Die Evangelisierung des DGB in Dortmund schreitet voran

Bei einer Jubilarfeier vor einigen Jahren trauten die altgedienten Gewerkschafter ihren Ohren nicht. Der damalige DGB-Vorsitzende von Dortmund war als Hauptredner eingeladen und sagte, dass die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten nicht so gut laufen würde.  Aus diesem Grund habe der DGB die Nähe zur Kirche in Dortmund gesucht und inzwischen sei eine hervorragende Zusammenarbeit herangewachsen.

Die Jubilare schauten sich an, ohne ein Wort zu sagen war ihnen klar: hat der Mann denn nichts von einer Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung gelesen, hat man ihm das nicht bei den Bildungsveranstaltungen auf seinem Karriereweg vermitteln können oder hat er bei den Seminaren mit Kolleginnen und Kollegen auf dem Zimmer Karten gespielt, wenn die interessanten geschichtlichen Themen dran waren und die Lehren aus der gespaltenen Arbeiterbewegung diskutiert wurden.

Die Hinwendung des Dortmunder DGB zu seinen kirchlichen Partnern hatte fatale Folgen für die politische Ausrichtung des Gewerkschaftsbundes und es ist oft einfach nur peinlich, das zur Schau gestellte Dazugehören der Gewerkschaftsfunktionäre zu den „Eliten“ in der Kommune anzusehen.

Die einzigen Gewinner sind die Kirchen mit ihrer Selbstherrlichkeit, die sämtliche Gesellschaftsbereiche durchdringen und als Sozialunternehmen die Rechte der Beschäftigten mit Füßen treten.

Die Gewerkschaften haben in den vergangenen Jahrzehnten die Religionskritik völlig entsorgt. Das wurde zuletzt noch einmal deutlich, als die Niedersächsische Sozialministerin Aygül Azkan nicht nur das Kopftuch, sondern auch das Kruzifix aus den Schulen verbannen wollte. Sie wurde  von ihrer Partei, der CDU, heftig angegriffen und musste abschwören. Von den Gewerkschaften bekam sie keine Unterstützung. Dabei hatte sie doch nur eine ganz grundgesetzkonforme Forderung gestellt, nämlich die Trennung von Staat und Religion.

Dieser Konflikt machte noch einmal deutlich, welchen Einfluss die christlichen Kirchen bei uns wiedererlangt haben.

In dem Jahrzehnt von Ende der 1960er bis Ende der 1970er Jahre ging der Einfluss der beiden großen Kirchen rapide zurück, um dies umzukehren sprangen die Kirchen über alle hingehaltenen Stöckchen und auf jeden Zug der sozialen Bewegungen anbiedernd auf. Sie richteten Stabsstellen für den Bereich der „gesellschaftlichen Verantwortung“, nahmen die boomende Kulturarbeit als Schwerpunktaufgabe mit ihren „Kulturkirchen“, boten für jegliches gesellschaftliche Problem oder mit autonomen Gruppierungen Arbeitskreise der Zusammenarbeit an und suchten die Kooperation mit den politischen Parteien.

Dafür wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt, wobei sämtliche Gesellschaftsbereiche systematisch durchdrungen und oft sogar vereinnahmt wurden. Das alles sollte über den faktischen Mitglieder- und Machtverlust hinwegtäuschen.

Die Situation in Dortmund

Die evangelische Kirche in Dortmund hat beispielsweise in den vergangenen 40 Jahren fast die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. 1971 waren es noch 353.441 zahlende Protestanten, im Jahr 2012 nur noch 181.823. Bedingt durch die Zuwanderung und die Abwendung vieler Mitglieder von der Amtskirche ist der Anteil der evangelischen Christen an der Dortmunder Bevölkerung von 55 Prozent im Jahr 2004 auf 31 Prozent 2012 gefallen, mit weiter sinkender Tendenz. Die Zahl der Gemeinden schrumpfte in dem Zeitraum von 55 auf 29.

Dem handfesten Macht- und Einflussverlust in der Stadt musste mit viel Rhetorik und Dauerpräsenz entgegengesteuert und gleichzeitig dafür gesorgt werden, dass nichts aus dem Ruder lief. Beim Auftauchen sozialer Probleme wurden schnell gemeinsame Veranstaltung organisiert, Sonntagsreden gehalten und die Ursachen und Verursacher bleiben außen vor. Es wurde immer versucht, bei allen Wellen, die angeschwappt kamen, die Meinungsführerschaft zu erringen, um letztendlich, nachdem man sich an die Spitze der Bewegung gesetzt hatte, die Bewegung beherrschte und ins Leere laufen ließ – immer zur Erhaltung der eigenen Institution.

Dabei geht die Reise dann zurück zu den Wurzeln. Fast alle Leitungsfunktionen im mittleren Management der Evangelischen Kirche  wurden nach und nach mit Theologen besetzt. In deren Händen liegt die Fach- und Dienstaufsicht über hunderte Erzieherinnen und anderen Fachkräfte. Beim Wohlfahrtsverband wurde das Auslaufmodell des „Diakoniepfarrers“, wiederbelebt, der darüber wachen soll, dass das Handeln der Beschäftigten sich wieder an der Bibel orientiert. Man spricht von „spirituellem Diakoniemanagement“.

