Der erfolgreiche Weg der Post AG zur unmittelbaren Konkurrenz ihrer Beschäftigten – Rückblick auf die Auseinandersetzungen 2015

In der Versandbranche wird ein erbitterter Konkurrenzkampf geführt, das Übliche in einem Wachstumsmarkt. Dieser Kampf wird hauptsächlich über den Lohn und die Arbeitsbedingungen, auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.

Nun wurde bekannt, dass die Deutsche Post AG wieder einmal einen Konzernumbau plant, um im heiß umkämpften Paketgeschäft wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Dax-Konzern ist derzeit dabei, einen neuen Gesamtbetrieb für all seine Briefträger und Paketboten zu gründen. Künftig sollen in dieser neuen Gesellschaft alle Zusteller unter einem Dach arbeiten, egal ob sie nach Haustarifvertrag oder bei den 2015 gegründeten Billig-Tochterfirmen arbeiten.

Eine paar Tage zuvor wurde der von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geführte unbefristete Streik und damit auch der Tarifkonflikt beendet. Die Konzerntarifkommission hat am 28. Februar entschieden, eine Mitgliederbefragung zum vorgelegten Tarifangebot durchzuführen. Diese wird in der Zeit vom 12. März bis 6. April 2018 in den Betrieben der Deutschen Post AG durchgeführt.

Bevor die ver.di Mitglieder ihr Votum abgeben, können sie im Folgenden noch einmal die harten Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 Revue passieren lassen, bei denen es vor allem um die für die Paketzustellung gegründeten 46 regionalen DHL Delivery GmbHs ging. Die regionalen GmbHs konnten nicht verhindert werden und eben diese sollen nun Vorbild für die so genannten Gemeinschaftsbetriebe unter dem Dach der Deutschen Post AG sein. Dort werden dann in ein und derselben Postniederlassung die Beschäftigten mit unterschiedlichen Stundenlöhnen, Wochenarbeitszeiten oder auch Pausenzeiten tätig sein und die Post kann das lange geplante Ziel verwirklichen, Löhne und Arbeitsbedingungen weiter zu verschlechtern.

Post AG

Jeder kennt das: an manchen Tagen liefern mehrere Paketzusteller in einer Straße gleichzeitig ihre Waren aus und blockieren die Fahrbahn. Genauso, wie verschiedene Briefzusteller gleichzeitig im Haus anschellen und einen kollegialen Plausch halten.

Nach aktuellen Schätzungen sind rund 50.000 Fahrzeuge bundesweit unterwegs, die man etwa 5.000 Express-, Post-, Paket- und Kurierdiensten zuordnen kann.

Eine der größten Firmen ist hier die DHL, die Tochterfirma der deutschen Post AG, die sich mittlerweile an der Strategie von Amazon ein Beispiel nimmt und versucht, wo eben möglich, die Lohnkosten zu senken.

Das Unternehmen

Die Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn ist das größte Logistik- und Postunternehmen der Welt. Das Unternehmen, seit 2009 firmiert es unter dem Namen Deutsche Post DHL, entstand 1995 durch Privatisierung der früheren Bundesbehörde Deutsche Bundespost und ist seit dem Jahr 2000 Bestandteil des deutschen Leitindexes DAX an der Frankfurter Wertpapierbörse. 2013 zog die Deutsche Post in den EURO STOXX 50 ein.

Der Staat war bis Ende 2012 über die KfW (Bank des Bundes und der Länder) mit 25,5 Prozent der Aktien beteiligt und besaß damit noch eine Sperrminorität. Seit 2013 hält die KfW 21 Prozent der Aktien der Deutschen Post AG und damit ist der Bund aus der Verantwortung.

An zweiter Stelle steht der größte Kapitalanlagekonzern der Welt, der ehemalige US-Hedgefonds „Blackrock“. Die Mehrheit dieser 67 Prozent gehört Investoren aus den USA und Großbritannien – wobei London oft nur aus Steuergründen der juristische Standort für US-Investoren ist. Die Bundesregierung und der Konzern selbst halten die Namen der Investoren, außer dem von Blackrock, geheim. 11 Prozent der Aktien werden nur noch von Kleinaktionären und Privatanlegern gehalten.

