ver.di: FAQ für Solo-Selbstständige

Bei den meisten Fragen, mit denen wir derzeit überrannt werden, wird klar: Es hapert vor allem an konkreten Hilfen für Solo-Selbstständige, wenn Aufträge abrupt wegbrechen. – Da wurde in der Vergangenheit schlicht versäumt, rechtliche und sozialstaatliche Regeln zu etablieren, die auch die konkreten Lebens- und Erwerbslagen der Solo-Selbstständigen berücksichtigen. Diese FAQ erläutern, welche Hilfen beschlossen und geplant sind, welche aktuellen rechtlichen Bedingungen gelten und was auf dieser Grundlage konkret getan werden kann. Da blitzen auch viele Themen auf, an denen wir seit Jahren arbeiten und die wir gemeinsam weiter diskutieren müssen.

  • Welchen bundesweiten Zuschuss und weitere Hilfen gibt es bei Auftragsausfällen?

Corona-Soforthilfe

Seit 30. März stehen den Ländern (die für die Auszahlung zuständig sind) die Soforthilfen des Bundes für kleine Unternehmen zur Verfügung. Alle bisherigen Länderprogramme wurden daher spätestens Anfang April eingestellt und/oder umgestrickt. Zentrales Problem der Bundeshilfe ist der Grundsatz „kein Geld für Lebenshaltungskosten“. Das gilt bis auf wenige Ausnahmen und einige (Planungen für) Sondermittel für Kulturschaffende inzwischen bundesweit.

Die Eckpunkte zur Bundes-Beihilfe finden sich in in den am 30.3. letztmalig aktualisierten Kurzfakten vom Bundeswirtschafs- und Finanzministerium und (nur) etwas detaillierter auf den Informationsseiten des Wirtschaftsministeriums (BMWi) für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen und dort insbesondere in der ständig aktualisierten, ausführlicheren Beschreibung der Maßnahmen. Dort heißt es definitiv:
„Der Zuschuss dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen. Er orientiert sich an einem glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate und dient zur Deckung von laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen (z.B. gewerbliche Mieten, Kredite für Betriebsräume oder Leasingraten). Voraussetzung für den Zuschuss ist die Versicherung des Antragstellers, dass seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Folge von Corona eingetreten sind und dass diese existenzbedrohend sind. Das Unternehmen darf vor 31.12.2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein. Vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben erfüllen den Tatbestand des Subventionsbetrugs. Die Soforthilfe deckt nicht die privaten Lebenshaltungskosten (z.B. Miete der Privatwohnung, eigene Krankenversicherungsbeiträge oder Altersvorsorge) ab.“

Die Länder hatten nach der Vereinbarung mit dem Bund ihre früheren Landesförderungen (teilweise abrupt) ausgesetzt und flächendeckend durch neue Richtlinien ersetzt, die – bis auf wenige Ausnahmen – faktisch ausschließlich die Bundesförderung umsetzen. Das ist insbesondere für Solo-Selbstständige bitter, die auf die (teilweise) Anerkennung von Lebenshaltungskosten angewiesen sind. Die sind nun nur noch vereinzelt über Ländermittel förderfähig. Die Einmalzahlungen der Bundes-Hilfe hingegen sehen in allen Ländern bis zu 9.000 € für drei Monate vor, die in 2021 versteuert werden müssen. Diese Bundeshilfe muss nur dann nicht (teilweise) zurückgezahlt werden, wenn die Ausgaben begründet und beweisbar sind. Solo-Selbstständige (und Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeiter*innen) müssen daher angeben, wofür das Geld verwendet wird und bekommen dann den Betrag für zuschussfähigen laufende Betriebskosten überwiesen.
Wir erläutern einmal (auf Grundlage der Landes-Richtlinie in Niedersachsen), was seit April die Norm ist:

  • Eine Abdeckung der Lebenshaltungskosten ist nicht Bestandteil der Förderung.
    Sollten die Lebenshaltungskosten nicht gedeckt sein, ist ergänzend die Grundsicherung nach ALGII zu beantragen“,
    heißt es in Niedersachsen. Ähnlich in Bremen: „Private Lebenshaltungskosten von Soloselbstständigen werden über die Soforthilfen nur berücksichtigt, wenn der Antrag vor dem 01.04.2020 eingegangen ist. Die Grundsicherung der Bundesagentur für Arbeit steht Ihnen hier alternativ zur Verfügung.“
  • Die neuen Landes-Richtlinien ersetzen die bisherigen Förderungen, die teilweise für Lebenshaltungskosten verwendet werden durften, durch eine ausschließlich für laufende Betriebskosten vorgesehene Bundesförderung von maximal 9.000 €.
  • In einigen Ländern gibt es ergänzende Förderungen, die aber meist nicht für alle Solo-Selbstständigen, sondern nur als Sondermittel für bestimmte Berufe(meist Kulturberufe) vergeben werden.
  • Eine Verbesserung für jene, die Rücklagen gebildet haben: Bei der Wirtschaftshilfe werden (anders in einigen früheren Länderprogrammen) persönliche oder betriebliche Mittel nicht mehr angerechnet und müssen daher nicht mehr angegriffen werden.
  • Es handelt sich – wie zuvor – um freiwillige Leistungen ohne Rechtsanspruch.
  • Bisherige Bewilligungen bleiben gültig, dort wo über die neue Bundesförderung eine Verbesserung entsteht, können die Antragsteller*innen den Antrag auf die neuen Richtlinien umstellen.

ver.di fordert seitdem laufend auf Länder- und Bundesebene, die restriktive Handhabung der Lebenshaltungskosten zu überarbeiten, also auch „Unternehmer*innen-Einkommen“ als laufende Kosten anzuerkennen und nicht stumpf auf die Grundsicherung zu verweisen. Das gilt auch für die notwendige zweite Phase der Hilfen. (Die Antragsfrist für die derzeitige Soforthilfe läuft nur noch bis zum 31.5.) Siehe bspw. die ver.di-Pressemitteilung vom 22.5.20. Ohne Anerkennung der Lebenssituation von Solo-Selbstständigen, die weder ein Ladengeschäft gemietet noch ein Fahrzeug geleast oder andere laufende Betriebskosten haben, läuft die Wirtschaftshilfe ins Leere. Die aber muss „auch dazu dienen, den eigenen Lebensunterhalt finanzieren zu können, ohne auf Hartz-IV angewiesen zu sein“, stellt beispielsweise die Pressemitteilung der ver.di Hessen vom 2.4.2020 fest.
Das Land Baden-Württemberg nimmt diese Lücke ernst und schreibt seit April in ihren FAQ zum Soforthilfe-Antrag (Stand: 29.5.2020): „Bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses kann als Kosten bei Soloselbständigen, Freiberuflern und für im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften auch maximal ein Betrag in Höhe von 1.180 Euro pro Monat für fiktiven Unternehmerlohn angesetzt werden.“ (Was noch präziser ist als die vorherige Formulierung, es dürften: „1.180 Euro pro Monat für den Lebensunterhalt angesetzt werden, soweit deren Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist. Es handelt sich um einen Pauschalbetrag, der beispielsweise private Miete, Lebenshaltung und Versicherungen umfasst.“)