Die Beschäftigten

Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht – auch als Selbstbestimmungsrecht bezeichnet – wird von den Kirchen arbeitsrechtlich insbesondere in drei Richtungen ausgeübt:

  • Für eine Mitarbeit in kirchlichen Einrichtungen wird von den mehr als 1,3 Millionen Beschäftigten eine Übereinstimmung mit den kirchlichen Glaubens- und Moralvorstellungen erwartet. Ein Verstoß gegen diese Loyalitätspflichten zieht arbeitsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Kündigung – nach sich.
  • Anstelle eines Betriebsrates oder Personalrates werden die kirchlichen Beschäftigten durch eine Mitarbeitervertretung an den betrieblichen Entscheidungen beteiligt.
  • Die Löhne und andere grundlegende Arbeitsbedingungen werden überwiegend nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen („zweiter Weg“) oder einseitig vom Arbeitgeber („erster Weg“) festgelegt, sondern durch Gremien, die paritätisch aus den Reihen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt werden („dritter Weg“). Arbeitskampfmaßnahmen (Streik und Aussperrung) seien, so die Kirchen, unvereinbar mit dem Dienst am Nächsten und werden deshalb ausgeschlossen.

Der Wettbewerb zwischen katholischen und evangelischen Einrichtungen und die Konkurrenz zu anderen Wohlfahrtsverbänden und privaten und öffentlichen Trägern prägt die Situation der kirchlichen Beschäftigten. Der Wettbewerb wird vor allem über die Löhne ausgetragen. 1996 haben sich die großen diakonischen Einrichtungen zum ersten kirchlichen Arbeitgeberverband zusammengeschlossen. Der neue Verband der Diakonischen Dienstgeber in Deutschland (VdDD) war bis 2011 auch Mitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Bei der Gestaltung des Arbeitsrechts berufen sich die Kirchen auf die ihnen im Grundgesetz zugesicherte Kirchenautonomie und bestehen nach wie vor darauf, dass auf ihre Krankenhäuser, Altenheime und Beratungsstellen das Betriebsverfassungs- und das Mitbestimmungsgesetz nicht angewendet werden. Das bedeutet,

  • die Beschäftigten bei kirchlichen Einrichtungen können keine Betriebsräte wählen, sondern nur Mitarbeitervertretungen, deren Rechte gegenüber den Betriebsräten stark eingeschränkt sind. Wenn es zu Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Mitbestimmungsrechte kommt, entscheiden nicht die staatlichen Arbeitsgerichte, sondern innerkirchliche Schlichtungsstellen. Deren Entscheidungen haben lediglich Empfehlungscharakter, da es keinerlei Durchsetzungsmittel wie im staatlichen Recht gibt,
  • die Beteiligung der Mitarbeitervertretungen und oder gar der Gewerkschaften in Aufsichtsräten bzw. entsprechenden Aufsichtsgremien ist nicht vorgesehen. Anders als in der Industrie oder im öffentlichen Dienst schieben kirchliche Regelungen der Mitbestimmung einen großen Riegel vor. Dies widerspricht dem sonst von den Kirchen vorgetragenen Gedanken der „Dienstgemeinschaft“ aller Beschäftigten einschließlich der Leitungen,
  • diese Dienstgemeinschaft wird als Begründung herangezogen, weshalb mit Gewerkschaften keine Tarifverträge abgeschlossen werden (es gibt einige wenige Ausnahmen),
  • Tarifverhandlungen mit einem möglichen Streikrecht sind nicht vorgesehen, mehr noch, den Gewerkschaften wird vorgeworfen, durch ihre Interessenvertretungspolitik den Gegensatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu verschärfen, den es so in kirchlichen Einrichtungen gar nicht geben würde,
  • statt über Tarifverträge, wird das kirchliche Arbeitsrecht in innerkirchlichen Arbeitsrechtlichen Kommissionen (ARK) festgelegt, die zwar von der Anzahl her paritätischbesetzt sind, den kirchlichen Arbeitgebern aber einen bequemen strukturellen Vorteil bieten. Sie verhandeln ja nicht mit unabhängigen Gewerkschaftsfunktionären mit entsprechender Ausbildung, Erfahrung und Organisation,  sondern mit von ihnen abhängig beschäftigten Arbeitnehmern. Sollten sich Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in diesen Kommissionen nicht einigen, steht am Ende eine Zwangsschlichtung, deren Regularien wiederum die Kirche bestimmt
  • die Mitarbeitervertretungen können dem Druck im Betrieb oft nicht aushalten, weil sie durch ihr abhängiges Beschäftigungsverhältnis erpressbar sind,
  • Vorreiter für Lohnabsenkungen und prekärer Beschäftigung war ein Großteil der diakonischen Einrichtungen bereits 1998 bei der Einführung von „Leichtlohngruppen“, das kirchliche Arbeitsrecht, der sogenannten dritten Weg, wurde dafür missbraucht,
  • mittlerweile hat jeder vierte Arbeitnehmer unter 34 Jahren, der bei der Kirche arbeitet, ein begrenztes Arbeitsverhältnis und der Missbrauch von Werkverträge und Leiharbeit in diakonischen Einrichtungen hat unglaubliche Ausmaße erreicht

und

der Trend zum Outsourcing wurde bei kirchlichen Einrichtungen eingeläutet, wobei die Ausgliederung von Tätigkeiten in eigene Tochterunternehmen für andere Unternehmen als Vorbild diente.

