Freiheit für Julian Assange, Freiheit der Information!

Die Geschichte von Assange, einem australischen Journalisten, Programmierer und Aktivisten, der vor allem für seine Zusammenarbeit mit der Website WikiLeaks bekannt ist – deren Mitbegründer und Chefredakteur er seit 2006 war- ist seit einigen Jahren ein Begriff, weil er geheime US-Dokumente und Informationen über Kriegsverbrechen aus anonymen Quellen veröffentlicht hat.

Die WikiLeaks-Affäre ist untrennbar verbunden mit der Dynamik aggressiver Umstrukturierung der Handhabung der Konflikte, die von den USA zur Verteidigung ihrer imperialen geostrategischen Interessen – in erster Linie der Interessen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Energiegewinnungsquellen – entfesselt wurden.

Assanges rechtliche Probleme rühren, wenig überraschend, von der Veröffentlichung zehntausender „geheimer“ Dokumente über Kriegsverbrechen während der Invasionskriege im Irak und in Afghanistan her.

Das Gewicht Afghanistans als Erdöl- und Erdgasproduzent ist zwar unbedeutend, umso schwerer wiegt aber schon seit 1991 die strategische Bedeutung des Landes im Kampf um die Kontrolle des Erdölmarktes, da die Schürfungen an den Küsten und in den Tiefen des Kaspischen Meeres und im Kaukasus die zweitgrößten Erdöl- und Erdgasreserven nach denen Saudi-Arabiens zutage gefördert haben. Daher kämpfen die großen Ölkonzerne der Welt um die Kontrolle über diese Felder (Chevron konnte sich das Tenghiz-Feld in Kasachstan sichern, während Bridas die strategische Bedeutung Turkmenistans als Schlüssel für den Fluss von Kohlenwasserstoffen vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf erkannte und die Förderrechte für das Yashalar-Feld an der Grenze zu Afghanistan erwarb).

Zunächst gab es ein Pipelineprojekt, das Yashalar über Afghanistan mit Sui, Pakistans wichtigstem Öl- und Gasspeicher, verbinden und Oel und Gas über ein Transportnetz zur Küste und ins Landesinnere leiten sollte. Um Geldgeber für die Realisierung des teuren Projekts zu finden, traf Bridas Vereinbarungen mit anderen Ölgesellschaften, die ihnen den zukünftigen Zugang zur Pipeline eröffnen würden. Zu ihnen gehörte Unocal – die Union Oil Company of California (Hauptberater Henry Kissinger) – die sich mit dem saudischen Königshaus Delta Oil zusammengetan hatte, um eine Gaspipeline von Turkmenistan nach Pakistan und eine 1.500 Meilen lange Ölpipeline zu bauen, die zentralasiatisches Öl von Turkmenistan an die pakistanische Küste des Persischen Golfs transportieren sollte.

Als die US-Armee 2003 mit der „Koalition der Willigen“ (zu der auch Italien gehörte) in den Irak einmarschierte, wussten alle, dass hinter der wenig wahrscheinlichen Annahme von Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen ein Krieg um Erdöl stand; und alle, angefangen bei den Nordamerikanern, wussten und hofften, dass die Ölquellen, die die fliehende Republikanische Garde in Brand gesetzt hatte, die noch immer boomenden westlichen Volkswirtschaften versorgen würden.

Doch selbst das Ziel dieses erbärmlichen und hinterlistigen Krieges wurde zu einer weiteren bitteren Enttäuschung für die neokonservativen Strategen, die zwischen Kriegen und Finanzkatastrophen das irakische Volk und selbst die industrialisierte Welt in eine der schlimmsten Krisen seit Menschengedenken stürzten.

Unter den mehr als 10 Millionen geheimen Dokumenten hat WikiLeaks vor allem geheime Pläne, Geheimdienst-, Sicherheits- und Kriegsprogramme der US-Regierung veröffentlicht und sich damit an die Spitze der globalen Informationsübermittlung gestellt. Ohne WikiLeaks wüssten wir wahrscheinlich nichts von der täglichen Folter in Guantánamo; den geheimen Berichten über die Kriege in Afghanistan und im Irak (fast 400.000 Berichte über den Irak-Krieg von 2004 bis 2009); „Cablegate“ (wie die US-Diplomatie ausländische Politiker ausspionierte); den Kollateralmorden (wie das US-Militär aus Apache-Hubschraubern auf zivile Ziele in Bagdad schoss); den Stratfor-Dokumenten (Details des internen Massenüberwachungsnetzwerks in den USA mit der NSA als Protagonist, sowie Washingtons verdeckte Operationen in Syrien zwischen 2004 und 2011); den geheimen Freihandelsabkommen TPP, TTIP, TISA, die ein neues Wirtschafts- und Rechtssystem vorwegnehmen, in dem sogar die Bürgerrechte in fast der ganzen Welt mit Füßen getreten würden.

Wir wüssten nichts über gewisse Katastrophen und Fälschungen, über Offshore-Finanzaktivitäten, über Verbindungen zwischen dem Weißen Haus und dem militärisch-industriellen Komplex, Großkonzerne betreffend; nichts über globale Spionage als geopolitisches Instrument, um Daten zu sammeln und sie zum eigenen Vorteil als globale geopolitische Macht zu nutzen; nichts über Hillary Clintons Rolle beim Putsch in Honduras 2009 und ihre Pläne, heimlich in den Krieg in Syrien einzugreifen; wenig darüber, dass die CIA über ein immenses Arsenal an Computer-Hacking verfügt, das mit dem der NSA vergleichbar ist.

Durch eine Wikileaks-Kabelnachricht sind wir auch im Besitz einer schriftlichen Bestätigung dafür, dass in den letzten Jahren die Ölförderung in der Basilicata dank neuer horizontaler Bohrtechnologien möglich war, die es erlauben, die härtesten Gesteinsschichten zu umgehen.

Die Gründe für die andauernde Verfolgung von Assange liegen inzwischen darin, dass in den Quellen über den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine fast keine glaubwürdigen Informationen zu finden sind. Die Praxis von WikiLeaks hat sich als effektiv erwiesen, denn sie ist in der Lage, hinterhältige Machtdynamiken zu durchlöchern, die ihre Ziele und operativen Methoden verbergen können. Indem er die Unanfechtbarkeit von Entscheidungsquellen wiederherstellte, hat Assange uns geholfen, die wahre Natur von materiellen und sozialen Beziehungen, die ohne unser Wissen geregelt werden, neu zu benennen. Damit hat er uns das eigentliche Ausmaß des Wortes „Demokratie“ zurückgegeben.

Aus diesem Grund wird die Nationale No Triv Koordination mit Überzeugung und mit territorialen Initiativen zur Bewusstseinsbildung an der 24-stündigen Non-Stop-Veranstaltung teilnehmen, die am 15. Oktober überall auf der Welt stattfinden wird, um die Freiheit von Julian Assange zu fordern – zusammen mit zahlreichen demokratischen Organisationen, Medienschaffenden, politisch aktiven Menschen, Kunstschaffenden, Gewerkschaftsmitgliedern, Jurist:innen und Menschen der unabhängigen Kultur und Solidarität.

 

Um sich dem Aufruf anzuschließen, für Kontakte und Informationen: 24hAssange@proton.me Materialien erhältlich unter www.24hassange.org

 

 

 

 

 

Quelle und Bild: Pressenza - International Press Agency