Die Details zum regionalen Umgang mit den Bundesmitteln liegen mittlerweile für alle Länder vor. Es gelten weiterhin die regionalen Ansprechpartner und Websites, die das Bundeswirtschaftsministerium Ende März nannte:

Laut Medienberichten sind bis Mitte Mai beim Bund und den Ländern gut 2 Mio. Anträge auf die Soforthilfen für Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten gestellt worden, von denen 1,57 Mio. bewilligt wurden. Hier setzen insbesondere die Länder offenbar eher auf „schnelle Zahlung, spätere Prüfung“, was für Viele das Risiko der Rückzahlbarkeit birgt. Unsicher ist beispielsweise noch, wie Kosten für häusliche Arbeitszimmer oder Investitionen in Hardware bewertert werden. Hermann-Josef Tenhagen von Finanztip geht im ‚Spiegel‘ am 16. Mai davon aus, dass solche Kosten von der Bundes-Soforthilfe bezahlt werden dürfen, wir erwarten im Einzelfall auch Rückforderungen. (Siehe auch die übernächste FAQ: „Was sieht die Bundes-Soforthilfe als Betriebsausgabe?“)

Die „Corona-Soforthilfe“ (verlinkt ist hier das Eckpunkte-Papier) soll kleinen Unternehmen nicht rückzahlbare Liquiditätshilfen schaffen, wenn sie durch Corvid-19-Krise in Schwierigkeiten geraten sind. Für Zeiten vor dem Stichtag 11.3.20 gibt es aus diesem Programm bislang kein Geld. (Diese Stichtagsregel kann sich aber noch ändern.) Die Mittel aus diesem Programm sollten koordiniert mit ergänzenden Ländermitteln (die inzwischen fast überall eingestellt wurden – siehe nächste FAQ) ausschließlich laufende Betriebskosten wie Miet-, Pacht- und Leasingkosten. Angemessene eigene Lebenskosten („Unternehmer*innen-Lohn“) durften in einigen Landesprogrammen angesetzt werden. – Es ist aber auch dort nicht immer vollständig klar, wie Solo-Selbstständige Lebenshaltungs- und Betriebskosten sauber abgrenzen sollen. Nicht zuletzt auf Druck von ver.di forderten die Länder zwar, dass der Bund noch einmal nachsteuert, der aber bleibt einstweilen hart. Angedacht war etwa von NRW ein einfaches Wahlrecht, ob Solo-Selbstständige Mittel der Lebenshaltung aus der Soforthilfe oder der Grundsicherung („Sozialschutzpaket“) in Anspruch nehmen.

Sozialschutzpaket

Die Bundesregierung hatte bereits am 23.3. die erste zentrale Abfederung bei Ausfall aller Mittel getroffen und den Zugang zu Grundsicherungsleistungen erleichtert. Das vom Arbeits- und Sozialministerium erarbeitete, am 25.3. vom Bundestag und am 27.3. vom Bundesrat beschlossene „Sozialschutzpaket“, also das „Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung…“, eröffnet den Zugang zur Grundsicherung für ein halbes Jahr zu erleichterten Rahmenbedingungen (aber weiterhin nicht unwesentlichem Antragsaufwand). Bei Anträgen auf Grundsicherung zwischen März und Juni wird – so der Gesetzestext „Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt“ – ausgenommen „erhebliches“ Vermögen: Das sind 60.000 € für den/die Antragsteller*in, plus 30.000 € pro weiteres Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, so steht es in den „Weisungen zum Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung …“ der Bundesagentur für Arbeit. Zudem werden Miet- und Heizkosten für die Wohnung für „Neukund*innen“ der Arbeitsagentur aufgrund der Corona-Krise in voller Höhe übernommen. Der Wermutstropfen: Die Prüfung der Bedarfsgemeinschaft bleibt (für alle betroffenen Erwerbstätigen) bestehen. – Siehe zu diesem Paket auch unsere (vorletzte) FAQ zum ALG 2.

Unsere Einschätzung:
Es handelt sich um absolute Nothilfen. Sowohl die Maßnahmen Liquidität insbesondere für die laufenden Kosten der Selbstständigkeit zu schaffen, als auch der erleichterte Zugang zur Grundsicherung sind erste Schritte, wobei die wirtschaftlichen Soforthilfen für die meisten Solo-Selbstständigen nicht nutzbar sind. Wie von uns erwartet, sollen die wesentlichen Maßnahmen für nun auftrags- und einkommenslose Solo-Selbstständige an das ALG-2-System angekoppelt werden. Das Vorhaben, das bisherige Bündel von Hürden und Schikanen beim Zugang zur Grundsicherung (mindestens) für Erwerbstätige auszusetzen sowie die Abwicklung (und Auszahlung) zu beschleunigen, sollte Leitlinie bleiben, solange dieses System besteht.
Beide Maßnahmen für Solo-Selbstständige und Kleinunternehmen können nur Teil eines Gesamtpakets zur Abfederung der Krisenfolgen sein und müssen nachgesteuert werden. Von einer Gleichbehandlung zwischen großen Unternehmen und Konzernen auf der einen sowie abhängig und selbstständig Erwerbstätigen bzw. persönlich haftenden Personengesellschafter*innen auf der anderen Seite kann weiterhin keine Rede sein. – Wir werden mittelfristig noch einmal darüber reden müssen, ob Menschen oder „die Wirtschaft“ Hauptziel der staatlichen Fürsorge sein sollen – und damit über die Themen Umverteilung und Gerechtigkeit, wenn in der näheren Zukunft die Gesellschaft über die Verteilung der Kosten zur Bewältigung der Krise verhandelt.

Historie: Über das bundesweite Programm wurde auf vielen Ebenen länger diskutiert (was schon ein großer Erfolg war), aber wenig Konkretes vorgelegt, weil das Thema Solo-Selbstständige bis dato nicht wirklich im Fokus der Politik lag. Für den Bund wurde dann erstmals am 18.3. ein Hilfsfonds angekündigt, der am 23.3. als Paket verschiedener Maßnahmen als Regierungsentwurf vorgelegt wurde, der in Beschlüssen des Bundestags am 25.3. und des Bundesrats am 27.3. sowie der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am gleichen Tag mündete und damit am 28.3. in Kraft trat.

 

·        Welche Hilfen gibt es in den Bundesländern bei Auftrags- und Liquiditätsausfällen?

Inzwischen haben alle Bundesländer ihre Soforthilfeprogramme mit den Bundesmitteln synchronisiert. Zuvor gab es bis Ende März (teilweise stark unterschiedliche) umfangreiche Hilfen der einzelnen Länder, um akute Liquiditäts-Engpässe zu verhindern. Um Hilfsgelder zu erhalten war meist lediglich zu versichern, dass eine akute wirtschaftliche Notlage vorliegt, die erst durch den Virus entstanden ist. (Was sich im Nachhinein oft als Problem erweist und Zahlungsempfänger*innen grübeln lässt, ob sie die Bedingungen tatsächlich erfüllten, die sie ja immerhin eidesstattlich versichern mussten.) Die Länder-Soforthilfen wurden meist als Bypass oder Ergänzung und nicht als Ersatz eines noch zu schaffenden Bundesprogramms kommuniziert (was die Lage nicht übersichtlicher machte) und bei allen Anlaufschwierigkeiten ungewöhnlich schnell und unbürokratisch ausbezahlt.