Elementare Gewerkschaftsrechte müssen erkämpft werden

Das allgemeine Zutrittsrecht von Gewerkschaftsbeauftragten zu den Betrieben ist überhaupt eine Grundvoraussetzung für die Gewerkschaftsarbeit. Wegen dieser elementaren Voraussetzung gibt es immer wieder Rechtsstreitigkeiten.

In Dortmund hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di immer wieder arbeitsgerichtlich zu klären, inwieweit der kirchliche Arbeitgeber die Gewerkschaftsarbeit unterbinden, bzw. behindern darf. Dabei geht es um das Werberecht, also um das Recht, neue Mitglieder zu werben und diese werbewirksam und agitatorisch zu informieren und Schriften, wie Flugblätter und Plakate zu verteilen und auszuhängen. Das Informationsrecht bedeutet neben dem Ausbringen von Informationsmaterial aber auch, dass die Mitglieder ihre Gewerkschaft über Belange der Arbeitsverhältnisse oder des Betriebes informieren können, um ihr eine sachgerechte Interessenvertretung zu ermöglichen. Das Aushangrecht erfasst besonders auch das Recht, Info-Material am Schwarzen Brett anzubringen. Es besteht ein Anspruch darauf, ein gewerkschaftseigenes Schwarzes Brett an einer, allen Beschäftigten leicht zugänglichen Stelle anbringen zu lassen. Es bleibt laut Bundesverfassungsgericht den gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehörigen unbenommen, sich innerhalb des Betriebes werbend und unterrichtend zu betätigen. Genau an dieser Stelle wird seitens der kirchlichen Unternehmen der Riegel vorgeschoben, nach dem Motto „Wehret den Anfängen“.

Im Rahmen der Vermarktwirtschaftlichung sozialer Hilfebedarfe wurde seit Mitte der 1990er Jahre der „Sozialstaat“ mit seinem Budget von über 100 Milliarden Euro systematisch dem Verwertungsprozess zugeführt. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände übernahmen die betriebswirtschaftlichen Grundzüge und sprachen nun von ihren „Sozialbetrieben“, verschrieben sich dem Wettbewerb am Markt, nannten nun die Ratsuchenden und Klienten „Kunden“ und konkurrierten mit ihren deformierten pädagogischen und sozialen Einrichtungen als ein Dienstleistungsunternehmen um Marktanteile.

Aufgrund der mangelnden Mitbestimmung und der Selbstdefinition als „Dienstgemeinschaft“ – ein Begriff der aus dem deutschen Faschismus stammt – konnten Veränderungsprozesse von „oben“ angeregt und umgesetzt werden. Das garantiert natürlich einen Konkurrenzvorteil, wenn unternehmerische Entscheidungen nach „Gutsherrnart“ gefällt werden können.

Allerdings können dort, wo es keine Kontrollmöglichkeiten und Aufsicht gibt, auch große, kostenintensive Projekte, an denen eine Vielzahl an Arbeitsplätze hängen, in den Sand gesetzt werden, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, die Vorgänge strafrechtlich geahndet und über den Verbleib öffentlicher Mittel berichtet wird.

Paradigmenwechsel mit der Hartz-IV-Gesetzgebung

Als der damalige Bundeskanzler Schröder auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos im Jahr 2005 erklärte „…Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. …. und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt …“, war vielen Kritikern dieser Politik nicht klar, welche Auswirkung diese Ansage einmal haben würde.

Zu dem Zeitpunkt war die Hartz-IV-Gesetzgebung gerade eingeführt, aber es gab nicht eine einzige Diskussion über die Auswirkungen für die arbeitslosen Menschen in der Stadt Dortmund und die soziale Arbeit im Diakonischen Werk. Im Gegenteil, man sah die neue Entwicklung als Herausforderung an, sich im marktwirtschaftlichen Konkurrenzkampf zu behaupten, mehr noch, die Wohlfahrtskonzerne sind selbst ein Teil des Hartz-Systems geworden und leisten einen erheblichen Betrag bei der unmenschlichen Umsetzung und Kontrolle durch ihre eigenen Beschäftigten.

Dabei mag es eine Rolle gespielt haben, dass der Geschäftführung des Diakonischen Werkes als Mitveranstalter der Armutskonferenz 1996 noch in den Knochen steckte, als die Vertreter der Stadt Dortmund und die Sozialpolitiker unter Protest den Saal verließen und so auf die Kritik beim Umgang mit den Sozialleistungsbeziehern in der Stadt reagierten.

Um sich das Wohlwollen des Kostenträgers Jobcenter nicht zu vergraulen, geht man soweit, dass Einlegen von Widersprüche gegen Jobcenterbescheide den Beschäftigten in der Beratungsarbeit mittels arbeitsrechtlicher Konsequenzen untersagt wurde und wenn es Unstimmigkeiten gab, dass diese auf den entsprechenden Leitungsebenen „gütlich geregelt“ wurden.

