Versetzung und Diffamierung – ver.di-Bundesvorstand zieht weitere Register und leitet neue arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen mich ein

Von Orhan Akman

Die Personalabteilung unserer Gewerkschaft ver.di hat mich schriftlich informiert, dass sie mich nun versetzen will. Demnach soll ich in der ver.di-Bundesverwaltung nicht mehr im Bundesfachbereich Handel arbeiten, sondern künftig im „Ressort 2“ als „Gewerkschaftssekretär mit besonderen fachspezifischen Aufgaben“. Dabei soll ich die im „Ressort angesiedelten Querschnittsbereiche für die Gesamtorganisation bei Tarifrunden“ unterstützen sowie „die Unterstützung bei der Gewährleistung eines Wissensmanagements für Tarifauseinandersetzungen und Arbeitskampfmaßnahmen“ gewährleisten. In der Stellenbeschreibung heißt es weiterhin „Im Rahmen dieser Aufgabe fallen darüber hinaus unterstützende Arbeiten sowohl für die Bereiche Organisationspolitik und Recht und Rechtspolitik sowie die in den Tarifrunden eingebundenen Fachbereiche und bundesweit tätigen Zentralen Arbeitskampfleitungen an.“

Eine inhaltliche und nachvollziehbare Begründung für diese Versetzung bleiben der Bundesvorstand und die Personalabteilung schuldig.

Unabhängig davon, dass die genannte Stelle ver.di-intern nicht ausgeschrieben war, hat das Berliner Arbeitsgericht am 13.12.2022 entschieden, dass ich „bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigungen als Leiter der Bundesfachgruppe Einzelhandel in der Bundesverwaltung Ressort 8, Fachbereich Handel, weiter zu beschäftigen“ bin. Das Urteil konnte aufgrund der von ver.di eingelegten Berufung und dem Gang zum Landesarbeitsgericht (LAG) bisher nicht rechtskräftig werden.

Ich soll also versetzt werden, während ver.di gleichzeitig an den Kündigungen festhält und diese vor dem LAG klären will. Ich bin mit der Versetzung nicht einverstanden und werde daher den Rechtsweg einleiten müssen, wenn ver.di dennoch an der Versetzung festhalten sollte.

Unwahre Tatsachenbehauptungen über mich durch ver.di

Doch damit nicht genug: Unser ver.di-Betriebsrat in der Bundesverwaltung hat sich am 28. Februar 2023 mit einem „BR-Info“ betriebsöffentlich gegen Verdachtskündigungen ausgesprochen. In der Info, die sich auf die von ver.di gegen mich ausgesprochene Verdachtskündigung bezog, positioniert sich der Betriebsrat und erinnert daran, dass sich der Gewerkschaftsrat bereits vor langer Zeit gegen den Ausspruch von Verdachtskündigungen ausgesprochen hat. In aller Öffentlichkeit forderte ver.di im Jahr 2010: „Und Verdachtskündigungen müssen endlich verboten werden!“ Der Betriebsrat führt dazu aus: „Und genau das fordern wir von den Unternehmen immer wieder. Doch ausgerechnet ver.di geht dabei nicht mit gutem Beispiel vor. (…)“

Unser Betriebsrat hat an den ver.di-Bundesvorstand appelliert, seine Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zurückzuziehen. Das sei auch richtig und wichtig, damit unsere Gewerkschaft vor weiterem Schaden in der Öffentlichkeit bewahrt werde. Der Betriebsrat unterstrich, dass – in meinem Fall als Bundesfachgruppenleiter – „ein nie belegter Verdacht“ nicht ausreiche, um mich fristlos zu kündigen.

Statt diesen berechtigten und richtigen Appell des Betriebsrates zu beherzigen, folgte am Folgetag (1. März 2023) eine „Personal-Info“ an alle Beschäftigten der Bundesverwaltung unserer Gewerkschaft. Darin bezog sich die Personalabteilung auf die „BR-Info“ und auf meine Kündigungen.

In dieser „Personal-Info“ wurde behauptet, dass entgegen der Darstellung des Betriebsrats und in dem konkret beschriebenen Fall – also meine Kündigungen – „nicht lediglich nur eine Verdachtskündigung, sondern darüber hinaus eine Kündigung wegen Verstoßes gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten und die individuellen Weisungen von Führungskräften im Rahmen des Direktionsrechts“ erfolgt sei. Auch wurde weiter verteidigt, dass sich ver.di als Arbeitgeber nicht nehmen lassen könne, auf schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen mit fristlosen Kündigungen zu reagieren. Dabei hatte das Berliner Arbeitsgericht am 13.12.2022 genau darüber entschieden und festgestellt, dass diese Vorwürfe von ver.di nicht zutreffend sind und die ausgesprochenen Kündigungen nicht rechtfertigen. Dennoch wurde in der Personal-Info immer wieder betont, dass ich meine arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt hätte.