Alle umfangreichen rein regionalen Hilfsprogramme, sind inzwischen eingestellt, was nicht heißt, dass es nun bundesweit einheitlich zugeht. Vor allem differieren weiterhin die Bedingungen bei der Auszahlung der Bundesmittel durch die Länder. Die in wichtigen Details unterschiedlichen Konditionen, Soforthilfen zu bekommen, erklären den größten Teil der Verwirrung (und des Unmuts), der sich spätestens seit Anfang April unter den (potenziellen und tatsächlichen) Empfänger*innen der Hilfen breit macht. – Eine der häufigsten Fragen zu den Länderprogrammen war und bleibt es auch bei der Auszahlung der Bundeshilfen, ob ein Liquiditätsengpass allein die Situation beschreibt, dass laufende Verpflichtungen (Mieten, Leasingraten etc.) zu zahlen sind, oder ob und wie hier auch das Unternehmer*innen-Einkommen als laufende Verpflichtung gilt. Insbesondere, weil Büromieten bspw. bei solo-selbstständigen Dozent*innen oder Kulturschaffenden selten anfallen.

Nur wenige Erläuterungen waren so eindeutig wie die aus NRW, die dann von der Website verschwunden war: „Sofern der Finanzierungsengpass beim Soloselbstständigen im Haupterwerb dazu führt, dass er sein regelmäßiges Gehalt nicht mehr erwirtschaften kann, dient die Soforthilfe auch dazu, das eigene Gehalt und somit den Lebensunterhalt zu finanzieren.“ Allerdings schien in der Soforthilfe 2020 in NRW noch etwas länger vorgesehen (siehe Bild – Stand 6.4.2020), dass Unternehmer*innen in die Liquiditätsberechnung einbezogen werden und „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ zum Antrag berechtigen. Dazu wurde kommuniziert, dass es reicht wenn „mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist“ oder „die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind“ oder der Umsatz „durch eine behördliche Auflage“ zur Pandemie „massiv eingeschränkt“ wurde. Wie sich allerdings zeigte, galt das geschriebene Wort nur bedingt: Die anhaltende Verwirrung durch Kommunikationschaos führte immerhin dazu, dass in NRW am 12.5. eine erneute Neuregelung verkündete wurde, dass die bis Ende April ausgezahlten Hilfen bis zu 2.000 € auch für den Lebensunterhalt genutzt werden können. Wie in der vorherigen FAQ erläutert, erlaubt damit aktuell (Stand Mitte Mai) allein Baden-Württemberg ausdrücklich bei den Soforthilfen einen „fiktiven Unternehmerlohn“ in Höhe der Pfändungsfreigrenze von 1.180 € pro Monat anzusetzen.

Einige Länder hatten schon in der Vergangenheit die klare Linie, die ab April bundesweit breit verankert wurde: Für den Fall, dass Solo-Selbstständige ihre Tätigkeit einstellen und verarmen, weil Einkommen und Ersparnisse wegbrechen, ist keine Wirtschaftshilfe sondern die (für sechs Monate stark erleichterte und erweiterte) Grundsicherung vorgesehen. – Je nach Einzelfall kann es sogar sinnvoller sein, diese zu beantragen, solange hier das erhöhte Schonvermögen greift, trotzdem drängen wir weiterhin darauf, das nicht in dieser Rigidität und regionalen Unterschiedlichkeit so stehen zu lassen und das Thema „Unternehmer*innen-Einkommen als laufende Kosten der Solo-Selbstständigen“ ernst(er) zu nehmen.

Regionale Hilfe insbesondere in Form wirtschaftlicher Landes-Hilfsfonds gab es bis Ende März (zum Teil bereits kombiniert mit Bundesmitteln) in vielen Ländern. Nur die, die es derzeit zusätzlich oder neu gibt, sind hier verlinkt. Im Trend liegt seit Anfang Mai, ausschließlich für den Kulturbereich (und hier eingeschränkt auf Mitglieder der Künstlersozialkasse) eine Sonderlösung auf Basis eines Stipendiums zu stricken:

  • Bayern: War bis zu 5.000 € für alle Solo-Selbstständigen. Am 21.4.2020 beschloss das Kabinett, ein neues Hilfsprogramm für soloselbstständige Kultur-und Medienschaffende (3 x 1.000 €) aufzulegen. Der Antrag ist für Mitglieder der Künstlersozialkasse möglich, sowie jene, die „nachweisen können, dass sie ihren Lebensunterhalt überwiegend mit erwerbsmäßiger künstlerischer Tätigkeit verdienen“. Die Hilfe kann längstens bis Ende September für bis zu drei aufeinanderfolgende Monate beantragt werden, am 26.5. hat der Ministerrat des Landes beschlossen, dass das auch für jene möglich ist, die aus der (alten) „Soforthilfe Corona“ weniger als 3.000 € Euro bezogen hatten.
  • Baden-Württemberg: In Verbindung mit den Bundeshilfen „können Soloselbständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften einen Betrag in Höhe von 1.180 Euro pro Monat für fiktiven Unternehmerlohn“ beantragen (Hinweis in Fußnote 4 des Antrags).
  • Berlin: War bis zu 5.000 €, ausdrücklich auch zur Kompensation von Unternehmer*innen-Einkünften.
  • Brandenburg: War bis 9.000 € für Solo-Selbstständige, analog den Bundesplänen. Im Mai legte das Land ein Mikrostipendienprogramm für freiberufliche Künstler*innen(1.000 €) auf, dessen Bewerbungsfrist bis zum 9.6.2020 läuft.
  • Bremen: War bis zu 5.000 € sowie 20.000 € nach intensiverer Prüfung. – Seit Ende März gibt es einen kleinen Sondertopf für Kulturschaffende.
  • Hamburg: 2.500 € für Solo-Selbstständige – zusätzlich zu den Bundeshilfen, ausdrücklich als pauschale Förderung „zur Kompensation von Umsatz- und Honorarausfällen“. Antragsschluss: 31.5.2020
  • Hessen: War Soforthilfe für Solo-Selbstständige kombiniert mit den Bundesmitteln bis zu 10.000 € – also effektiv bis zu 1.000 € vom Land. Ab 1.6. können Künstler*innen, die KSK-Mitglieder sind nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz Arbeitsstipendien von 2.000 € über das Kulturpaketdes Landes erhalten.
  • Mecklenburg-Vorpommern: Bis zum 31.7. und ausschließlich für Mitglieder der Künstlersozialkasse (sowie bei einer Einzelfallfallprüfung an andere Personen, die „professionell und selbständig“ tätig sind) gibt es den pauschalen Stipendiumszuschuss MV-Schutzfonds Kultur in Höhe von 2.000 €.
  • Niedersachsen: War einmalige Soforthilfe bis zu 3.000 €.
    Die Stadt Hannover hatte um die Monatswende März/April kurzfristig ein Soforthilfepaket (Zuschuss bis 3.000 €) zur Unterstützung in Hannover ansässiger Unternehmer*innen.
  • Nordrhein-Westfalen: War Soforthilfe bis 9.000 € für Solo-Selbstständige. (Nach Verwirrung, wofür diese genutzt werden können, verkündete der Nordrhein-Westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart am 12. Mai, dass von den im März und April ausgezahlten Hilfen für den Lebensunterhalt 2.000 Euro (aus Landesmitteln gezahlt) genutzt werden können. (Details, siehe Pressemitteilung und ggf. das bei 5:15 Min. startende Pressekonferenz-Video.)
    Zusätzlich wurde für jene, die bei der die früheren Soforthilfe des Kulturministeriums nicht berücksichtigt wurden, die Künstler-Soforthilfe neu aufgelegt. Die ist allerdings beschränkt auf Künstler*innen, die Engagements verloren haben, jedoch wegen der begrenzten Mittel nicht zum Zuge kamen und keine anderen Hilfsgelder bekommen hatten.
  • Rheinland-Pfalz: kündigte am 28.4.2020 ein mit 7,5 Millionen Euro ausgestattete Stipendienprogramm für Kulturschaffende KSK-Mitglieder können vom 15.5. bis 15.9.2020 über die Stiftung ‚Rheinland-Pfalz für Kultur‘Arbeitsstipendien in Höhe von 2.000 € beantragen. (Details siehe PDF zu den Förderkriterien.)
  • Saarland: Am 14. 5.2020 startete ein landeseigenes Stipendienprogrammin Höhe von 2,5 Mio. Euro für Kulturschaffende , aus dem jeweils bis zu 3.000 € für den/die Einzelne*n bereitgstellt werden sollen.
  • Sachsen: Das Programm „Sachsen hilft sofort“ war keine Beihilfe. Beim Programm der Landeshauptstadt Dresden (1.000 €) sind die Mittel seit 7.4 erschöpft.
    Leipzighat, wie Ende April angekündigt ein die Bundeshilfen um Lebenshaltungskosten ergänzendes Soforthilfeprogramm (2.000 € für zwei Monate) aufgelegt. Die Antragstellung ist ab 18. Mai möglich, die notwendige Registrierung schon jetzt.
  • Sachsen-Anhalt: Künstler*innen und Schriftsteller*innen erhalten max. 400 € pro Person. Antragsschluss: 31.5.2020
  • Saarland: Anträge auf Soforthilfe – seit April nur noch für das Bundesprogramm möglich.
  • Schleswig-Holstein: Kein eigenes Landesprogramm
  • Thüringen: War Soforthilfe bis zu 5.000 € – die Programme des Landes und des Bundes wurden miteinander verrechnet.