Die Ergebnisse der seit über 10 Jahren praktizierten Hartz-IV-Politik zeigen sich, mit den vorläufigen Höhepunkten eines massiven Ausbaus des Niedriglohnbereichs, der Schaffung von prekärer, ungesicherter Beschäftigung, einer Ausgrenzung eines großen Teils der Bevölkerung und einem Erstarken von rechten Positionen und Parteien.

Ein hoher Sockel von langzeitarbeitslosen Menschen und der massive Ausbau des Niedriglohnbereichs, sowie die prekäre, ungesicherte Beschäftigung haben dazu geführt, dass ein großer Teil der Marginalisierten sich abgehängt und überflüssig fühlt und dann als „Kunden“ wieder bei den Sozialkonzernen die Angebote „nachfragen“ müssen.

Die vormals öffentlich kommunizierte Anwaltsfunktion für die armen und erwerbslosen Menschen in der Stadt wurde schon lange vorher, in den 1990er Jahren, zu den Akten gelegt.

Die Auswüchse der Förderungspraxis beim Einsatz von „Programmkräften

Ab den 1990er Jahren sprang das Diakonische Werk, ohne jegliche Auseinandersetzung in und mit der Mitarbeiterschaft auf jeden Zug auf, der zusätzliche Fördermittel brachte. Während Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre dieser unsägliche Umgang mit langzeitarbeitslosen Menschen in den Sonderprogrammen noch als untaugliches Instrumentarium abgelehnt und mit großem Engagement öffentlich bekämpft wurde, sind mittlerweile eine große Anzahl dieser Beschäftigungsverhältnisse eingerichtet worden.

  • Es gibt Menschen in Dortmund, die seit Jahren immer noch unter besonderen „Vermittlungshemmnissen“ leiden. Sie haben seit 7 bis 8 Jahren immer die gleiche Beschäftigung beim gleichen Maßnahme- bzw. Anstellungsträger. Sie haben auch alle Programme durchlaufen, wie z.B. die AGH/1Euro-Jobs, über AGH-Entgeltvariante, DOGELA und Jobperspektive und sind nun in der Öffentlich Geförderten Beschäftigung z.B. (FAV) gelandet. Flankierend wurden sie über den § 16 SGB 2 entschuldet. Vom ersten Arbeitsmarkt werden sie immer noch strikt ferngehalten, auch weil sie für die Maßnahmeträger gut eingearbeitete, vollwertige Arbeitnehmer sind.
  • Der Einsatz der „Programmkräfte“ hat dazu geführt, dass der Maßnahme- bzw. Anstellungsträger Dienstleistungen für sich selbst nicht mehr bei Fremdfirmen mit tarifgerechten Entgelt einkaufen muss, sondern z.B. die Reinigungen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten durch die „Programmkräfte“ erledigen lässt.
  • Diese Menschen werden in privaten Haushalten eingesetzt, die dann für eine Stunde Reinigungsarbeit 17,00 Euro zuzüglich Fahrtkosten, wie bei der AWO üblich, die Privathaushalte an den Maßnahme- bzw. Anstellungsträger zahlen müssen.
  • Wenn es der Betriebsablauf notwendig macht, werden bei den Arbeitsgelegenheiten auch mal Überstunden angeordnet, die dann großzügig mit 1,50 Euro in der Stunde vergütet werden.
  • Bei einigen Maßnahmen werden monatlich pro Teilnehmer bis zu 500 Euro „Regiekosten“ an die Maßnahme- bzw. Anstellungsträger gezahlt. Wer diese Summe pro Träger und Teilnehmer zusammenrechnet und dann noch schaut wie viele „Regisseure“ in Wirklichkeit tätig sind, sieht, wie lukrative diese Förderketten sind.
  • Wenn die Zusätzlichkeit nach den etwas verschärften Kriterien nicht gegeben ist, müssen „Projektbezüge“ hergestellt werden.
  • Dann kann auch z.B. eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ für alle Gewerbe, die im Aktionsraum liegen, vom Einzelhandelsverband bereitgestellt und der Arbeitsverwaltung vorgelegt werden.
  • In Läden in denen Ware verkauft wird, wird eine Erklärung abgegeben, dass nur an Bedürftige verkauft wird oder für eine Zeit lang werden Waren nicht mehr verkauft, sondern gegen eine Spende ausgegeben.
  • Wenn einige geförderte Maßnahmen nicht anlaufen, kann man immer noch auf die Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) umschalten (Förderung durchschnittlich 65 Prozent).
  • Wenn es eng wird und alles nicht mehr gegenüber der Arbeitsverwaltung beeinflussbar ist, kann die Rettung dann eine Umwandlung des Ganzen in einen Integrationsbetrieb sein. Dass dieser Tipp nicht immer gut ist, wurde deutlich, als am 01.08.2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Diakonischen Integrationsbetriebe Dortmund-Bochum-Lünen gGmbH eröffnet (AZ: 255 IN 45/14) wurde. 34 Menschen, davon über die Hälfte mit Beeinträchtigungen, die in den „CAP-Märkten“ gearbeitet hatten, mussten entlassen werden. Die Folge von Missmanagement und vor allem mangelhafter Kontrolle der eigenen Aufsichtsgremien und öffentlicher Mittelgeber.

