Schlagwort-Archive: Kirchliches Arbeitsrecht

Der »Dritte Weg« ins Abseits

Ob in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen oder in der Kita: für fast 1,5 Millionen Beschäftigte in kirchlicher Trägerschaft gelten Streikverbot und Sonderregelungen. Wann endlich wird das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen?

Von Helmut Ortner

Buxtehude? Ja, Buxtehude, oben im flachen Norddeutschland. Die Stadt darf sich »Hansestadt« nennen und davon gibt nicht allzu viele im Land. Knapp vierzigtausend Menschen leben hier und sie sind stolz auf ihre geschichtsträchtige, schmucke Altstadt; lieben das grüne weite Umland und die nahe Nordsee, keine neunzig Kilometer entfernt. Die Menschen fühlen sich wohl in Buxthut, wie die Einheimischen ihre Stadt »plattdütsch« nennen. Auf den gelben Ortschildern steht es selbstbewusst unter dem offiziellen Stadtnamen. Das »Institut für niederdeutsche Sprache« in Bremen hat dazu seinen Segen gegeben. Es soll ja mit rechten Dingen zugehen, wenn es neben Buxtehude auch noch ein »Buxthut« gibt.

Alles könnte also hier seinen gewohnten Gang gehen. Doch es rumort in der Idylle, der Stadt- und Landfrieden ist nachhaltig gestört. Der Grund: Einer Erzieherin der Kita »Wilde Hummeln« im nahen Sprengel Ottensen wurde im Juli fristlos gekündigt. Warum? Sie war aus der Kirche ausgetreten. Der »Dritte Weg« ins Abseits weiterlesen

Die Sonderrechte, die der Staat den kirchlichen Unternehmen zubilligt, gehören endlich abgeschafft

Die katholische Kirche hat Ende Mai einen Entwurf zur „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ veröffentlicht, den der Verband der Diözesen Deutschlands in Auftrag gegeben hatte. Vorgesehen war, dass „das kirchliche Arbeitsrecht grundlegend weiterentwickelt werden sollte“. Doch in dem Entwurf ist weder die Aushandlung von Tarifverträgen auf Augenhöhe vorgesehen noch das Grundrecht auf Streik. Auch bei Fragen der Glaubens- und Meinungsfreiheit können Beschäftigte weiterhin von den Kirchenunternehmen sanktioniert werden, sogar bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes. Der ist beispielsweise vorgesehen, wenn Beschäftigte aus der Kirche austreten.

Der öffentlichkeitswirksame Vorstoß der katholischen Kirche zeigt wie so häufig in der Vergangenheit, dass bei beiden Kirchen kein ernsthafter Reformwille vorhanden ist und die Salamitaktik funktioniert, immer nur so viel Veränderung zuzulassen, wie sie unter dem jeweils aktuellen Druck sein müssen. Hatte doch die neue Bundesregierung die Anpassung des kirchlichen an das staatliche Arbeitsrecht erstmals im Koalitionsvertrag zum Thema gemacht und das Handeln bei den Kirchen damit angemahnt. Die Sonderrechte, die der Staat den kirchlichen Unternehmen zubilligt, gehören endlich abgeschafft weiterlesen

Kirchliches Arbeitsrecht: ifw-Gutachten beim BVerfG im Fall „Egenberger“ eingereicht

Im März 2019 hat das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Diese richtet sich unmittelbar gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 (Az. 8 AZR 501/14) und mittelbar gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2018 (Rs. C-414/16 – Vera Egenberger gegen Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.).

Der EuGH traf in 2018 eine wegweisende Entscheidung für den Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts. Die Luxemburger Richter urteilten, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion im Rahmen der Einstellungspolitik der Diakonie nur zulässig sei, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt. Entscheidend ist also die Nähe zum Verkündigungsauftrag. Nur wenn diese gegeben ist, darf zukünftig von Bewerber*innen eine Religionszugehörigkeit gefordert werden.

Durch das Urteil wird konfessionsfreien Ärztinnen und Kindergärtnerinnen, Krankenpflegerinnen und Bürokräften, Reinigungspersonal und Hausmeisterinnen etc. ein neuer Zugang zu dem von kirchlichen Organisationen dominierten sozialen Arbeitsmarkt eröffnet. Dies betrifft insbesondere die größte weltanschauliche Gruppe in Deutschland – die Gruppe der Konfessionsfreien, welche gegenwärtig 37,8 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen – positiv.

Gegen diese Öffnung wendet sich die Diakonie mit ihrer Verfassungsbeschwerde. Kirchliches Arbeitsrecht: ifw-Gutachten beim BVerfG im Fall „Egenberger“ eingereicht weiterlesen

BAG: Chefarzt im Kirchlichen Betrieb darf geschieden und wiederverheiratet sein

Für eine berufliche Tätigkeit als Chefarzt kann es keine Anforderung sein, wie oft er verheiratet ist oder welcher Religion er angehört. Die fachliche Qualifikation sollte das Entscheidende sein. Das hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Grundrechte müssen damit auch für Beschäftigte im kirchlichen Arbeitsleben gelten. Dies gilt besonders für Unternehmen von Religionsgemeinschaften, die keinen religiösen Unternehmenszweck haben. Die Kirchen haben nicht das Recht, Beschäftigte zu diskriminieren, für sie muss der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gelten.

Das Urteil des BAG ist für die weitere Rechtsprechung der Arbeitsgerichte grundsätzlich zu beachten, es ist sehr hilfreich für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen, die sich gegen Diskriminierungen wehren. BAG: Chefarzt im Kirchlichen Betrieb darf geschieden und wiederverheiratet sein weiterlesen