Netzwerk Info Gewerkschaftslinke – Strategiekonferenz für einen Kurswechsel der Gewerkschaften am 25./26. Januar in Frankfurt

Die Gewerkschaftstage von Ver.di und IGM haben es leider nur bestätigt: Angesichts der dringenden Herausforderungen versagen unsere Gewerkschaften eklatant. Sie verharren auf ihrem Kurs der Standortpolitik und Konfliktvermeidung. So gibt die IGM mit ihren Beschlüssen auf dem Gewerkschaftstag und ihrer Unterschrift unter Leiharbeitstarifverträge der Prekarisierung faktisch weiterhin ihren Segen. Und auch zur Frage der Klimapolitik oder zur Strukturkrise etwa in der Automobilindustrie wurde an keiner Stelle der Wille zur Gegenwehr oder zum Kampf für eine andere Gesellschaftspolitik erkennbar. Wenn aber kein konsequenter betrieblicher und überbetrieblicher Kampf für den Erhalt von Arbeitsplätzen aufgenommen wird, steht nicht nur die Vernichtung von Zehntausenden Arbeitsplätzen ins Haus. Es droht auch eine gravierende Änderung der Kräfteverhältnisse, vom ausbleibenden Kampf für eine Umstellung der Produktion etwa zugunsten einer umfassenden Verkehrswende noch ganz zu schweigen.

Strategiewechsel erforderlich

Leider sind auch die sogenannten Streikkonferenzen der Rosa Luxemburg Stiftung nicht auf eine Diskussion der Gewerkschaftsstrategie ausgerichtet. Deshalb haben sich kritische örtliche und bundesweite Initiativen im Verlauf dieses Jahres in mehreren Vernetzungstreffen darauf verständigt, am 25./26. Januar in Frankfurt eine Strategiekonferenz durchzuführen. Ziel ist es, im Plenum und in insgesamt 6 Arbeitsgruppen Vorschläge für den Kampf um einen Kurswechsel der Gewerkschaften auszuarbeiten. Dazu dienen uns Berichte von Kämpfen mit Pilotwirkung (etwa in den Krankenhäusern) genauso wie die Debatte um konkrete Vorschläge im Kampf gegen die Prekarisierung der Arbeit oder gegen die sich anbahnenden Massenentlassungen. Nicht zuletzt der Kampf gegen die steigende Arbeitshetze muss auf einem Strategiewechsel aufbauen, soll er Erfolg haben. Eine baldige Anmeldung ist sehr zu empfehlen:

Strategiekonferenz 2020 Für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik!

Termin: 25./26 Januar 2020 Ort: DJH Jugendherberge, Deutschherrnufer 12, 60594 Frankfurt am Main

Teilnahmebeitrag (mit Übernachtung in der Jugendherberge inkl. Essen): 65 € bei Anmeldung bis Ende November Bei späterer Anmeldung 70 €. Anmeldeschluss ist der 10.Jan. 2020. Mehr Details und Anmeldung unter: https://www.vernetzung.org/

Nachfragen an: vernetzung.gewerkschaftslinke@gmail.com

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Hier ein Auszug aus dem vorläufigen Programm:

Samstag, 25. Januar 2020: I. Plenum 11 bis 13 Uhr: In welcher Lage befinden sich die Lohnabhängigen in der BRD heute? Was tun in Zeiten von Wirtschaftskrise, Prekarisierung, Arbeitshetze, Massenentlassungen und Umweltzerstörung?

II.  Workshopschiene 14.00 bis 16:30 Uhr Wodurch sollte sich eine konsequente Gewerkschaftspolitik auszeichnen? AG 1 Kampf für einen neuen „Normalarbeitstag“ – Radikale wöchentliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich! AG 2 Mehr Demokratie in Arbeitskämpfen und Gewerkschaften! AG 3 Gewerkschaftliche Kämpfe politisch führen!