Wen wundert es da, dass niemand so recht an der bisherigen Förderpraxis ändern möchte und froh ist, dass diese Beschäftigten nicht auf den 1. Arbeitsmarkt abwandern können, da dort schlicht die Arbeitsplätze fehlen und sie während der „Programmarbeit“ keinen Arbeitslosenversicherungsschutz aufbauen konnten, damit sie gar nicht arbeitslos werden können, sondern im Hartz-IV-Dickicht verbleiben.

Der Interreligiöse Dialog

Ende der 1950er Jahre wurden die ersten sogenannten Gastarbeiter angeworben.

Zeitgleich mit den Anwerbeverträgen wurde dann auch die „Soziale Betreuung“ der Arbeitnehmer geregelt und zwar so: Die katholischen „Gastarbeiter und ihre Familien“ aus Portugal, Spanien, Italien und Kroatien wurden durch den Caritasverband, die muslimischen aus der Türkei, Jugoslawien, Tunesien und Marokko durch die Arbeiterwohlfahrt und die orthodoxen aus Griechenland durch die Diakonie betreut. Finanziert wurde die soziale Arbeit durch das Bundesarbeitsministerium.

In den 1990er Jahren war diese starre Zuständigkeit nicht mehr einzuhalten, doch hatten die Kirchen ihre festen Plätze um die Fördertöpfe eingenommen. Um den Einfluss weiter auszubauen, ein bisschen zu missionieren und die muslimische vielfältige und vielschichtige Community möglichst versplittert zu halten, wurde der „interreligiöse Dialog“ erfunden.

Von den Arbeitskräften, die gerufen wurden, sprach nun kaum jemand mehr, sondern mit der Reduzierung der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien auf ihre Religion konnte ein Keil zwischen die abhängig deutschen und ausländischen Beschäftigten geschlagen und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verschärft werden.

Nur etwa 3.000 der rund 45.000 Dortmunder Muslime meinen von sich, sie seien religiös. Doch werden alle von den Kirchen auf ihre Religion reduziert.

Man führt diesen Dialog, um

– die eigenen Fleischtöpfe zu bewahren

– die eigene gesellschaftliche Position zu festigen

der Mehrheitsgesellschaft die Gleichung und einfache Botschaft zu vermitteln: Islam = Problem, Christentum = kein Problem

und

die Organisationen der Schwesterreligion zu durchdringen und zu beeinflussen.

Da stellt sich die Frage, wer den Kirchen eigentlich das Mandat für die Führung von Dialogen erteilt hat?

Damit sich strukturell für die christlichen Kirchen nichts ändert, soll sich der Islam der christlichen Kirchenverfassung angleichen. Die lieb gewordenen Kirchenprivilegien würden unglaubwürdig, wenn sie nicht irgendwann auch den Muslimen gewährt werden.

Die wichtigen Fragen wie die konkrete Lebens- und Arbeitssituation, die Erziehung und Bildung, Frauenrolle, Kindesentwicklung und der Kultur, wird beim interreligiösen Dialog im Verbund mit den Medien auf eine religiöse Fragestellung reduziert.

So kann die eigene Konfession als die fortschrittliche, dem westlichen Lebensstil angemessene Weltanschauung präsentiert werden und der Sicherheitspolitik ermöglichen, den „Islamisten“ als Buhmann und Terroristen aufzubauen.

Insolvenz CAP-Märkte – 34 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz

In kirchlichen Einrichtungen sind die Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften erheblich eingeschränkt. Anders als im Betriebsverfassungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen schließen die kirchlichen Regelungen die Gewerkschaften als Teil der Betriebsverfassung aus. Das ist auch dann der Fall, wenn die Rechtsform eines kirchlichen Betriebs als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewählt wird.

Bei der Regelung der Arbeitsbedingungen sind die Vertreter der Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen und Betrieben weitgehend ausgeschlossen, das bedeutet aber auch, dass eine erforderliche Kontrollfunktion nicht vorhanden ist und wichtige Entscheidungen einsam von einzelnen Personen getroffen werden.

Ein Beispiel für unkontrollierte Agitation in einer nicht mitbestimmten gemeinnützigen GmbH zeigt der Weg der Diakonischen IntegrationsBetriebe in die Insolvenz, in deren Folge 34 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Seit Jahren ist es ein eingespieltes Verfahren von Geben und Nehmen bei den Lohnkostenzuschüssen und der temporären Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen, mit immer den gleichen gemeinnützigen und privaten Unternehmen und der Arbeitsverwaltung. Ganze Förderketten hat man geschmiedet und Unsummen in Arbeitsmarktprogramme und Maßnahmen gepumpt, ohne irgendwelche konstruktiven und nachhaltigen Ergebnisse zu erzielen. Trotz des hohen Einsatzes ist die Zahl der inoffiziellen langzeitarbeitslosen Menschen in Dortmund in den letzten Jahren angestiegen.