Die Personalabteilung schließt ihre Erwiderung auf die BR-Info dann auch mit einer nachweislich unwahren Behauptung gegen meine Person ab, die sowohl in der Wahl der Schriftart als auch in der Formatierung sogar noch besonders hervorgehoben wird. So verlautbart die Personalabteilung mit ihrer Info an allen Beschäftigten der Bundesverwaltung, dass zu den Grundregeln für eine angstfreie und demokratische Arbeitskultur auch gehöre, dass für „widerrechtliche und unlautere Drohungen kein Platz“ sei und der „demokratische Willensbildungsprozess innerhalb unserer Organisation respektiert“ werden müsse. Damit behauptet die Personalabteilung betriebsöffentlich, dass ich mit widerrechtlichen und unlauteren Drohungen arbeiten und mich undemokratisch verhalten würde, indem ich den „demokratischen Willensbildungsprozess innerhalb unserer Organisation“ nicht respektieren würde.

Das kann und werde ich so nicht stehen lassen, weil das ein fundamentaler Angriff auf meine Person ist und offensichtlich nur der Diffamierung meiner Person im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung meiner Kandidatur für den ver.di-Bundesvorstand dient. Daher hat meine Rechtsanwältin am 3. März 2023 die Personalabteilung aufgefordert, diese Behauptungen zu widerrufen und im Zusammenhang mit den Kündigungen eine Richtigstellung an den gleichen Verteiler zu versenden. Doch ver.di ließ die Frist verstreichen. Daher werden wir auch hier wieder den Rechtsweg beschreiten müssen.

Zur Erinnerung und Einordnung:

Im April 2022 habe ich meine Absicht zur Kandidatur für den ver.di-Bundesvorstand erklärt. Seit der ver.di-Gründung im Jahr 2001 bin ich der erste Gewerkschafter mit Migrationsgeschichte, der seine Absicht zur Kandidatur für den Bundesvorstand erklärt hat. Aufgrund meiner über 20-jährigen und – bis zum Zeitpunkt der Ankündigung der Kandidatur – immer hochgelobten Gewerkschaftsarbeit, war ich hierbei auch der Überzeugung, dass meine Kandidatur entsprechende Unterstützung durch den ver.di-Bundesvorstand finden würde. Seit der Ankündigung meiner Kandidatur werde ich aber regelrecht aus ver.di rausgedrängt und mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen überhäuft. Kurze Zeit nach der Ankündigung meiner Kandidatur legte mir ein Mitglied des ver.di-Bundesvorstands nahe, die Kandidatur zurückzuziehen. Doch damit nicht genug: Ich erhielt Ermahnungen (eine vor der Ankündigung meiner Kandidatur und eine weitere unmittelbar nach der Bekanntgabe meiner Kandidatur), zwei fristlose Kündigungen, ich wurde von meiner Funktion des Bundesfachgruppenleiters abgesetzt, meine Tarifvollmachten wurden widerrufen, es wurde versucht, mir den Zutritt in mein Büro zu verweigern, mein dienstliches Notebook und meine E-Mail-Accounts wurden deaktiviert, meine Dienstnummer wurde gesperrt, fünf Monate lang habe ich kein Cent Gehalt erhalten, mein Büro wurde im Vorfeld einer gerichtlichen Entscheidung geräumt u.v.m.

Dagegen habe ich geklagt und vor dem Berliner Arbeitsgericht die Klagen gegen die Kündigungen (inkl. meinen Antrag auf Weiterbeschäftigung als Bundesfachgruppenleiter) auch gewonnen. Das Verfahren betreffend der Abberufung als Bundesfachgruppenleiter sowie Widerruf der Tarifvollmachten ist erstinstanzlich noch nicht entschieden. ver.di akzeptiert das Urteil nicht und ist vor das Landesarbeitsgericht gezogen. Ein Termin vor dem LAG Berlin ist noch nicht anberaumt. Die Berufungsbegründung von ver.di steht auch noch aus. Nun versucht ver.di, mich in eine andere Abteilung zu versetzen.

Der ver.di-Bundesvorstand hat es in der Hand, diesem Trauerspiel endlich ein Ende zu setzen und mich an meinen Arbeitsplatz zurückkehren lassen. Es ist weder zielführend, noch im Sinne unserer Mitglieder, wenn inhaltlichen und gewerkschaftspolitischen Konflikten mit Formalismus, mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen und nun mit betriebsöffentlicher Diffamierung und Diskreditierung meiner Person begegnet wird. Juristische Auseinandersetzungen vor den Arbeitsgerichten nutzen niemandem und freuen nur unsere gemeinsamen Gegner.

Ich bin offen für den kollegialen Dialog und eine kritische Auseinandersetzung, damit wir Wege aus der Krise unserer Gewerkschaft diskutieren und mit den besten Ideen und Konzepten unsere Gewerkschaft stärken und weiterentwickeln. Deswegen kandidiere ich auch für den Bundesvorstand.

 

 

 

 

 

Der Beitrag ist auf https://orhan-akman.de/erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Autors gespiegelt.
Bildbearbeitung: L.N.