2019 feiert die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organisation – ILO) ihr hundertjähriges Jubiläum

„Vieles hat die ILO in den vergangenen Dekaden erreicht: Trotz zahlreicher Rückschläge aufgrund des Zweiten Weltkrieges, politischer Konflikte wie dem ’Kalten Krieg’ oder wachsender Verteilungskämpfe und Interessensgegensätze angesichts der Grenzen des Wachstums hat die ILO maßgeblich zur Gestaltung des Völkerrechts beigetragen und ein verbindliches, internationales Arbeitsrecht geschaffen. Auf dieses können sich zum Beispiel Beschäftigte, die auf lokaler Ebene um ihre Rechte kämpfen, berufen und das Beschwerde- und Aufsichtssystem der ILO nutzen.

Aus den Debatten um die Arbeitsbedingungen in globalen Wertschöpfungsketten, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen oder die menschenwürdige Gestaltung von Migration sind die ILO und ihr Normenwerk nicht wegzudenken. Dass die ILO nicht nur eine bedeutende Vergangenheit und Gegenwart hat, sondern auch für die Gestaltung der Zukunft globaler Arbeitswelten eine zentrale Instanz ist, davon sind die HerausgeberInnen dieser Publikation überzeugt.

1. Die ILO muss von den Mitgliedsstaaten gestärkt werden.

In der ILO arbeiten Staaten, Arbeitnehmer-, und Arbeitgeberverbände zusammen. Diese Dreigliedrigkeit gibt ihr einen Legitimationsvorsprung vor anderen UN-Organisationen. Dies sowie ihre normative Funktion als Arbeitsstandards-setzende Organisation sollte zur Stärkung der ILO in der UN führen. Dazu benötigt die ILO nicht nur ein robustes Überwachungs- und Bewertungssystem, sondern auch bessere Kontrollmöglichkeiten gegenüber Staaten bei der Ratifizierung und Umsetzung von internationalem Arbeitsrecht. „Die ILO braucht Sanktionsmechanismen und sollte außerdem eine Führungsrolle bei der Umsetzung des Globalen Migrationspaktes einnehmen“, so Dr. Sabine Ferenschild, Mitarbeiterin des SÜDWIND-Instituts.

2. Die ILO muss den sozialen Dialog ausweiten

Die ILO führt den sozialen Dialog um internationale Arbeitsrechte zwar dreigliedrig, doch bleiben soziale Bewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für die Arbeitsrechte von MigrantInnen oder informell Arbeitenden einsetzen, weitgehend außen vor. „Die Ausweitung des sozialen Dialogs auf soziale Bewegungen und die informelle Wirtschaft hin ist geboten.“, merkt Dr. Hildegard Hagemann aus dem SÜDWIND-Vorstand an. „Nur durch die Einbeziehung von MigrantInnenorganisationen oder von Organisationen der informellen Wirtschaft, insbesondere in die ArbeitnehmerInnendelegationen bei der ILO, kann den Herausforderungen für die Arbeitswelt der Zukunft wirksam begegnet werden.“

3. Die ILO muss neue Themen aufgreifen und vorantreiben

Die Arbeitswelt von heute ist geprägt von informell Beschäftigten, hoher Jugendarbeitslosigkeit, Diskriminierung von Frauen, einem hohen Anteil an Wanderarbeit zu schlechten Bedingungen und nicht zuletzt von extrem niedrigen Löhnen auch in globalen Wertschöpfungsketten. Um die Zukunft der Arbeit menschenwürdig zu gestalten, muss sich die ILO auf die Unterstützung dieser benachteiligten Gruppen konzentrieren, Standards für informelle Arbeitssektoren setzen, die Durchsetzung von Vereinigungsfreiheit stärker fördern, und ein Übereinkommen zur tarifpolitischen und arbeitsrechtlichen Gestaltung von globalen Lieferketten auf den Weg bringen.“

Die drei Wünsche basieren auf einer Befragung internationaler ArbeitsexpertInnen, derenWünsche für die Zukunft“ SÜDWIND in der gleichnamigen Broschüre veröffentlicht hat.

Inhalt:

Herausforderungen für das nächste Jahrzehnt und Wünsche für die Zukunft:  Sudhir Katiyar / PRAYAS – Center for Labour Research and Action

100 Jahre ILO – „Auf, auf, wir stehen erst am Anfang!“ Der weite Weg zu menschenwürdiger Arbeit für alle.:  Sarah Prenger / Internationale Christliche Arbeiterjugend

Welches sind die größten Herausforderungen für die ILO im nächsten Jahrzehnt und was wünschen Sie sich für die Zukunft der ILO?:  Prossy Nambatya, Koordinatorin JACODeWU

Schritt für Schritt zu umfassenderen Formen der Interessenvertretung William Gois / Migrant Forum Asia

Verteidigung eines auf Rechten basierenden Ansatzes zur Regulierung der Arbeitsmigration:  Nicola Piper / Asia Pacific Migration Centre der Universität Sydney

Informell ist normal: Karin Pape / WIEGO

Die ILO und der informelle Sektor – noch ein weiter Weg: Namrata Bali / SEWA

‘Menschenwürdige Arbeit für Sexarbeiter*innen‘ als Geschenk zum 100-jährigen Geburtstag der ILO:  Karin Astrid Siegmann /International Institute of Social Studies (ISS) der Erasmus Universität Rotterdam

Die ILO stellt sich den Herausforderungen des Wandels der Arbeitswelt: Claudia Menne, DGB

Internationalisierung der Tarifpolitik: Frank Hoffer / ACT-Initiative

Absicherung des Überwachungsmechanismus und des Streikrechts als zentrale Herausforderungen für die ILO in den nächsten 10 Jahren: Reingard Zimmer / Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin

Sanktionsmacht entwickeln!: Markus Demele / Kolping International

 

 

weitere Infos:

https://www.suedwind-institut.de/files/Suedwind/Publikationen/2018/2018-33%20Wuensche%20fuer%20die%20Zukunft.%20Was%20ExpertInnen%20der%20ILO%20empfehlen.pdf

Bild: ilo