Im Jahr 2017 stieg das operative Konzernjahresergebnis der Deutschen Post AG um 7,2 Prozent auf 3,74 Milliarden Euro. Im April 2018 kann der Konzern 40 bis 60 Prozent des Nettogewinns des Geschäftsjahres 2017 als Dividende ausschütten. Diese überdurchschnittlich hohe Ausschüttung kann nur auf Kosten der Beschäftigten realisiert werden. Nur die Portogebühren zu erhöhen, um die Ansprüche der Anleger befriedigen zu können, reicht da nicht aus. Für gute Arbeitsbedingungen ist längst kein Geld mehr übrig.

Die Beschäftigten

Nach Angaben der Post AG lag die Zahl der Beschäftigten 2017 weltweit bei 520.000, in Deutschland beschäftigt sie 215.800 Menschen. In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Postmitarbeiter in Vollzeit ständig zurückgegangen. Mehr als jeder 10. Mitarbeiter arbeitet mit befristeten Verträgen. Der Krankenstand ist kontinuierlich angestiegen, die Arbeitsverdichtung und die schlechteren Arbeitsbedingungen haben ihren Preis.

Die Post hat sich Amazon zum Vorbild genommen. Neue Mitarbeiter (im Paketgeschäft entstehen bis 2020 laut Post AG 10.000 neue Stellen ) sollen nicht mehr nach dem Haustarif bezahlt werden, sondern für sie sollen die Logistiktarife gelten.

Damit dies funktioniert, sind massive Ausgründungen vorgenommen worden. Konkret wurde im Januar 2015 damit begonnen, Beschäftigten mit befristeten Verträgen Arbeit in den 49 neugegründeten Regionalgesellschaften, den „Delivery“-Töchtern anzubieten. Ihnen wurde bei Weigerung der Unterschrift mit Entlassung gedroht.

Mühselige Erhaltung der Gewerkschaftsarbeit

Die Zeiten des gewerkschaftlich gut organisierten Staatsbetriebes scheinen seit 2015 endgültig vorbei zu sein.

Für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist die Ankündigung der Deutschen Post AG, einen Teil der bislang zum Haustarif befristet angestellten Beschäftigten in deutlich niedriger tarifierte neu gegründete Firmen abzuschieben ein „sozialpolitischer Skandal ersten Ranges“.

Die Situation stellte sich laut der ver.di Pressemitteilung von Anfang 2015 so dar:

  • „Der Post geht es wirtschaftlich prächtig, Anleger und Investoren werden mit äußerst positiven Prognosen gelockt, die schwächsten Beschäftigten sollen dafür zahlen.
  • Die Ankündigung der Post, angeblich 10.000 neue Arbeitsplätze schaffen zu wollen, ist ein klarer Fall von Tarif- und Mitbestimmungsflucht und eine Aushöhlung bestehender Verträge.
  • Das ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Sozialpartnerschaft.
  • Ganz offensichtlich will die Post mit diesem Manöver die Arbeitsbedingungen von mehr als 10.000 Beschäftigten radikal verschlechtern.
  • Nach Berechnungen von ver.di drohen den Beschäftigten allein mit Blick auf den Stundenlohn Absenkungen von bis zu rund 20 Prozent.
  • Post unterläuft mit ihrem Vorhaben bestehende Verträge.
  • Nachdem das Unternehmen unter Ausnutzung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes mehr als 24.000 befristet Beschäftigte in Geiselhaft genommen hat, soll jetzt aus bestehenden Verträgen ausgestiegen werden. Mit der Post ist Ende 2011 vereinbart worden, im Falle des <<signifikanten Absinkens der wirtschaftlichen Ergebnisse>> Gespräche aufzunehmen. Dieser Fall ist aber bislang nicht eingetreten. So unterläuft die Post mit diesem Manöver offensichtlich unseren Vertrag zum Ausschluss der Fremdvergabe und den Entgelttarifvertrag.
  • Der Vertrag zum Ausschluss der Fremdvergabe läuft bis zum 31. Dezember 2015 und legt fest, dass maximal 990 Paketzustellbezirke von Konzerntöchtern oder Dritten betrieben werden dürfen. Der Entgelt-Tarifvertrag ist zum 31. Mai 2015 kündbar.

