Zur neueren deutschen Kolonialpolitik in Griechenland – Das Eisenbahnunglück mit 57 Toten und was die deutschen Regierungen damit zu tun haben

Die Menschen in Griechenland mussten sich für die sogenannten Hilfsaktionen unter dem Druck der Troika, bestehend aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission, seit 2012 rund 50 Milliarden Euro aus der Tasche ziehen lassen. Zwar wurden in den „Rettungspaketen“ bis 2019 rund 275 Milliarden Euro nach Athen überwiesen, angeblich, um die „Pleitegriechen vor dem Untergang zu retten“, doch um Hilfe für die elf Millionen Menschen an der Ägäis ging es allerdings nie.

Gerettet wurden mit dem vielen Geld vor allem die dem internationalen Kapitalmarkt verpflichteten Banken. Die dann folgenden Sparmaßnahmen zielten auf Löhne, Arbeitszeiten, Sozialausgaben, ebenso auf Werte des Landes, wie Häfen, Airports, Bahnen, Infrastruktur und alles, mit dem Geld zu machen ist, wurde privatisiert.

Für mindestens 57 Menschen waren die Sparmaßnahmen tödlich, als am 28. Februar 2023 kurz vor einem Tunnel auf der Höhe der Ortschaft Evangelismos im Tempi-Tal in Nordgriechenland der aus dem Süden kommende Intercity ungebremst mit einer Geschwindigkeit von 163 Stundenkilometern gegen einen aus dem Norden mit 80 bis 90 Stundenkilometern fahrenden Güterzug raste. Es war ein Unglück mit Ansage.

In der Folge protestierten in Athen Tausende von Arbeitern und Jugendlichen. Die Proteste richten sich gegen die Versuche der Nea-Dimokratia-Regierung und der Medien, ausschließlich menschliches Versagen eines Bahnhofsvorstehers in Larissa für die Katastrophe verantwortlich zu machen. Dabei ist das griechische Schienennetz aufgrund der jahrelangen Etatkürzungen, des Personalmangels und der späteren Privatisierung in unsicherem Zustand. Griechenland ist das einzige Land der Europäischen Union (EU), das kein nationales automatisiertes Sicherungssystem für seine Züge besitzt.

Bilanz eines Verliererlandes

Mitte Dezember 2022 wurde in Athen eine Untersuchung des Instituts für Alternative Politik (ENA) veröffentlicht. Die Studie bestätigte mit ihrer detaillierten Aufstellung zur Rekapitalisierung griechischer Banken, was Ökonomen schon früh erkannt und erklärt hatten, dass zur Begleichung der Schulden privater Geldhäuser vor allem die Griechen selbst zur Kasse gebeten wurden. In der Folge mussten mehr als eine halbe Million junger Leute im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, die meisten lange beschäftigungslos, ihr Land verlassen, weil es ihnen keine berufliche oder gesellschaftliche Perspektive mehr bot. Die Staatsschulden überstiegen im Jahr 2022 mit 206 Prozent die Wirtschaftsleistung um das Doppelte – zu Beginn der sogenannten Schuldenkrise waren es rund 130 Prozent.

Die ENA-Analytiker konstatieren für die griechische Bevölkerung nach zwölf entbehrungsreichen Jahren nur die „Bilanz eines Verliererlandes“.

Schon vor dem Regierungswechsel 2015 in Griechenland war die Strategie klar. Die Existenz einer funktionierenden Links-Regierung in der Europäischen Union (EU), die wohlmöglich gegen die Austeritätspolitik kämpfen und die politische und wirtschaftliche Vormachtstellung Deutschlands infrage stellen könnte, konnte unter keinen Umständen geduldet werden. So drehten die Kreditgeber und der Bundesfinanzminister Schäuble den Spieß um und arbeiteten daran, Griechenland zum Modell für ihre neoliberalen Pläne für Gesamteuropa zu machen.

Die Kredite und die Memoranden waren von Anfang an politisch nicht neutral, sondern wurden instrumentalisiert und hier konnte man nach dem Regierungswechsel den Hebel ansetzen. Die Kreditvergabe wurde noch strenger als zuvor an eine breite und unkontrollierte Treuhandschaft gebunden und die direkte Einmischung in Landesangelegenheiten ausgeweitet, die weit über die fiskalischen Regelungen hinausging.

Beispielhaft soll im Folgenden die Intervention in Griechenland in den Jahren 2016 – 2018, der Hochzeit der Troikaaktivitäten, aufgezeigt werden.

