geht weiter

Nachdem sie um ihren Lohn geprellt wurden, traten LKW-Fahrer aus Georgien und Usbekistan in den Streik. Obwohl ihr Auftraggeber versuchte, sie mithilfe eines Schlägertrupps einzuschüchtern, streiken sie weiter.

Von Sascha Döring

Die Situation ist grotesk: In Kleinbussen und zwei schwarzen Panzerwagen rücken die achtzehn breitschultrigen Männer der Patrol Rustkowski auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen-West zwischen Frankfurt und Darmstadt an. Dort versammeln sich seit Ende März mehr als fünfzig streikende LKW-Fahrer aus Usbekistan, Georgien und anderen Ländern. LKW-Streik gegen Lohnraub geht weiter weiterlesen

Bündnis Aufrecht Bestehen: Bundesweite Aktionswoche vom 25. April bis zum 5. Mai 2023 – Macht alle mit!

„Für immer mehr Menschen reicht es nicht zum Leben…
Millionen Menschen in Deutschland – Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen, Rentner*innen, schlecht bezahlte Beschäftigte – sind angesichts immer stärker steigender Preise mit einer existenzbedrohenden Lage konfrontiert. Während einerseits die Preise für Nahrungsmittel seit Ende 2021 um weit über 20 Prozent gestiegen sind, sind die Kosten für Strom, Gas und Heizung durch die Decke gegangen. Die Stromkosten liegen je nach Anbieter zwischen 37 und 60 Prozent höher als 2021. Bereits 2022 gab es laut Bundesnetzagentur bundesweit rund 235 000 durchgeführte Stromsperren und etwa vier Millionen Sperrandrohungen.
Ähnliches gilt für die Heizkosten. Der Energiedienstleister Techem prognostiziert für die Raumheizkosten auf das gesamte Jahr gerechnet Kostensteigerungen um 49 Prozent für mit Gas betriebene Heizungen, um 63 Prozent für mit Heizöl betriebene – und das trotz einer staatlichen Preisbremse. Bündnis Aufrecht Bestehen: Bundesweite Aktionswoche vom 25. April bis zum 5. Mai 2023 – Macht alle mit! weiterlesen

DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – sie waren und sind daran beteiligt, dass sich derzeit rund 700.000 Menschen in der Leiharbeit verdingen müssen

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Unternehmen nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer nicht einmal mit Streiks drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung etwa um die Hälfte eingebrochen. Im Jahr 2017 ist sie erstmals unter die 6 Millionenmarke gesunken. Zum Jahresende 2022 waren es noch 5.643.762 Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 85.609.

Von offizieller Seite wird diese Entwicklung hauptsächlich auf die demografische Entwicklung, Beschäftigungsabbau allgemein, Strukturwandel in der Berufswelt und neuerdings zusätzlich noch auf die Pandemie, mit ihrer erschwerten Mitgliederwerbung geschoben. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

So waren und sind sie daran maßgeblich beteiligt, dass sich derzeit rund 700.000 Menschen in der Leiharbeit verdingen müssen. DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – sie waren und sind daran beteiligt, dass sich derzeit rund 700.000 Menschen in der Leiharbeit verdingen müssen weiterlesen

IMI: Sozialdemokratische Zeitenwende – SPD-Grundsatzpapier fordert eine „militärische Führungsrolle“ zum „Schutz“ der „regelbasierten Ordnung“

Von Jürgen Wagner

Obwohl man aus der SPD durchaus auch kernige Sätze in Sachen Friedens- oder besser Militärpolitik gewohnt ist, kann sie derzeit zweifellos als die vernünftigste Regierungspartei betrachtet werden (auch wenn es dafür nicht sonderlich viel braucht). Doch auch hier scheinen die Militaristen, allen voran Parteichef Lars Klingbeil, immer weiter die Oberhand zu gewinnen. Als jüngster „Beweis“ hierfür dient das Ende Januar 2023 erschienene Papier „Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch“ (SAWU), in dem kaum ein machtpolitisch-militärischer Stein auf dem anderen bleibt.

Die Verteidigung der „regelbasierten Ordnung“ erfordere eine militärische Führungsrolle Deutschlands in der Welt, gestützt auf ein „geopolitisch selbstbewusstes Europa“, um in der „Systemrivalität“ mit China und insbesondere Russland bestehen zu können – und selbstredend müssten derlei Ambitionen dann auch mit den entsprechenden finanziellen Ressourcen unterfüttert werden. Das Papier greift damit nahezu inhaltsgleich eine Programmatik auf, die bereits vor über zehn Jahren im Projekt „Neue Macht – Neue Verantwortung“ entworfen wurde. Ihr Ziel ist es, deutsche Großmachtphantasien wahr werden zu lassen, was bislang aber – auch aufgrund von Widerstand in Teilen der SPD – nur in Ansätzen realisiert werden konnte.

