Die Verteilungsfrage muss ins Zentrum der Gewerkschaften rücken

 

Daten zur Verteilungsfrage:

–          Lohnquote geht zurück, Gewinn- und Kapitaleinkommen steigen
Die Nettolohnsumme sank von 49,3% (1991) auf 42% (1. Hj. 2011); die Nettogewinnquote stieg von 28,6% (1991) auf 33,0% (1. Hj. 2011).

–          Löhne gingen zurück, (neutraler) Verteilungsspielraum wurde nicht ausgeschöpft
Die Tariflöhne stiegen zwischen 2000 und 2010 um 6,7%.
Neutraler Verteilungsspielraum: Anstieg der Lebenshaltungskosten + Anstieg der Arbeitsproduktivität. Zwischen 2000 und 2010 stieg dieser Verteilungsspielraum um 28,1%, die Tarifentgelte stiegen zwischen 2000 und 2010 um 24,2%.
Die effektiv gezahlten Bruttolöhne und -gehälter stiegen langsamer als die tariflich vereinbarten Entgelte und gingen zwischen 2000 und 2010 um 4% zurück. Verglichen mit dem neutralen Verteilungsspielraum gingen die Bruttolöhne um fast 16 Prozentpunkte zurück.

–          Erwerbslose haben in Deutschland ein sehr hohes Armutsrisiko
Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat für Erwerbslose in Deutschland für 2010 ein Armutsrisiko von 70% ermittelt. Dies ist eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 %. Im EU-Durchschnitt sind dagegen rund 45% der Erwerbslosen armutsgefährdet.

–          Vermögensverteilung
Die wohlhabendsten 10 Prozent der Bevölkerung besaßen 2007 gut 61 Prozent des gesamten Vermögens, die 5 reichsten Prozent verfügten über etwa 46% und das reichste Prozent über 23% des gesamten Nettovermögens. Auf die unteren 70 Prozent entfielen dagegen nur knapp 9 Prozent des Vermögens, 27% haben überhaupt kein Vermögen oder gar Schulden.

–          Einkommensspreizung nimmt zu
Die mittlere Einkommensschicht (70 bis 150% des mittleren Nettojahreseinkommens) schrumpft: von 64,3% (1999) auf 58,7% (2009).

–          Ungleiche Steuer- und Abgabenbelastung
Die Beschäftigten erhielten 2010 66% des Volkseinkommens, trugen aber 80% der Steuer- und Abgabenlast.
Die Steuer- und Abgabenbelastung von Lohneinkommen lag 2010 bei durchschnittlich 45%, bei Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögensanlagen bei durchschnittlich 22%.

–          Anteil der Niedriglohnbeschäftigten nimmt kontinuierlich zu
40,1% der Vollzeitbeschäftigten im Osten und 18,7% im Westen bekamen 2010 einen Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle von 1.802 Euro/Monat (2/3 des mittleren Bruttomonatsentgelts). 1999 betrug der Niedriglohnanteil in Westdeutschland noch 14,6%, in Ostdeutschland 35,5%.

–          Normalarbeitsverhältnisse gehen zurück
Die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse sank zwischen 2008 und 2010 um 133.000; in der Privatwirtschaft ging der Anteil von 62,3 auf 61,2% zurück. In einigen ländlichen Regionen Westdeutschlands machen Leiharbeit, Minijobs und Teilzeit fast die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse aus.

–          Ausgaben für Wohnung und Energie steigen
Deutsche Haushalte müssen einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für Wohnungs- und Energiekosten ausgeben. Der Anteil stieg zwischen 1969 und 2009 von 11,8% auf 19,7%.

–          Armut und Gesundheit
Laut Robert-Koch-Institut liegt die mittlere Lebenserwartung bei Geburt bei Frauen aus der Armutsrisikogruppe rund acht Jahre unter der von Frauen aus  der hohen Einkommensgruppe. Bei Männern beträgt die Differenz sogar elf Jahre.

Quelle: Robert Koch Institut

erschienen im Info-Brief Juli 2012