DGB – Gewerkschaften im Sinkflug – Sie haben es nicht verhindert, dass eine Lohnpolitik gemacht wurde, bei der die Reallöhne gesunken sind

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Unternehmen nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer nicht einmal mit Streiks drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung etwa um die Hälfte eingebrochen. Im Jahr 2017 ist sie erstmals unter die 6 Millionenmarke gesunken. Zum Jahresende 2021 waren es noch 5.7 Millionen Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 130.000.

Von offizieller Seite wird diese Entwicklung hauptsächlich auf die demografische Entwicklung, Beschäftigungsabbau allgemein, Strukturwandel in der Berufswelt und neuerdings zusätzlich noch auf die Pandemie, mit ihrer erschwerten Mitgliederwerbung geschoben. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

Zum Beispiel waren die DGB-Gewerkschaften maßgeblich daran beteiligt, dass die Reallöhne gesunken sind.

Die Tarifabschlüsse hinken immer weiter hinter der Geldentwertung her. Laut Analyse der Hans Böckler-Stiftung sind die Tariflöhne im Jahr 2022 um magere 2,7 Prozent gegenüber den Tariflöhnen im Vorjahr gestiegen. Die geringe Steigerung ist dem Kriegswirtschaftskurs des „Wertewestens“ mit seinen heftigen Inflationsschüben und mageren Tarifabschlüsse geschuldet. Diese Entwicklung hat innerhalb eines Jahres zu einem Wohlstandsgefälle von glatt einem Zehntel geführt.

Große Koalition, um den Wirtschaftsstandort in Deutschland neu auszurichten

Eine solche Entwicklung entsteht schnell, wenn Gewerkschaften im Rahmen der Sozialpartnerschaft über jedes Stöcken springen, egal wie hoch es hingehalten wird. Vor allem dann, wenn die Gewerkschaften als „Partner der Transformation im Arbeitsmarkt“ bereitstehen.

Um den Wirtschaftsstandort in Deutschland neu auszurichten und den Arbeitsmarkt „zu sichern“, hat sich eine große Koalition aus den Regierungsparteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Betriebsräten, Verbänden und der Bundesagentur für Arbeit (BA) als die „Partner der Transformation im Arbeitsmarkt“ gebildet. Diese Partnerschaft hat sich vorgenommen u.a. mit dem Zuzug von billigen Arbeitskräften und den Möglichkeiten des neuen Bürgergeldes den größten europäischen Niedriglohnsektor in Deutschland weiter auszubauen.

Für die Regierung war es wichtig, die DGB-Gewerkschaften mit ins Boot zu holen. Auch deshalb hatte bei einer immens angestiegenen offiziellen Inflationsrate von 10 Prozent im Sommer 2022 Bundeskanzler Scholz die „Sozialpartner zu einer konzertierten Aktion“ eingeladen, bei der man auf die hohen Preise reagieren wollte und um gleichzeitig die Gewerkschaften davon abzuhalten, dass sie ihre Forderung in Höhe der Inflationsrate stellen. Dabei haben sie das Märchen von der „Lohn-Preis-Spirale“ aus der Mottenkiste geholt und sich untereinander erzählt. Als das Märchen zu Ende erzählt war, hatte man dann auch die Sonderzahlung als Wunderwaffe in Tarifkonflikten auf dem Tisch. Mit den nicht tabellenwirksamen Sonderzahlungen war auch gleichzeitig eine permanente Lohnabsenkung vereinbart. Dieses Vorgehen ist von langer Hand vorbereitet und geschickt verpackt worden. Die Sonderzahlungen werden in Zukunft weiter ausgebaut und immer mehr mit Bedingungen, wie z.B. sie an einer Gewinnentwicklung des Unternehmens auszurichten, verbunden – Beschäftigte in Betrieben mit großem Profit erhalten höhere Einmalzahlungen als die, die sich in kleineren Betrieben der Branche verdingen müssen.