Das unter Beteiligung der „Parteilinken“ erstellte Papier will somit nicht weniger als die Grundlage für eine „Neuausrichtung sozialdemokratischer internationaler Politik“ liefern. IMI: Sozialdemokratische Zeitenwende – SPD-Grundsatzpapier fordert eine „militärische Führungsrolle“ zum „Schutz“ der „regelbasierten Ordnung“ weiterlesen

IG Metall will in der Stahlindustrie die Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich durchsetzen – Ein erfolgreiches Beispiel könnte die Verkürzung der Arbeitszeit in Island sein

Die IG Metall will in der Stahlindustrie die Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich durchsetzen. Mit diesem Ziel will die Gewerkschaft in die kommende Tarifrunde gehen, die Ende des Jahres zunächst in den nordwestlichen Bundesländern, in Ostdeutschland und ab Februar 2024 dann auch im Saarland anstehen. Konkret schwebt der IG Metall die Senkung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich vor, um eine Verringerung der Belastung der Beschäftigten und eine Verbesserung ihrer Gesundheit und Lebensqualität zu erreichen.

Dass solche Forderungen umgesetzt und in der realen Arbeitswelt funktionieren können, zeigt das Beispiel der Verkürzung der Arbeitszeit in Island. Dort haben vier Jahre lang 2.500 Beschäftigte aus über 100 Unternehmen statt 40 im Schnitt nur 35 oder 36 Stunden in der Woche gearbeitet und das bei vollem Lohn. IG Metall will in der Stahlindustrie die Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich durchsetzen – Ein erfolgreiches Beispiel könnte die Verkürzung der Arbeitszeit in Island sein weiterlesen

Industriestrompreis: Wer rettet das Kapital? Die Preise sind zu hoch – wer wüsste das nicht? Dazu ein Lehrstück aus der deutschen Sozialpartnerschaft

Von Björn Hendrig

Die energieintensive Industrie in Deutschland klagt über enorm gestiegene Strompreise. Ganz marktwirtschaftlich liebäugelt sie mit der Produktion in billigeren Ländern. Doch es naht Hilfe von unerwarteter Seite.

Preisfrage – wer hat’s gesagt?

>> Wir brauchen für die energieintensive Indus­trie einen Industriestrompreis, der es erlaubt, im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Wer dafür sorgen soll, ist klar:

>> Die Politik muss ihrer Verantwortung für die Beschäftigten in der energieintensiven Industrie endlich gerecht werden. Es darf nicht so weit kommen, dass aufgrund hoher Stromkosten Anlagen geschlossen, Produktion ins Ausland verlagert und Deutschland so schrittweise deindustrialisiert wird.

Noch konkreter:

>> Wir wollen, dass hier bei uns künftig grüner Stahl und ebenso Aluminium klimafreundlich verarbeitet wird. Wir wollen, dass die dafür notwendigen Investitionen in Deutschland und speziell hier in Gelsenkirchen erfolgen und die Arbeitsplätze der Zukunft hierbleiben oder entstehen.

Und, erraten? Ein kleiner Hinweis hilft möglicherweise: „Beschäftigte“ und „Arbeitsplätze“ kommen häufig vor, um die es irgendwie allgemein gehen soll. Gut, diese Begriffe nehmen viele gern in den Mund. Da unterscheiden sich Politiker, Unternehmer, Wirtschaftswissenschaftler und Gewerkschaften nicht.

Dann vielleicht noch etwas genauer lesen. Es wird der Standpunkt der Industrie eingenommen, so viel ist deutlich. Diese großen Betriebe sind offenbar einer Gefahr ausgesetzt. Sie besteht in zu hohen Strompreisen. Damit könnten sie im „globalen Wettbewerb“ nicht bestehen. Was dann zur Folge hätte, dass sie das Weite suchen – also ihre Produktion in Länder verlagern, wo die Energiekosten nicht so hoch ausfallen. Und das darf nicht passieren, weil Deutschland die Industrie ja braucht, für „die Arbeitsplätze der Zukunft“. Industriestrompreis: Wer rettet das Kapital? Die Preise sind zu hoch – wer wüsste das nicht? Dazu ein Lehrstück aus der deutschen Sozialpartnerschaft weiterlesen

Zwischen der Theorie einer „Lohn-Preis-Spirale“ und der Realität von Reallöhnen auf dem Sinkflug

Von Stefan Sell
Kaum gehen (einige) Arbeitnehmer in Deutschland (etwas) vermehrt auf die Straße, um höhere Löhne einzufordern, warnen Arbeitgeberverbände vor einer drohenden Lohn-Preis-Spirale. Und nicht wenige Ökonomen zeigen beim Signalwort „Lohn-Preis-Spirale“ heftigste Reiz-Reaktions-Muster in dem Sinne, dass man genau vor einer solchen Spirale unbedingt warnen muss und dass die Gewerkschaften nun Maß halten und nicht mit „überschießenden“ Lohnforderungen die Preissteigerung befeuern sollten.