Für alle Solo-Selbstständigen, die keine Mittel aus Hilfsfonds bekommen (können), gibt es eine nicht-rückzahlbare staatliche Hilfe, derzeit nur bei und während einer behördlich angeordneten Quarantäne (siehe übernächste FAQ). – Ansonsten bleibt derzeit nur der Rückgriff auf die Grundsicherung, also ALG 2, das auch als „aufstockende“ Leistung gezahlt wird, sowie andere Sozialleistungen. Wer entsprechend versichert ist kann auch auf das normale Arbeitslosengeld zurückgreifen. – Beide Möglichkeiten erläutern wir unten in dieser FAQ-Liste.

 

·        Was sieht die Bundes-Soforthilfe als Betriebsausgabe?

Eindeutig (und der Hauptkritikpunkt) ist erst einmal nur die starre Haltung, dass die Soforthilfe des Bundes eine reine Wirtschaftshilfe sein soll. Aus ihr dürfen keinerlei „private“ Kosten der Lebenshaltung bestritten werden. – Also weder soll daraus die soziale Vorsorge gedeckt werden, noch ein Unternehmer*innen-Einkommen gezahlt werden.

Aber auch bei den betrieblichen Ausgaben wird mit der Beschränkung auf den Liquiditätsausfall nicht alles anerkannt: Diese Wirtschaftshilfe soll nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums und der Regierung eben nicht den Gewinnausfall an sich kompensieren und die Fortführung des vollen Geschäftsbetriebs ermöglichen. Damit ist die Soforthilfe auch nicht dafür gedacht, notwendige Investitionen zu tätigen, sondern soll ausschließlich verhindern, dass wegen einer akuten Liquiditätskrise die laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht befriedigt werden können.
Letztlich kann die Soforthilfe damit zwar helfen, eine Überschuldung zu vermeiden, aber das Geld bekommen Selbstständigen nicht zur freien unternehmerischen Verfügung, sondern immer insbesondere dann, wenn sie verpflichtet sind, es wieder weiterzuleiten. Damit zählen zu den unstrittig anzusetzenden Ausgaben jene für Büromieten und deren Nebenkosten, die laufenden betriebliche Leasingverträge, Versicherungen, Softwarelizenzen, Kredittilgungen, Telekommunikation sowie die Versicherung und Steuern für Dienstfahrzeuge.

Schwieriger bis unmöglich wird es schon, sicher zu klären, in welchem Umfang weitere übliche Kosten wie Büromaterial oder Werbung als zwingende laufende Kosten entstehen (und vor allem anerkannt werden). Als Faustformel gilt: Am einfachsten sind alle langfristen Verträge abzubuchen, bei denen die Kosten regelmäßig abgebucht werden, andere betriebsnotwendige Ausgaben sollten in dem Umfang, in dem sie vor der Krise anfielen, ebenfalls als laufende Kosten anerkannt (aber zumindest erst einmal angerechnet) werden. Ob es wirklich zwingende Ausgaben sind, für die Liquidität zu erhalten ist, wird im Streitfall ein Verwaltungsgericht entscheiden müssen.

Noch kritischer ist das Thema Investitionen zu sehen: Wer in der Krise Verträge neu abschließt, Arbeitsmittel kauft oder Sondertilgungen bei Krediten vereinbart, darf damit rechnen, dass damit Gesprächsbedarf bei der Bank oder Behörde entsteht, die die Soforthilfe auszahlt. – Selbst Ersatzinvestitionen sind nach der strengen Logik dieser Hilfe nicht vorgesehen. Wer aktuelle Investitionen (anteilig oder komplett) in die Berechnung des Liquiditätsausfalls einbezieht, sollte zumindest damit rechnen, dass im Fall einer Überprüfung die Rückzahlung der Mittel verlangt wird, die für solche Ausgaben angesetzt wurden. Das gilt natürlich auf jeden Fall für alle Abschreibungskosten: Das sind rein steuerliche Buchungen, die keinen Einfluss auf die aktuelle Liquidität haben.

 

·        Müssen Auftraggeber für Absagen haften?

Für bereits abgeschlossene, laufende Verträge gilt normalerweise und galt bis zu den behördlichen Anordnungen bspw. Bildungseinrichtungen zu schließen: Beide Vertragspartner müssen sich an das halten, was sie vereinbart haben. Haben sie zur Absage von Diensten und Kündigung von Werken nichts geregelt, gilt das BGB: Danach können können Selbstständige grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber, der einen Werkvertrag oder einen befristeten Dienstvertag komplett kündigt oder die Ausführung stoppt, für die finanziellen Folgen aufzukommen hat.

