Neues Gutachten: Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft rechtlich möglich

Die Corona-Pandemie hat noch einmal die skandalösen, prekären Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen vieler Beschäftigter in der Fleischindustrie offengelegt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plant deshalb, Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft zu verbieten. Arbeitgeber in der Fleischindustrie behaupten, das verstoße gegen das Grundgesetz. Ein Gutachten im Auftrag des DGB und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zeigt jetzt: Ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit für Unternehmen ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Versprechen der Fleischbranche über Verhaltenskodex und Selbstverpflichtung Arbeitsrechte sicherzustellen, wurden in den letzten Jahren nicht eingehalten. Auch der gesetzgeberische Versuch, über das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft nachhaltige Verbesserungen für die Beschäftigten abzusichern, konnte die Unternehmen in der Fleischindustrie nicht beeindrucken. Ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit ist deshalb in dieser Branche überfällig – um missbräuchliche und untragbare Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft zu unterbinden.

Piel: Gesundheitsschutz von Beschäftigten hat ganz klar Vorrang vor unternehmerischer Freiheit

„Das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit verstößt nicht gegen das Grundgesetz, so wie es die Fleischindustrie immer behauptet. Das bestätigt auch nochmal das vorliegende Rechtsgutachten. Gesundheitsschutz von Beschäftigten hat ganz klar Vorrang vor unternehmerischer Freiheit. Für die Fleischbranche ist es jetzt an der Zeit,  ihre Wagenburg zu verlassen, um mit den menschenunwürdigen Praktiken abzuschließen und im eigenen Hof aufzuräumen. Wer jahrelang Menschen unter so entsetzlichen Arbeits- und Unterkunftsbedingungen beschäftigt, muss am Ende akzeptieren, dass der Gesetzgeber eingreift, wenn nichts passiert“, betont DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.

Sowohl Verbot von Werkverträgen als auch Leiharbeit in der Fleischwirtschaft umsetzen

Ein vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt: Das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal in Form von Leiharbeit und Werkverträgen ist geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um das mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz beabsichtigte Ziel eines verbesserten Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Deutlich wird auch, dass das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit gemeinsam umgesetzt werden muss. Der Hauptzweck ist gerade der Umgehungsschutz: Denn würde die Leiharbeit nicht in das Verbot einbezogen, wäre in vielen Fällen eine Umwandlung von Werkverträgen zu Leiharbeit zu erwarten. Der im Gesetz vorgesehen Etablierung einer Inhaberverantwortung ist nicht zu beanstanden, denn abgestellt wird auf die reale Steuerung des Arbeitsprozesses. Es handelt sich um eine notwendige Ergänzung, die eine Umgehung der Neuregelung durch Aufspaltung in kleine Unternehmen derzeit verhindert. Auch ist die Ausnahme des Fleischerhandwerks grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings ist der Schwellenwert von 49 Personen ungerechtfertigt hoch.

 

DOWNLOAD: Rechtsgutachten: Arbeitsrechtliche Probleme der Fleischindustrie (PDF, 340 kB)

Gutachtliche Stellungnahme für den Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) von Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Universität Bremen

 

 

Quelle: https://www.dgb.de/

Bild: pixabay cco