Stiftung Soziale Stadt: der Durchmarsch der Raumplaner – Sozialpolitik in und aus der Grauzone

In Berlin wird in der letzten Zeit intensiv an der Privatisierung von staatlichen Leistungen gearbeitet. Im Gegensatz zu den Autobahnprivatisierungen steht die Privatisierung des Sozial- und Bildungsbereichs nicht im Licht der Öffentlichkeit. Die aktuellen Entwicklungen in Sachen „Kommunalisierung“ oder zur Schaffung von „Bildungsregionen“ zielen mit ihrem Vernetzungsaktionismus darauf ab, bereits vorhandene private Sozial- und Bildungsinstitutionen gleichberechtigt neben die öffentlichen Angebote zu stellen, die es teilweise schon gar nicht mehr gibt, weil öffentliche Angebote zugunsten privater massiv abgebaut worden sind.

Das Ziel solcher zunächst lokalen Aktionen ist wohl, dass die Bevölkerung sich daran gewöhnt, dass die Kostenstellen für die sozialen Bedürfnisse des Gemeinwesens entweder billig ins Ehrenamt abgeschoben oder von privatwirtschaftlichen Aktivitäten aufgefangen und der privaten oder Gebührenfinanzierung und damit der Profitorientierung preisgegeben werden.

Diese Bemühungen werden von den großen Stiftungen kräftig unterstützt, die das gleiche Ziel verfolgen und zeigen wollen, dass Privat vor Staat geht. In Dortmund läuft so etwas im Sozial- und Bildungsbereich unter dem Dach der Stiftung Soziale Stadt.

Interessant ist, zu sehen, wer alles in diese Stiftung eingebunden, Teil des Geflechts ist und den  Prozess der Privatisierung sozialstaatlicher Leistungen begleitet, ganz ohne demokratischer Legitimation und gesellschaftlicher Kontrolle.

Seit den 1980er Jahren sind in Dortmund aufgrund der hohen Zahl der erwerbslosen Menschen eine Reihe von Initiativen, Gruppen, Vereinen und Körperschaften entstanden, die in dem sozial- und arbeitsmarktpolitischen Bereich eine immer größere Rolle spielen.

Diese Entwicklung, die durch die Stadt Dortmund begleitet wird, passt in die derzeit diskutierte Kommunalisierung im Sozial- und Bildungsbereich und wird mit Blick auf die schlechte Kassenlage der Kommunen von den konzernnahen großen Stiftungen, wie der Bertelsmann-Stiftung, vorangetrieben.

Die Stiftungen setzen sich dafür ein, dass mittels einer Dezentralisierung und Deregulierung der Bildungszuständigkeiten der rote Teppich für eine spätere Privatisierung im Schulbereich ausgerollt wird. Nachdem dies in anderen Bildungsbereichen, man denke nur an die Erwachsenen- und Weiterbildung, an die Hochschulen, aber auch an die Vorschulische Bildung, wesentlich weiter vorangeschritten ist oder bereits abgeschlossen ist.

So eine Funktion nimmt in Dortmund die Stiftung Soziale Stadt ein.

Stiftung Soziale Stadt

In ihrem Selbstverständnis ist zu lesen:

„Die Stiftung unterstützt die Konzentration öffentlicher Fördermittel auf die 13 Dortmunder Stadtteile, die in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht den Anschluss an die anderen Stadtgebiete zu verlieren drohen. Sie sind im Aktionsplan Soziale Stadt der Stadt Dortmund definiert. Benachteiligte Bevölkerungsgruppen in diesen Stadtteilen sollen gefördert und zur Selbsthilfe befähigt werden. Die Schaffung von (geförderter) Arbeit und die Förderung schulischer und beruflicher Qualifizierung sind dabei ein Schlüssel, um ökonomische Gerechtigkeit zu fördern.

Weitere förderungswürdige Bereiche sind u.a.

  • die Verbesserung der sozialen und gesundheitlichen Situation in allen Lebensbereichen,
  • die Unterstützung und Ergänzung von Beratungs- und Hilfsangeboten der Sozial-/Jugend-/Seniorenhilfe,
  • die Verbesserung des Dialogs der Kulturen und der Integrationshilfen für die vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger, für die oft gerade diese Quartiere eine erste neue „Heimat“ bilden.