Das Beispiel Fraport

Am Beispiel Fraport kann man vieles festmachen, da es hier um Ausplünderung des geschundenen Landes bei gleichzeitigem Aufbau der Hegemonie der deutschen Luftfahrtindustrie in der EU geht.

Die Privatisierung von griechischem Staatsbesitz wurde in den Memoranden festgeklopft und war eine der wesentlichen Bedingungen für die Verlängerung der griechischen Staatsverschuldung. Der deutsche Finanzminister drängte darauf, eine Behörde nach dem Muster der deutschen Treuhandgesellschaft einzurichten, die den Kahlfraß der wirtschaftlichen Landschaft im Osten Deutschlands erfolgreich vorführte. Der Privatisierungsfonds wurde dann auch in Griechenland eingerichtet. Anschließend schloss der Flughafenbetreiber Fraport, der mehrheitlich der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen gehört und seit 2001 an der Börse notiert ist, mit diesem Privatisierungsfonds einen Konzessionsvertrag ab, mit einer Laufzeit von über 40 Jahren. Der Vertrag betrifft den Flughafen in Thessaloniki und die 13 lukrativsten Inselflughäfen, darunter Korfu, Kefalonia, Mykonos, Rhodos und Santorini.

Fraport ließ sich unglaublich gute Bedingungen in den Vertrag schreiben: So sollte Fraport einmalig 1,2 Milliarden Euro und jährlich einen Mietzins von 22,9 Millionen Euro an den Taiped-Fonds zahlen, die für die Schuldentilgung eingesetzt werden sollten. Statt der zugesagten 1,2 Milliarden Euro sind tatsächlich nur 600 Millionen Euro gezahlt worden. Fraport wurde von der einheitlichen Immobiliensteuer (Enfia) sowie von kommunalen Gebühren befreit und außerdem führte man drei neue Gebühren ein, die an den Flughäfenbetreiber fließen sollten. Er sollte innerhalb der ersten vier Jahre Investitionen von 330 Millionen Euro leisten und der griechische Staat sollte dagegen für Schäden an den übertragenen Werten innerhalb der Laufzeit aufkommen. Griechenland haftet ebenfalls für Umweltverträglichkeitsprüfungen und entsprechende Anpassungen der Ausrüstung.

Fraport ist berechtigt, für Kosten oder entgangene Gewinne durch Änderungen des Rechtsrahmens (z.B. für Arbeitsverträge), Streik oder Verzögerungen beim Luftverkehr Entschädigungen zu fordern. Für Personen- und Sachschäden und für Todesfälle haftet ebenfalls der Staat und muss auch für Entschädigungen von entlassenen Arbeitern und für Firmen, die von Fraport gekündigt werden, aufkommen. Der griechische Staat ist auch dazu verpflichtet worden, die Erteilung von Visen und Aufenthaltserlaubnissen von Arbeitern außerhalb der EU zu erleichtern.

Im Vertrag finden sich viele weitere Beispiele, bei denen der griechische Staat öffentliche deutsche Unternehmen entschädigt. Werden Gesetze zulasten des Unternehmens geändert oder steigen die Strom- oder Telekommunikationskosten, entschädigt der Staat das Unternehmen, auch Steuern und Abwassergebühren muss Fraport nicht zahlen.

Ein „unabhängiger Ingenieur“, der von Fraport bezahlt wird, kann in Zukunft das gesamte Projekt beaufsichtigen und dabei griechische Behörden wie die der Luftfahrt ersetzen. Dieser „Ingenieur“ kann auch bei Streitigkeiten über Finanzen und Leistungen schiedsrichterlich einschreiten, wofür wiederum der griechische Staat aufzukommen hat.

Wie das in der Praxis funktioniert wird an diesem Beispiel deutlich: Der „unabhängige Ingenieur“ erstellte ein Gutachten und danach forderte Fraport nun 70 Millionen Euro Schadensersatz für durchgebrannte Lampen, kaputte Türen und für fehlende oder nicht funktionierende Feuerlöscher. Die Summe ist bei weitem höher, als Athen mit dem Verkauf der Staatsbahn an die italienische Ferrovie Anfang September eingenommen hat (45 Millionen Euro) oder als die 30 Millionen Euro, die die griechische Regierung 2018 bei den Heizkostenzuschüssen für in bitterer Armut lebende Familien einsparen soll.

