Schlechte Nachrichten für überschuldete Menschen: Verfahren zur Verkürzung der Restschuldbefreiung ist ein Flopp – in nur 0,78 Prozent der Fälle gab es eine vorzeitige Restschuldbefreiung

Als im Juli 2014 das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte in Kraft trat, hatten viele überschuldete Menschen die Hoffnung, dass ihr Insolvenzverfahren sich auf 3 Jahre verkürzen würde. Sie hatten nun die Möglichkeit, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre zu verkürzen, wenn sie innerhalb dieses Zeitraumes zumindest die Kosten des Verfahrens und 35 Prozent der angemeldeten Insolvenzforderungen beglichen haben. Es sollte damit ein Anreizsystem geschaffen werden, schon während des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens eine Tilgung ihrer Verbindlichkeiten zu erreichen und vorzeitig die Restschuldbefreiung zu erlangen.

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hatte eine Zielmarke von 15 Prozent der Schuldner, die eine vorzeitige Restschuldbefreiung erlangen, vorgegeben. Bei einer Überprüfung dieses Ziels wurde jetzt bekannt, dass nur in 0,78 Prozent der Fälle eine vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt wurde.

Die Bundesregierung hat nun das Ergebnis der Untersuchung zum Gesetz „zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“ vorgelegt.

Das Ergebnis der ausgewerteten Daten lautet, in 534 Fällen ist eine vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt worden. Stellt man dieser Zahl die Anzahl der im 6-monatigen Erhebungszeitraum gestellten Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren über das Vermögen von 68.240 natürlichen Personen gegenüber, dann beläuft sich der rechnerische Anteil der Verfahren, in denen eine vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt wurde, auf 0,78 Prozent.

Die erhoffte Effektivität des Verfahrens konnte durch diese Reform bei weitem nicht erzielt werden. Nur wenigen Schuldnern gelang es, die gesetzlich geforderte Mindestquote von 35 Prozent der angemeldeten Insolvenzforderungen zu zahlen und auch noch die Kosten des Verfahrens aufzubringen, um vorzeitig nach 3 Jahren die Restschuldbefreiung erhalten zu können.

Die Bundesregierung nimmt diesen Flopp nicht zum Anlass, schnell das Gesetz nachzubessern, sondern verlagert die Korrektur zur EU nach Brüssel. Dort liegt ein Richtlinienvorschlag, der auch Regelungen zu einer Restschuldbefreiung natürlicher Personen enthält und sieht vor, dass eine Restschuldbefreiung in der Regel nach drei Jahren zu erteilen ist. Eine Mindestbefriedigungsquote wie z.B. 35 Prozent sieht er nicht vor.

Doch auch hier mahlen die Mühlen sehr langsam. Der Rat der EU für Inneres und Justiz hat zwar im Juni 2018 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren zum Richtlinienvorschlag der EU-Kommission einer Laufzeit von 3 Jahren bis zur Restschuldbefreiung ohne Auflagen zugestimmt, aber der Rechtsauschuss des EU-Parlaments blockt und stellt sich gegen die EU-Kommission und den Rat der EU, indem er sich für eine 5-jährige Laufzeit bis zur Restschuldbefreiung ausgesprochen hat.

In solchen Situationen wird in Brüssel nach den ungeschriebenen Regeln des europäischen Gesetzgebungsverfahrens so vorgegangen, dass in den „Trilogverhandlungen“ zwischen Kommission, EU-Rat und EU-Parlament um eine Lösung gerungen wird.

Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ist unbekannt.

 

Quellen: Bundestag, EU-Kommission, FR

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