Die Stiftung versteht sich in Zeiten knapper öffentlicher Mittel als Ergänzung öffentlicher Hilfsangebote, sie ist kein adäquates Mittel für deren Ersatz. Das Sozialstaatsprinzip darf und kann nicht durch „Charity“ und privates Engagement ersetzt werden. Keinesfalls sollen auch Nachbarschafts- und Selbsthilfeansätze ersetzt, sondern vielmehr gefördert werden.

Die Stiftung wird an der Beseitigung von strukturellen Defiziten in den Aktionsräumen arbeiten und nicht Hilfsangebote für einzelne Bewohnerinnen und Bewohner unterbreiten.

So werden sich die Aktivitäten der Stiftung nicht nur auf die Beschaffung von Finanzmitteln beschränken. Die Stiftung will vielmehr auch ein Forum für konzeptionelle Diskussionen zur Förderung eines „sozialen Dortmund werden“.

Weitere Aufgaben der Stiftung sind „die Schaffung von (geförderter) Arbeit und die Förderung schulischer und beruflicher Qualifizierung, ein Schlüssel, um ökonomische Gerechtigkeit zu fördern. Entsprechend wurden bzw. werden von den 19 geförderten Projekten 15 mit Bildungs-, Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen verknüpft. Die bisher größte Fördermaßnahme war Ankauf und Sanierung einer so genannten Schrott- oder Problemimmobilie in der Nordstadt in Verbindung mit einem Beschäftigungsprojekt und in Kooperation mit der kommunalen DOGEWO21“

Kuratorium der Stiftung

Im Selbstverständnis der Stiftung wird das Kuratorium so beschrieben:

Das 22-köpfige Kuratorium bietet eine hervorragende Ausgangsbasis. Neben dem jeweiligen Oberbürgermeister der Stadt Dortmund gehören dem Gremium führende Vertreter aus Gewerkschaften, Handwerk, Industrie und Dienstleistungsgewerbe ebenso an, wie Fachleute aus Wohnungswirtschaft, Sozialverbänden, Forschung und Lehre, Stadtentwicklung und Arbeitsmarktförderung. Ein breiter gesellschaftlicher Konsens und ein hohes fachliches Potenzial bestimmen die Zusammensetzung.

Vorsitzende
Bohle, Anne Katrin – Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW,
Abteilungsleitung Stadtentwicklung und Denkmalpflege
stellv. Vorsitzende
Reiter, Jutta – DGB-Region Dortmund-Hellweg, Vorsitzende
Kassenprüfer
Nordhoff, Frank – KPMG AG, Prokurist
Gregor, Bernd – Sparkasse Dortmund, Bereichsleitung Unternehmensbetreuung
Mitglieder
Mitglieder
Böcker, Thomas – Steuerberater Böcker & Kollegen
Bohle, Anne Katrin – Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW,
Abteilungsleitung Stadtentwicklung und Denkmalpflege
Derwald, Walter – DERWALD GmbH & Co KG, Geschäftsführung
Dr. Faltz, Laura – WDD Dr. Faltz, Stute und Partner GmbH, Geschäftsführung
Galonska, Gerd – PEAG Holding GmbH, Geschäftsführung
Graniki, Klaus – DOGEWO 21, Geschäftsführung
Gregor, Bernd – Sparkasse Dortmund, Bereichsleitung Unternehmensbetreuung
Dr. Kosan, Ümit – Verband der sozial-kulturellen Migrantenselbstorganisationen                                                   Dortmund, Geschäftsführung
Neukirchen-Füsers, Frank – Jobcenter Dortmund, Geschäftsführung
Niermann, Gunther – Der Paritätische Kreisgruppe Dortmund, Geschäftsführung
Nordhoff, Frank – KPMG AG, Prokurist
Pehlke, Guntram – DSW21, Vorstandsvorsitzender
Reiter, Jutta – DGB-Region Dortmund-Hellweg, Vorsitzende
Schneckenburger, Daniela – Stadt Dortmund, Stadträtin Dezernat 4
Sierau, Ullrich – Oberbürgermeister der Stadt Dortmund
Prof. Dr. Staubach, Reiner – Planerladen e.V., Vorstand
Stücker, Rainer – Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., Geschäftsführung
Walters, Volker – Kreishandwerkerschaft Dortmund, Geschäftsführung
Westphal, Thomas – Wirtschaftsförderung Dortmund, Geschäftsführung
Wilde, Ludger – Stadt Dortmund, Stadtrat für Umwelt, Stadtplanung und Wohnen
Wollrath, Ulf – Industrie- und Handelskammer zu Dortmund, Geschäftsführung
Wölke, Ernst – Handwerkskammer Dortmund, Geschäftsführung
Zoerner, Birgit – Stadt Dortmund, Stadträtin Dezernat 5

Eine schöne Aufstellung der selbsternannten „Eliten“ in der Stadt.