Im Geschäftsbericht für die ersten neun Monate 2017 hat Fraport mitgeteilt, dass die seit April eingerechnete Tochter Fraport Greece etwa 180 Millionen Euro zum Umsatzanstieg auf 2,2 Milliarden Euro beisteuerte. Mit 106 Milliarden Euro hatte sie schon ein Achtel zum Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von insgesamt 808 Millionen Euro beigetragen.

Gewerkschaften auf verlorenem Posten

Die Gewerkschaft der staatlichen Angestellten des Flughafens (SYKATH) sowie die Föderation der griechischen Arbeiter der zivilen Luftfahrt (OSYPA) haben von Anfang an gegen den Vertrag mit Fraport gearbeitet. Nach vielen Aktionen, die den Vertrag nicht verhindern konnten, setzen sie auf die Klage, die sie beim obersten Zivil- und Strafgericht eingereicht haben. Die Gewerkschaft der staatlichen Angestellten des Flughafens kann nur bedingt agieren, weil sie nur für die Beschäftigten zuständig ist, die den gesamten Verkehr in der Luft kontrollieren und weiterhin vom Staat bezahlt werden. Sie hat kein Recht, für andere zu verhandeln.

Des Weiteren wurde der Widerstand eingeschränkt, weil bei Fraport bewusst die Belegschaft zersplittert wurde und es keine kollektiven Verträge mehr gab. Die Menschen im Bodenbereich arbeiteten überwiegend bei den Unternehmen Goldair Handling und Swissport, wurden mit 250-300 Euro im Monat abgespeist, hatten oft nur Verträge für einen Tag oder einen Monat und konnten jederzeit von den eigenen Fraport-Arbeitern ersetzt werden, die vom kleineren Flughafen Kavala kurzfristig nach Thessaloniki gefahren werden.

Diese Ausbeutung der Beschäftigten fand in einem Umfeld statt, das durch die systematische Zerschlagung der Arbeitsrechte und den massiven Sozialabbau in den vergangenen Jahren geprägt war.

Im Frühjahr 2017 als der Deal mit Fraport unter Dach und Fach war, sah es in Griechenland so aus:

  • der Mindestlohn betrug 3,35 Euro pro Stunde,
  • 1,5 Millionen Menschen waren offiziell arbeitslos,
  • 46 Prozent Arbeitslosigkeit unter den bis 24-Jährigen,
  • 30 Prozent Arbeitslosigkeit bei den bis 34-Jährigen,
  • Umwandlung von rund 150.000 Vollzeit- in Teilzeitstellen,
  • das Lohneinkommen war um 27 Prozent seit Krisenbeginn gesunken,
  • 50 Prozent der griechischen Haushalte sind auf die Rente als Haupteinnahmequelle angewiesen,
  • Prekarisierung und Verarmung verbreiten sich weiter,
  • das Gesundheitssystem ist kollabiert,
  • Dauer und Wirkung von Tarifverträgen sind erheblich eingeschränkt,
  • der Internationale Währungsfonds (IWF) möchte weitere Veränderungen im Arbeitsrecht, um als Geberinstitution in Griechenland einzusteigen

und der damalige deutsche Finanzminister Schäuble hielt an seiner Zielvorgabe eines jährlichen primären Haushaltsüberschusses von 5,5 Prozent des BIP über fünf Jahre fest. Das bedeutete konkret eine weiterhin blutige Kürzungspolitik und eiserne Austerität.

Die Auswirkungen dieser gewerkschaftsfeindlichen Politik hat die G.S.E.E., die Dachorganisation der gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeitnehmer in Griechenland in ihrem Jahresbericht 2018 zusammengestellt:

„Die reale Arbeitslosigkeit in Griechenland übersteigt 27 Prozent und ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung lebt in Armut

Der Jahresbericht des INE der GSEE stellt eine Arbeitslosigkeit bei 27,5% und nicht – wie es die offiziellen Angaben zeigen – bei 20,2%, eine starke Zunahme der Armutsquote bei den beruflich am Rand befindlichen gesellschaftlichen Gruppen, aber auch Armutsumstände für einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung fest.

Den Fakten der am 22 März 2018 präsentierten Studie zufolge liegt auf Basis der alternativen Indizes, die Unterbeschäftigung, entmutigte Arbeitslose und potentielle zusätzliche Arbeitskräfte berücksichtigen, in Griechenland die reale Arbeitslosenquote um 7% über den amtlichen Angaben.