Gefüttert werden solche an die Wand geworfenen Menetekel mit aktuellen Warnstreikaktionen im Umfeld der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen und der Eisenbahnergewerkschaft EVG. Und scheinbar stützen die seitens der Gewerkschaften vorgetragenen Forderungen den Eindruck, dass jetzt ein ganz großer Schluck aus der Pulle genommen werden soll.

So wurde bereits am 11. Oktober 2022 die Forderung nach einer Einkommenserhöhung von 10,5 Prozent, mindestens 500 €/Monat, für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Bund und Kommunen von der ver.di Bundestarifkommission beschlossen. Die Laufzeit soll 12 Monate betragen. Die Sicherung der Einkommen durch einen Inflationsausgleich, insbesondere für die Beschäftigten der unteren und mittleren Einkommensgruppen, steht für ver.di im Zentrum der Tarifrunde, berichtet das WSI Tarifarchiv in einem aktuellen Überblick über die Tarifrunden 2023. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG fordert sogar 12,0 Prozent, mindestens 650 €/ Monat, bei einer angestrebten Laufzeit von 12 Monaten. Die Tarifverträge sind Ende Februar 2023 ausgelaufen.

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Insolvenzen Galeria-Kaufhof-Karstadt: Das deutsche Insolvenzrecht sollte auf den Prüfstein gestellt werden

Viele Fachleute sehen die Notwendigkeit, nach der erneuten Gläubigerversammlung im März 2023 zum Ende des Schutzschirmverfahrens des Warenhauskonzerns Galeria-Kaufhof-Karstadt, einen genauen Blick auf das Insolvenzrecht in Deutschland zu werfen und es auf den Prüfstein zu stellen.

Einige Handelsökonomen nannten die erneute Insolvenz im Schutzschirmverfahren des Konzerns bereits eine „Insolvenzkaskade als Geschäftsmodell“. So nutzte der österreichische Galeria-Eigentümer René Benko zum zweiten Mal binnen drei Jahren die Insolvenz, um Kosten auf den Staat und die Gläubiger abzuwälzen. Wie schon 2020 hat er für das letzte Verfahren die Insolvenz – Fachanwälte Arndt Geiwitz und Frank Kebekus eingesetzt, obwohl ihr früherer Insolvenzplan offensichtlich nicht sehr nachhaltig funktioniert hat.

Die nächste Insolvenz scheint vorprogrammiert zu sein und der Reigen mit dem Titel „nach der Insolvenz ist vor der Insolvenz“ ist wieder einmal eröffnet. Das Karstadtdrama wird schon seit Oktober 2004 gespielt, als bekannt wurde, dass die Karstadt Warenhaus AG erstmals in „finanzielle Schwierigkeiten“ geriet.

Es ist seltsam, dass nach fast 20 Jahren Karstadtskandal niemand daran interessiert ist, die katastrophalen Fehleinschätzungen politisch aufzuarbeiten und eine breite Diskussion über das Insolvenzrecht anzustoßen. Insolvenzen Galeria-Kaufhof-Karstadt: Das deutsche Insolvenzrecht sollte auf den Prüfstein gestellt werden weiterlesen

Schon wieder eine Bankenkrise

Von Suitbert Cechura

Erneut beherrscht ein Krisenszenario die Schlagzeilen: Zuerst war es die US-amerikanische Silicon Valley Bank, bei der Milliarden von US-Dollar auf einen Schlag vernichtet wurden, dann traf es die Schweizer Credit Suisse, bei der wiederum Reichtum in Milliardenhöhe von einem Moment zum anderen verschwand. Und plötzlich war erneut von einer drohenden Bankenkrise mit weltweiten Konsequenzen die Rede.

Was ist da los in der Finanzwelt? Nach der Finanzkrise von 2007 sollten doch in allen Ländern Lehren gezogen werden, nachdem etwa hierzulande „die Banken mit mehr als 70 Milliarden Euro Steuergeld gerettet wurden“ (FAZ, 1.4.23) und in der Nachfolge neue Regelungen für mehr Sicherheit usw. – in Deutschland wie auf europäischer Ebenen – in Kraft traten. Und jetzt das!? Und dann wird nach der raschen Rettung in der Schweiz auch noch die Staatsanwaltschaft aktiv: „Ermittlungen wegen Credit Suisse“ (FAZ, 3.4.23)! Also schon wieder Straftäter unterwegs, die den Hals nicht vollbekommen konnten?

Eine andere Nachfrage wäre dabei interessanter. Angesichts der Milliardensummen, die jetzt schon wieder innerhalb weniger Tage einfach so „verschwunden“ sind, während in jedem Supermarkt noch der kleinste Diebstahl hart geahndet wird und viele Menschen an der Kasse nach dem letzten Cent kramen, könnte man doch ins Grübeln kommen. Vielleicht sollte man einmal fragen, was „Reichtum“ in dieser Gesellschaft eigentlich ist? Schon wieder eine Bankenkrise weiterlesen