Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland zugewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen.
2022 machten eingewanderte Menschen rund 18 Prozent der deutschen Bevölkerung aus, weitere sechs Prozent waren direkte Nachkommen von ihnen. 40 Prozent der nach Deutschland Eingewanderten sind seit 2013 hinzugekommen. Sie waren mit einem Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren deutlich jünger als die deutschen Staatsbürger ohne Einwanderungsgeschichte, dort liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren.
In der Debatte um die Zuwanderung werden das Asylrecht, die Abwehr unwillkommener Menschen bzw. sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge und die Behebung eines angeblichen Fachkräftemangels durch die Abwerbung qualifizierter Personen aus dem Ausland miteinander vermischt: So verschieden diese Fragen auch erscheinen, sie haben doch dieselben Ursachen.
Herkunft der Eingewanderten
- Mit 59 Prozent stammt der überwiegende Teil der Zugewanderten nach Deutschland aus Europa, davon stammen wiederum 89 Prozent aus den ehemaligen Ostblockländern.
- 29 Prozent sind aus asiatischen Ländern zugewandert und nur sechs Prozent aus Afrika. Die Zuwanderung erfolgte in mehreren großen, zum Teil über Jahre anhaltenden Wellen.
- Ausschlaggebend für die Einwanderung aus europäischen Staaten seit 2005 war die Aufnahme von Staaten des ehemaligen Ostblocks in die EU.
- Die Eurokrise hat ab 2010 dazu beigetragen, dass vermehrt EU-Bürger aus dem Ausland eingewandert sind.
- Allein im Jahr 2022 sind fast eine Million ukrainische Staatsbürger nach Deutschland gekommen.
- Die Migrationswellen aus Asien sind größtenteils auf die Zuwanderung aus den Kriegs- und Krisenregionen Syrien, Afghanistan und Irak sowie von hoch qualifizierten Indern zurückzuführen.
Abwanderung
Seit 2005 ist eine vermehrte Abwanderung von Bürgern mit deutscher Staatsangehörigkeit zu beobachten. Immer mehr hochqualifizierte Deutsche wandern aufgrund besserer Arbeitsbedingungen im Ausland aus.
Zuwanderung im Einzelnen:
Einwanderung aufgrund der EU-Erweiterung
In den EU-Erweiterungen von 2004, 2007 und 2013 sind außer Malta und Zypern ausschließlich ehemalige Länder des Ostblocks in die Europäische Union aufgenommen worden. Die Freizügigkeit bei der Wahl des Wohn- und Arbeitsortes der EU-Bürger hat zu mehreren Einwanderungswellen geführt.
- Insgesamt sind aus den 2004 in die EU aufgenommenen Staaten 0,9 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert, hauptsächlich aus Polen und Ungarn.
- Nach der EU-Erweiterung 2007 durch Rumänien und Bulgarien, sind weitere 1,1 Millionen Menschen aus diesen beiden Ländern nach Deutschland hinzugekommen. Die Aufnahme Kroatiens 2013 führte noch einmal zu einer Aufnahme von 0,2 Millionen Menschen aus diesem Land.
Einwanderung aus Nicht-EU-Ostblockländern
Seit dem Jahr 2000 sind aus den früheren Ostblockländern, die nicht zur EU gehören, 0,9 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen.
- Besonders geprägt wurde diese Einwanderung durch polnische und russische Bürger. Bei letzteren handelte es sich größtenteils um Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, von vielen als Russlanddeutsche bezeichnet.
- Anderen Ethnien des sowjetischen Vielvölkerreichs kamen zwischen Mitte der 1980er und Mitte der 2000er Jahre nach Deutschland.
- In den Jahren 2015 und 2016 erfolgte ein starker Anstieg der Einwanderungszahlen, was hauptsächlich auf eine vermehrte Zuwanderung aus Albanien, dem Kosovo und aus Nordmazedonien zurückzuführen ist. In diesen beiden Jahren kamen insgesamt 81.000 Menschen mit einer Staatsbürgerschaft aus einem dieser drei Länder. Doch bereits 2016 verließen 36.000 dieser Menschen wieder Deutschland, weil insbesondere albanische Staatsbürger 2015/2016 in Deutschland Asylanträge gestellt hatten, die jedoch fast ausnahmslos abgelehnt wurden.
- Der weitere Anstieg der Zahl von Menschen aus Nicht-EU-Ostblockländern im Jahr 2022 ist größtenteils auf eine erneut hohe Zuwanderung aus der Russischen Föderation zurückzuführen. Darunter befanden sich auch russische Männer im wehrfähigen Alter, die in Deutschland Asyl suchten, um dem Einzug in die russische Armee zu entgehen. Ihre Anträge wurden fast ausnahmslos abgelehnt.
