Die Unternehmer-Postille FAZ veröffentlichte am 9. Juni 2023 den ganzseitigen Artikel „Renten, stabiler als gedacht?“ Dafür holte sie zwei hochrangige Wissenschaftler: Senior Economist Benjamin Bittschi vom Institut für Wirtschaftsforschung WIFO in Wien und Professor Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie KIT. Beide werden mit ihren erfolgreichen Karrieren in diversen Universitäten vorgestellt, Wigger noch als Mitglied des „Wissenschaftlichen“ Beirats beim Bundesfinanzministerium. Die Idylle wird durch ein großes Buntfoto untermalt: Ein Rentner in Sommerkleidung räkelt sich bequem im Gartenstuhl unter den hohen Bäumen des Kurparks Bad Füssing. FAZ: Dümmlich – akademischer Renten – Zynismus weiterlesen
IDEOLOGISCHE SUPERMACHT – Zur Warenästhetik des Krieges und Rekrutierung von Konsumenten
Der im Ostfronteinsatz gestählte Elitesoldat ist heute (wieder) der Trendsetter. Unter dem Kommando des neoliberal-brutalisierten Kapitalismus, der den Überlebenskampf auf dem freien Markt als ewigen Grundzustand allen Seins erklärt hat, können Militärartikel ohnehin niemals Ladenhüter werden. Allemal nicht, seit der Krieg mit Waffen wieder zunehmend die Verhältnisse auf der Welt dominiert.
In den 1990er-Jahren, nach dem Kollaps des Systemkonkurrenten, spätestens seit dem 11. September 2001, als »echte Soldaten in Tarnuniform vor der New Yorker Wertpapierbörse Stellung bezogen«, sei der »Vater aller Dinge« auch wieder »zum Hoffnungsträger einer lahmenden US-Ökonomie aufgebaut« worden – »unter der Wall Street liegt das Kriegsgebiet«, heißt es in der bemerkenswerten Studie »Entsichert. Krieg als Massenkultur im 21. Jahrhundert«, die Tom Holert und Mark Terkessidis ein Jahr nach dem Anschlag auf die Twin Towers veröffentlicht hatten. In den Zentren des Westens würden die bisher an der Peripherie ausgetragenen Kriege durch kulturindustriell produzierten »Glamour« vermittelt. Dessen »Grammatik schafft den Anschluss an das Leben in den Konsumwelten«, so Holert und Terkessidis weiter. Wenn der Krieg, wie es derzeit mit dem eskalierten Ukraine-Konflikt geschieht, ante portas des Imperiums rückt, kommt ihm als besondere Konsumsphäre, die er im Kapitalismus auch immer ist, eine größere Bedeutung zu – die Palette der Waren für die von diesem gezüchteten falschen Bedürfnisse der Massen, die der Befriedigung ihrer objektiven Interessen diametral entgegenstehen, wird auf perverse Weise verändert und erweitert.
Dafür herrschen im hoch entwickelten, sich totalitär entfaltenden Kapitalismus, in dem es praktisch keine werbefreien Räume mehr gibt, perfekte Bedingungen: IDEOLOGISCHE SUPERMACHT – Zur Warenästhetik des Krieges und Rekrutierung von Konsumenten weiterlesen
Leiharbeit: Menschenverachtende Ausbeutung mit institutioneller Absicherung
Am 21. Juni 1972 beschloss der Deutsche Bundestag das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) einstimmig. Bis zu dem Tag war Leiharbeit in Deutschland verboten. Doch war es nicht das Parlament, das die Lawine Leiharbeit ins Rollen brachte, sondern wie so oft in Deutschland, wenn es ums Arbeitsrecht geht, sind die Gerichte maßgeblich. Im Fall der Leiharbeit war es das Bundesverfassungsgericht (BVG), das bereits am 4. 4.1967 die Arbeitnehmerüberlassung legalisierte und das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung aufhob. Allen Ernstes vertrat das höchste Gericht die Ansicht, starke Regeln, die die Leiharbeit einhegen, würden den Leiharbeitsfirmen das Grundrecht auf Berufsfreiheit einschränken, auch weil „kaum eine Lebenserfahrung“ es hergäbe, dass in den Unternehmen über längere Zeit, fremde Beschäftigte arbeiten würden. Eine ziemlich weltfremde Lebenserfahrung des Gerichts, denn schon damals wurden Leiharbeitskräfte über einen längeren Zeitraum beschäftigt.