  • Neben der Vorsitzenden Anne Katrin Bohle, früher Agentur für Arbeit Dortmund und Geldgeberin für die Dortmunder Beschäftigungsszenerie, nun im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, -Abteilungsleitung Stadtentwicklung und Denkmalpflege,
  • ihre Stellvertreterin im Kuratorium, die DGB Vorsitzende in Dortmund Jutta Reiter, das Feigenblatt der Arbeitnehmerinteressen; auch weil das Übergewicht wohl bei der Handwerkerschaft, Industrie und Handelskammer und Handwerkskammer und beim selbstherrlichen Vorstandsvorsitzenden des kommunalen Unternehmens DSW 21 liegt,
  • Steuerfachanwalt Frank Nordhoff, Unternehmensberater, in Zusammenarbeit mit Steuerberater Böcker & Kollegen, damit alles gemeinnützig bleibt und gut verkauft wird mit Laura Faltz von der Webeagentur WDD, „ die seit 1948 erfolgreich Werbung für mittelständige Unternehmen in ganz Deutschland“ (Zitat WDD) macht,
  • dass der Mieterverein dabei ist, liegt an alten Seilschaften zwischen dem Planerladen und der Mietervertretung,
  • die Geschäftsführung des Jobcenters Dortmund, da gibt es ein jahrelanges Verhältnis von Geben und Nehmen,
  • DOGEWO und Derwald stehen für die unternehmerische Einbeziehung bei der allseits gelobten Sanierung von Problemhäusern durch die GrünBau gGmbH und zukünftigen baulichen Großinvestitionen im PCB-verseuchten Hafengebiet

und Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund, Dezernentin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Dezernentin des Kinder- und Jugendbereiches, Dezernent der „Umwelt, Planen und Wohnen“ und der Oberbürgermeister sind hierbei die Vertreter der Kommune als Durchlaufinstitution der Fördergelder.

Das gesamte Kuratorium ist eine vorausschauende Absicherung gegenüber jeglicher Kritik, die von außen an diesem geschlossen System geäußert werden könnte.

Vorstand der Stiftung

Maßgeblich bestimmt wird bei der Sozialen Stiftung durch den Planerladen e.V., der 2010 die Stiftung unter dem Dach des Paritätischen (früher Paritätischer Wohlfahrtsverband) ins Leben rief und die 142.458,67 Euro Stammkapital einbrachte. Der 4-köpfige Vorstand der Stiftung besteht aus hauptberuflich Angestellten der GrünBau gGmbH. Fast alle Akteure sind gelernte Raum/Stadtplaner, so, wie auch der Oberbürgermeister, der Mitglied des Kuratoriums ist.

Das Alltagsgeschäft läuft über die Planerladentochter „GrünBau gGmbH“. Die Stiftung ist Gesellschafterin eines Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmens in der Stadterneuerung (GrünBau gGmbH) und eines Integrationsbetriebes für Menschen mit Behinderungen (GrünBau Inklusiv gGmbH). Über die Beteiligung an der GrünBau GmbH engagiert sie sich indirekt in der Schaffung von Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte (GrünBau Fairkehrssicherungsdienst GmbH). Diese Initiativen, Vereine und gGmbHs unter dem Dach des Paritätischen sind durchweg Unternehmen, in denen es keine Mitbestimmung, Tarifverträge und Streikrechte gibt.

Beispiel der Interessengemeinschaft Sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen ISB eV.

In diesem Geflecht gibt es auch noch die bei GrünBau angesiedelte Koordination für die Interessengemeinschaft Sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen ISB eV. – eine Initiative von rund 20 Gruppen, Vereinen und Verbänden, die im sozialgewerblichen Geschäft öffentliche Fördermittel für die Beschäftigung abgreifen.