Aber wirklich nur solange Verträge oder AGB keine abweichende Regelung treffen. Wenn beispielsweise eine Handelsvertreterin eine Vergütung ‚pro ausgeführtem Auftrag‘ vereinbart, erhält sie kein Geld. Ebenso muss der Dozent, der bei ausgefallenen Seminaren eine Null-Vergütung akzeptiert hat, auf das Honorar verzichten. Steht in den Verträgen: „Werden Kurse abgebrochen, so ist das Honorar für die geleisteten Unterrichtseinheiten zu zahlen“, ist damit in der Regel gemeint: „nur für bisher geleistete Stunden“…

Grundsätzliche Ausführungen zum Kündigen von Dienstverträgen und Kündigen von Werkverträgen aber insbesondere auch zur Frage der höheren Gewalt, die seit Mitte März viele Auftraggeber als Grund für eine Zahlungsverweigerung oder Kündigung anführen, stehen im ver.di-‚Ratgeber Selbstständige‘. Die Kurzfassung zur Frage, wie hier die rechtliche Situation angesichts behördlicher Verbote von Veranstaltungen und bestimmten Einrichtungen aussieht, haben wir in einer kurzen Übersicht zu den rechtlichen Fragen der höheren Gewalt zusammengefasst. Direkt zu einer PDF die eine Übersichts-Mindmap zum Thema enthält geht es hier.

Im ‚Ratgeber Selbstständige‘ findet sich angesichts der rechtlichen Gemengelage übrigens auch ein Hinweis darauf, dass es sinnvoll sein kann, auch die Situation des Vertragspartners und Perspektiven für die längerfristige Zusammenarbeit (auch nach der Krise) im Hinterkopf zu haben: „Es kann im Einzelfall Sinn machen, auf den vollen Vergütungsanspruch zu verzichten. Etwa wenn als Kompensation des Ausfalls ein länger laufender Vertrag oder adäquate Folgeaufträge rausspringen. Oder auch – wenn es die eigene Situation erlaubt – klammen Kunden einen Zahlungsaufschub zu gewähren.“ 

 

·        Gibt es eine Entschädigung beim eigenen Ausfall und bei Quarantäne?

Eine staatliche Entschädigung gibt es derzeit für (Solo-)Selbstständige nur, wenn sie wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne nicht arbeiten dürfen. Um deren Höhe zu bestimmen, wird der Durchschnittsgewinn des Vorjahres herangezogen, zusätzlich gibt es auf Antrag angemessenen Ersatz für weitere nicht gedeckte Betriebsausgaben. Geregelt ist das alles im § 56 Infektionsschutzgesetz. (Die Entschädigung ist innerhalb von drei Monaten zu beantragen.) Zu den Voraussetzungen gibt es eine übersichtliche Info bei der ‚Tagesschau‘. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung nennt in ihrer Informationsschrift zum Thema Quarantäne auch die Behörden in den Bundesländern, bei denen der Antrag gestellt werden kann. Die Formulare sollten sich per Suchmaschine finden lassen: Antrag + IfSG + Bundesland.

Wer eine gesetzliche Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld oder eine Krankentagegeldversicherung hat, kann bei einer längeren Krankheit eine Ärztin oder einen Arzt um Krankschreibung bitten. Je nach Vertrag zahlt dann die Versicherung einen Verdienstausfall. Je nach Vereinbarung nach einer mehr oder weniger langen Zeit. Gesetzlich Versicherte erhalten den erst nach sechs Wochen, es sei denn, sie haben über einen Wahltarif eine frühere Zahlung vereinbart oder eine entsprechende Krankentagegeldversicherung abgeschlossen.

Auch selbstständig erwerbstätige Eltern, die wegen notwendiger und nicht anders zu regelnder Kinderbetreuung ausfallen, können unter gewissen Voraussetzungen ebenfalls eine Entschädigung analog der Kurzarbeitsregelung (bis max. 2.016 €/Monat) erhalten. Anders als Angestellte müssen Selbstständige die Entschädigung selbst beantragen, wenn sie wegen geschlossener Schulen oder Kitas ein Kind unter 12 Jahren (oder eines, das auf Hilfe angewiesen ist) selbst betreuen müssen und deshalb nicht arbeiten können. Genauere, übersichtliche Informationen zu diesem Ausfallgeld hat das Innenministerium hier zusammengetragen, in einem Artikel von ‚Ihre Vorsorge‘ stehen hier ergänzende Informationen.
In der Praxis zeigen sich regionale Unterschiede bei der Handhabung von Anträgen durch Selbstständige. Insbesondere gibt es unterschiedliche Auslegungen der Regelung, dass die Entschädigung nicht gezahlt wird, wenn eine andere zumutbare Betreuung gegeben ist. Der hier eröffnete Spielraum wird in den Einzelfallbetrachtungen unterschiedlich ausgelotet: So wird es beispielsweise bei nur stundenweiser Arbeit im Home-Office oft als zumutbar angesehen, ein Einzelkind (quasi nebenbei) zu betreuen, der/die Alleinerziehende von drei Kindern unter 12 Jahren hingegen, muss nicht lange rumdiskutieren.

 

·        Können Kredite helfen?

Theoretisch können und sollen günstige Kredite eine (vorübergehende) Liquiditätslücke oder -krise überbrücken. Das Problem ist: Schnell geht da bei den Hausbanken, über die auch die staatlichen KfW-Kredite vergeben werden, eher nicht. Auch diese brauchen allerdings noch zwei bis drei Wochen für die  Bearbeitung. (Das Prinzip, Kredite über sogenannte Hausbanken und Finanzierungspartner wie Sparkassen zu verteilen und die Anträge an zwei Stellen zu bearbeiten – laut KfW „seit Langem bewährt“ -, sollte vielleicht einmal überdacht werden… – Das findet in einem Podcast vom 18. März auch Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der von aktuell vier bis sechs Wochen Bearbeitungszeit ausgeht.) Alternativ könnten andere Mechanismen der schnellen Bereitstellung gestärkt werden, etwa die Mikrokredite. Die klassische Variante allerdings gibt es derzeit nur mit relativ kurzen Laufzeiten und vergleichsweise hohen Zinsen. Eine attraktive Alternative können staatliche Mikrokredite sein. So etwas ist mit der Hessen-Mikroliquidität seit Anfang April realisiert worden (nachdem die EU diese erlaubt hat). Andere Länder dürften und sollten folgen. (Wir werden bei einem späteren Update auf diese Kredite hier noch intensiver eingehen!)

Das Hauptproblem aller über Privatbanken vergebenen Kredite: Selbst bei einer hohen Bürgschaftsquote (bis zu 90 Prozent) bleibt es ein Kredit. – Wer nicht in die Insolvenz rauscht, muss das Geld also irgendwann später zurückzahlen. Das hilft einigen, wenigstens die Liquiditätsbelastung zu verzögern, verlagert sie aber faktisch nur. Wenn das in Frage kommt, gibt es weitere Hürden. Etwa weil manche (Online-)Banken keine kleinen Kredite abwickeln wollen.
Unsere Erfahrung: Die Banken haben keine Lust, sich mit kleinen Krediten herumzuschlagen und dann auch noch für einen Teil des Ausfallrisikos selbst zu haften (solange das nicht zu 100 Prozent der Staat tut). Und selbst bei einer kompletten Bürgschaft bleiben die normalen Probleme: Die Banken sind derzeit auch völlig überlastet und das Personal teilweise nicht da – zudem hat auch nicht jede*r eine Hausbank.