Mit diesem Freibrief im Rücken und mit Hilfe der „Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010“ der Schröder – Regierung Anfang des Jahrhunderts, bekam die Leiharbeit unglaublichen Aufwind.
Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich über zentrale Aussagen des Europäischern Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt. Für alle Nachteile, die Leiharbeitskräften widerfahren, soll es ein genügender Ausgleich sein, wenn nach dem Gesetz die verleihfreie Zeit bezahlt wird, also der Zeitraum, für den sich kein Entleiher findet. Die Vergütung in einsatzfreien Zeiten sei staatlich festgesetzt, der Ausgleich müsse daher auch nicht durch den Tarifvertrag erfolgen. Leiharbeit: Menschenverachtende Ausbeutung mit institutioneller Absicherung weiterlesen
Gemeinsam in die Offensive – Dokumentation zur Streikkonferenz in Bochum
Am Wochenende 12. bis 14. Mai 2023 veranstaltete die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit 15 lokalen und regionalen Gewerkschaftsgliederungen die fünfte Konferenz «Gewerkschaftliche Erneuerung» an der Ruhr-Universität Bochum.
«Ausgerechnet Bochum: Hier im Ruhrpott erlebten die Gewerkschaften große Niederlagen. Das Aus von Opel und Nokia, der Niedergang des Bergbaus.
An diesem Wochenende ist die Stimmung auf dem Bochumer Campus aber ausgelassen, die Zeiten sind andere: Von einer Renaissance der Arbeitermacht ist die Rede; von einer ‹Konferenz in Zeiten des Aufschwungs gewerkschaftlicher Kämpfe› spricht Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Das zeigen auch die Besucherzahlen: Zur letzten Streikkonferenz nach Braunschweig im Februar 2019 waren noch rund 820 Menschen gekommen, nun zählen die Veranstalter rund 1550 Anmeldungen. Gemeinsam in die Offensive – Dokumentation zur Streikkonferenz in Bochum weiterlesen
Recht auf Ausstand – Ohne einheitliche Haltung. Hiesige Gewerkschaften nehmen unterschiedliche Positionen zu den jüngsten »wilden Streiks« in der Bundesrepublik ein

Interessenvertretung ohne Streikrecht
Interview mit Ingrid Artus geführt von Sophie-Marie Aß
Die betriebliche Mitbestimmung ist in Deutschland seit Jahrzehnten gesetzlich verbrieft. Doch viele Beschäftigte nehmen ihr Recht auf die Gründung eines Betriebsrats nicht wahr. Ingrid Artus ist Professorin für Soziologie und forscht seit vielen Jahren zu sozialer Ungleichheit, Mitbestimmung und Tarifpolitik. Im JACOBIN-Interview erklärt sie, wie sich die betriebliche Mitbestimmung historisch entwickelte, mit welchen Strategien Unternehmen die Gründung von Betriebsräten verhindern und wie Gewerkschaften darauf reagieren können. Interessenvertretung ohne Streikrecht weiterlesen
Grenzgänger*innen des Arbeitskampfs

International Summit for Peace in Ukraine, Wien 10. und 11.06.2023
“Weitere zehntausende von Toten und Verwundete, weitere Zerstörung von Natur und Städte, noch mehr Hass auf beiden Seiten in der Ukraine und in Russland oder Waffenstillstand – das ist die Alternative.
Mehr Hunger und Armut überall in der Welt, mehr soziales Desaster und globale Ungerechtigkeit oder Einstieg in eine neue Periode der Kooperation und des Dialoges – das ist die Alternative.