Stabilisierung der Lohnentwicklung in Griechenland auf niedrigen Niveaus

Die Arbeitslosenquote ist bei Frauen und jungen Leuten – sogar auch jenen mit hoher Bildung – sowie auch in den Provinzen Nord- und Westgriechenlands signifikant höher, während die Langzeitarbeitslosen 70% der Gesamtheit übersteigen. Die Entwicklung der Löhne während des Jahres 2017 wiederum zeigt eine Stabilisierung auf sich gestalteten niedrigen Niveaus.

Auf dem privaten Sektor ist der Anteil der niedrigverdienenden Menschen mit monatlichen Nettobezügen von unter 700 Euro signifikant gestiegen (von 13,1% im Jahr 2009 auf 37,4% im Jahr 2017), während der Anteil für Bezüge zwischen 700 – 899 Euro um etwa 4 Prozent sank (von 27,3% im Jahr 2009 auf 23,5% im Jahr 2017). Parallel ist der Anteil der Beschäftigten mit monatlichen Nettobezügen zwischen 900 – 1.300 drastisch um etwa die Hälfte zurück gegangen (von 35,7% im Jahr 2009 auf 16,8% im Jahr 2017).

Auf dem weiteren öffentlichen Sektor ist der Anteil der Beschäftigten mit monatlichen Nettobezügen von unter 1.000 Euro signifikant gestiegen (von 18,9% im Jahr 2009 auf 29,8% im Jahr 2017) und der Anteil für Bezüge von 1.000 – 1.100 Euro hat etwas zugenommen (von 13% im Jahr 2009 auf 16,2% im Jahr 2017). Dagegen ist der Anteil der Beschäftigten, die monatliche Nettobezüge von 1.100 – 1.599 Euro angeben, (von 46,5% im Jahr 2009 auf 34,3% im Jahr 2017), wie auch der Anteil der Beschäftigten mit Bezügen von über 1.600 Euro signifikant gesunken (von 46,5% im Jahr 2009 auf 34,3% im Jahr 2017).

Überwältigende Vorherrschaft der betrieblichen Arbeitsverträge

Was die Manteltarifverträge (MTV) betrifft, zählen 2017 die nationalen oder lokalen MTV weiterhin außerordentlich wenige, während die betrieblichen Arbeitsverträge seit mittlerweile acht Jahren überwältigend vorherrschen.

Auf Basis der Angaben des griechischen Arbeitsministeriums wurden 2017 nur 15 Branchen- / Berufsgruppen-Manteltarifverträge unterzeichnet, also auf den ungefähr selben Niveaus wie in den vorherigen Jahren. Die Anzahl der betrieblichen MTV beläuft sich dagegen auf 224 und steht für 92% der Summe aller MTV.

Konstanter Rückgang der Einstellungen mit Vollzeitbeschäftigung

Im selben Moment gehen die Einstellungen mit Vollzeitbeschäftigungen konstant zurück, da ihr prozentuales Verhältnis von 79% im Jahr 2009 auf 45% im Jahr 2017 sank, während die prozentuale Analogie der Neueinstellungen mit flexiblen Beschäftigungsformen sich mehr als verdoppelte.

Während 2009 die Einstellungen mit flexiblen Beschäftigungsformen 21% der Summe der Neueinstellungen entsprachen, machten sie 2017 einem Anteil von 54,9% aus.

Negative gesellschaftlichen Auswirkungen

Die Periode 2009 – 2016 wurde von besonders negativen gesellschaftlichen Auswirkungen begleitet, wie sie aus den einschlägigen Armuts- und Ungleichheits-Indizes zum Ausdruck kommen. Die Entwicklung der besagten Indizes scheint der rezessiven Dynamik zu folgen, die sich in der griechischen Wirtschaft während der Periode der Umsetzung der Austeritäts-Politiken ergab, da deren negativen Ergebnisse während der Periode 2013 – 2014 das höchste Niveau tangieren, um sich in den folgenden Jahren zu stabilisieren.

Aufzeigend sei angeführt, dass der Index der Armut und sozialen Ausgrenzung von 27,6% im Jahr 2009 auf 36% im Jahr 2014 anstieg, um 2016 leicht auf 35,6% zu sinken (verfügbare Einkommen 2015). Maßgeblicher Faktor für die Eindämmung der Armutsquote in Griechenland stellen die Transfer-Zahlungen und speziell jene der Renten dar, da sich während der Krise konstant die Bedeutung ausweitete, die sie bei der Bewältigung der Armut haben.

