ÖPP 3: Öffentlich-Private-Partnerschaften auf ganzer Linie gescheitert

Von Werner Rügemer

Die Merkel-Regierung und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben die „Schwarze Null“ durchgepeitscht. Dafür haben sie 2009 die „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz geschrieben: Bund, Bundesländer und Kommunen sollen keine neuen Schulden machen. Dafür muss überall „gespart“, also gekürzt werden. Und vorgeblich um die öffentlichen Kassen zu schonen und Schulden zu vermeiden, sollen private Investoren sich nach dem Modell Öffentlich-Private-Partnerschaften, ÖPP, um Autobahnen, Straßen, Schulen, Gefängnisse, Rathäuser und vieles mehr kümmern. Aber was kommt dabei heraus? Hinterrücks noch mehr Schulden!

Der Steuerzahler kommt für alles auf

Worum geht es aktuell bei dem Wirbel um das gescheiterte ÖPP-Projekt bei Ausbau und Betrieb der Autobahn A1 Bremen-Hamburg? Die Banken Unicredit, Commerzbank, Caja Madrid und Deka- und DZ-Bank verklagen die Bundesrepublik Deutschland auf Zahlung von 787 Millionen Euro. Diese Banken haben der Betreibergesellschaft der Autobahn Bremen – Hamburg, der A 1 mobil GmbH, 600 Millionen Euro an Krediten gegeben. Damit sollte die A 1 mobil GmbH von 2008 an die Autobahn in beiden Richtungen um eine Spur erweitern, sie reparieren und 30 Jahre lang bis 2038 betreiben. Dafür sollen die Investoren 30 Jahre einen Anteil aus der LKW-Maut bekommen. So steht es im Vertrag vom Juli 2008 mit der Bundesrepublik.

Jetzt erklären die Banken den Vertrag für ungültig. Sie jammern: Wegen der Finanzkrise seien ab 2008 doch weniger LKW als erwartet durchgefahren. Der Vertrag soll geändert werden: Der Staat soll die Verluste ausgleichen. Toll! Die Banken sind 2008 schon einmal mit mehreren hundert Milliarden vom Staat vor der selbstverursachten Pleite gerettet worden. Jetzt haben sie sich wieder verzockt, und jetzt wollen sie durch die Hintertür die Steuerzahler ein zweites Mal abzocken.

Das Grundgesetz wird angepasst

Und jetzt kommt auch heraus: Schon seit 2008 verlangen die Investoren der Autobahn Bremen-Hamburg Ausgleichszahlungen vom Staat. Das haben seitdem alle Bundesregierungen, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftsminister verheimlicht – solange, bis die neue Grundgesetzänderung 2017 durchgepeitscht war. Die sieht die Gründung der privaten Verkehrsgesellschaft für Autobahnen vor.

Ein Komplott der Privatisierungs-Fundis: Wären das Desaster der A 1 mobil GmbH und die noch anstehenden Desaster der genauso finanzierten Autobahnabschnitte A 4, A 5 und A 8 bekannt geworden, hätten die Abgeordneten des Bundestags der Änderung des Grundgesetzes wohl nicht zugestimmt. Und die Millionen-Klage der Banken kommt jetzt zielgenau ein paar Wochen danach.

Für Erweiterung, Neubau und Betrieb der Autobahn zwischen Bremen und Hamburg haben die Investoren für die gesamte Laufzeit von 30 Jahren mit einer Investition von 650 Millionen Euro kalkuliert. Sie haben dafür bei den fünf Banken 600 Millionen an Krediten aufgenommen. Und dafür wollen die Banken bis 2038 wegen des hohen Zinses und der langen Laufzeit weit mehr als eine Milliarde Euro einsacken.

Wie der Staat eine Milliarde hätte sparen können

Man muss nur einmal die Gegenrechnung machen. Der deutsche Staat braucht gegenwärtig für Kredite überhaupt keine Zinsen zu zahlen. Wenn er selbst 600 Millionen Euro an Krediten aufgenommen hätte, wäre das Ganze ungefähr eine Milliarde Euro billiger. So geht Infrastruktur, so geht richtiges Sparen.

 

Quelle: ver.di publik

Bild: labourrnet.de