Bei diesem fast geschlossenen System der Arbeitsförderung mit öffentlichen Mitteln und mangelhafter Kontrolle ist die Versuchung für die Akteure groß, mal an etwas größeren Rädern zu drehen.

Vor diesem Hintergrund wurde beim Diakonischen Werk Dortmund 2009 die Projektgruppe CAP gebildet, die die Gründung einer neuen gGmbH vorbereiteten sollte.

Mit dem Gesellschaftsvertrag vom 12.04.2010 wurden die Diakonische IntegrationsBetriebe Dortmund-Bochum-Lünen gemeinnützige GmbH, Rolandstr. 10, 44145 Dortmund, Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Gesellschafter waren die Diakonie Ruhr Werkstätten und das Diakonische Werk Dortmund und Lünen.

Am 19.Mai 2011 öffnete der neue CAP-Markt in Bochum-Laer. Ein Supermarkt, der nicht nur Arbeitsplätze für behinderte und nichtbehinderte Menschen schaffen wollte, sondern auch den Stadtteil insgesamt aufwerten und dem Anwohner eine fuß nahe Einkaufsmöglichkeit bieten wollte.

Ein Jahr nach der Eröffnung des CAP-Marktes in Bochum wurde am 13.09.2012 ein zweiter Supermarkt in Lünen eröffnet. Auch hier hatte die örtliche Politik große Erwartung an das Vorhaben. Nicht nur die Schaffung von 18 Arbeitsplätzen wurde begrüßt, sondern auch die Aufwertung des Stadtteils insgesamt.

In der nächsten Zeit hörte man von den beiden CAP-Märkten wenig. Wenig, besser gesagt gar nichts hörte man von den personellen Änderungen in der Geschäftsführung der Diakonische IntegrationsBetriebe Dortmund-Bochum-Lünen gemeinnützige GmbH bzw. die Gründe für das plötzliche Ausscheiden des Geschäftsführers.

Dann kam der Paukenschlag. In einer Information für die Medien wurde von den beiden Personen der Geschäftsführung der Diakonische IntegrationsBetriebe Dortmund-Bochum-Lünen gemeinnützige GmbH bekanntgegeben, dass die beiden CAP-Märkt sich seit dem 05.05.2014 im vorläufigen Insolvenzverfahren befinden, das zum 31.07.2014 endet. Man sei bemüht, diese Zeit in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter für eine Übergabe an potentielle Nachfolgebetreiber zu nutzen. Parallel zu diesen Bemühungen habe die Geschäftsführung verschiede Aktivitäten entwickelt, um die Beschäftigten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterzuvermitteln.

In einer weiteren kurzen Information für die Medien wurde am 22.07.2014 verkündet, dass es keine Nachfolgelösung für die CAP-Märkte Bochum und Lünen geben wird, die Belegschaften am 21.07.2014 über das endgültige Aus informiert wurden und beide Märkte ab sofort geschlossen sind. Es wurde der Hinweis gegeben, dass die Geschäftsführung ihre bereits begonnenen Aktivitäten zur Weitervermittlung der Beschäftigten konsequent fortsetzt.

Bei den gemeinnützigen GmbHs im kirchlichen Bereich befinden wir uns in einem Graubereich zwischen Gemeinnutz und Privatwirtschaft. Nach Außen gibt es als Potemkin’sche Dörfer Kontrollinstanzen, die aber in der Regel nicht verhindern können, dass einzelne Personen weitgehende Entscheidungen treffen können, ohne Rechenschaft abgeben zu müssen.

In der Praxis agieren dann folgende Akteure:

  • Die mächtigen Geschäftsführungen, die sich keiner Kontrolle und Aufsicht stellen müssen…
  • Die Wirtschaftsprüfer: z.B. die Firma Curacon, sie führt Unternehmensberatungsaufgaben im Bereich von Kirche/Diakonie/Sozial- und Gesundheitswesen durch und nimmt regelmäßig die Jahresabschlussprüfung nach § 317 HGB vor. Deren Prüfungen scheinen bisher immer zu „keinen Einwendungen“ geführt haben. Sie geben aber in ihren Infomaterialien wichtig Tipps, z.B wie man als gemeinnützige GmbH auch gut eigennützig arbeiten kann…
  • Einen Aufsichtsrat gibt es meistens, aber dann als Honoratiorenclub mit sozialem Touch…

und eine Mitarbeitervertretung (MAV), die erst gar nicht eingerichtet wird oder wenn doch, dann als zahnloses Gremium, das mit sich selbst beschäftigt ist oder sich als Co-Manager versucht und mit vorauseilendem Gehorsam arbeitet…

Wenn es keine Gewerkschaften mit starken Betriebsgruppen und Betriebsräten in diesen Betrieben und Einrichtungen gibt, dann kommt so was von so was, mit verheerenden Folgen für die Beschäftigten.

Einhegung der arbeitslosen Menschen

Es ist Februar 1975, als eine Meldung in den Nachrichten auch die Menschen in Dortmund heftig schockiert: Erstmals wurde die Ein-Millionen-Grenze an arbeitslosen Menschen in der Bundesrepublik überschritten.