Den Paketzustellern der Post AG reichte die damalige Entrüstung von ver.di nicht.

Sie meinten, dass die Betriebsräte und Gewerkschaften mit den Betroffenen ein Konzept erarbeiten sollten, wie man auf die Ausgliederung von Personal wirkungsvoll reagiert und wie Widerstand überbetrieblich organisiert werden kann. Auch ein Erzwingungsstreik sollte ihrer Meinung dazu gehören.

Dass es für die Gewerkschaften um mehr geht als sonst, wird an der Zwickmühle deutlich: Die Investoren üben Druck auf die Post AG aus, um die Rendite zu steigern. Diese verschärft ihren Druck auf die Lohnkosten. Appelle an das aufgeklärte Eigeninteresse, sozialpolitische Ausgenmaß und an die Sozialpartnerschaft sind vor diesem Hintergrund zwecklos. Die Gewerkschaften müssen ihre Kampf- und Streikbereitschaft, die sie immer ankündigen, auch praktisch unter Beweis stellen.

Die Beschäftigten befürchteten damals faule Kompromisse wie z.B.: Die Konzernleitung bricht das Projekt Delivery-Regionalgesellschaften ab. Dafür akzeptieren die Gewerkschaften im Gegenzug weitere Verschlechterungen im Haustarifvertrag. So ein Kompromiss hätte dieselben Effekte wie das Projekt Delivery-Regionalgesellschaften. Denn in der Boom-Branche Transport und Logistik würde es immer mehr Beschäftigte mit niedrigen Löhnen und hoher Arbeitsbelastung geben als jetzt schon, was dann eben als normal gelten würde.

Eine Gewerkschafterin, die 2015 als Zustellerin arbeitete, sagte damals: „Sozialpartnerschaft kann nur auf gleicher Ebene stattfinden. Wo hat es diese in der Bundesrepublik jemals zwischen Gewerkschaften, Beschäftigten und Kapital gegeben? Also, Schluss mit der Schwafelei“

Der verloren gegangene Arbeitskampf 2015 – Paket-Gesellschaften waren „nicht verhandelbar“

Der rund vierwöchige Tarifstreit zwischen der Deutschen Post und der Gewerkschaft ver.di wurde Anfang Juli 2015 beendet. Nach einem Verhandlungsmarathon haben sich beide Parteien geeinigt. Sie beschlossen unter anderem eine Einmalzahlung für die 140.000 Konzernmitarbeiter von 400 Euro im Jahr 2015, eine Lohnerhöhung um zwei Prozent im Jahr 2016 und eine Erhöhung von 1,7 Prozent ein weiteres Jahr später.

Die zum Jahresbeginn ausgegründeten Paketgesellschaften mit schlechterer Bezahlung wurden allerdings nicht aufgelöst oder in den Post-Haustarifvertrag aufgenommen. Das war eine der Kernforderungen der Gewerkschaft ver.di im Tarifstreit, da in diesen Gesellschaften die rund 6.500 Mitarbeiter weniger Lohn erhalten, als ihre Kollegen im Konzern.

Die Deutsche Post hatte von vornherein klargestellt, dass die Paket-Gesellschaften „nicht verhandelbar“ seien und so war es dann auch.

Die Schlappe für ver.di kann auch nicht ausgleichen, dass es gelungen ist, die verbleibenden Paketzusteller in der Deutschen Post dauerhaft abzusichern. So verpflichtete sich die Post, ihre aktuell im Unternehmen arbeitenden Paketzusteller beim Mutterkonzern zu behalten und nur die neu eingestellten Beschäftigten sollten in die ausgegründeten Gesellschaften für weniger Geld arbeiten.

Der Kündigungsschutz bei der Post wurde zudem um vier Jahre bis Ende 2019 verlängert. Eine Vergabe von Brief- oder kombinierter Brief- und Paketzustellung an Fremdfirmen sollte bis Ende 2018 ausgeschlossen bleiben. Bei der Senkung der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden konnte sich ver.di ebenfalls nicht durchsetzen, auch diese Forderung war „nicht verhandelbar“, es wird bei 38,5 Stunden bleiben.