Fazit: Solo-Selbstständige, die heute und in der Zukunft sehr geringe Gewinne machen, würden mit Bankkrediten (selbst wenn sie schnell zu haben sind) extrem zu knapsen haben. Ihnen können derzeit nur Soforthilfen oder Überbrückungsgelder ohne Rückzahlungspflichten helfen.

 

·        Kann ich Sozialversicherungskosten senken?

Prinzipiell ist das bei allen gesetzlichen Versicherungszweigen möglich und zur akuten Kostensenkung bei Gewinnrückgängen absolut empfehlenswert. Wie schnell entsprechende Anträge von den verschiedenen Trägern und Kassen derzeit umgesetzt werden, ist nicht abzuschätzen. Inzwischen haben jedoch viele Sozialversicherer zugesichert, die Meldungen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Derzeit ist es so:

Bei der Künstlersozialversicherung (KSK) geht die Meldung des geänderten Jahreseinkommens schnell. Dazu gibt es aktuelle Hinweise der KSK und im Newsbereich ein Formular zur Beitragsänderung. Zusätzlich bietet die KSK bei „akuten und schwerwiegenden Zahlungsschwierigkeiten“ wegen der Corona-Krise die zinslose Stundung (zunächst bis Ende Juni 2020) oder eine Ratenzahlung an. Es reicht ein formloser Antrag (auch) per Mail, der eine kurze Begründung enthält.

Gesetzliche Krankenkassen senken die Beiträge für freiwillig Versicherte ebenfalls, wenn ein entsprechender (kassenindividueller) Antrag gestellt wird, sobald der Gewinn gegenüber dem Vorjahr um mindestens ein Viertel eingebrochen ist. Üblicherweise wollen die Kassen als Nachweis einen aktuellen Vorauszahlungsbescheid des Finanzamts sehen, der natürlich erst einmal beantragt werden müsste. Viele Kassen bieten aber auch an, die Beiträge bis zu drei Monaten zinslos zu stunden, solange noch keine Fördermittel oder Kredite geflossen sind. Das entspricht der Linie des GKV-Spitzenverbandes, die er am 25.3. kommuniziert hat.
Ein Grundproblem bleibt: Auch wenn die Gewinne niedriger liegen, fallen für freiwillig gesetzlich Versicherte mindestens Beiträge auf Grundlage des angenommenen Mindesteinkommens an. Das beträgt derzeit rund 1.062 € und der monatliche Mindestbeitrag für Kranken- und Pflegeversicherung damit knapp 200 €. – Hätten wir nicht zu Anfang 2019 die radikale Senkung dieses Mindesteinkommens durchgesetzt, wäre für viele jetzt das Desaster vollkommen, trotzdem wäre es besser, es wäre (wie von ver.di weiterhin gefordert) schon damals auf die Geringfügigkeitsgrenze von 450 € gesenkt worden.

Pflichtversicherte in der Gesetzlichen Rentenversicherung können auf Antrag ihre Beitragszahlung (auch Ratenzahlungen) bis zum 31. Oktober 2020 aussetzen – das gilt auch für Beiträge, die aufgrund einer Stundungsvereinbarung in Raten gezahlt werden. Die DRV Bund schreibt dazu auf ihren Website: „Betroffene können sich unter Hinweis auf die Corona-Pandemie formlos an ihren Rentenversicherungsträger wenden und eine Aussetzung der laufenden Beitragszahlung beantragen. Die Rentenversicherung wird zu einem späteren Zeitpunkt eine rückwirkende Überprüfung des Versicherungsverhältnisses vornehmen und die Höhe der Beiträge den tatsächlichen Verhältnissen anpassen.“

Dass der Gesetzgeber für private Kranken- und Rentenversicherungen Auflagen vorsehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Es bleibt dann den Versicherungsunternehmen frei, etwa die Stundung von Beiträgen, leichte und verlustfreie Vertragsänderungen oder den Kündigungsausschluss wegen ausstehender Beträge vorzusehen.
Eine ausführliche Zusammenfassung (ohne überflüssige Längen) der Optionen von gesetzlich wie privat Versicherten, die Krankenversicherungsbeiträge zu senken gibt es auch im ‚Ihre Vorsorge‘-Text: Wie Selbstständige die Kosten für die Krankenversicherung senken.

 

·        Wie sieht es mit Steuerentlastungen aus?

Über echte Steuersenkungen hat die Politik offensichtlich noch nicht beraten. Das würde auch größere Eingriffe in das Gesamtsystem erfordern (die wir begrüßen würden, wenn sie die Umverteilung von unten nach oben stoppt und umkehrt), die absolut sicher nicht zeitnah umgesetzt werden (können). Daher sind entsprechende Vorschläge – etwa wie die der negativen Einkommensteuer, die jetzt in den Ring geworfen werden – aktuell keine Option und damit sogar eher eine Ablenkung.

Als Bereiche der schnellen Entlastung hat das Wirtschaftsministerium am 13.3. die Bereiche genannt: „Es werden die Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen, zur Senkung von Vorauszahlungen und im Bereich der Vollstreckung verbessert.“ Was dabei herausgekommen ist und weiterhin kommt, steht bei Haufe sehr gut zusammenfasst. Diese Seite wird ständig mit Updates ergänzt.

Die zentrale Maßnahme Liqudität zu sichern dürfte sein: Einkommensteuer-Vorauszahlungen ändern. Dazu kannst du (ebenso wie für Stundungsanträge) seit kurzem ein Formblatt der Steuerbehörden verwenden.
Die Alternative bzw. der bisherige Weg lautet: Du schreibst (formlos) ans Finanzamt, dass du Einspruch gegen den Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid erhebst. Gleichzeitig beantragst du die Vorauszahlungen herabzusetzen und den Vollzug der bereits festgesetzten Vorauszahlungen auszusetzen. Wichtig ist eine Begründung, was ja gerade eher leichtfällt. (Die Senkung oder Aussetzung der Vorauszahlung könnte prinzipiell auch automatisch erfolgen und unmittelbar wirksam werden. Das würde Liquidität schaffen, ohne dass Selbstständige Anträge schreiben und Finanzämter sich darüber beugen müssten.)
Liegt die Jahressteuerschuld unter 400 €, bzw. die im Vorauszahlungszeitraum (üblicherweise das Quartal) unter 100 €, entfallen gemäß § 37 Abs. 5 EStG die Einkommensteuervorauszahlungen. Allerdings muss auch dann das Finanzamt entsprechend informiert werden, damit die Vorauszahlung entfallen kann.

Generell kann beim eigenen Finanzamt daneben beantragt werden: Der Verzicht auf Säumniszuschläge, die teilweise oder komplett zinslose Stundung von allen Steuerzahlungen (an die laut BMF-Schreiben vom 19.3. „keine strengen Anforderungen zu stellen“ sind) sowie ein zeitlich befristeter Verzicht auf Vollstreckung.

Hier und da taucht die Forderung auf, auch die Umsatzsteuer zu stunden oder den Zeitraum und die Zahlungsfrist der Umsatzsteuervorauszahlung zu verlängern – was auf Antrag ohnehin möglich ist. Allerdings: Zumindest wer überhaupt keine Gewinne mehr macht (und umsatzsteuerpflichtig ist) hätte von der zweiten Maßnahme gar nichts. Im Gegenteil. „Sinken die betrieblichen Ausgaben für die Umsatzsteuer unter die Einnahmen bei der Umsatzsteuer, wird diese ja faktisch zur Einnahmequelle, da das Finanzamt dann den Umsatzsteuerverlust erstattet“, heißt es in unseren Vorschlägen an die Politik. Eine Streckung des Zeitraums sollte daher (anders als die Stundung) nur als Wahlrecht ausgestaltet werden.