Das sind alles Entwicklungen, die einer Wiederbelebung der Flächentarifverträge und Steigerung der Tarifbindung diametral entgegenstehen.

Diese „Sozialpartnerschaft“ hat ganz konkret zur Folge, dass immer mehr Menschen in die prekäre Beschäftigung abrutschen und dabei sich von ihrer Gewerkschaft verraten und verkauft fühlen.

Problem: Kriterien für die Aufstellung von Tarifforderungen

Gleichzeitig belassen es die Gewerkschaften bei ihren alten, eigenen Kriterien für die Aufstellung von Tarifforderungen. Im Wesentlichen gehören dazu drei Punkte, die den Anteil der Löhne am Volkseinkommen sichern sollen. Ein wichtiger Part ist erstens hierbei der Inflationsausgleich, da ansonsten das Einkommen an Wert verliert. Ein weiterer Part ist zweitens die gesamtgesellschaftliche Produktivitätsrate, also der Anteil der Beschäftigten an der Steigerung der Produktion und schließlich drittens soll ein Umverteilungsfaktor berücksichtigt werden, der schließlich eine Steigerung der Einkommen am gesamten Volkseinkommen ausmachen soll.

Hier wären neue, zusätzliche Kriterien überlegenswert, zumal die Tarifbindung nur noch für weit weniger als 50 Prozent der Beschäftigten gilt, ein riesiger Niedriglohnsektor geschaffen wurde, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge faktisch abgeschafft ist und immer geringere Tariflöhne ausgehandelt werden. So müssten die Tarifabschlüsse auch eine Umverteilungskomponente zugunsten der abhängig Beschäftigten enthalten und eine ökonomische Formel eingeführt werden, die da lautet: Erst wenn die nominalen Lohnsteigerungen oberhalb der Produktivitäts- plus Inflationsrate liegen, kann man von einer expansiven Lohnpolitik sprechen. Im Rahmen einer solchen produktivitätsorientierten Lohnpolitik sollte die Beschäftigten auch am Profit der Unternehmen beteiligt werden.

Angesichts der Beteiligung der Beschäftigten an den Aktionen der vergangenen Tarifrunden und den frustrierten Stellungnahmen nach den Abschlüssen, scheint das Potential und die Motivation für die Durchsetzung höherer Forderungen bei allen Auseinandersetzungen größer gewesen zu sein, als von den Gewerkschaftsführungen erwünscht.

Problem: Ausbau des Niedriglohnsektors ist politisch gewollt

In Deutschland arbeiten rund 21 Prozent aller abhängig Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Er umfasst Beschäftigte, deren Stundenlöhne nur bis zu 2/3 des Median-Stundenlohns betragen. Dieser Median-Stundenlohn betrug Ende des vergangenen Jahres 18,41 Euro, die Niedriglohnschwelle lag also bei 12,27 Euro. Selbst Vollzeitbeschäftigte kamen damit bei einer 38-Stunden-Woche nur auf ein Bruttomonatsentgelt von 2,027 Euro. Dieser Niedriglohnsektor wurde in den letzten Jahren trotz guter Arbeitsmarktentwicklung, steigender Allgemeineinkommen und sinkender Arbeitslosigkeit nur wenig reduziert. Er erreichte 2011 den Höchststand mit 24,1 Prozent aller Beschäftigten, stagnierte bis 2017 bei ca. 23 Prozent und sank bis 2021 auf 21 Prozent. Das soll sich aber wieder ändern.

Der Niedriglohnsektor konzentriert sich auf besondere Branchen, auf besondere Beschäftigungsverhältnisse, auf besondere Regionen und auf Unternehmen mit niedriger Tarifbindung.