Mehr Konfrontation und wahnwitzige Hochrüstung, mehr Atomwaffen und Militarismus oder Rückkehr zur Rüstungskontrolle und Abrüstung und der Beginn einer Diskussion um eine neue Sicherheits- und Friedensordnung in Europa – das ist die Alternative.
Alle globalen Herausforderungen von Krieg und Frieden haben eine dramatische Zuspitzung nicht nur aber besonders auch in dem Krieg in der Ukraine. Die Eskalationsdynamik des Krieges bis hin zu einem mindestens Europa vernichtenden Atomkrieges ist latent vorhanden, ein großer Krieg zwischen NATO und Russland nicht ausgeschlossen – die militärische Dynamik weist diesen verheerenden Weg.
Aber die Vernunft kann noch gewinnen, der Vernunft und dem Realismus, dem Überleben und der Gestaltung der Zukunft mit zum Durchbruch zu verhelfen, dazu will der internationale Kongress „Frieden in der Ukraine“ ein Beitrag leisten.
Deshalb ist und bleibt die friedenspolitische Kernforderung: Waffenstillstand und Verhandlungen International Summit for Peace in Ukraine, Wien 10. und 11.06.2023 weiterlesen
Gewerkschaftskonferenz für den Frieden am 23.-24.6.2023 in Hanau -„Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg!“
Im Einladungstext der Veranstalter IG Metall Hanau-Fulda und der Rosa-Luxemburg-Stiftung heißt es: “Aus der Geschichte wissen wir, Kriege drängen Gewerkschaften in Widerspruchskonstellationen. Die deutschen Gewerkschaften stehen wieder einmal vor der Herausforderung, im Spannungsverhältnis von betrieblicher und institutioneller Interessenvertretung einerseits und sozialer Bewegung andererseits, ihre unverzichtbare Rolle als Friedensorganisation auszufüllen. Im Rahmen einer gemeinsamen Konferenz der IG Metall Hanau-Fulda und der Rosa-Luxemburg-Stiftung wollen wir über aktuelle friedenspolitische Herausforderungen sprechen. Wir wollen dabei auch einen Beitrag zur innergewerkschaftlichen Diskussion leisten und mit ihm Einfluss auf die sich verändernden friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften nehmen.“ Gewerkschaftskonferenz für den Frieden am 23.-24.6.2023 in Hanau -„Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg!“ weiterlesen
„Deutsche Kriegsmoral auf dem Vormarsch“
Eine neue Flugschrift aus dem VSA-Verlag bietet Lektionen in Sachen „patriotische Moral“ – passend zur Formierung der deutschen Öffentlichkeit mit ihrer antirussischen Leitlinie. Dazu hier ein Gespräch mit Frank Bernhardt und Johannes Schillo.
„Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland“ (A. Baerbock). Mit dieser krassen Aussage sorgte die deutsche Außenministerin im Januar für etwas Aufsehen – gilt doch bei dem andauernden Stellvertreterkrieg des Westens gegen die russische Militärmacht nach wie vor als Dogma der deutschen Politik: Wir sind keine Kriegspartei! Als die russische Seite sich über den neuen Klartext beklagte, folgte die Klarstellung aus Berlin. Demnach geht es um die Gesinnung, die für uns und den versammelten Wertewesten zur verbindlichen, nicht hinterfragbaren Norm geworden ist, denn Putin, die Verkörperung des Bösen, hat die Ukraine grundlos angegriffen, so dass wir als die Guten dagegen halten müssen. Wobei die Vertreter der „regelbasierten Weltordnung“ in diesem Moment von ihren eigenen Angriffskriegen nichts mehr wissen wollen…