Deutsche Post AG hat in dem Arbeitskampf 2015 zu unlauteren und ungesetzlichen Mitteln gegriffen

Die Post hatte für das Geschäftsjahr 2015 ihren Aktionären für die kommenden Jahre jeweils acht Prozent mehr Gewinn und auch für dieses Jahr eine steigende Dividende versprochen. Um dieses Versprechen halten zu können hatte die Deutsche Post AG in dem Arbeitskampf von Anfang an zu unlauteren und ungesetzlichen Mitteln gegriffen und die Beschäftigten mit Arbeitsplatzverlust bedroht, nur weil diese ihr Grundrecht auf Streik wahrnahmen.

Die Aktionäre der Deutschen Post AG freuten sich über eine Rekord-Dividenden-Ausschüt-tung. Die Hauptversammlung der Deutschen Post AG beschloss eine Ausschüttung für das Jahr 2014 von über einer Milliarde Euro und das steuerfrei. Mit einer Ausschüttungsquote von 49,7 Prozent und einer Dividendenrendite von 3,1 Prozent lag der ehemalige Staatsbetrieb über dem DAX-Durchschnitt.

Doch bezahlen müssen die Gewinne die Beschäftigten des ehemaligen Staatsbetriebes – mit Tarifflucht, Lohndumping und Stellenabbau. In Krisenzeiten müssen die Beschäftigten den Gürtel enger schnallen, in Boomphasen müssen hohe Dividenden an die Shareholder fließen.  Die Verlierer sind immer die Beschäftigten.

Während des Arbeitskampfes zwischen der Deutschen Post und der Gewerkschaft ver.di wurde auf Seiten des Konzerns, bei dem der Staat Anteile hält und entsprechenden Einfluss hat, unlautere und ungesetzliche Mittel eingesetzt, wobei andere staatliche Stellen fleißig mitmachten.

Besonders interessant ist, was bei einem Streik in einem ehemaligen Staatsunternehmen an dem der Bund 2015 noch mit 21 Prozent beteiligt war, so alles an unglaublichen Dingen abging, wobei die „Sozialpartnerschaft“ längst auf der Strecke geblieben ist.