 

·        Fliege ich aus der Wohnung, wird der Strom abgestellt, wenn ich nicht zahlen kann?

Nein, jedenfalls nicht akut: Seit Ende März gilt per Gesetz, dass Kündigungen der eigenen Wohnung und von Gewerberäumen für drei Monate, also von April bis Ende Juni verboten sind, wenn jemand wegen Einkommensausfällen in Folge der Corona-Krise die Miete aktuell nicht mehr zahlen kann. Der Mieter/Die Mieterin muss glaubhaft machen, dass die Zahlungsengpässe auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruhen. Sowohl fristlose als auch ordentliche Kündigungen sind in solchen Fällen ausgeschlossen.
Da die Miete weiterhin fällig bleibt, ist das aber nur eine Art Zwangskredit, den Vermieter gewähren müssen. (Eine echte Mietzahlung durch andere soll es mit der „Corona-Soforthilfe“ geben. Siehe Punkt 1 der FAQ). – Nur bei Bedarf kann und soll diese Regelung bis Ende September 2020 verlängert werden. Die Miete soll den Vermietern bis Ende Juni 2022 komplett nachgezahlt werden.

Verabschiedet  wurde zusätzlich ein Moratorium für die „Erfüllung vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen“. Bei langlaufenden Verträgen – etwa Strom und Telekommunikation (jedoch nicht den gesondert geregelten Mieten) – gilt ein bis zum 30.6.2020 befristeter Zahlungsaufschub, wenn Bürger*innen oder Kleinunternehmen Rechnungen wegen der Corona-Krise nicht zahlen können bzw. bei einer Zahlung die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens gefährdet wird. Dieses sogenannte Leistungsverweigerungsrecht aus einem Dauerschuldverhältnis gilt für alle entsprechenden Verträge, die vor dem 8.3.2020 abgeschlossen wurden.
Im Gesetz ist aber auch ein Pingpong-Mechanismus verankert: Das Recht auf Leistungsverweigerungsrecht gilt nicht, wenn das wiederum die wirtschaftliche Grundlage des Vertragspartners gefährdet, und Dauer-Zahlungen an Solo-Selbstständige bzw. Kleinstunternehmer dürfen auch dann nicht verweigert werden, wenn das deren Lebensunterhalt gefährdet.

 

·        Bekomme ich Arbeitslosengeld 1?

Nur wenn du es geschafft hast, „auf Antrag“ in die Arbeitslosenversicherung zu kommen. – Im ‚Ratgeber Selbstständige‘ findest du ausführliche Details zu dieser Versicherung, die wir hier nicht ausbreiten wollen. Zur Erwähnung des ALG 1 gehören seit dem 2. April zwei gute Nachrichten:

  1. Wer drin ist, kann ALG 1, also das „normale“ Arbeitslosengeld bekommen. Dazu muss die Arbeit auch nicht vollkommen eingestellt werden: Wer ALG 1 bezieht, darf nebenher arbeiten, allerdings weniger als 15 Stunden pro Woche.
  2. Auf Intervention von ver.di beim BMAS wurde die in „Normalzeiten“ geltende Regelung, dass man/frau nach zweimaligem Bezug innerhalb eines Jahres rausfliegt, bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Kurz gesagt – so eine Pressemitteilung der Arbeitsagentur München: „Selbstständige, die bereits innerhalb der letzten 12 Monate Arbeitslosengeld bezogen, und erneut Arbeitslosengeld beantragt haben, können sich danach erneut freiwillig versichern.“ 
  3. Am 29. April hat das Bundeskabinett das „Sozialschutzpaket 2“ beschlossen. Sobald dies Gesetzeskraft hat, wir der Anspruch auf ALG 1 einmalig um drei Monate verlängert, wenn der Anspruch zwischen dem 1. Mai 2020 und dem 31. Dezember 2020 enden würde.

(Erläuterung zum Punkt 2: In der „Regel“ gilt, dass die Zahlung von Arbeitslosengeld für Selbstständige auf zwei Auszahlungen pro „zu dieser Versicherungspflicht führenden Tätigkeit“ begrenzt ist. – Eine Klausel im § 28a SGB 3, die wir seit ihrer Einführung vehement kritisieren. Ebenso unsinnig ist die Beschränkung des Personenkreises der ein „Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag“ eingehen darf: Um möglichst wenige Selbstständige in die Arbeitslosenversicherung aufnehmen zu müssen und das so unattraktiv wie möglich zu machen, dürfen sich nur Personen versichern, die aus einer abhängigen Beschäftigung kommend arbeitslos werden, dann gründen und sich weiter versichern „dürfen“. Zudem sind weder die Beiträge noch die Zahlungen einkommensabhängig gestaltet. Auch das wäre bei Gelegenheit mal zu ändern…

 

·        Bekomme ich Arbeitslosengeld 2 und andere Sozialleistungen?

Ja. ALG 2 gibt es in der Regel nur unter strengen Bedingungen und insbesondere für Selbstständige nur unter heftigen bürokratischen Verrenkungen insbesondere bei der Gewinnermittlung. Trotzdem: Genau für den Fall, dass es schlecht läuft, gibt es dieses sozialstaatliche Auffangnetz. Wie diese Leistung grundsätzlich gestrickt ist, findet ihr im Ratgeber Selbstständige.

Sozialschutzpaket beschlossen

Die Bundesregierung hat am 23.3. die Gesetzesinitiative ergriffen, den Zugang zu Grundsicherungsleistungen zu erleichtern. Das vom Arbeits- und Sozialministerium erarbeitete, am 25.3. vom Bundestag und am 27.3. vom Bundesrat beschlossene „Sozialschutzpaket„, also das „Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung…“, eröffnet bis Ende Juni den Zugang zur Grundsicherung für ein halbes Jahr zu wesentlich erleichterten Bedingungen. Bei Anträgen auf Grundsicherung in diesem Zeitraum erfolgt für sechs Monate

  • prinzipiell keine Vermögensprüfung und ein angemessenes Vermögen wird nicht angerechnet.
  • Zudem werden Miet- und Heizkosten für die Wohnung für „Neukunden“ der Arbeitsagentur aufgrund der Corona-Krise in voller Höhe übernommen.
  • Die Arbeitsagentur hat inzwischen einen (für die Übergangszeit) wesentlich vereinfachten, 5-seitigen neuen Antrag auf Grundsicherung
  • Der Wermutstropfen: Die Prüfung der Bedarfsgemeinschaft bleibt (für alle betroffenen Erwerbstätigen) bestehen.