Moralisch gesehen befinden wir uns also eindeutig im Krieg mit Russland. Und es gibt jetzt hierzulande wieder eine Obrigkeit, die keine Parteien und keinen Widerspruch im Volk mehr kennen will und die den entsprechenden Patriotismus einfordert – zur Zeit eben „nur“ als die richtige Gesinnung, da ja der Krieg bisher „from behind“ geführt wird und bislang noch kein deutscher Soldat an dem fürchterlichen Gemetzel auf ukrainischem Boden beteiligt ist (bis auf die Freiwilligen aus dem rechten Umfeld, die dort gegen das Böse kämpfen). Ein „proletarisches Einverständnis“ mit der Herbeiführung der neuen Weltkriegslage ist dabei inbegriffen – von einer Arbeiter- oder Gewerkschaftsbewegung, die sich aus einem internationalistischen Geist den nationalen Kriegsherren entgegenstellt, ist weit und breit nichts zu bemerken. „Deutsche Kriegsmoral auf dem Vormarsch“ weiterlesen
Solidarität mit Julian Assange – Ein mörderisches System gegen Pressefreiheit und die Dokumentation von Kriegsverbrechen

ver.di startet Petition: GLEICHES RECHT für kirchlich Beschäftigte
Mit rund 1,8 Mio. Beschäftigten sind die christlichen Kirchen nach dem Öffentlichen Dienst die größten Anstellungsträger in Deutschland. Davon sind rund 1,4 Millionen in den Unternehmen der Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas beschäftigt. Für sie alle gelten kirchliche Regeln, die ihre Rechte als abhängig Beschäftigte einschränken. Mit dieser Benachteiligung muss endlich Schluss sein.
Kirchliche Unternehmen betreiben Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und -dienste, Einrichtungen der Behinderten- und Jugendhilfe, Rettungsdienste, Kitas, Sozial- und Schuldnerberatungsstellen und vieles mehr. Wie bei anderen Trägern auch, werden diese Einrichtungen fast ausschließlich aus Steuermitteln und Sozialversicherungsbeiträgen finanziert. Die kirchlichen Betriebe konkurrieren mit nicht-konfessionellen Trägern um Klienten bzw. Patienten und Arbeitskräfte. Sie betreiben massiv Tarifflucht und Outsourcing, nutzen Leiharbeit und gehen sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse ein. Sie verhalten sich also genau so wie andere Unternehmen auch, beharren aber auf ihre Sonderregeln im Arbeitsrecht.
Die Programme der Parteien der Regierungskoalition fordern die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts, dennoch wurde eine harmlose Vereinbarung im Koalitionsvertrag formuliert. Dort steht: „Gemeinsam mit den Kirchen prüfen wir, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann. Verkündungsnahe Tätigkeiten bleiben ausgenommen.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat deshalb am 17.05.2023 eine Petition gestartet, um den seit Jahrzehnten artikulierten Forderungen der Beschäftigten Nachdruck zu verleihen. ver.di startet Petition: GLEICHES RECHT für kirchlich Beschäftigte weiterlesen
150 Jahre Flächentarifvertrag – ein Grund zum Feiern?
Im Mai 2023 feierten die Hans-Böckler-Stiftung und ver.di in Berlin den 150. Geburtstag des Flächentarifvertrags.
Es darf bezweifelt werden, ob die Freude der Gewerkschaftsführung und des mit feiernden Bundesarbeitsministers Heil ehrlich und aufrichtig war, denn die Tarifbindung der Beschäftigten ist in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich gesunken.
Für rund 43 Prozent der Beschäftigten in Deutschland war das Beschäftigungsverhältnis 2021 durch einen Tarifvertrag geregelt. Es gibt große Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern, für 45 Prozent der Beschäftigten in den alten Bundesländern war das Beschäftigungsverhältnis 2021 durch einen Branchentarifvertrag geregelt. Für 9 Prozent galten Firmentarifverträge. In den neuen Ländern war die Tarifvertragsbindung deutlich niedriger, hier galten für 34 Prozent der Beschäftigten Branchentarifverträge. 11 Prozent arbeiteten in Unternehmen mit Firmentarifverträgen. Für 46 Prozent der Beschäftigten im Westen und 55 Prozent im Osten gab es keinen Tarifvertrag.