Einwanderung aufgrund der Eurokrise
Die Zuwanderung aus den ehemaligen Ostblockstaaten hat sich seit 2010 deutlich erhöht, auch wenn diese Staaten schon vorher Mitglied der EU waren. Die Vermutung, dass die Eurokrise der Grund hierfür war, bestätigt sich, wenn man auch die Zuwanderung aus südeuropäischen Mitgliedsstaaten betrachtet, die besonders hart von den wirtschaftlichen Folgen der Krise betroffen waren. Aus Griechenland, Italien, Spanien und Portugal sind seit 2010 knapp 0,4 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert.
Einwanderung aufgrund von Arbeitsangeboten für Hochqualifizierte und Fachkräfte
Menschen aus Staaten, die nicht der EU angehören und in Deutschland Arbeit suchen, haben es in der Regel sehr schwer, eine Aufenthaltsgenehmigung mit der Erlaubnis, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, zu erhalten. Leichter ist es, wenn sie hochqualifiziert sind, aus bestimmten Ländern kommen oder über bestimmte Qualifikationen verfügen, an denen es in Deutschland mangelt.
- Neben Angehörigen von EU-Ländern genießen auch die Bürger der Mitgliedsstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), das sind Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz, in Deutschland die Freizügigkeit der Wohn- und Arbeitswahl. Alle anderen Arbeitssuchenden aus Nicht-EU- und nicht EFTA-Staaten benötigen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich eine Aufenthaltsgenehmigung. Sie müssen um nach Deutschland einreisen zu können, ein Visum beantragen. Ausnahme hier: sie sind Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, Südkorea, Neuseeland, Großbritannien oder den USA.
- In der Regel ist der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Menschen, die nicht aus EU- oder EFTA-Staaten kommen, auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt und bedarf der vorherigen Zustimmung der Arbeitsverwaltung. Bevorzugt werden IT-Spezialisten sowie Arbeitskräfte mit Qualifikationen in sogenannten „Engpassberufen“ wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin sowie in den seit November 2023 einer ganzen Reihe hinzugefügten weiteren Berufen. Die Antragsteller müssen ihre Qualifikation sowie eine Anstellung mit einem jährlichen Gehalt von mindestens knapp 40.000 Euro (seit November 2023) nachweisen.
- Von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ausgenommen sind Lehrpersonen, wissenschaftliche Mitarbeiter, Gastwissenschaftler und Lehrkräfte an Schulen, Hochqualifizierte mit Niederlassungserlaubnis sowie Personen mit einer in Deutschland benötigten Qualifikation und einem jährlichen Gehalt von mindestens 56.400 Euro (Stand im Jahr 2022).
- Von der Möglichkeit, als Hochqualifizierte oder als Fachkräfte in Engpassberufen in Deutschland zu arbeiten, machten und machen insbesondere indische Staatsangehörige Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind insgesamt 0,2 Millionen Inder nach Deutschland eingewandert.
- Eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung oder Niederlassungserlaubnis können Ausländer in der Regel beantragen, wenn sie mindestens fünf Jahre über eine befristete Aufenthaltsgenehmigung verfügten und einige weitere Bedingungen erfüllen. Bei den Hochqualifizierten und Fachkräften sind Verkürzungen auf weniger als zwei Jahre möglich und eine Einbürgerung kann frühesten nach acht Jahren mit einem durchgehenden Aufenthaltstitel in Deutschland erfolgen.
Einwanderung aufgrund von Verfolgung und Bedrohung
Das deutsche Asylrecht ermöglicht es Flüchtlingen auf der Basis von Artikel 16a des Grundgesetzes sowie dem Paragraf 3, Absatz 1 des Asylgesetzes – Schutz vor politischer Verfolgung oder Verfolgung aufgrund der Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihrem Heimatland – in Deutschland Asyl zu beantragen.
- Ein weiterer Grund für einen befristeten Aufenthalt in Deutschland ist die Gewährung von subsidiärem Schutz, wenn ein Ausländer „stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht“. Darunter fällt unter anderem nach Paragraf 4, Absatz 1 Asylgesetz „eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“.
- Auch verbietet Paragraf 60, Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes, dass ein Ausländer abgeschoben wird, wenn dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist oder wenn im Zielland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr liegt auch dann vor, wenn der Ausländer lebensbedrohlich oder schwerwiegend erkrankt ist und sein Gesundheitszustand sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde.