Auf der anderen Seite wird der Umstand als beunruhigend beurteilt, dass die sich beruflich am Rand befindenden Gruppen – wie die Arbeitslosen und die nicht aktive Bevölkerung – in der Periode 2015 – 2016 einen starken Anstieg der Armutsquote zeigen. Ebenfalls noch schwieriger wird die Lage der nicht lohnabhängig Arbeitenden (Selbständigen) im Gegensatz zu denjenigen, bei denen die Armutsquote einen kleinen Rückgang zeigt.

Ein großer Teil Griechenlands arbeitender Bevölkerung lebt in Armut

Hinsichtlich des Lebensniveaus der Beschäftigten zeigt sich eine konstante Verschlechterung der Armutsquote der Frauen im Gegensatz zu den Männern, bei denen die entsprechende Quote geringer ausfällt. Zusätzlich bestätigen die empirischen Befunde noch mehr die Beunruhigung des INE / GSEE, dass die Ausbreitung der Teilzeitbeschäftigung und die Verallgemeinerung der flexiblen Arbeitsverhältnisse einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung dazu verurteilt haben, unter Armutsverhältnissen zu leben.

In Kombination mit dem Umstand, dass die Armutsquote bei Beschäftigten mit befristeten Teilzeitarbeitsverträgen sich im Verhältnis zu denjenigen mit unbefristeten Arbeitsverträgen auf ungefähr dreifachen Niveaus bewegt, macht offensichtlich, dass die stabilen und Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse einen eindeutig besseren Schutz vor der Verarmung gewährleisten.

Obwohl die Armutsquote bei dem ansteigenden Verlauf der vorherigen Jahre Tendenzen einer Stabilisierung zeigt, nimmt die wirtschaftliche Knappheit der privaten Haushalte 2016 bezüglich fast aller Kategorien von Konsumbedürfnissen weiterhin zu, wobei die Abweichung hinsichtlich des Lebenshaltungsniveaus der Europäischen Gemeinschaft (EU) das höchste Niveau der Periode 2009 – 2016 erreicht.

Aus den Einschätzungen der Armut auf peripherem Niveau werden für das Jahr 2016 die höchsten Quoten in den Verwaltungsbezirken Westgriechenland, Ostmakedonien – Thrakien und Thessalien ausgemacht. Die besten Ergebnisse zeigen dagegen die Insel-Bezirke der nördlichen und südlichen Ägäis und der Ionischen Inseln. Schließlich ergab sich während der Krise eine Verschärfung der wirtschaftlichen Ungleichheit, mit Tendenzen einer Deeskalation in den letzten Jahren.

Was die peripheren (sprich auf die Verwaltungsbezirke bezogene) Ungleichheiten betrifft, werden die höchsten in Thessalien, Attika und Westgriechenland und die niedrigsten in Westmakedonien, auf den Ionischen Inseln und in der südlichen Ägäis ausgemacht“.

Wolfgang Schäuble und seine EU-Spießgesellen

Wolfgang Schäuble, dem deutschen Finanzminister und Regisseur der menschenverachtenden EU-Politik gegen das griechische Volk, haftete immer schon der Stallgeruch seines politischen Ziehvaters Hans Filbinger an. Im deutschen Faschismus war Filbinger als „furchtbarer Jurist“ und blutrünstiger Marinerichter tätig, der noch bei Kriegsende ein Todesurteil sprach, es vollstrecken ließ und später als Ministerpräsident sich nicht von seinen Taten distanzieren wollte, war Förderer des CDU-Politikers Schäuble. Dieser nahm 1994 als CDU-Vorsitzender eine Bargeldspende an die CDU vom Waffenhändler K.H. Schreiber entgegen und konnte trotz oder wegen solcher Skandale schnell weiter aufsteigen.

Später als Strippenzieher der über das Schicksal Griechenlands bestimmender Troika – bestehend aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission – versprach er viel, hielt aber wenig ein. So sollte Griechenland bei Erfüllung „aller Spar- und Reformauflagen“ an den Gewinnen aus den Ankäufen griechischer Staatsanleihen beteiligt werden, überwiesen wurde lediglich einmal, im Haushaltsjahr 2013, knapp zwei Milliarden Euro. Griechenland stand immer auf der Verliererseite. Gewonnen hat dagegen die Bundesrepublik Deutschland, deren „Leitmedien“ die „Pleitegriechen“ mehr als zehn Jahre lang als unerträglich schwere Last des „gemeinsamen europäischen Projekts“ anprangerten, derer es sich möglichst schnell zu entledigen gelte.