Genauer betrachtet waren damals 1.184.000 Personen offiziell arbeitslos gemeldet. Nach dem ersten Schreck wurde dies auch in Dortmund als einmaliger Ausrutscher infolge der sogenannten Ölkrise betrachtet.

Als dann 1982 die Zwei – Millionen – Hürde fiel, wurde jedem klar, dass es sich um eine strukturelle Entwicklung handelte.

In Dortmund versammelten sich ein paar sozialpolitisch Engagierte zu einer Demonstration. Rund zwanzig jugendliche Arbeitslose trafen sich in der “Jacobschänke”, um eine private Initiative zu gründen. Die Borussia kündigte an, ein Benefizspiel zugunsten der Arbeitslosen zu veranstalten. Ein Jahr später gründeten politisch und sozial engagierte Leute den Verein Arbeitslosenzentrum e.V.

Seit dieser Zeit blieb die Arbeitslosigkeit eines der größten Probleme in der Stadt Dortmund. Mittlerweile kann sich Dortmund eines traurigen Rekords rühmen: In keiner anderen Großstadt ist die Arbeitslosenquote höher als in Dortmund.

Da es den Initiativen, in denen sich erwerbslose Menschen selbstorganisieren, abgesprochen wurde, sich selbst für ihre Interessen einsetzen zu können, nahm vor allem die Evangelische Kirche die Domestizierung in die Hand und machte in den 1980er Jahren die Arbeit/Arbeitslosigkeit zu ihrem zentralen Thema. Gleichzeit verwehrte sie in ihren eigenen Reihen ihren Beschäftigten die gleichen Rechte, wie z.B. das Streikrecht und Mitbestimmungsmöglichkeiten, wie im öffentlichen Dienst üblich, gänzlich.

Diese Einhegungspolitik hat mit dazu geführt, dass von den über 30 Initiativen in den 1980er Jahren in Dortmund derzeit noch 2 (Dortmunder Selbsthilfe, Arbeitsloseninitiative Dortmund ALIDO) übrig sind. Beide sind auch aus Altersgründen der aktiven Mitglieder allerdings nur noch bedingt arbeitsfähig. Den anderen ist, auch wegen der zu starken kirchlichen Umarmung, die Luft ausgegangen.

So hat man es geschafft, über die ganzen Jahre hinweg, jegliche Ansätze von Selbstorganisation und eigenständiger Artikulation der Erwerbslosen in Dortmund im Keim zu ersticken. Die Funktionsträger im Verein des ALZ blieben über die letzten 30 Jahre auch im Großen und Ganzen die eitlen „Persönlichkeiten“ aus dem überwiegend kirchlichen Bereich, die die ALIDO als folkloristische Gruppe aus vergangenen Tagen existieren ließ. Sie konnten und können immer noch gut eingesetzt werden, wenn sich etwas in der Bevölkerung regt, wenn Menschen sich zusammenschließen, sich organisieren und Missstände bekämpfen wollen.

Um die Diskussion um und die Einflussnahme auf das Arbeitslosenzentrum zu ergründen, ist es erforderlich, sich noch einmal in die 1980er Jahre hinein zu versetzen, als gerade erstmals die Marke von zwei Millionen Menschen ohne Erwerbsarbeit überschritten wurde.

In Dortmund wurde das Thema Arbeitslosigkeit sehr breit diskutiert, da viele Arbeitsplätze im „Blaumannbereich“ vernichtet wurden. Viele der betroffenen Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten, wollten nicht resignieren, sie organisierten sich selbst und es entstanden über 30 Arbeitslosengruppen und -initiativen. Die erwerbslosen Menschen wollten ihr Schicksal selber in die Hände nehmen, für Arbeit und soziale Sicherheit, gegen soziale Ausgrenzung und Diffamierung kämpfen. Diese Bewegung trat dafür ein, Arbeitslosigkeit als gesellschaftliches Problem zu begreifen und nicht den Erwerbslosen selbst die Schuld für ihre Situation zu geben.

Die Selbstorganisation von betroffenen Menschen wurde von den damaligen politischen Akteuren in Dortmund nicht gern gesehen.

Unabhängige Beratungsstellen für (Langzeit-)Arbeitslose sind erwerbslosen Menschen bei der Bewältigung ihrer schwierigen Lebenssituation behilflich und unterstützen sie, durch eigene Schritte wieder auf dem Arbeitsmarkt tätig zu werden bzw. die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Bei der verschärften Sanktionspraxis der Jobcenter und der hohen Anzahl von falsch berechneten Leistungsbescheiden ist die unabhängige, parteiliche Beratung der erwerbslosen Menschen nötiger denn je. Die Beratung muss fachlich gut sein, Mumm haben, Widersprüche und Überprüfungsanträge stellen und vor allem die Ratsuchenden auch dabei stärken, der oftmals entwürdigenden Behandlung in dem Jobcenter etwas entgegen zu setzen.

Hier beginnt die unabhängige Beratung gar nicht mehr so unabhängig zu sein. Je nach Träger der Beratungsstelle und je nach dessen Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln werden den Beraterinnen und Beratern schnell die Grenzen aufgezeigt und bei Nichtbeachtung arbeitsrechtliche Schritte angedroht.