Da wir  viele Nachfragen zum Thema angemessene Vermögen hatten: Das Problem ist die unscharfe Formulierung im Gesetz, es werde „Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Satz 1 gilt nicht, wenn das Vermögen erheblich ist; es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die leistungsnachsuchenden Personen dies im Antrag erklären.“– Die Frage, was das bedeutet, ist inzwischen gelöst: Die Arbeitsagenturen haben (wie von bis dahin vermutet) eine „Weisung“ bekommen, die Definition, der Wohngeld-Verwaltungsvorschrift (WoGVwV) anzuwenden. (Siehe unten, letzter Bulletpoint.) Dort wird in Randziffer 21.37 definiert was erhebliche Vermögen sind – 60.000 € für für den/die Antragsteller*in, plus 30.000 € pro weiteres Haushaltsmitglied. Unter dieser Ziffer wird auch aufgezählt, welche Mittel als Vermögen gelten und welche Rücklagen „grundsätzlich nicht verwertbar“ sind. Ebenfalls nicht als Zufluss zum Lebensunterhalt anzurechnen sind die Soforthilfen, die ausdrücklich für den Erhalt von Liquidität gezahlt wurden und bei denen eben auch die Verwendung für den eigenen Lebensunterhalt ausgeschlossen ist.

Gezahlt wird die Grundsicherung (ALG 2) maximal rückwirkend zum Anfang des laufenden Monats – wer also bereits bis 31. Mai den Antrag stellt, kann auch noch für den Mai die Leistungen der Grundsicherung bekommen. Und wer in einem laufenden Monat Probleme mit den Fragebögen oder noch nicht alle Unterlagen zusammen hat, kann und sollte beim zuständigen Jobcenter einen formlosen Antrag stellen.

Weitere Basis-Informationen:

  • Die Bundesagentur hat FAQ, ein Erklärvideo sowie Links zu Antragsformularen auf einer aktuellen Seite zusammengestellt.
  • Für eine überschlägige Berechnung des ALG-2-Anspruchs bietet sich der Hartz IV Leistungsrechner von ‚hartziv.org an.
  • Unser Merkblatt, auf welche Leistungen der Agentur und der Kommunen Anspruch besteht geht auch kurz auf Wohngeld und andere Leistungen ein. Es ist nur eine echte Kurzinfo. Wer sich tiefer in die Materie „ALG 2 für Selbstständige“ einarbeiten will, findet eine übersichtliche Beschreibung im ‚Ratgeber Selbstständige‘ unserer Beratung ’selbststaendigen.info‘.
  • Es gibt eine „Weisung“ der Bundesagentur, die den Fallmanager*innen erklärt bzw. vorschreibt, wie sie das Sozialschutzpaket umzusetzen haben. Die legt unter anderem (in 1.2 [4]) fest, dass die Vermögensprüfung „in Anlehnung an das Wohngeldgesetz“ erfolgen soll.
  • Die di-Ewerbslosenberatung und deren Aufstocker*innenberatung sind spezialisiert auf die Fragen rund um das ALG 2. Beraten werden hier (natürlich) nur ver.di-Mitglieder.

Wer noch einige Aufträge und Einkommen aber keine Rücklagen hat und nur deshalb unter die Grundsicherungsschwelle rutschen würde, weil auch noch Krankenversicherungskosten anfallen, kann einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung bekommen. Bezahlt wird dabei genau so viel, dass das restliche Einkommen exakt auf die Alg-2-Grenze rutscht. Positiv ist daran, dass mit dieser Zuschuss nicht als ALG 2 gilt und wer ihn bekommt nicht zur Aufnahme berufsfremder Arbeiten, Ein-Euro-Jobs, Berufsaufgabe etc. gezwungen werden kann. Dazu gibt es ein eigenes Merkblatt der Arbeitsagentur.

Alternative Wohngeld und Kinderzuschlag

Um den ALG-2-Bezug zu vermeiden, kannst du noch prüfen, ob du die Bedingungen für das Wohngeld erfüllst. Das ist eine kommunale Leistung, die Du vor Ort beantragen musst und sie hat (zumindest langfristig) einige Vorteile:

  • deutlich höhere Vermögensfreibeträge (auch über den Juni hinaus)
  • etwas weniger Papierkrieg als beim ALG 2
  • Betriebsausgaben werden steuerlich ermittelt und nicht auf Angemessenheit geprüft
  • Es muss für keine Behörde, die dich „aktivieren“ will, die Verfügbarkeit gesichert werden

Eigentlich ist es längst überfällig, entsprechende Erleichterungen auch für aufstockende Selbstständige dauerhaft in den Sozialgesetzen zu verankern. Nun ist die Politik dazu zumindest für eine Übergangszeit bereit.

Selbstständige, die sowohl ein geringes Einkommen als auch Kinder haben, können über die Arbeitsagentur einen Notfall-Kinderzuschlag (Notfall-KiZ) beantragen. Der Zuschlag beträgt bis zu 185 € pro Kind und Monat. Wie beim ALG 2 reicht es derzeit, den Antrag im laufenden Monat zu stellen um die Zahlung für den gesamten Monat zu bekommen. Bis Ende September gelten hier erleichterte Zugangsbedingungen zum Kinderzuschlag, bei dem beispielsweise nur das Einkommen im Monat vor der Antragstellung gemeldet werden muss.

 

·        Kurzarbeitsgeld: Kann Ähnliches für Selbstständige geregelt werden?

Kurzarbeitsgeld (KAG) nennt sich eine besondere Sicherung von derzeit 60 Prozent bzw. für Eltern 67 Prozent des Einkommens. (Die Koalitionsspitzen haben am 22.4. vereinbart, dass dieses Ausfallgeld ab dem 4. Monat um weitere 10 Prozent und ab dem 7. Monat des Bezugs auf 80 bzw. 87 Prozent steigen soll.) Die Zahlung kommt, so wie sie heute gestrickt ist, für Einzelunternehmen nicht in Frage. Das KAG ist schlicht für eine – mindestens wirtschaftlich – abhängige Beschäftigung gestrickt. Die Zahlung an Erwerbstätige ist unter anderem davon abhängig, dass sie in der „normalen“ Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind. – Allein Selbstständige, die Arbeitgeber*in sind (und sei es auch nur einer einzigen Person), können bei einem Arbeitsausfall vom Kurzarbeitsgeld profitieren.

Es wäre allerdings grundsätzlich leicht möglich, Ähnliches für Selbstständige zu verankern. Mindestens für jene, die in die Arbeitslosenversicherung einzahlen (dürfen). Es gibt derzeit schon bereits eine, wenn auch eng umrissene (Kleinst-)Gruppe von Selbstständigen, die als Pflichtversicherte in der Arbeitslosenversicherung auch ausdrücklich Kurzarbeitsgeld bekommen können: Diese spezielle Gruppe (definiert im § 2 HAG) besteht aus wirtschaftlich abhängigen Selbstständigen, die in sogenannter Heimarbeit beschäftigt sind. Für sie gibt es eine spezielle Kurzarbeitsgeld-Regelung im § 103 SGB 3, die auf einen Gewinneinbruch in den letzten sechs Monaten abhebt. So etwas könnte für alle Versicherten eingeführt werden. – Eine kurzfristige Hilfe wäre zumindest für die bereits versicherten Solo-Selbstständige über diesen Mechanismus möglich. Zudem sollte geprüft werden, ob und in welcher Form Elemente des bewährten Instrumentariums Kurzarbeitsgeld langfristig auch auf die Situation von allen (Solo-)Selbstständigen zu adaptieren sind.

 

 

Quelle, Bild und weitere Infos: https://selbststaendige.verdi.de/

Stand: 3.6.2020