Nach der Untersuchung des ENA-Instituts wurde gerne unterschlagen, dass die öffentliche Hand Griechenlands, das ist der im Rahmen des von Brüssel und Berlin verordneten harschen „Sparprogramms“ verarmte griechische Steuerzahler, mit knapp 50 Milliarden Euro für „einen großen Teil der Kosten für die Rekapitalisierung“ der Banken aufkam. Das ENA-Institut beklagt auch, dass „eine einmalige Gelegenheit verpasst wurde, das Risikosystem zu verändern, das – zwölf Jahre später – immer noch an der Pflege der alten Krankheiten festhält“. Will heißen, dass „Griechenlands Öffentlichkeit, ebenso wie die in der EU versammelten europäischen Freunde, auch in Zukunft alle Risiken des Kapitalmarktes mitzutragen und das Platzen von Blasen jeder Art zu finanzieren haben“.

Im Sommer 2018 gestand schließlich sogar die CDU/SPD-Koalitionsregierung, deren Finanzminister Wolfgang Schäuble den Griechen zeitweise quasi das Überlebensrecht in der Europäischen Union abgesprochen hatte, ein, dass rund drei Milliarden Euro allein an Zinsgewinnen die „Helfer“ aus Berlin seit 2010 verdient hatten.

Berlins Weigerung, Reparationen und Entschädigungen für NS-Massenverbrechen zu zahlen

Vor 80 Jahren überfiel die deutsche Wehrmacht Griechenland und besetzte das Land. Was folgte waren Massaker, Rachefeldzüge gegen die Bevölkerung und Zerstörung ihrer Dörfer. Das Land wurde in den 3 ½ Jahren so geknebelt, dass bis zu 450.000 Menschen landesweit elendig verhungerten. Hunderttausende griechischer Juden wurden deportiert und ermordet.

Die griechische Zentralbank musste 1942 eine Zwangsanleihe von sage und schreibe 476 Millionen Reichsmark zur Finanzierung der Besatzung an Nazi-Deutschland ausgeben. Bis heute sieht die Bundesregierung „für die Rückzahlung keine Grundlage“.

Athen fordert seit Jahrzehnten einen Ausgleich für die Verwüstungen, die die deutsche Besatzungsmacht in Griechenland anrichtete und für die Morde und die Massaker, die Deutsche damals begingen. Berlin verweigert dies unter Zuhilfenahme allerlei trickreicher Begründungen und wird dabei von deutschen Gerichten stets systematisch unterstützt

Schon 1989, als die internationale Stundung der deutschen Schulden beendet war, hatte Deutschland ohne jegliche Kommunikation mit den Gläubigerstaaten seine Rückzahlungsverpflichtung nicht übernommen.

Der Deutsche Bundestag hatte am 25. März 2021 die Frage der Entschädigung für erledigt erklärt und die Anerkennung der Forderungen Griechenlands kategorisch abgelehnt.

Kanzler Scholz bestätigte Ende Oktober 2022 bei einem Besuch in Athen nochmals Berlins Weigerung, Reparationen und Entschädigungen für NS-Massenverbrechen zu zahlen.

Obwohl Griechenland immer erkennen ließ, seinen Rechtsstandpunkt nicht aufzugeben und seine Forderung gegen Deutschland auch vollstrecken könnte, kann es als David gegen Goliath ohne eine weitergehende Unterstützung anderer einflussreicher Staaten die Diskussion über die Reparationszahlungen gar nicht wieder aufgreifen.

Griechenland hält aber nach wie vor an seinen Ansprüchen auf Reparationen und Entschädigung für die NS-Zerstörungen und -Massenverbrechen im Zweiten Weltkrieg fest. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis stellte anlässlich von Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in der griechischen Hauptstadt ausdrücklich fest: „Die Reparationsfrage bleibt offen“.

Die Deutschen scheinen ein unschuldiges und beneidenswertes Volk zu sein, das das Eingeständnis seiner geschichtlichen Schuld geflissentlich übergehen und die Begleichung seiner Schulden aussitzen kann.

Mehr noch, wie das ENA-Institut beklagt, ist Deutschland der „große Profiteur der Milliardenhilfe zur Rettung Griechenlands“.

 

 

 

 

 

 

Quelle: i efimerida.gr, Griechenland Blog, G.S.E.E. Institut für Alternative Politik (ENA), junge Welt 
Bildbearbeitung: L.N.