Die 7,2 Millionen Niedriglohnbeschäftigten arbeiteten 2019 (Zahlen von 2019 wegen Pandemieauswirkung genutzt) vor allem in den Branchen

  • Einzelhandel mit 159.000 = 40,1 Prozent der dort Beschäftigten
  • Gastronomie mit 662.000 = 62,5 Prozent der dort Beschäftigten
  • Gebäudebetreuung mit 655.200 = 61,2 Prozent der dort Beschäftigten
  • Gesundheitswesen mit 612.00 = 16,4 Prozent der dort Beschäftigten

und

Erziehung/Unterricht mit 345.600 = 11,7 Prozent der dort Beschäftigten.

Regional betrachtet mussten 29,1 Prozent der Beschäftigten in Ostdeutschland zu Niedriglöhnen arbeiten, in Westdeutschland „nur“ 16,4 Prozent.

In den nicht tarifgebundenen Unternehmen werden häufiger Niedriglöhne gezahlt: 2017 bekamen „nur“ 17 Prozent der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen einen Stundenlohn unter 12 Euro; bei allen Beschäftigten lag das Risiko aber bei 27 Prozent. Im Lohnsegment unter 12 Euro arbeiteten nur 1/3 der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen.

Nach dem Beschäftigungsstatus sind Vollzeitbeschäftigte von Niedriglöhnen zwar am wenigsten betroffen; aber auch hier arbeiten 18,7 Prozent zu Niedriglöhnen. Bereits bei sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten steigt das Risiko auf mehr als ein Fünftel. Geringfügig Beschäftigte sind sogar zu mehr als 3/4 davon betroffen.

Problem: Tarifbindung

Tarifbindung bedeutet erst einmal Sicherheit und ein Tarifvertrag garantiert Mindestbedingungen, die auf keinen Fall unterschritten werden dürfen. Ob es um die Höhe des Arbeitsentgelts geht oder um Regelungen zu Urlaubslänge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Beschäftigte, deren Beschäftigungsverhältnisse ein Tarifvertrag zugrunde liegt, sind durchgängig bessergestellt, als ihre Branchenkollegen ohne Tarifbindung.

Jahrzehntelang war es die Norm, dass die Regelungen, die Gewerkschaft und organisierte  Unternehmerschaft aushandelten für eine deutliche Mehrheit der Beschäftigten galten – meist einheitlich für ganze Branchen. Doch nimmt die sogenannte Tarifbindung seit vielen Jahren kontinuierlich ab.

Laut der jährlichen Unternehmensbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), ist die Tarifbindung der Beschäftigten zwischen 1998 und 2018 in den westlichen Bundesländern von 76 auf 46 Prozent gesunken, in den östlichen von 63 auf 35 Prozent. Für 49 Prozent der Beschäftigten in den alten Bun­des­ländern war das Beschäftigungsverhältnis 2018 durch einen Bran­chen­ta­rif­ver­trag geregelt. Für 8 Prozent der Beschäftigten galten Firmentarifverträge. In den neuen Län­dern war die Tarifvertragsbindung deutlich niedriger. Hier galten für 35 Prozent der Be­schäf­tig­ten Bran­chen­tarif­ver­träge, 11 Prozent arbeiteten in Unternehmen mit Fir­men­ta­rif­ver­trä­gen.

Es besteht eine Wechselwirkung, dort, wo es keine Tarifverträge gibt, ist auch das Interesse für die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft gering. In Branchen, in denen der gewerkschaftliche Organisationsgrad hoch ist, gibt es tendenziell häufiger tarifvertragliche Regelungen. Zum Beispiel hat der Öffentliche Dienst, die Automobil- und Chemieindustrie oder der Maschinenbau noch recht gute Werte vorzuweisen. Dagegen sieht es in der Logistik, im Gastgewerbe und im Einzelhandel besonders düster aus. So hatte der Einzelhandel noch bis zur Jahrtausendwende ein nahezu flächendeckendes Tarifsystem, da dort fast alle Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt waren.

Problem: Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen ist faktisch abgeschafft

Von den aktuell rund 73.000 als gültig in das Tarifregister eingetragenen Tarifverträgen sind zurzeit noch 443 allgemeinverbindlich, darunter 230 Ursprungs- und 213 Änderungs- bzw. Ergänzungstarifverträge und 125, die auch in den neuen Bundesländern gelten.