Das Leistungsspektrum der ISB hat sich analog der zunehmenden Verarmung, sehr hohem Sockel an langzeitarbeitslosen Menschen, hoher Überschuldungsquote, hoher Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungsnot und damit einhergehender Aufstockung der Fördermittel immens vergrößert.

Einen gewaltigen Schub gab dem Ganzen die Umsetzung der Hartz-Gesetzgebung, bei der die Jobcenter Maßnahmeträger für die „Eingliederungsprogramme“ in den ersten Arbeitsmarkt oder für Arbeitsgelegenheiten bzw. 1 Euro-Jobs benötigten.

Im Laufe der Zeit ist eine eigenständige, aufblühende Förderlandschaft entstanden, in der sich die Akteure ziemlich eigenmächtig bewegen können, Wildwuchs an der Tagesordnung ist und unkontrolliert sich Parallelstrukturen entwickelt haben.

Im  Selbstverständnis der Stiftung ist wieder mal davon die Rede, dass „die Schaffung von (geförderter) Arbeit und die Förderung schulischer und beruflicher Qualifizierung dabei ein Schlüssel“ sei,“um ökonomische Gerechtigkeit zu fördern“.

 

Wie das in der Realität aussieht, soll im Folgenden dargestellt werden.

Auswüchse der Förderungspraxis im Bereich Sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen, die sich im Jahr 2015 in Dortmund so darstellte:

  • Es gibt Menschen in Dortmund, die seit Jahren immer noch unter besonderen „Vermittlungshemmnissen“ leiden. Sie haben seit 7 – 8 Jahren immer die gleiche Beschäftigung beim gleichen Maßnahme- bzw. Anstellungsträger inne. Sie haben auch alle Programme durchlaufen, wie z.B. die AGH/1Euro-Jobs, über AGH-Entgeltvariante, DOGELA und Jobperspektive und sind nun in der Öffentlich Geförderten Beschäftigung z.B. (FAV) gelandet. Flankiert wurden sie über den § 16 SGB 2 entschuldet. Vom ersten Arbeitsmarkt werden sie immer noch strikt ferngehalten, auch weil sie für die Maßnahmeträger gut eingearbeitete vollwertige Arbeitnehmer sind.
  • Der Einsatz der „Programmkräfte“ hat dazu geführt, dass der Maßnahme- bzw. Anstellungsträger Dienstleistungen für sich selbst nicht mehr bei Fremdfirmen mit tarifgerechtem Entgelt einkaufen muss, sondern z.B. die Reinigungen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten durch die „Programmkräfte“ erledigen lässt.
  • Diese Menschen werden dann noch in privaten Haushalten eingesetzt, die für eine Stunde Reinigungsarbeit 17,00 Euro zuzüglich Fahrtkosten, wie bei der AWO üblich, die Privathaushalte an den Maßnahme- bzw. Anstellungsträger zahlen müssen.
  • Wenn es der Betriebsablauf notwendig macht, werden bei den Arbeitsgelegenheiten auch mal Überstunden angeordnet, die dann großzügig mit 1,50 Euro in der Stunde vergütet werden.
  • Bei einigen Maßnahmen werden monatlich pro Teilnehmer bis zu 500 Euro „Regiekosten“ an die Maßnahme- bzw. Anstellungsträger gezahlt. Wer diese Summe pro Träger und Teilnehmer zusammenrechnet und dann noch schaut, wie viele „Regisseure“ in Wirklichkeit tätig sind, sieht, wie lukrative diese Förderketten sind.
  • Da wundert es nicht, dass es, wie in anderen Städten schon geschehen, es den Beschäftigten der Arbeitsverwaltung in den Fingern juckt, selbst Maßnahmeträger zu werden und ihre Kontakte und ihr know how nutzen können.
  • Wenn die Zusätzlichkeit nach den etwas verschärften Kriterien nicht gegeben ist, müssen „Projektbezüge“ hergestellt werden.
  • Dann kann auch z.B. eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ für alle Gewerbe, die im Aktionsraum liegen, vom Einzelhandelsverband bereitgestellt und der Arbeitsverwaltung vorgelegt werden.
  • In Läden in denen Ware verkauft wird, wird eine Erklärung abgegeben, dass nur an Bedürftige verkauft oder für eine Zeit lang Waren nicht mehr verkauft, sondern gegen eine Spende ausgegeben werden.
  • Wenn einige geförderte Maßnahmen nicht anlaufen, kann man immer noch auf die Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) umschalten (Förderung durchschnittlich 65 Prozent).
  • Wenn es eng wird und alles nicht mehr gegenüber der Arbeitsverwaltung beeinflussbar ist, kann die Rettung eine Umwandlung des Ganzen in einen Integrationsbetrieb sein. Dass dieser Tipp nicht immer gut ist, wurde deutlich, als am 01.08.2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Diakonischen Integrationsbetriebe Dortmund-Bochum-Lünen gGmbH eröffnet (AZ: 255 IN 45/14) wurde. 34 Menschen, davon über die Hälfte mit Beeinträchtigungen, die in den „CAP-Märkten“ gearbeitet hatten, mussten entlassen werden. Die Folge von Missmanagement und vor allem mangelhafter Kontrolle der eigenen Aufsichtsgremien und öffentlicher Mittelgeber.
  • Einer jungen Frau wurde zur Arbeitsaufnahme noch kurz vor ihrem Insolvenzverfahren ein Kredit für die Anschaffung eines KFZ durch das Jobcenter gewährt, der Arbeitsplatz selbst wurde mit 75 Prozent Lohnkostenzuschuss gesponsert und der Arbeitgeber bestand frech auf deren KFZ, weil die Frau als Vertreterin für Medizintechnik Arztpraxen anfahren musste – so etwas geben die Richtlinien für die “freie Förderung” her. Das Arbeitsverhältnis wurde nach 3 ½ Monaten beendet.