Postbeschäftigte berichteten damals, dass

  • Befristungen nicht verlängert und die Arbeitsverträge einfach auslaufen sollten, wenn man sich am Streik beteiligt. Das war ein glatter Verstoß gegen das Grundgesetz und das darin enthaltene Streikrecht.
  • Streikbrecher an den Wochenenden 100 Euro extra cash und 30 Prozent auf den anfallenden Lohn erhielten. Sie seien gefragt worden, ob sie nicht Verwandte oder Bekannte hätten, die einspringen möchten – das Briefgeheimnis galt nicht mehr.
  • an Wochenenden in vielen Regionen Deutschlands „freiwillige“ Hilfskräfte unterwegs waren, um liegengebliebene Sendungen zuzustellen. Mehr als 2.700 Hilfskräfte sollen im Einsatz gewesen sein. Ein klarer Verstoß gegen das Sonntagsarbeitsverbot.
  • in einigen Orten Pakete von bei Privatpersonen abgegeben wurden, die dann diese ausgeben sollten. Für die Ausgabe der Pakete an die Empfänger wurde 0,50 € pro Paket bezahlt. Den Empfängern wurden Benachrichtigungskarten eingeworfen, damit den eigentlichen Empfängern, diese Privatpersonen, die die Pakete bei sich lagerten, bekannt und die Pakete dort abgeholt werden konnten.
  • das Briefzentrum in Frankfurt personelle Verstärkung von polnischen und rumänischen Streikbrechern bekommen hatte. Sie reisten mit einem Bus mit polnischem Kennzeichen an.
  • an der Universität Hamburg per Stellenanzeige um Studierende als „Abrufkräfte“ für das örtliche Paketzentrum geworben wurde. Für diese Zielgruppe gab es einen relativ hohen Stundenlohn von 10,36 Euro. Die Studierendenvertretung hat jedoch beim Stellenwerk der Hochschule erreicht, dass die Stellenanzeige entfernt wurde. Hier ging es um ein ekelhaftes Ausspielen der prekären sozialen Lage von Studierenden gegen diejenige von befristet Beschäftigten bei der Post.
  • die Bundesagentur für Arbeit nach Leiharbeitern suchte, die als Streikbrecher eingesetzt werden sollten. Damit verstieß die Behörde gegen geltendes Recht. In den Stellenanzeigen war zu lesen, dass die Postsortierer für einen Hungerlohn von 8,20 Euro arbeiten sollen. Eine Bundesbehörde half so einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, einen Streik zu brechen. Laut § 320, Absatz 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) besteht eine Streikanzeigepflicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit.
  • Beamte als Streikbrecher eingesetzt waren. Diejenigen, die einem Einsatz widersprachen, wurden dennoch auf bestreikten Arbeitsplätzen eingesetzt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1993 ist der Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen unzulässig.
  • in einigen Sortierzentren Mitarbeiter zum Einsatz kamen, die von Großkunden, wie etwa Online-Versandhändlern, als Hilfskräfte für die Post abgestellt wurden. Es gab eine Personalüberlassung durch Geschäftspartner, die Post selbst sprach von einem halben Dutzend namhafter Unternehmen, die Mitarbeiter schickten.
  • lokale Kurierdienste, Kleinbetriebe und Taxiunternehmen angesprochen wurden, um die Postsendungen zuzustellen. Auch hier gab es 50 Cent für jedes ausgegebene Paket und ebenfalls 50 Cent für jede zugestellte Benachrichtigungskarte.
  • Angestellte von Versandhäusern und Versicherungen in den nächstgelegenen Sortierzentren arbeiteten, damit die Sendungen nicht liegen blieben. Sie kümmerten sich nicht speziell um die Briefe und Pakete des eigenen Unternehmens sondern sortierten auch fremde Sendungen.
  • Bäckereien und kleine Lebensmittelläden Pakete lagerten.
  • Bonner Postbeamte nach Norddeutschland entsandt worden sind, um leere DHL-Fahrzeuge durch die Gegend zu fahren, damit es in der Region nicht so aussah, als ob gestreikt würde.
  • wegen der Teilnahme an Warnstreiks bei der Posttochter DHL Home Delivery GmbH am Standort Braunschweig Arbeitsplätze in Gefahr waren. Rund 220 Beschäftigte hatten sich daran beteiligt, 100 Beschäftigte sollte es am 1. Januar 2016 weniger geben, trotz guter Auftragslage und schwarzer Zahlen.

Die Beispiele zeigen, wie mittlerweile die meisten Arbeitskämpfe ablaufen und mit welchen Mitteln gekämpft wird.

Die Deutsche Post AG hat dafür gesorgt, dass „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ mehr und mehr ein Slogan aus vergangenen Zeiten wird und eine Arbeitszeitverkürzung erst gar nicht „verhandelbar“ ist. Die Beispiele zeigen auch, dass der Staat, der ja noch einen recht großen Anteil an dem früheren Staatsbetrieb Post hat, sich aus der gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Verantwortung seit Jahren weitgehend herauszieht, mit der Begründung, dass der Marktmechanismus immer dann besser funktioniert, wenn der Staat ihn weniger kontrolliert und steuert.

Die Beispiele zeigen auch, wie wichtig eine gewerkschaftliche Organisierung, besonders in diesen Branchen wie der Logistik wäre. Wären die Beschäftigten dort gut organisiert, könnten sie ein Lohnniveau durchsetzen, das dem der Paketzusteller bei der Post entspricht und damit den Unterbietungswettlauf bei dem Entgelt beenden. So könnten auch die Instrumente wie der Flächentarifvertrag, ein regelgebunder dynamisierter Mindestlohn und Arbeitnehmerschutzrechte abgestaubt und wieder ans Tageslicht geholt werden.

Und die Gewerkschaft? Die Dienstleistungsgewerkschaft sollte einfach ehrlich sein und zugeben, dass sie unter den derzeitigen Kräfteverhältnissen den Arbeitskampf 2015 nicht gewonnen hat. Es ist ihr nicht gelungen, dass die Post die neu gegründeten Gesellschaften aufgibt, in denen die rund 6.500 Mitarbeiter weniger Lohn als ihre Kollegen im Konzern erhalten, dort nicht der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt und mit der Forderung der Arbeitszeitverkürzung auf 36 Stunden völlig gescheitert ist.