Der Begriff der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen ist bei den meisten Beschäftigten schon wieder aus dem Kopf, viele hörten während der Tarifauseinandersetzung im Handel davon zum ersten Mal. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hatte seit Beginn der Auseinandersetzung mit den Handelsunternehmen auch die Forderung erhoben, die Tarifverträge des Einzelhandels für allgemeinverbindlich zu erklären.

Noch bis Ende der 1990er Jahre waren die wesentlichen Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Damit galten ihre Bestimmungen auch für Unternehmen der Branche, die nicht den Arbeitgeberverbänden angeschlossen waren und für die nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten.

Im Jahr 2000 hatte die rot-grüne Bundesregierung die Allgemeinverbindlichkeit aufgehoben und öffnete im beinharten Konkurrenzkampf den Unternehmen Tür und Tor, sich aus der Tarifbindung zu verabschieden und so durch niedrigere Löhne und längere Öffnungszeiten Kostenvorteile zu schaffen. Flankierend dazu führten die Unternehmensverbände Mitgliedschaften „ohne Tarifbindung“ (OT-Mitgliedschaften) ein.

Seither ist die Tarifbindung dramatisch zurückgegangen, selbst dort, wo noch Tarifverträge existieren, werden sie kaum noch für allgemeinverbindlich erklärt.

Nun ist dieses Manko den Gewerkschaften auf die Füße gefallen, denn sie sind derzeit in Lage, aktuell deutliche Lohnsteigerungen vor allem im unteren Bereich durchzusetzen. Wenn die Branchentarifverträge allgemeinverbindlich würden, könnte das den Niedriglohnsektor erheblich reduzieren, Lohndumping verhindern und auch eine Rechtsgrundlage für eine tarifgerechte Bezahlung von geringfügiger Beschäftigung schaffen.

Problem: Tarifabschlüsse hinken hinterher

Die neusten Erhebungen der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) zeigen, dass bei den Menschen, deren Lebensstandard von Tariflöhnen, Lohnersatzleistungen oder staatlichen Renten abhängig ist, der Kaufkraftschwund höher ist als die offiziellen Inflationsraten. Festgestellt wurde auch, dass die „soziale Schere“ sich auch durch die Inflationsprozesse im abgelaufenen Jahr 2022 weiter geöffnet hat und die Tarifabschlüsse noch weiter hinter der Geldentwertung herhinken.

So sind die Tariflöhne im Jahr 2022 um magere 2,7 Prozent gegenüber den Tariflöhnen im Vorjahr gestiegen. Die geringe Steigerung ist dem Wirtschaftskriegskurs des Wertewestens mit seinen heftigen Inflationsschüben und mageren Tarifabschlüssen geschuldet. Diese Entwicklung hat innerhalb eines Jahres zu einem Wohlstandsgefälle um glatt ein Zehntel geführt.

Eine für die Beschäftigten kämpfende Interessenvertretung sieht anders aus und diese Abschlüsse tragen kaum dazu bei, Mitglieder zu gewinnen, geschweige denn aktiv mit lächerlichen Trillerpfeifen und Warnwesten ausgestattet, gewerkschaftliche Kampfkraft zu markieren.

Während Familien mit geringem Einkommen, die von der Teuerung am stärksten betroffene Gruppe sind und zum Jahresende 2022 eine Inflationsbelastung von 11,5 Prozent hatten, nutzen viele Unternehmen die Gunst der Stunde, um Marge und Gewinn kräftig auszuweiten und so die Inflation noch zusätzlich anzuheizen.

Dass gewerkschaftliche Lohnpolitik mehr ist als die Ankurbelung der Binnennachfrage scheint auch den Gewerkschaftseliten nicht ganz klar zu sein.