Wen wundert es da, dass niemand so recht etwas an der bisherigen Förderpraxis ändern möchte und froh ist, dass diese Beschäftigten nicht auf den 1. Arbeitsmarkt abwandern können, da dort schlicht die Arbeitsplätze fehlen und ihnen das Arbeitslosengeld 1 verweigert wird.

„Koop-kurenz“

Damit alles so weitergehen kann, haben sich die Maßnahme- und Anstellungsträger zur ISB e.V. zusammengeschlossen. Die Mitglieder der Gemeinschaft haben vereinbart, dass sie sich der „ Koop-kurrenz“, (bezeichnet die Dualität von Kooperation und Konkurrenz auf Märkten) in einer für alle Mitgliedsorganisationen zufriedenstellenden Weise zu widmen und sich schon in der Planungsphase bei neuen Maßnahmen der Arbeitsverwaltung abzustimmen.

Ein recht geschlossenes System also auf der Fördermittelnehmerseite.

Die Beschäftigten

Bei den Beschäftigten der ISB Kooperationspartner handelt es sich um eine bunte Schar von Arbeitnehmern bzw. Teilnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich aus dem entsprechenden Rechtskreis für die Anstellung ergibt. Derzeit sind es grob zwei Gruppen von Beschäftigten:

Die Maßnahme- und Programmteilnehmer:

Deren Beschäftigung gründet sich in den Maßnahmen und Programmen auf die Sozialgesetzgebung (SGB). Der Arbeitnehmerstatus nicht gilt für sie nicht und für die Beschäftigten in Maßnahmen und Programmen gelten ebenso nicht die Arbeitsschutzrechte, geschweige denn Mitbestimmungsrechte. Sie können keine Vertretung wählen und das Grundrecht der Koalitionsfreiheit ist ihnen verwehrt.

Die Vorschrift des § 16 Abs. 3 SGB II stellt unmissverständlich klar, dass z.B. die zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründen. Deshalb war in der Rechtsprechung bisher umstritten, welcher Rechtsnatur die Beziehung zwischen dem „Ein-Euro-Jobber“ und dem Dritten ist, der die Arbeitsgelegenheit anbietet. Das Bundesarbeitsgericht hat nun ausdrücklich in einer Entscheidung noch einmal festgestellt, dass das Rechtsverhältnis zwischen einem Ein-Euro-Jobber und dem Dritten, bei dem die Tätigkeit erbracht wird, kein Arbeitsverhältnis ist, sondern vielmehr öffentlich-rechtlicher Natur.