III. 2. Workshopschiene 17 bis 19 Uhr AG 4 Prekarisierung bekämpfen statt „gestalten“! AG 5 Internationale Solidarität statt internationaler Konkurrenz! AG 6 Gewerkschaft und Klimaschutzbewegung zusammenbringen AG 7 Umgang mit Rassisten und Faschisten im Betrieb

Ab 19 Uhr Abendessen und danach gemütliches Beisammensein

Sonntag, 26. Januar 2020 I. Branchen- und Tariftreffen 9.00 bis 10.30 Uhr. II. Plenum 11 bis 13 Uhr: Auf welche allgemeinen Zielsetzungen und gemeinsamen konkreten Schwerpunkte können wir uns einigen?

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Ver.di nach dem Bundeskongress 30-Stundenwoche, Klimaschutz, kostenloser ÖPNV

Auf dem Bundeskongress von ver.di gab es viele intensive Debatten und weitgehende Beschlussfassungen. Entscheidend ist die Frage der Umsetzung. Aus der Stellungnahme vom „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“: „Die Stimmung auf dem Kongress spiegelte wider, dass an den Fragen von Klimaschutz und Rechtspopulismus eine Politisierung stattgefunden hat. Gerade auch die ver.di Jugend setzte mit Aktionen während des Kongresses wichtige Signale. So erklomm sie mehrmals die Bühne mit Transparenten zur Seenotrettung, zum politischen Streik, sowie zur 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Sozialpartnerschaft

Frank Werneke, der seit 2002 stellvertretender Vorsitzender war, wurde ohne Gegenkandidatur und mit großer Unterstützung gewählt. In seiner Antrittsrede griff er die kämpferische Stimmung auf und nahm positiv auf radikale Forderungen, wie die nach Enteignung der Immobilienkonzerne, Bezug. Es ist wichtig, ihn beim Wort zu nehmen. Wie ein großer Teil von Funktionär*innen, vertritt er aber nach wie vor einen sozialpartnerschaftlichen Kurs. Dieser Kurs wird allerdings gerade in Krisenzeiten, wie sie uns jetzt bevorstehen, scheitern.

Tarifrunden 2020

2020 stehen eine Reihe von Tarifrunden an, so für Bund und Kommunen, für Nahverkehrsbetriebe, bei der Post und der Telekom und viele andere. Vor diesem Hintergrund war bezeichnend, dass eine lange und intensive Debatte über Änderungsanträge zum Leitantrag geführt wurden, die eine Ergänzung zum Thema Arbeitszeitverkürzung bedeuteten. Einem Antrag aus dem größten Landesverband NRW wurde zugestimmt. Dieser besagt, dass die Debatte in ver.di über die Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich geführt werden muss. An diesem innergewerkschaftlichen Erfolg gilt es anzuknüpfen. Denn für viele Beschäftigte ist dies aufgrund der gestiegenen Arbeitsbelastung eines der wichtigsten Themen. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass von der ver.di-Führung aus eine falsche Ausrichtung durchgesetzt wird, die bedeutet, dass es letztlich eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnverzicht gibt und zusätzlich noch die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit gemacht werden soll, weil keine neuen Stellen geschaffen werden.

In den Diskussionen um die Tarifforderungen sollten Kolleg*innen die Forderung nach einer drastischen Arbeitszeitverkürzung hin zur 30-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich offensiv in die Diskussion bringen. Das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ wird gemeinsam mit anderen kämpferischen Kolleg*innen und Vernetzungen wie der ver.di Linken NRW oder dem Hamburger Arbeitskreis für Arbeitszeitverkürzung einen Beitrag leisten, um diese Forderung Gehör zu verleihen. Notwendig ist hierfür, dass sich Kolleg*innen an der Basis vernetzen und koordinieren, um maximalen Druck aufzubauen. Ein wichtiger Termin, um das vorzubereiten wird die VKG-Konferenz (Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften) Ende Januar. Angesichts der anstehenden Tarifrunden im nächsten Jahr wäre es sinnvoll und notwendig, aus diesen Tarifauseinandersetzungen eine breitere gesellschaftspolitische Bewegung für gemeinsame Ziele – wie einer drastischen Arbeitszeitverkürzung, Verteilung der Arbeit auf alle ohne Lohnverzicht, für mehr Personal in Krankenhäusern, Schulen, Kitas, Pflege, in den Ämtern und Verkehrsbetrieben, gegen Stellenabbau – zu machen. Dafür wäre es an der Zeit, sich zu koordinieren und Kolleg*innen auf Kundgebungen zusammenzubringen – auch wenn möglich mit anderen Branchen und Gewerkschaften wie der IG Metall. Eine kämpferische Ausrichtung der Gewerkschaften würde so nicht nur in Worten, sondern in der Realität von Streiks und massenhaften Kundgebungen und Demonstrationen zum Ausdruck gebracht.