Mitgliederbefragung 2018

Über die Akzeptanz der Verhandlungsergebnisse aus dem aktuellen Arbeitskampf will ver.di vom 12. März bis 6. April 2018 eine Mitgliederbefragung durchführen. Diese Mitgliederbefragung findet nach den Regularien der Arbeitskampfrichtlinie von ver.di statt. Damit gelten dieselben Regeln wie bei einer Urabstimmung zum Streik. Das bedeutet: Wenn mehr als 75 Prozent mit „NEIN“ gegen die Annahme des Angebotes stimmen – und damit für einen Streik – sind die Voraussetzungen für einen Arbeitskampf gegeben. Stimmen mehr als 25 Prozent mit „JA“ für die Annahme des Angebotes, sind die Voraussetzungen für eine Annahme des Angebotes gegeben.

 

Mitteilung von ver.di zur Mitgliederbefragung 2018

„Das von der Deutschen Post AG in der 4. Verhandlungsrunde am 28. Februar 2018 vorgelegte Tarifangebot ist ein schwieriges Angebot. Denn es enthält zwar zu allen von ver.di aufgestellten Forderungen Elemente. Es bleibt aber zugleich hinter den Erwartungen zurück – und zwar insbesondere mit Blick auf den zweiten linearen Erhöhungsschritt von lediglich 2,1 Prozent im Jahr 2019. Deshalb hat die Konzerntarifkommission am 28. Februar entschieden, eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Diese wird in der Zeit vom 12. März bis 6. April 2018 in den Betrieben der Deutschen Post AG durchgeführt.

Die ver.di- Mitglieder (Tarifkraft oder Auszubildender) werden jetzt gefragt, ob Sie für die Annahme dieses Angebotes oder für die Ablehnung des Angebotes sind und damit auch bereit sind, für ein besseres Angebot zu streiken.

Anders als die Mitgliederbefragung zur Forderungsfindung vom November/ Dezember 2017 findet diese Mitgliederbefragung nach den Regularien der Arbeitskampfrichtlinie von ver.di statt. Damit gelten dieselben Regeln wie bei einer Urabstimmung zum Streik. Das bedeutet: Wenn mehr als 75 Prozent mit „NEIN“ gegen die Annahme des Angebotes stimmen – und damit für einen Streik – sind die Voraussetzungen für einen Arbeitskampf gegeben. Stimmen mehr als 25 Prozent mit „JA“ für die Annahme des Angebotes, sind die Voraussetzungen für eine Annahme des Angebotes gegeben.

Die Konzerntarifkommission wird am 10. April 2018 im Spiegel des Ergebnisses der Mitgliederbefragung über die Annahme oder Ablehnung des Tarifangebotes entscheiden.

Das Angebot umfasst im Einzelnen:

Umlegung des leistungsbezogenen variablen Entgelts auf das Monatsgrundentgelt:

Für die Entgeltgruppen (EGr) 1 bis 4 und die technische Entgeltgruppe (TEGr) 1 wird das Verfahren der Leistungsbeurteilung ab dem 1. Januar 2019 abgeschafft. Für das Beurteilungsjahr 2017 erfolgt die Zahlung eines variablen Entgelts im April 2018 zu unveränderten Bedingungen. Ab 1. März 2018 wird das variable Entgelt der EGr 1 bis 4 und der TEGr 1 auf das Monatsgrundentgelt umgelegt. Dies bedeutet, dass die Monatsentgelte in jeder Gruppenstufe um folgende Beträge je Entgeltgruppe im Monat erhöht werden:

EGr 1 um 105,38 Euro, EGr 2 um 119,62 Euro, EGr 3 und TEGr 1 um 128,16 Euro, EGr 4 um 150,95 Euro. Damit wird das variable Entgelt, das bisher von der Bedingung einer guten Leistungsbeurteilung abhängig war, zukünftig bedingungslos monatlich ausgezahlt. Für Arbeitnehmer mit Besitzstand bleibt es bei der Anrechnung auf den Besitzstand.