Die Angestellten der einzelnen Kooperationspartner

Hier tummeln sich die Beschäftigten in allen derzeit möglichen Arbeitsverhältnissen, begonnen von Abrufarbeit, Teilzeit, geringfügige Beschäftigung, Zeitverträge (auch programmgebunden) bis hin zu den gut dotierten frei ausgehandelten Managergehältern. Bis auf ein paar Ausnahmen, wie z.B. bei der AWO, werden den Gewerkschaften das Zutrittsrecht zum Betrieb verweigert und keine Tarifverhandlungen geführt. Das Betriebsverfassungsgesetz und das Personalvertretungsgesetz finden keine Anwendung, sodass eine sachgerechte Interessenvertretung der Beschäftigten durch die Gewerkschaften nicht möglich ist, auch weil ihnen die Zutritts-, Werbe-, Informations-, und das Aushangrechte erst gar nicht gewährt werden.

Die von den Gewerkschaften mühsam erkämpfte Rechte und Regelungen wie Kündigungsschutz, Tarifverträge, festgelegtes Entgelt, Arbeitszeit, Arbeitszeitbestimmungen und Mitbestimmungsrechte fehlen dort zum Teil oder ganz.

Andauernden Verstößen gegen das Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetz sind so Tür und Tor geöffnet.

Die „Stiftung Soziale Stadt konzentriert sich auf die 13 Dortmunder Stadtteile, die in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht den Anschluss an die anderen Stadtgebiete zu verlieren drohen“

Für die Situation in den „abgehängten“ Stadtteilen oder für die vom Abgehängt sein bedrohten Stadtteile ist vorrangig verantwortlich, dass

  • sich das „Normalarbeitsverhältnis, unter dem Einfluss des Neoliberalismus mit den Losungen von „Liberalisierung, Flexibilisierung und Deregulierung“ zunehmend auflöst, atypische, prekäre, befristete, Leih- und Zwangsteilzeitarbeitsverhältnisse bei denen die Beschäftigten und ihre Familien nicht mehr über ein ausreichendes Einkommen oder über den erforderlichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz verfügen, um sich individuell wehren zu können.
  • die „Normalfamilie“ in diesen Stadtteilen kaum noch anzutreffen ist, mit ihrer staatlich subventionierten Hausfrauenehe, mit ein oder zwei Kindern und dem Ehegattensplitting. Mehr und mehr entstehen dort Lebensformen mit kaum noch materieller Sicherheit für die Eltern und Kinder.
  • in den Wohngebieten dort der Wettbewerb zwischen den städtischen Wirtschaftsstandorten ausgetragen wird, begleitet von dem Abbau von sozialen und rechtlichen Sicherungen für die „Nicht-Leistungsträger“. Diese Menschen werden zwischen der Konkurrenz der Initiativen, Verbände und Wohlfahrtskonzernen aufgerieben.

Es verwundert schon, dass dann solche Konstrukte wie Grünbau gGmbH überhaupt in diesen Stadtteile agieren, wobei sie doch selbst ein Teil des Problems sind und prekäres Leben und Arbeiten nicht bekämpfen, sondern immer schon konfliktmindernd begleitet haben.

Über die Stiftung soziale Stadt kommen sie direkt an die Fördertöpfe und können, um die Gemeinnützigkeit zu behalten, sogar noch die völlig uneffektiven Mikrokredite vergeben, um den Anforderungen der Abgabenordnung (AO) beim Finanzamt entsprechen zu können. Die AO wäre dennoch zu bemühen, ob es rechtens ist, wenn Steuergelder der Kommune, des Landes und des Bundes als Fördermittel an die Stiftung Soziale Stadt zurückfließen?

Wer sich das Kuratorium anschaut, müsste sich eigentliche wundern, wer da alles mitmacht, bei der Umsetzung sozialpolitischer Aufgaben mit Raum-/Stadtplanern in Führungsfunktionen, in Form von äußerst arbeitnehmerfeindlichen Rahmenbedingungen und völlig vorbei an den demokratisch legitimierten Ausschüssen des Rates.

Wundern tut sich mittlerweile niemand mehr darüber, dass die DGB-Vorsitzende von Dortmund bei all diesen Zusammenschlüssen mitmacht, so auch hier, bei dem sie die stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums abgibt.

Sie ist damit Handelnde bei einer Politik, die im Verbund mit den konzernnahen, großen Stiftungen, deren Leitbild „Privat geht vor Staat“ ist, an einer Dezentralisierung und Deregulierung im Sozial- und Bildungsbereich in der Kommune mitarbeitet.

 

 

Quellen: Stadt Dortmund, WAZ, ISB e.V., Stiftung Soziale Stadt

Bild: Stiftung Soziale Stadt