Umwelt- und Klimaschutz sowie kostenloser ÖPNV

Klimaschutz war bei diesem Bundeskongress eines der wichtigsten Themen. Gegen die ursprünglich ablehnende Haltung der Antragskommission wurde nach hitziger Debatte mit großer Mehrheit ein Antrag verabschiedet, der sich für den Erhalt des Hambacher Forstes ausspricht: Zusätzlich wird deutlich gemacht, dass „die weitere Zerstörung von Siedlungen, Natur- und Kulturlandschaften zu vermeiden“ ist. Ebenso ging es bei einem Antrag zur Frage des Öffentlichen Personennahverkehrs. Verabschiedet wurde, dass ver.di sich dafür einsetzt, „dass alle Personen ohne Ausnahmen bundesweit kostenfrei mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) befördert werden.“ Auch hier gab es eine intensive Diskussion und die Kongressmehrheit beschloss eine Kompromissformulierung, die einschließt, dass der kostenlose ÖPNV steuerfinanziert werden soll. Die essentielle Forderung nach der notwendigen Verstaatlichung der Nahverkehrsunternehmen flog dabei jedoch raus.

Die Debatten und weiter gehenden Beschlüsse auf dem Kongress spiegeln wider, dass es viele Kolleg*innen gibt, die sich eine kämpferische Ausrichtung ihrer Gewerkschaft wünschen. Jetzt müssen wir den Druck gemeinsam von unten aufbauen, damit diese Ansätze auch in der praktischen Gewerkschaftspolitik umgesetzt werden. Nötig ist der Aufbau einer kämpferischen Gewerkschaftslinken, um die kommenden Auseinandersetzungen zu bestehen.“

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Gewerkschaftstag der IG Metall

Unter dem Motto “Miteinander für morgen – solidarisch und gerecht” fand vom 6. bis 12. Oktober 2019 der 24. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall in Nürnberg statt. IGM-Vorsitzender Jörg Hofmann fuhr ein bemerkenswert schlechtes Wahlergebnis (71 Prozent) ein. Alle seitherigen geschäftsführenden Vorstandsmitglieder wurden wieder gewählt. Das beste Wahlergebnis hatte Hans-Jürgen Urban mit 98 Prozent. Personell gab es an der Spitze keine Veränderungen. In seiner Grundsatzrede hat Jörg Hofmann zwar eingeräumt, dass die Klassenfrage zurückgekehrt sei. Das klang grundsätzlich. Doch Schlussfolgerungen wurde daraus nicht gezogen. Die Sozialpartnerschaft bestimmt weiterhin die Linie der IGM.

Arbeitszeitverkürzung

Es gab sehr viele Anträge für kürzere Arbeitszeiten. Erfreulich viele (insbesondere aus den östlichen Bundesländern) fordern eine Angleichung der Arbeitszeit in allen Tarifgebieten auf die 35-Stundenwoche. Viele Anträge gehen auch weiter und fordern eine 28 oder 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich für alle. Im beschlossenen Leitantrag „Arbeitszeit und Leistungspolitik“ findet sich die Forderung nach kollektiver Arbeitszeitverkürzung leider nicht wieder, was angesichts der kommenden Transformations- und Digitalisierungsprozesse fatal ist. Es heißt dort zwar: „Arbeitszeitverkürzung bleibt für uns eine gewerkschaftliche Strategie zur Beschäftigungssicherung in der Krise.“ Als konkrete Schritte werden dann aber nur Maßnahmen wie der Stopp von Überstunden und Sonderschichten oder Abbau von Arbeitszeitkonten aufgeführt. Eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist in den Beschlüssen unter den Tisch gefallen.