Dies kann auch bei der AWO Kreisverband Dortmund der Fall sein, die die Trägerschaft des ALZ neuerdings ausübt. Die AWO hat kaum Eigenmittel und ist stärker als andere Wohlfahrtsverbände von den öffentlichen Geldgebern abhängig. Sie ist besonders auch durch die Mitgliedschaft ihrer Untergliederungen in der Interessensgemeinschaft sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen e. V. (ISB) eng in die Beschäftigungsmaßnahmen und Arbeitsmarktprogramme des Jobcenters und der Agentur für Arbeit eingebunden und profitiert von ihnen.

Mit den erwerbslosen Menschen kann man in Dortmund im Maßnahmedschungel gutes Geld verdienen.

Beispielsweise erhält die AWO als Anstellungsträger für die Maßnahmeteilnehmer für die eine Maßnahme „Regiekosten“ für die andere Maßnahme manchmal sogar einen 100 prozentigen Personalkostenzuschuss und lässt die Menschen dann noch in Privathaushalten für 17,00 Euro pro Stunde zzgl. Fahrtkosten für sich arbeiten.

Dass es dort dann immense Interessenskollisionen bei der Beratung der Erwerbslosen geben wird, ist schon vorprogrammiert.

Auch in Dortmund sind die Beratungsangebote in den vergangenen Jahren permanent abgebaut worden, Fachberatungspersonal wurde gestrichen, das gesamte fachliche Wissen ging den Bach hinunter und konnte nicht mehr weitergeben und – entwickelt werden. Der Druck auf die verbliebenen Beratungsstellen ist ungeheuer groß geworden, der Großteil der Anfragen muss abgewiesen oder die Sprechstunden nur für eine festgelegte Anzahl von Ratsuchenden angeboten werden.

Beraterinnen und Berater einer neuen Generation nehmen die verbliebenen Stellen in den Beratungsstellen ein. Sie wurden mit der Hartz-Gesetzgebung berufliche sozialisiert, stehen hinter dem Fordern und auch etwas hinter dem Fördern, haben die Aufgabe des Sanktionierers und Aufpassers gern angenommen und verbreiten im Umgang mit den Ratsuchenden oftmals Angst und Schrecken.

Sie passen sich der aktuellen Sozialpolitik kritiklos an, bei der alle möglichen Hebel bewegt werden, um den Menschen eine qualifizierte Beratung nicht zuteil werden zu lassen.

Die Erfolge der Ratsuchenden vor den Sozialgerichten sind der Gerichtsbarkeit und den Jobcentern zu viel geworden, das Beratungs- und Prozesskostenrecht ist zum 01.01.2014 ausgehöhlt worden, die Insolvenzordnung wurde gläubigerfreundlicher „reformiert“ und die Sanktionspraxis der Jobcenter verschärft.

Die Träger der Beratungsstellen haben ihre Anwaltsfunktion längst aufgegeben, der Andrang vor allem von zugewanderten Ratsuchenden ist ihnen oftmals einfach nur lästig.

Fraglich ist, wie sich unter diese Rahmenbedingungen die Beratungsarbeit im ALZ zukünftig darstellen wird.

Der Vertreter der Evangelischen Kirche im neuen Vorstand sagt schon vorsorglich oder als Drohung gegenüber der Presse, dass durch den Trägerwechsel auch eine Neuausrichtung des bisherigen Trägervereins notwendig geworden ist. Und – natürlich, er will ein Zeichen setzen, diesmal eines der Solidarität mit den erwerbslosen Menschen, künftig aber verstärkt den Blick auf die prekäre Beschäftigung richten.

Die erwerbslosen Menschen und prekär Beschäftigten in Dortmund mögen bei diesen Bedingungen gut auf sich aufpassen – mit einer Unterstützung durch den Dortmunder DGB brauchen sie nicht rechnen.

Die hier aufgezeigten Beispiele der „hervorragenden Zusammenarbeit von dem DGB-Dortmund und den Kirchen“ zeigen nur den billigen Zynismus der hauptamtlichen Gewerkschafter mit dem sie die Beschäftigten und erwerbslosen Menschen überziehen.

Es an der Zeit, sich wieder selbst zu organisieren und eigene Interessenvertretungen zu gründen.

Hier wurde vor allem die Evangelische Kirche bzw. das Diakonische Werk beleuchtet. Das hat seinen Grund darin, dass der Autor hier seit über 40 Jahre arbeitet und der DGB in Dortmund ein besonders inniges Verhältnis zu den evangelischen Institutionen pflegt. Mehr noch, der DGB biedert sich oft genug als Ausstaffierung von öffentlichkeitswirksamen Auftritten an und wichtig ist vor allem, dass man immer unter sich ist und bleibt, wenn etwas „für die Menschen in Dortmund“ entschieden wird.

 

Da bleibt schlussendlich die Frage: warum der DGB in Dortmund sich auf die fortschreitende Evangelisierung eingelassen hat und sich weiter einlassen wird?

Die Antwort lautet: weil die hauptamtlichen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter beim DGB-Dortmund schlecht ausgebildet sind, keine eigenen Positionen einnehmen und es ihnen reicht, mutmaßlich zu den „Eliten“ in der Kommune zu gehören.