Bundesrechnungshof kritisiert erneut die Jobcenter: hoher finanzieller Aufwand mit wenig Wirkung

Mittlerweile platzt dem Bundesrechnungshof der Kragen.

Schon im Herbst 2015 hatte der Bundesrechnungshof in einem internen Prüfungsbericht die Lohnkostenzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit (BA) an Zeitarbeitsfirmen als ungerechtfertigt gerügt.

Einige Monate später im Frühjahr 2016 schrieb er in seiner Abschlussmitteilung an das Bundesarbeitsministerium, dass es den Jobcentern in den meisten Fällen nicht gelungen sei ,,mit der Förderung von Arbeitsverhältnissen Langzeitarbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen dauerhaft in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern“. Rund drei Viertel der früheren Hartz-IV-Empfänger hätten nur einen Arbeitsplatz bei gemeinnützigen Arbeitgebern oder Einrichtungen erhalten, die die Förderprogramme der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen. In mehr als 90 Prozent der geprüften Fälle handelte es sich um befristete Arbeitsverträge, die in der Regel mit der Förderung auslaufen und die Beschäftigten wieder erwerbslos werden.

Durch die Blume gesprochen wirft der Bundesrechnungshof den Arbeitsvermittlern sogar die Verschwendung von Steuermitteln vor, weil es in einigen Jobcentern die Möglichkeit gab, zusätzlich für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen ebenfalls Landes- oder kommunale Mittel einzubringen. In fast zwei Drittel dieser Fälle nutzten die Arbeitgeber die zusätzliche staatliche Einnahmequelle und nur ein Jobcenter rechnete dies korrekt auf die eigene Förderung an. In der Praxis kam dabei heraus, dass die Unternehmen doppelt kassierten, weil ihnen die Jobcenter aus Bundes- und Landesmitteln sogar mehr als das Arbeitsentgelt für die Beschäftigten erstatteten.

Mitte November 2016 kritisiert der Bundesrechnungshof, die „mit hohem finanziellen Aufwand der Jobcenter und großem persönlichen Einsatz der Leistungsberechtigten erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten seien oft nutzlos“. Er macht die Jobcenter dafür verantwortlich, dass diese Mängel ein wesentlicher Grund dafür sind, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und anschließende Vermittlungsbemühungen wirkungslos bleiben.

Dem neuen Prüfbericht zufolge sind die Förderprogramme „oft nur zufällig erfolgreich“. Die mit hohem finanziellen Aufwand der Jobcenter und großem persönlichen Einsatz der Leistungsberechtigten erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten würden oft nutzlos bleiben. Das sei ein wesentlicher Grund dafür, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und anschließende Vermittlungsbemühungen wirkungslos bleiben würden.

Mehr als 1,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland sind arbeitslos. In den Jobcentern wird deshalb viel Geld investiert, um diese Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Sie werden weitergebildet, sollen sich mit Ein-Euro-Jobs an einen normalen Arbeitsrhythmus gewöhnen oder nehmen an bestimmten Eingliederungsprogrammen teil. Laut Bundesrechnungshof kosten die Maßnahmen pro Teilnehmer im Durchschnitt zwischen fast 700 Euro (Ein-Euro-Job) und knapp 6.000 Euro (Weiterbildung)

Im Idealfall sollen Maßnahmeteilnehmer danach eine Arbeit finden. Die Mitarbeiter in den Jobcentern sollen dann mit den Maßnahmeteilnehmern Gespräche führen, ihr Bewerberprofil ergänzen und eine Strategie für die Jobsuche entwickeln. Dieses Verfahren wird in er eigenen Jobcentersprache dann Absolventenmanagement genannt und genau dieses Management funktioniert in der Praxis nicht gut. Nach wie vor herrscht auch hier der Schlendrian vor: Die amtlichen Kontrolleure der Bundesanstalt für Arbeit (BA) hatten Ende 2015 fast 500 Fälle in acht rein kommunal oder von der BA und einer Kommune geführten Jobcentern unter die Lupe genommen. Das Ergebnis war erschreckend. In 39 Prozent der Fälle wurden die Ergebnisse der Maßnahme nicht dokumentiert und die Datensätze nicht aktualisiert. Die Fachkräfte in den Jobcentern hatten dabei zentrale Vorgaben der BA oder interne Weisungen der Kommunen missachtet. Den Jobcentern wurde vorgeworfen, dass der Wissenszuwachs durch die Maßnahmen ignoriert werde und der ganze Prozess sich negativ auf die Motivation der Leistungsberechtigten auswirken kann.

Als Beispiel dafür wird der Werdegang einer Frau genannt, die sich zur Kauffrau im Einzelhandel weiterbilden ließ. Die Abschlussprüfung bestand sie mit sehr gut, trotzdem veränderte das Jobcenter ihr Bewerberprofil nicht. Die Frau wurde weiterhin als Verkaufshilfe geführt und entsprechend konnte sie nicht vermittelt werden und sie musste „zurück auf Los“.

Da steht die Frau aber nicht allein, bei gut jedem dritten Fall wird der Abschluss einer Fördermaßnahme nicht zum Anlass genommen, die Strategie für eine Integration in den Arbeitsmarkt anzupassen. So wird oft vor Programmende nicht mit den Teilnehmern darüber geredet wie es weitergehen könnte.

Die Berichte des Bundesrechnungshofes haben es bisher immer versäumt, der Frage nachzugehen, in wie weit die Arbeitsüberlastung, die hohe Fluktuation und die Arbeitsbedingungen in den Jobcentern zu den genannten Defiziten führen. Stattdessen stellen die Prüfer die Frage, ob es in den Jobcentern für die Führungskräfte genug Anreize gibt, diese Aspekte der Vermittlungsarbeit stärker als bislang in den Blick zu nehmen.

Der Frage nachzugehen, inwieweit die Arbeitsüberlastung die Effektivität schmälert, ist aber gar nicht die Aufgabe des Bundesrechnungshofes, sondern die der Gewerkschaften.

Auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsüberlastung der Beschäftigten und Vermittlungserfolg hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di schon öfter hingewiesen, ohne dass das Arbeitsministerium die konkrete Arbeitssituation der Beschäftigten in den Jobcentern verbessert hat.

 

 

Weitere Infos https://gewerkschaftsforum.de/der-bundesrechnungshof-wirft-den-jobcentern-verschwendung-von-steuermitteln-im-grossen-stil-vor-auch-in-dortmund-eine-gaengige-praxis/

Quellen: BRH, BA

Bild:t-online.de