Umgang mit Rechten im Betrieb

Erfreulich ist, dass es ca. 25 Anträge sowie eine breite Debatte zum Themenkomplex Rechtspopulismus, Rassismus, Antifaschismus und Umgang mit der AfD gab, die Strategien, Materialien, Kompetenzstellen und Bildungsarbeit gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck einfordern, um die KollegInnen gegenüber rechtspopulistischen bis offen rassistischen Arbeitnehmergruppen zu sensibilisieren und argumentationsfähiger zu machen. Ein Delegierter aus Salzgitter kritisierte, dass die Programme der etablierten Parteien, die Millionen Menschen vom gesellschaftlichen Leben ausschlössen und prekäre Beschäftigung und Altersarmut beförderten, zur Spaltung der Belegschaft im Betrieb beitrügen. Dadurch werde den Rechten der »Nährboden für ihre Thesen« bereitet.

Im angenommene Antrag des Jugendausschuss beim Vorstand heißt es klar und eindeutig: „Wir sind eine antifaschistische Organisation und kämpfen qua Überzeugung, qua Satzung und aus den Lehren der Geschichte gegen alle faschistischen, rassistischen, rechtsextremen und populistischen Strömungen.“ Aus sehr vielen östlichen Geschäftsstellen (GS) kamen Anträge, die die Erarbeitung einer gewerkschaftlichen Strategie zur Zurückdrängung rechter Überzeugungen für ehren- und hauptamtliche IG Metaller*innen einfordern. Beschlossen wurde auch der Antrag aus Emden, dass IGM-Mitglieder, die im oder außerhalb des Betriebes hetzen und rassistisches Gedankengut verbreiten oder aktiv für rechtspopulistische Bewegungen und/oder Parteien in Erscheinung treten, nicht gleichzeitig die IG Metall im oder außerhalb des Betriebes als Betriebsrat/-rätin oder Vertrauensmann/-frau oder in anderen Funktionen vertreten können. Abgelehnt wurden allerdings mehrere Anträge aus verschiedenen GS, die sich dafür einsetzten, dass eine Übernahme von Funktionen in der IGM durch KollegInnen, die sich öffentlich oder betriebsöffentlich zur Partei „Alternative für Deutschland (AfD)“ bekennen oder Mitglied der AfD sind, nicht möglich ist. Ebenso wurde abgelehnt, bekennende Mitglieder und Funktionäre der AfD aus der IGM auszuschließen.

Betriebliche 24-Stunden-Warnstreiks

Eine Debatte gab es auch um die Möglichkeit von 24Stunden-Warnstreiks in betrieblichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Kampf im Osten um die 35Stundenwoche. Ganztägige Streiks würden die Chancen für erfolgreiche Abschlüsse erhöhen Die Antragsberatungskommission änderte ihre Abstimmungsempfehlung schließlich, verwies den Antrag aber an den Bundesvorstand. Die IG Metall soll nun prüfen, ob 24-Stunden-Warnstreiks für betriebliche Auseinandersetzungen benutzt werden können.

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Solidarität mit den brasilianischen Gewerkschaften!

Die Bilder brennender Wälder im Amazonas-Gebiet haben uns den ganzen Sommer über entsetzt. Sie sind sichtbare Zeichen der umweltverachtenden Politik der aktuellen brasilianischen Regierung unter Präsident Jair Bolsonaro. Weniger bekannt in der Öffentlichkeit ist die politische Repression der Gewerkschaften, aber auch von Frauen, Minderheiten und sozialen Bewegungen. Wirtschaftlich gesehen setzt Bolsonaro die aggressive neoliberale Agenda seines Amtsvorgängers Michael Temer fort: Entmachtung und finanzielles Ausbluten der Gewerkschaften, eine arbeitnehmerfeindliche Rentenreform sowie die Begrenzung der öffentlichen Ausgaben in den Bereichen Bildung und Gesundheit für die nächsten 20 Jahre.