 Entgelterhöhung:

Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die am 1. März 2018 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, sollen im April eine Einmalzahlung in Höhe von 250 Euro erhalten. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Einmalzahlung anteilig. Ab 1. Oktober 2018 werden die Tarifentgelte linear um 3 Prozent erhöht. Ab 1. Oktober 2019 erfolgt eine weitere lineare Erhöhung um 2,1 Prozent. Die Erhöhungen wirken auch auf die Besitzstandstabellen. Die Entgelttabellen sind frühestens zum 31. Mai 2020 kündbar.

Auszubildende und Studierende an Berufsakademien sollen im April 2018 eine Einmalzahlung von 100 Euro erhalten. Die Vergütung wird entsprechend der linearen Erhöhung der Entgelte der Arbeitnehmer um drei Prozent beziehungsweise 2,1 Prozent erhöht und dabei jeweils auf volle 10-Euro aufgerundet. Dadurch erfolgt eine überproportionale Erhöhung.

Wahlmodell Entlastungszeit:

Mit dem Zeitpunkt der Entgelterhöhungen wird erstmals eine Wahloption auf Entlastungszeit anstelle der Entgelterhöhung eingeführt. Am 1. Oktober 2018 steigen die Tariftabellen um drei Prozent. Damit können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anstelle der Entgelterhöhung von drei Prozent eine kalenderjährliche Entlastungszeit von 60,27 Stunden (60 Std., 16 Min.) erstmals für das Jahr 2019 beanspruchen.

Im Umfang der Entlastungszeit kann der Arbeitnehmer ganztägige und auch mehrtägige Freistellung von der Arbeit beanspruchen. Das Entgelt wird für die Freistellung fortgezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Entlastungszeit anteilig. Die Entlastungszeit gilt jeweils für das folgende Kalenderjahr, wenn Entlastungszeit anstelle der Entgelterhöhung beansprucht wird.

Die Entlastungszeit kann erstmals für das Jahr 2019 anstelle der drei Prozent Entgelterhöhung beansprucht werden. Da die Regelungen unbefristet in den Tarifvertrag eingeführt werden, kann sie auch für spätere Kalenderjahre beansprucht werden, oder auch wieder abgewählt werden.

Die Beanspruchung der Entlastungszeit muss bis zum 30. September des Vorjahres dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt werden. Wurde Entlastungszeit beansprucht, dann verlängert sich diese jeweils um ein Jahr, wenn der Verlängerung nicht bis zum 30. September widersprochen wird. Das Entgelt in der Entlastungszeit steigt auch im Umfang zukünftiger linearen Entgelterhöhungen. Wenn die Entlastungszeit nicht mehr beansprucht wird, steigt das Monatsgrundentgelt natürlich um den %-Satz der umgewandelten Tariferhöhung an. Entlastungszeit, die bis zum 31. Dezember nicht abgewickelt wurde, wird mit dem 31. Dezember zum erhöhten Tarif ausgezahlt. Mit der Tariferhöhung zum 1. Oktober 2019 um 2,1 Prozent kann eine Entlastungszeit anstelle der 2,1 Prozent von 42,19 Std. (42 Std., 11 Min.) beansprucht werden. Es kann somit ab dem Jahr 2020 mit allen Wahloptionen zusammen (60,27 Stunden und 42,19 Std.) insgesamt 102,46 Std. (102 Std., 27 Min.) Entlastungszeit beansprucht werden. Diese Tarifregelung schafft im Vergleich zu allen anderen bestehenden Tarifverträgen den höchsten Anspruch auf zusätzliche Freistellung durch Entlastungszeit.

Postzulage für die Beamtinnen und Beamten:

Die 4 Prozent Postzulage werden über den 31. Januar 2018 hinaus bis 31. Mai 2020 fortgezahlt. Beamte erhalten im Zusammenhang mit der Postzulage im Oktober 2019 eine Einmalzahlung von 350 Euro“.

 

Der Artikel soll noch einmal die harten Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 Revue passieren lassen und ein wenig Entscheidungshilfe bei der Mitgliederbefragung geben.

 

 

Quellen: ver.di, labournet, WAZ, Hochschule Niederrhein, Lunapark 21

Bild: ver.di