Ebenso wie der moderne Arbeitsmarkt zersplittert wurde, ist auch aus der Tariflandschaft ein riesiger Flickenteppich geworden. Von Flächentarifen spricht kaum noch jemand. 150 Jahre Flächentarifvertrag – ein Grund zum Feiern? weiterlesen
Menschenmaterial für den deutschen Arbeitsmarkt / Teil 1 – Die Bundesregierung und der Mensch als „Arbeitspotenzial“ / Teil 2
Von brauchbaren Arbeitskräften kann die Nation nie genug bekommen. Aber was bedeutet das für den Menschen? Kommentar zu den neuesten Reformvorhaben der Regierung. (Teil 1)
Das Fachkräfteproblem in Deutschland ist ein rundum anerkannter Missstand. Bei seiner öffentlichen Thematisierung werden meist alle einschlägigen Ideologien der Marktwirtschaft abgespult und selbst eine noch recht junge Fachkraft wie der ChatGPT der Künstlichen Intelligenz kann hier in Sekundenschnelle eine Gliederung für einen Besinnungsaufsatz oder für einen Hintergrundartikel im Berufsjournalismus präsentieren. So jedenfalls jüngst der Nachweis bei Telepolis: „Was eine intelligente Maschine zum Fachkräftemangel zusammenträgt„.
Aber es wird nicht nur geklagt: „Fachkräfteland Deutschland“ – unter diesem Titel stellte die Bundesregierung bereits im letzten Oktober ihre Strategie zur Fachkräftesicherung vor. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat, gingen nun am 23. April mit diesem Projekt wieder in die Öffentlichkeit, nachdem sie das Weiterbildungsgesetz und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in den Bundestag eingebracht hatten.
Die Strategie der Fachkräftesicherung umfasst fünf Handlungsfelder. Menschenmaterial für den deutschen Arbeitsmarkt / Teil 1 – Die Bundesregierung und der Mensch als „Arbeitspotenzial“ / Teil 2 weiterlesen
Bei den Zwangsräumungen als wohnungspolitische Marktregulierung gibt es eine geringfügige aber wichtige Verbesserung: BVerfG erweitert Schutz vor Wohnungsräumung zur Erhaltung von Leben und Gesundheit
Die massiven Einkommenseinbußen in den vergangenen Jahren und die extremen Steigerungen der Lebenshaltungskosten haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen ihre Mieten nicht mehr aufbringen können und von Obdachlosigkeit bedroht sind.
Einen Vorstoß der Linksfraktion im Januar 2021 im Bundestag, Zwangsräumungen per Gesetz zu verbieten, lehnten alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien, außer den Grünen, ab. Wie nötig ein Verbot der Zwangsräumung wäre, zeigen die Zahlen aus dem Jahr 2021, als fast 30.000 Zwangsräumungen durchgeführt wurden. Das waren 82 pro Tag.
Den politischen Akteuren ist die Zahl bekannt, aber sie halten bewusst daran fest, dass Zwangsräumungen Bestandteil des nach ihren Vorstellungen funktionierenden Wohnungsmarktes sind. Parallel dazu ist durch rigoroses Sparen der öffentlichen Hand das staatliche Hilfesystem zur Vermeidung von Räumung und Obdachlosigkeit massiv heruntergefahren worden und die hilfesuchenden Menschen sind sich selbst überlassen.
Für viele betroffene Menschen ist die Zwangsräumung eine extrem traumatische Situation, in der es immer wieder zu Gewalt gegenüber Vollstreckungsbeamten oder gegen sich selbst kommt, wenn die Selbsttötung der drohenden Obdachlosigkeit vorgezogen wird.
Da ist es erfreulich, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im März 2023 den Schutz vor Wohnungsräumung etwas erweitert hat und die Erhaltung von Leben und Gesundheit in den Vordergrund stellt. Bei den Zwangsräumungen als wohnungspolitische Marktregulierung gibt es eine geringfügige aber wichtige Verbesserung: BVerfG erweitert Schutz vor Wohnungsräumung zur Erhaltung von Leben und Gesundheit weiterlesen