Viele Unternehmen – auch deutsche Unternehmen in Brasilien – begrüßen den gewerkschaftsfeindlichen Kurs der Regierung und nehmen die negativen Folgen für Umwelt und Gesellschaft in Kauf. Brasiliens früherer Präsident und unser Gewerkschaftskollege Luiz Inácio Lula da Silva wurde im Vorfeld der letzten Präsidentschaftswahlen in Oktober 2018 in einem Scheinprozess der Korruption angeklagt und verurteilt. Seitdem sitzt er in Haft. Nach Ansicht internationaler Jurist*innen wurde Lula da Silva Opfer eines politischen Verfahrens, das auch darauf zielte, die Opposition in Brasilien generell zu schwächen

Wir als IG Metall zeigen uns mit den brasilianischen Gewerkschaften solidarisch und unterstützen sie, indem wir

  •  uns dafür einsetzen, den politischen Druck auf die brasilianische Regierung zu erhöhen, damit diese ihre umweltschädliche und menschenverachtende Politik unterlässt,
  •  unsere brasilianischen Gewerkschaftspartner in den Unternehmen als Sozialpartner stärken: durch gezielte Einladungen bei EBR- bzw. WKBR-Treffen, gezielte Nachfragen an die Geschäftsleitungen über die Lage in den brasilianischen Standorten, sowie Informationen über die dortige Situation auf Veranstaltungen und Versammlungen,
  •  gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausch intensivieren,

   uns an der weltweiten Kampagne zur Befreiung Lulas (#LulaLivre) beteiligen.

Einstimmig beschlossen auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall

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Es sind immer die gleichen: die, die Arbeitsplätze vernichten und das Klima killen!

Aufruf von GewerkschafterInnen zur Unterstützung des globalen Klimastreiks am 29. November und der Aktionen von Ende Gelände!

Die Klima-Proteste bringen das Land und die ganze Welt in Bewegung und ein Großteil unserer Gewerkschaften unterstützen sie. Das ist gut so! Aber die Realität ist auch, dass viele Betriebs- und Personalräte und große Teile der Belegschaften jede Umweltsünde mitmachen, wenn die Unternehmen mit Arbeitsplatzvernichtung drohen. Dann werden weiter Wälder für Braunkohle abgeholzt, Kernkraftwerke weiterbetrieben und dicke Verbrennermotoren in überdimensionierte SUVs gebaut. Die Realität ist, dass aus solchen Betrieben so gut wie keine Mobilisierung zum Klimastreik am 20.9. stattgefunden hat und es gab schon früher die Bilder vom Hambacher Forst, als ArbeiterInnen gegen die DemonstrantInnen standen. Beim „Kohlegipfel“ der Bundesregierung stimmten auch die VertreterInnen einem extrem späten Ausstieg und Milliardensubventionen für die Konzerne zu.

So bleibt von der Solidarität mit der globalen Umweltbewegung und den Aktionen von Friday for Future nur ein Lippenbekenntnis mit schalem Beigeschmack. Verantwortlich dafür sind auch die Führungen der großen Gewerkschaften wie der IG Metall und der IG BCE, die den notwendigen Kampf gegen die zunehmenden zerstörerischen Auswirkungen der fossilen Energieerzeugung und der Autoindustrie (um nur die Augenscheinlichsten anzuführen) gegen den Erhalt von Arbeitsplätzen stellen, selbst wenn sie bei anderen Gelegenheiten von „ökologischer Erneuerung“ und Maßnahmen gegen den Klimawandel sprechen. Und damit die Durchsetzung dieser beiden Ziele in den Augen der meisten Beschäftigten als unüberwindbaren Widerspruch hinstellen. Das führt auch dazu, dass GewerkschafterInnen bei Auseinandersetzung auf unterschiedlichen Seiten stehen. Während die IG BCE zusammen mit RWE Pro-Kohleabbau-Demos organisierte, unterstützte ver.di (richtigerweise) die Gegendemo.

Diese Spaltung wollen und müssen wir aber überwinden. GewerkschafterInnen dürfen sich nicht länger vor den Karren „ihrer“ Unternehmen spannen lassen. Wenn jetzt die Unternehmen mit der Vernichtung von zehntausenden Stellen drohen, dann werden dieses Problem und der Druck noch größer. Alle Konzernzentralen begründen den Abbau mit der Konjunktur, aber alle, die das irgendwie können, schieben die Schuld auf die Klimabewegung und die „Politik“, die angeblich nicht im Interesse der Arbeitsplätze entscheide.