- Anerkannte Flüchtlinge, über deren Asylantrag positiv entschieden wurde oder die aufgrund von subsidiärem Schutz beziehungsweise Abschiebungsverbot in Deutschland verbleiben dürfen, erhalten je nach Art ihres Status eine Aufenthaltsgenehmigung zwischen einem und drei Jahren. Die Genehmigung kann verlängert werden und mit ihr können sie in Deutschland uneingeschränkt arbeiten.
- Flüchtlinge können nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung oder Niederlassungserlaubnis beantragen und nach acht Jahren eingebürgert werden. Unter bestimmten Voraussetzungenkönnen auch Asylbewerber und Geduldete eine Arbeitserlaubnis erhalten.
- Nach den erheblichen Verschärfungen des deutschen Asylgesetzes in den Jahren 1993 und 2015 werden jährlich bis zu 75 Prozent der Anträge hauptsächlich mit der Begründung abgelehnt, das Herkunftsland sei sicher, oder es erfolgt eine formelle Entscheidung, die größtenteils darauf beruht, dass nach dem Dublin-Verfahren ein anderes europäisches Land für die Aufnahme des Flüchtlings zuständig ist. Fast alle Anträge von Flüchtlingen beispielsweise aus Albanien, dem Kosovo, Nordmazedonien sowie aus Bosnien und Herzegowina werden zurückgewiesen.
- Zu höheren Aufnahmequoten aufgrund politischer sowie anderweitiger Verfolgung und Bedrohung kommt es bei Antragsstellern aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Eritrea und, nach dem Putschversuch gegen Erdoğan 2016, auch aus der Türkei. Die Einwanderung von Flüchtlingen aus diesen fünf Ländern erfolgte in den letzten Jahren immer wieder in Wellen, mit dem Höhepunkt im Jahr 2015. Aktuell ist ein erneuter Anstieg von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan zu verzeichnen.
Einwanderung aufgrund politischer sowie anderweitiger Verfolgung und Bedrohung
Menschen, die seit dem Beginn des Krieges mit Russland als Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland kommen und die größte Einwanderung von Ausländern in der Geschichte der Bundesrepublik ausgelöst haben, müssen keinen Asylantrag stellen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Sie können gemäß Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes eine befristete Aufenthaltsgenehmigung beantragen, weil die EU erstmals im März 2022 beschlossen hat, ihre Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Damit ist ihnen in Deutschland auch die sofortige Aufnahme einer Arbeitstätigkeit möglich.
Einwanderung aufgrund von Konflikten, an denen Deutschland beteiligt ist oder war
Wenn die Zuwanderung aus Ländern, in denen sich Deutschland direkt oder indirekt an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt hat, mit der übrigen Migration ins Verhältnis setzt, ergibt sich folgendes Bild:
- Von den 8,1 Millionen Menschen, die zwischen 2000 und 2022 nach Deutschland eingewandert sind, stammen 0,2 Millionen aus dem Irak, 0,3 Millionen aus Afghanistan, 0,8 Millionen aus Syrien und 1,1 Millionen aus der Ukraine. Das sind insgesamt rund 2,4 Millionen Menschen oder 30 Prozent aller Zugewanderten.
- Die Gründe für die Flucht stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Kriegen und Bürgerkriegen, an denen sich Deutschland und seine engsten wirtschaftlichen und militärischen Verbündeten direkt oder indirekt maßgeblich beteiligen beziehungsweise beteiligt haben.
- Auch Sanktionen, wie diejenigen, die seit 2011 gegen Syrien bestehen, sind Ursachen für Vertreibungen. Das Land steht nach Russland und dem Iran an dritter Stelle der am meisten sanktionierten Staaten der Welt.
- Die Ursache für die aktuell wieder steigende Zahl von Flüchtlingen aus Afghanistan liegt in der Machtübernahme der Taliban nach dem Abzug der westlichen Besatzungstruppen.
Bevölkerung in Deutschland ist durch Zuwanderung in den letzten zwanzig Jahren lediglich um insgesamt ein Prozent angewachsen
Zwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland zugewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen. Die Bevölkerungszahl ist in derselben Zeit allerdings nur um eine Million gestiegen, also von 82 auf 83 Millionen, das zeigt, dass der größte Teil der zugewanderten Menschen die dauerhaft geringen Geburtenzahlen ausgleicht.
Quellen: Marios Nikolinakos,(ro ro ro aktuell,1973), ÖGB, Hans Böckler Stiftung, multipolar, destatis, BA Bild: scharf links