Gewerkschaftliche Lohnpolitik ist mehr als die Ankurbelung der Binnennachfrage

Seitens der Gewerkschaften wird Folgendes überhaupt nicht kommuniziert:

  • Löhne bzw. Entgelte sind der größte Kostenfaktor für die Unternehmen, deshalb hat die Auseinandersetzung um sie immer einen besonderen Stellenwert für die Gewerkschaftsbewegung. Lohn- und Entgelterhöhungen steigern die Konsumnachfrage, stabilisieren damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und tragen so zur Sicherung der Arbeitsplätze bei, ohne dass von der Lohnseite inflationstreibende Effekte ausgehen.
  • Wenn die Einkommen durch höhere Tarifabschlüsse steigen, schlägt sich das auch bei den Renten nieder. Entscheidend für die Rentenberechnung ist die Entwicklung der Bruttolöhne. Der Rentenwert ergibt sich aus den Bruttolöhnen des Vorjahres. Steigen diese an, wird auch dieser Wert angehoben.
  • Das Lohndumping der letzten Jahre bei uns mit seinen geringen Lohnstückkosten ist eine der wichtigsten Ursachen für die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse, für das Auseinanderlaufen der Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder der Europäischen Währungsunion (EWU), für die Handelsungleichgewichte und somit eine Hauptursache der Eurokrise.
  • Die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung ist verantwortlich für das Außenhandelsgleichgewicht, d.h. für das Verhältnis von Im- und Exporten. Wenn der Handel auch noch mit Ländern im gleichen Währungsraum stattfindet, sind die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten im Vergleich zu denen der Währungspartnerländer der wichtigste verbleibende Faktor dafür, ob es Handelsüberschüsse oder -defizite gibt. Auch der europäische und weltweite Markt funktioniert so: Wächst eine Volkswirtschaft so muss eine andere naturgemäß schwächer werden. Das Vermögen der einen bildet die Schulden der anderen.
  • Das Märchen von der Lohnentwicklung, die im Vakuum der Tarifparteien stattfindet, wird immer wieder erzählt, ist aber nichtzutreffend. Lohnpolitik ist abhängig von der Wirtschaftspolitik der Regierung, was seit der HARTZ-IV-Gesetzgebung ganz einfach zu belegen ist.
  • Die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung hat einen besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Preise, weil die Vorleistungen, die die Industrie neben dem Faktor Arbeit zusätzlich zur Produktion benötigt, aus anderen inländischen Unternehmen stammen, sofern sie nicht importiert werden. Deren Produktpreise werden von den dort anfallenden Kosten bestimmt. Diese Vorleistungen bestehen gesamtwirtschaftlich betrachtet vor allem aus Lohnkosten.
  • Die Lohnentwicklung hat maßgeblich zur Verarmung beigetragen, mit Auswirkungen bis in die sogenannten Mittelschichten hinein

und

die Umverteilung von unten nach oben ist als Ursache für die seit nunmehr 14 Jahren anhaltende wirtschafts- und finanzpolitische Krise zu sehen. Die wachsende Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen hat nachweislich zur Destabilisierung des gesamten Finanzsystems beigetragen.

Den Gewerkschaften sollte das Lob der organisierten Unternehmerschaft im Ohr klingeln, das nach den Tarifabschlüssen der letzten Jahre immer wieder erklang.

Übersetzt lautet der Singsang, dass die Belastungen der Unternehmen deutlich unter denen der Vorjahre liegen, durch die Hintertür nicht tabellenwirksame Einmalzahlungen eingeführt wurden, die Laufzeit der Tarifverträge deutlich länger ist als früher und den Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, Teile des Abschlusses differenziert, z.B. nach der Profitrate, anzuwenden.

 

 

 

 

 

Quelle: WSI-Tarifarchiv, HBS,IG BCE, IAB, Tagessspiegel, Junge Welt, BA, Statis.de, Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche, arbeitsschutz-portal.de, dgb, verdi, ngg, Politika, B 92, wildcat, PM Arbeitsministerium, Franziska Wiethold, SGB
Bild: dgb