Das ist verlogen und dagegen wehren wir uns: alle Bundesregierungen haben immer Gesetze nach dem Wunsch der Unternehmen gemacht, besonders aber für die Autoindustrie und die Energie-Branche. Genau deshalb wurden die Klimaziele, die auf einem anderen Papier standen, nicht erreicht, während e.on, RWE, EnBW und Vattenfall der Ausstieg aus Atom und Braunkohle mit Milliardengeschenken vergoldet wurden. Diese Zugeständnisse an die Profitinteressen retten letztlich auch keine Arbeitsplätze, sondern verschärften nur die ökologische Krise und treiben außerdem einen Keil zwischen die Lohnabhängigen. Wenn die IG Metall als größte Industriegewerkschaft verlangt, dass „die Transformation ökologisch und sozial sein soll“, dann ist das Ziel richtig. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass die Unternehmen solange sie können die Umwelt schädigen, wenn es Profit bringt. Genauso wie sie alle anderen Kosten ihrer Entscheidungen auf die Gesellschaft abwälzen, von den krankmachenden Arbeitsbedingungen bis zur Arbeitslosigkeit, wenn das ihre Kassen klingeln lässt. Die SchülerInnen haben richtig erkannt, dass Demos, die niemand weh tun, die politisch Verantwortlichen nicht beeindrucken. Sie haben mit Schulstreiks begonnen. Am 20.9., dem internationalen Streiktag kam plötzlich die Frage auf, ob Gewerkschaften ebenfalls zum Streik aufrufen, ob das erlaubt sei. Am 29. November findet der nächst globale Aktionstag statt – und die Gewerkschaften sind gefordert, diesen nicht nur verbal, sondern durch betriebliche Aktionen und Arbeitsniederlegungen zu unterstützen.

Wir sagen, es ist nötig: Es ist nötig, weil die Unternehmen nicht einfach weiter Entscheidungen auf Kosten unserer Zukunft fällen dürfen! Es ist nötig, weil die Regierungen nicht weiter die Unternehmen finanziell entlasten dürfen! Es geht nicht nur um Demos während der Arbeitszeit, es geht um die Wahrnehmung des politischen Streiks, um den nötigen ökonomischen und politischen Druck ausüben zu können. Dazu braucht es eine Perspektive, die den Kampf gegen den Klimawandel als Teil des Kampfes für die Interessen der gesamten arbeitenden Bevölkerung begreift.

Wir treten dafür ein:

– umweltschädliche Produktion zu stoppen, den schnellst möglichen Ausstieg aus dem Braunkohletagbau durchzusetzen und die Beschäftigten ohne Einkommensverlust umzuschulen.

– die Entscheidungen über Forschung und Entwicklung offenzulegen und betrieblich und gesellschaftlich durch die lohnabhängigen Beschäftigten und KonsumentInnen zu kontrollieren.

– Arbeitsplatzverlagerung zu blockieren und Betriebsschließungen zu verhindern

– eine kollektive Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden sofort bei vollem Lohn- und Personalausgleich durchzusetzen

– eine Transformation durchzusetzen, die nicht auf Kosten der Arbeitsplätze geht, sondern die Beschäftigten in diesen Prozess einbeziehen. Denn sie verfügen über das Know-how wie zukünftige umweltfreundliche Arbeitsplätze aussehen können.

– die Kapitalsteuern massiv zu erhöhen und die Vermögenssteuer wieder einzuführen.

– die großen Konzerne unter Kontrolle der Beschäftigten zu enteignen, um einen demokratischen Plan zum ökologischen Umbau der Produktion und der Infrastruktur durchzusetzen!

Wir fordern die DGB-Gewerkschaften auf, am 29.11. den globalen Klimastreik zu unterstützen und sich mit den Aktionen von „Ende Gelände“ vom 29.11. zum 1.12. zu solidarisieren!

 

 

Impressum: Sekretariat Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken: Klaus Peter Löwen, Christa Hourani, Christiaan Boissevain

E-Mail: forum@gegewi.de Redaktionsschluss: 5. November 2019 http://www.labournet.de/gewlinke

weitere Infos: www.labournet.de/